Neue Klimaklage 2.0!

Der SFV hat am 26.06.2024 eine neue Klimaklage angekündigt. Mehr Infos finden Sie hier.  

Bahnbrechendes Klima-Urteil zur Klimaklage 1.0!

Karlsruhe/Berlin. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Frühjahr 2021 mehrere Klimaklagen für teilweise begründet erklärt. Der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV), der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sowie die Einzelkläger der 2018 erhobenen Klage, der 2020 weitere Personen und Verbände mit eigenen Klagen folgten, bewerten das Urteil als einen großen Erfolg.

Unser Kommentar zum Klageurteil

Das Urteil ist ein Meilenstein in der deutschen Rechtsprechung und eine schallende Ohrfeige für die klimapolitische Untätigkeit der Bundesregierung. Aber es ist dennoch nur ein Teilerfolg. So legt die Feststellung des Gerichts, dass der Staat eine „objektivrechtliche Schutzverpflichtung auch in Bezug auf künftige Generationen“ habe, einen wichtigen Rahmen fest, der in Zukunft aber noch mit Inhalten gefüllt werden muss. Denn die Einschätzung des Gerichts zu der Frage, ob die derzeitige Klimagesetzgebung zu einer Verletzung grundrechtlicher Schutzpflichten führe, ist noch inkonsistent. 

Das BVerfG argumentiert im Hinblick auf das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit: „Die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgende Schutzpflicht des Staates umfasst auch die Verpflichtung, Leben und Gesundheit vor den Gefahren des Klimawandels, etwa vor klimabedingten Extremwetterereignissen wie Hitzewellen, Wald- und Flächenbränden, Wirbelstürmen, Starkregen, Überschwemmungen, Lawinenabgängen oder Erdrutschen, zu schützen.“ Dann bekennt es aber: „Eine Verletzung dieser Schutzpflichten lässt sich angesichts des dem Gesetzgeber bei der Erfüllung zukommenden Spielraums nicht feststellen.“ Dies ist angesichts der Häufung von klimawandelbedingten „Natur“-Katastrophen in den letzten 20 Jahren nicht überzeugend.

Das BVerfG hat außer Betracht gelassen, welche Beeinträchtigungen der Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2, 2 GG) oder auf Eigentum (Art. 14, 1 GG) schon heute durch die anthropogene Erderhitzung stattfinden. Der zugrunde gelegte Gedanke eines „CO2-Budgets“ unterstellt, dass noch beträchtliche Mengen an Kohlendioxid ausgestoßen werden dürfen. Diese Annahme ist jedoch durch die Entwicklung des globalen Klimas überholt. Positive Rückkoppelungen wie die Methanfreisetzungen durch auftauende Permafrostböden oder die Albedo-Verringerung durch schmelzendes Inlandeis zeigen, dass die Lage wesentlich dramatischer ist, als das BVerfG in seiner Urteilsbegründung annimmt.

Die Rechtsprechung bedarf also auch jetzt noch der Weiterentwicklung. Der Teilerfolg des heutigen Tages gibt uns aber Ansporn, die juristische Auseinandersetzung als wichtiges Element unserer Bemühungen um Klimarettung weiter zu forcieren. Daneben gibt das Urteil auch Rückenwind für unsere Aktivitäten auf der parlamentarisch-politischen Ebene. Im September wird ein neuer Bundestags gewählt. Ein Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, der auf Twitter heute in völliger Loslösung von der Realität das BVerfG-Urteil als Bestätigung seiner Politik liest, sollte danach nicht mehr in einem derart wichtigen Amt verbleiben können.

 

Das Urteil des Verfassungsgerichts ist ein historischer Meilenstein für den Klimaschutz.

Volker Quaschning

Bundesverfassungsgericht

Grundrecht auf Klimaschutz

Urteil des Bundesverfassungsgerichts - kurz zusammengefasst

Was für Konsequenzen resultieren aus dem Klimaurteil? Wie können die einzelnen Passagen interpretiert werden? Gibt es nun ein Grundrecht auf Klimaschutz? Wir haben das Urteil des Bundesverfassungsgerichts analysiert und für euch in 9 Kernaussagen zusammengefasst.

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Bundestag Adler

eingereicht am 15. Juni 2020

Stellungnahme

Anlässlich der eingegangenen Gegenstellungnahme von Bundesregierung und Bundestag sowie zwischenzeitlich geänderten Klimaschutz-Gesetzgebung, wurde eine Stellungnahme unsererseits erforderlich. Diese haben die Juristen Frau Dr. Franziska Heß (Fachanwältin für Verfassungsrecht) und Prof. Felix Ekardt (Rechtswissenschaftler) am 15. Juni 2020 für uns eingereicht. Darin konnten die von der Bundesregierung und dem Bundestag vorgetragenen Gegenargumente auf unsere Verfassungsbeschwerde umfassend widerlegt werden.

Stellungnahme lesen
Demo Aktion Karikatur

eingereicht am 23. November 2018

Die Klageschrift

Der Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. hat seine Verfassungsbeschwerde am 23. November 2018 beim BVerfG eingereicht. Sie richtet sich gegen das Unterlassen geeigneter gesetzlicher Vorschriften und Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels durch die Bundesrepublik Deutschland. Mehr dazu in der Klageschrift.

