Der Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV) hat gemeinsam mit befreundeten Organisationen energiepolitische Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2017 zusammengestellt.

Die Wahlprüfsteine inkl. eines gemeinsamen Anschreibens finden Sie unter
Energiepolitische Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2017


Die Forderungen des SFV sind durch die nachfolgende Beantwortung der Fragen in Kursivdruck dargestellt:



 

1. Herausforderung Klimawandel

a) Betrachten Sie die Abbremsung des sich beschleunigenden Klimawandels als die größte Herausforderung der Menschheit?

(SFV) Ja - wir sehen eine dermaßen hohe Gefährdung der gesamten Menschheit, dass wir sogar die Ausrufung des Ausnahmezustandes für berechtigt halten.

b) Sehen Sie die Notwendigkeit, Maßnahmen zum Entzug von CO2 aus der Atmosphäre voranzutreiben (z.B. Aufforstung, langfristige stoffliche Nutzung von Biomasse, Einarbeitung von Holzkohle in Ackerböden (Terra preta)

(SFV) Ja - jedoch kein CCS (CO2-Abscheidung und -Speicherung)

c) Die Erderwärmung und der damit verbundene Klimawandel werden Anpassungen der Wirtschafts-, Finanz-, Sozial-und Verteidigungspolitik erfordern. Wo sehen Sie den dringlichsten Handlungsbedarf?

(SFV) Die Frage nach dem "dringlichsten" Handlungsbedarf (Der Superlativ fragt nach nur einer einzigen Lösung) lässt sich nicht mit einem einzigen Vorschlag beantworten. Im Gegenteil brauchen wir eine Fülle von Maßnahmen zur Abwehr des Klimawandels in allen Politikfeldern.
Mit Rücksicht auf diese Erkenntnis fordern wir in Punkt 1d) es müssen ALLE rechtlichen Rahmenbedingungen daraufhin überprüft werden können, ob sie den Klimawandel oder die Ausbreitung der Radioaktivität begünstigen.
Gegebenenfalls müssen sie korrigiert werden können.
Für besonders wichtig halten wir Maßnahmen, die den Betreibern von klimaschädlichen Anlagen die finanzielle Grundlage entziehen ("Divestment").

d) Wie stehen Sie zu der Forderung, Klimaschutz und Schutz vor radioaktiver Verstrahlung als eine von jedem Bürger einklagbare Verpflichtung des Gesetzgebers im Grundgesetz festzuschreiben?

(SFV) Diese Forderung halten wir für wichtig, denn es müssen ALLE rechtlichen Rahmenbedingungen daraufhin überprüft - und ggf. berichtigt - werden können, ob sie den Klimawandel oder die Ausbreitung der Radioaktivität begünstigen.
 

2. Chancen der Energiewende

a) Bitte zählen Sie die wichtigsten Vorteile auf, die sich Ihrer Meinung nach aus einem Umstieg der Energieversorgung auf Erneuerbare Energien und Energiespeichern ergeben.

(SFV) Nur der Umstieg auf Erneuerbare Energien und Speicher ist in der Lage, den CO2-Ausstoß der fossilen Energien und die Entstehung neuer Radioaktivität aus der Atomenergie nachhaltig zu vermeiden.
Weitere Vorteile sind: Die hohe Zahl an dezentralen Energiespeichern erhöht die Sicherheit der Stromversorgung. Allgemein ergibt sich eine Unabhängigkeit von Energieimporten, Erhöhung der Sicherheit gegenüber Terroranschlägen, Verminderung schädlicher Quecksilberemissionen, Beendigung des Braunkohletagebaus und viele mehr.

 

3. Umsetzungsrahmen für 100% Erneuerbare Energien


Zur Weltklimakonferenz in Paris hat man sich geeinigt, eine Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad anzustreben. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen müssen die Kohlenstoffdioxidemissionen schnellstmöglich, ALLERSPÄTESTENS jedoch im Jahr 2040 null betragen, um das 1,5 °C-Ziel zu erreichen. Dieses Ziel kann bereits mit vorhandener Technik und Ingenieurswissen erreicht werden. Aufgabe der Politik sollte es deshalb sein, sämtliche Hindernisse für die autonome Versorgung mit Erneuerbaren Energien abzuschaffen. Bleibt es allerdings bei dem jetzigen Ausbautempo von Windanlagen, Solarstrom-, Solarwärmeanlagen, Speichern und Elektromobilität, prognostizieren Experten, dass der Umstieg auf 100 Prozent Erneuerbare Energien in den nächsten hundert Jahren nicht zu erreichen ist.

a) Bis wann wollen Sie den Umstieg auf 100 Prozent Erneuerbare Energien realisiert haben?
Bitte geben Sie eine konkrete Jahreszahl an.