Klageschrift lesen

Wer stand hinter der Klimaklage 1.0?

Hinter der Klage stand ein Bündnis von Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) und vielen Einzelklägern. Hauptkläger und Initiator ist der SFV, der die Klage beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingereicht hat.

 

 

Volker Quaschning

Experte für regenerative Energiesysteme

Prof. Dr. Volker Quaschning

„Die Folgen für die kommenden Generationen werden katastrophal sein. Aber auch meine Generation wird zunehmend durch die Folgen des Klimawandels betroffen sein.“

Thomas Bernhard

Arzt

Dr. Thomas Bernhard

Meine Tätigkeit zeigt mir bereits die Bedrohungen durch Extremwetterereignisse mit Unfalltoten, Hitzezeiten mit Anstiegen von Herzinfarkten oder neuen Infektionserkrankungen.“

Johannes Jung

Student

Johannes Jung

„Immer mehr Menschen werden aus ihrer Heimat vertrieben, weil ihnen auf Grund von Dürren und Extremwetter die Lebensgrundlagen entzogen werden.“

Daniel Kray

Experte für erneuerbare Energien

Prof. Dr. Daniel Kray

Es ist ein Armutszeugnis für die Bundesregierung, dass sie wissenschaftliche Fakten von Tausenden von Wissenschaftlern im aktuellen IPCC-Bericht ignoriert und Kohlekraftwerke und Verbrennungsmotoren weiter qualmen lässt."

Wolf von Fabeck

SFV-Ehrenvorsitzender

Wolf von Fabeck

„Kalifornien zeigt, wie es gehen kann: Erst jahrelange ausdörrende Trockenheit, dann nicht endende Hochtemperaturen, schließlich zufällige Brandausbrüche, die von heißen Stürmen weiter angefacht werden und sich zu unentrinnbaren Brandkatastrophen entwickeln.“

AndreasSanders

Geologe und Naturführer

Andreas Sanders

„Auf lange Sicht geht es nicht um die Frage ob die Erde weiter existieren wird. Es geht darum, ob wir Menschen als "Lebensform eine Zukunft auf der Erde haben – oder wir uns selbst abschaffen und viele weitere Spezies mit uns reißen.“

Josef Goeppel

Politiker

Josef Göppel

„Ich habe mich der Beschwerde angeschlossen, da die Bundesregierung ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen nicht umsetzt. Deutschland fällt sogar immer weiter zurück, Beschlüsse werden nicht ernst genommen.“

Familie Kirschstein

Familien-Vater

Emanuel Kirschstein

"Wir möchten uns - von unserer Tochter oder von wem auch immer – nicht irgendwann vorwerfen lassen, nichts unternommen zu haben. Die Verfassungsbeschwerde ist zumindest ein erster Schritt, sich gegen das Unterlassen der Gesetzgebung zu wehren.“

HannesJaenicke

Schauspieler

Hannes Jaenicke

"Die Auto-, Energie-, Agrar-, Chemie-, Pharma-, Banken-Lobby verhindert mit allen Mitteln und sehr erfolgreich, dass unsere Regierung verantwortungsvolle Umwelt-Politik betreibt. So bleibt uns Bürgern offenbar nur der Rechtsweg, um sich gegen die Lobbykratie und ihre Gängelung der Politik zur Wehr zu setzen.“

Meilensteine

  • Herbst 2023:  Die Klimaklage mit dem Fritz-Bauer-Preis der Humanistischen Union ausgezeichnet.
     
  • 29. April 2021: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erklärt unsere Klimaklage (und mehrere weitere) für teilweise begründet. Die Klagen waren damit erfolgreich. Das BVerfG erklärt die 1,5-Grad-Grenze des Pariser Klima-Abkommens mit seinem Urteil letztlich für verfassungsrechtlich verbindlich. Die grundrechtliche Freiheit und das Staatsziel Umweltschutz verpflichteten den Gesetzgeber, einen vorausschauenden Plan zu entwickeln, um mit den noch möglichen Restemissionen sorgsam umzugehen.
     
  • 15. Juni 2020: Dr. Franziska Heß (Fachanwältin für Verfassungsrecht) und Prof. Felix Ekardt (Rechtswissenschaftler) reichen für den SFV die Stellungnahme beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ein.
  • Frühjahr 2020: Die Stellungnahme der Bundesregierung und des Bundestags sind eingegangen. Der Bundesrat teilt mit, dass man sich inhaltlich nicht äußern will.
     
  • 26. August 2019: Bundesverfassungsgericht setzt Bundesregierung und Bundestag Frist für Stellungnahme
  • 23. Mai 2019: Der Posteingang der Klimaklage wird bestätigt. 
     
  • 23. November 2018:  Die Verfassungsbeschwerde wird beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht.
  • 1. September 2018: SFV gibt Rechtsgutachten in Auftrag. Hinter der Klage steht ein Bündnis aus dem SFV, dem BUND und vielen Einzelklägern.
  • 4. Januar 2018: Das Rechtsgutachten von Prof. Felix Ekardt wird veröffentlicht.

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