(SFV) Während einer sich abspielenden Katastrophe müssen alle Maßnahmen zur Beendigung dieser Katastrophe so schnell wie möglich erfolgen. Die Angabe einer Jahreszahl ist deshalb nicht hilfreich. Aus physikalischen Gründen wäre ein vollständiger Umstieg noch in diesem Jahr notwendig.

(SFV) Jede Verzögerung lässt das Ausmaß der Katastrophe überproportional ansteigen und setzt das Überleben der Menschheit aufs Spiel.

b) Wollen Sie die Bundesregierung darin unterstützen, die ehemalige nationale Vorreiterrolle beim Klimaschutz wieder einzunehmen?

(SFV) Die Bundesregierung macht nicht den Eindruck, als wolle sie die ehemalige Vorreiterrolle wieder einnehmen. Wir wollen sie aber dazu bringen, diese Vorreiterrolle wieder einzunehmen.

c) Setzen Sie sich für Folgendes ein?
Beseitigung der Deckel für Wind- und Solaranlagen

(SFV) Ja!

Abschaffung der EEG-Umlage auf Eigenversorgung und Mieterstrom?

(SFV) Ja! Im Übrigen fordern wir eine grundlegende Überarbeitung der Ausgleichsmechanismusverordnung zur Berechnung der EEG-Umlage.

Entbürokratisierung der Gesetzgebung, insbesondere des EEG?

(SFV) Ja! Insbesondere bei Hausdachanlagen unter 100 kW dürfte nach unserer Einschätzung der bürokratische Aufwand - weit mehr als der finanzielle Aufwand - das größte Ausbau-Hindernis darstellen.


Abschaffung des Ausschreibungsverfahrens für Erneuerbare Energien?

(SFV) Wichtigstes Beurteilungskriterium ist die Frage, wie möglichst schnell möglichst viele Wind- und Solaranlagen mit den dazugehörigen Speichern errichtet werden können.

(SFV) Ausschreibungen dienen dazu, einen BEGRENZTEN Bedarf möglichst kostensparend zu befriedigen. In Anbetracht des horrenden Bedarfs an EE-Strom kann man jedoch keinesfalls von einem begrenzten Bedarf ausgehen. Ausschreibungen sind deshalb nicht das geeignete organisatorische Mittel.

(SFV) Durch die Ausschreibungsverfahren findet ein enormer Preiskampf zwischen den Investoren statt, der dazu führt, dass nur die einfachsten, billigsten Systeme verwendet werden. Ökologisch sinnvolle, teurere Projekte wie z.B. die Erhöhung von Modultischen zur parallelen landwirtschaftlichen/weidewirtschaftlichen Nutzung der Flächen (Agrophotovoltaik) haben keine Chance.

(SFV) Planungsrisiken und -Kosten tragen die Investoren. Niemand erstattet ihnen diese Kosten, wenn die Ausschreibung für sie ohne Erfolg bleibt. EE-Großprojekte werden deshalb von Banken zunehmend als Risikoinvestition eingestuft.

Einführung einer Baupflicht für Anlagen zur erneuerbaren Strom- und Wärmeversorgung auf Neubauten, sowie Nachrüstpflicht auf Altbauten?

(SFV) Ja! Wohnblocks mit geeigneten Dächern und Fassaden, sowie Bürohochhäuser mit Glasfassaden warten auf passende Solaranlagen. Die Eigentümer, häufig Wohnungsbaugesellschaften mit Verwaltungsbürokratie, arbeiten jedoch nach vorgegebener Geschäftsroutine, in der eine solare Investition ausschließlich nach finanziellen Gesichtspunkten beurteilt wird.
Eine Baupflicht bzw. Nachrüstungspflicht für Solaranlagen verbunden mit ertragsabhängigen Gewinnanreizen soll hier zum Umdenken führen.


Vereinfachte Zulassung (z.B. ohne Meldepflicht) von Kleinst-PV-Anlagen, wie sogenannten „Balkonkraftwerken“ oder „Steckerkraftwerken“?

(SFV) Soweit die elektrische und Brandschutz-Sicherheit gegeben ist, Ja!

Erleichterungen für Baugenehmigungen von Windparks bundesweit unter Beachtung des Natur- und Anwohnerschutzes (auch in Süddeutschland)?

(SFV) Ja!

Unterstützung des naturverträglichen Baus von Windparks in Wirtschaftswäldern?

(SFV) Ja! Bei der Frage nach Naturverträglichkeit ist stets zu berücksichtigen, dass Windanlagen gebaut werden, um den Klimawandel zu stoppen, der die denkbar schlimmste Schädigung der Natur überhaupt darstellt.

(SFV) Natürlich sollen in erster Linie die "naturverträglichsten" Standorte genutzt werden. In Wirtschaftswäldern sehen wir keine Probleme.

d) Mit welchen konkreten Maßnahmen wollen sie die Elektromobilität fördern?
Sehen Sie Hemmnisse, die beseitigt werden müssen?

(SFV) Starke Erhöhung der Kraftstoffsteuer, keine Zulassung neuer Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren mehr. Die Automobilwirtschaft muss genauso wie die Atom- und die Kohlewirtschaft erkennen, dass ihre Geschäftsmodelle vorbei sind. Gerade bei dieser Bestimmung ist großer Widerstand aus den Kreisen der Betroffenen zu erwarten. Doch dieser Widerstand wird bei jeder Einschränkung der fossilen Treibstoffversorgung entstehen - und sei die Terminierung noch so großzügig. Eine großzügige Terminierung hätte dagegen den negativen Effekt, dass der Eindruck entsteht, die Klima-Lage ließe noch einen Aufschub zu. Außerdem stellt eine großzügige Terminierung einen Anreiz dar, rasch noch im "End-Schlussverkauf" so viel neue Kfz mit Verbrennungsmotoren einzukaufen wie möglich.

e) Welche konkreten Maßnahmen planen Sie, um Energieeffizienz und Energieeinsparung voranzubringen?

(SFV) Im Vergleich zum Umstieg auf eine CO2-freie und radioaktivfreie Energiebereitstellung sehen wir die Forderung nach Energieeffizienz als nachrangig an. Die Energie-Effizienz steigt automatisch beim Umstieg auf elektrische Antriebe und auf Wärmepumpenheizung. Energiesparen erfolgt erfahrungsgemäß erst dann, wenn Energie schmerzhaft teuer ist. Deshalb wollen wir fossile Treib- und Heizstoffe hoch besteuern.
Wir verbinden dies mit der Forderung an die Sozialpolitik, dass parallel dazu die skandalösen Vermögens- und Einkommensunterschiede abgebaut werden, damit es nicht zur sogenannten "Energiearmut" kommt.

 

4. Umsetzungsschritte zu einer dezentralen Versorgungssicherheit

Um die Versorgungssicherheit mit Erneuerbaren Energien zu garantieren, ist ein Ausgleich des fluktuierenden Angebots von Wind- und Sonnenenergie notwendig. Trotz Einspeisevorrang für Erneuerbare Energie werden aktuell z.B. bei gutem Wind Windparks abgeregelt, während Kohlekraftwerke am Netz bleiben. Alternativ könnten Energiespeicher momentan nicht benötigte Wind- und Sonnenenergie aufnehmen. Die Bevorratung von Energie für Strom und Wärme wird als einer der Schlüsselfaktoren der Energiewende betrachtet.

a) Wie wollen Sie dezentrale Versorgungskonzepte (z.B. Quartierslösungen) in einer künftigen Energieversorgung stärken?

(SFV) Dezentrale Quartierslösungen zielen zumeist auf die Autarkie eines begrenzten Wohngebietes, vergessen dabei jedoch die Notwendigkeit, sich an der Stromversorgung von energieintensiver Industrie in der größeren Region zu beteiligen. Wir halten deshalb Anreize zur Maximierung der Stromproduktion und bedarfsgerechten Lieferung dieses Stroms für notwendig.

b) Sehen Sie den Ausbau von Energiespeichern (Kurz-, Mittel und Langzeitspeichern) als dringende Schwerpunkt-Aufgabe bei der Umstellung auf 100 % Erneuerbare Energien?

(SFV) Ja! Ohne Speicher werden wir die fossilen und atomaren Energien nicht los. Für jedes stillzulegende Kohlekraftwerk müssen Speicher mit gleicher Höchstleistung bereitstehen.

c) Welche Maßnahmen halten Sie für geeignet, den Ausbau und die flächendeckende Nutzung von Strom- und Wärmespeichern in Deutschland zu beschleunigen?

(SFV) Es sind erhebliche finanzielle Anreize zur Installation von Speichern vorzusehen. Diese Anreize müssen gezahlt werden für Strom, den diese Speicher bei Strommangel am Spotmarkt liefern, unabhängig davon, ob diese Speicher vorher mit Strom aus erneuerbaren oder konventionellen Quellen befüllt wurden.

d) Wollen Sie den weiteren Ausbau zusätzlicher Fernübertragungsnetze beenden?

(SFV) Ja, unbedingt und so schnell wie möglich. Die dafür vorgesehenen Gelder sind in die Förderung des Speicherbaus zu stecken.
 

5. Umsetzungsschritte durch Sektorenkopplung

Um den Ausstoß der Treibhausgase umfassend zu vermindern, muss der Energieverbrauch in allen Sektoren Strom, Wärme und Mobilität klimaneutral durch Erneuerbare Energien gedeckt werden.

a) Bis wann streben Sie eine Konvergenz der Energiemärkte Strom, Wärme und Mobilität (bis hin zur vollständigen Sektorenkopplung) an?

(SFV) Sektorenkopplung bedeutet für uns die Forderung, jeweils die emissionsärmste Energiequelle zu nutzen. z.B. Elektroantrieb für Kurzstreckenflüge oder Windenergie als Antriebshilfe im Schiffsverkehr, oder Wärmepumpen bei der Raumheizung. Dies soll so schnell wie möglich vorangetrieben werden.

b) Mit welchen Maßnahmen wollen Sie dies erreichen?

(SFV) Hohe Besteuerung aller fossilen Kraft- und Heizstoffe.

c) Welche Bedeutung messen Sie den folgenden Techniken bei: power-to-gas, power-to-liquid, power-to-heat?

(SFV) Die Speichertechnik "Power-to-heat" liefert als Endprodukt Wärme, die nur sinnvoll zum Heizen verwendet werden kann, das heißt im Wesentlichen nur im Winter.

(SFV) Die Speichertechniken "Power-to-gas und "power-to-liquid" liefern ein Endprodukt, das verlustarm wieder in Elektrizität und jede andere Energieform zurückverwandelt werden kann.

(SFV) Die Speichertechnik "Power-to-gas" hat den Vorteil, dass es für das Gas bereits Speicher gibt, hat jedoch den Nachteil, dass sie nur angewendet werden kann, wo bereits Gasleitungen liegen.

(SFV) "Power-to-liquid" hat den Vorteil, dass die energiehaltige Flüssigkeit mit Tankwagen und Tankschiffen überall hin gebracht werden kann und dass sie in Tanks ähnlich den Heizöltanks auch privat bevorratet werden kann.
 

6. Umsetzungsschritte zur Kosten-Klarheit und Kosten-Wahrheit

Die Kosten fossiler Strom- und Wärmeerzeugung sind niedriger als die aus Erneuerbaren Quellen, weil die Folgekosten für Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschädigungen und Entsorgungskosten nicht in den Preis mit
einfließen. Zusätzlich genießen die konventionellen Energien zahlreiche weitere Vergünstigungen, z.B. keine EEG-Umlage für energieintensive Unternehmen, Subventionen und/oder staatliche Übernahme von Rückbaukosten.

a) Werden Sie sich für eine nationale CO2-Steuer bzw. -Abgabe einsetzen?
Wenn ja, in welcher Höhe und wer soll diese Steuer zahlen?

(SFV) Ja, jedoch ist dafür möglicherweise eine Grundgesetzänderung notwendig. Die Steuer soll an der Quelle erhoben werden, z.B. beim Abbau von Braunkohle oder beim Import von Steinkohle.

b) Werden Sie sich für eine Brennelemente-Steuer einsetzen?

(SFV) Die Brennelementesteuer ist durch das Bundesverfassungsgericht verworfen worden. Deshalb bleibt uns nur das Ordnungsrecht: Die Nutzung der Atomenergie gehört verboten.
 

7. Umsetzungsschritte zum Ausstieg aus Atom und Kohle

Den Ausstieg aus der Atomenergie beschloss die Bundesregierung nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011. Bis 2022 sollen alle deutschen Atomkraftwerke vom Netz sein.

a) Halten Sie am Atomausstieg fest?
(SFV) Ja!

b) Soll die Urananreicherungsanlage in Gronau weiter betrieben werden?

(SFV) Nein!

c) Soll die Brennelementefabrik in Lingen weiter betrieben werden?

(SFV) Nein!

d) Sind Sie dafür, aus dem EURATOM-Vertrag auszuscheiden?

(SFV) Ja!

e) Halten Sie es für sinnvoll – ähnlich wie beim Atomausstieg – auch für jedes Kohlekraftwerk die endgültige Stilllegung gesetzlich festzuschreiben?

(SFV) Ja!

f) Bis wann soll das letzte Kohlekraftwerk vom Netz gehen?

(SFV) Aus Klimaschutzgründen so schnell wie möglich.