Am Samstag, 14.10.2023, wurde im Residenzschloss Rastatt der diesjährige Fritz-Bauer-Preis der Humanistischen Union verliehen. Preisträger:innen sind die Beschwerdeführenden der Verfassungsbeschwerden gegen die mangelhafte Klimapolitik der Bundesregierung. Der Preis wurde 1968 gestiftet, um „Verdienste um die Humanisierung, Liberalisierung und Demokratisierung des Rechtswesens“ zu würdigen. Zu den früheren Preisträger:innen gehören z.B. Gustav Heinemann, Peggy Parnass, Günther Grass und Edward Snowden.

Von den vier nun ausgezeichneten Verfassungsbeschwerden war die erste im Jahre 2018 vom Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV) federführend eingereicht worden. Der SFV fühlt sich deshalb durch die bedeutende Auszeichnung besonders in seinem Bestreben bestätigt, die Politik zu einer klimaschützenden Agenda zu bewegen.

Allerdings muss der SFV feststellen, dass das bahnbrechende Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz noch nicht zu einer entsprechend verfassungskonformen Klimaschutzpolitik der Bundesregierung geführt hat. Deshalb haben SFV-Vertreter bei der Preisverleihung die nachfolgende Stellungnahme verteilt, die hiermit auch den Medien zur Verfügung gestellt wird.


 

An die Bundesregierung:

Klimaurteil des BVerfG endlich ernst nehmen!


 

Der Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV) hat 2018 die erste der vier heute mit dem Fritz-Bauer-Preis ausgezeichneten Verfassungsbeschwerden eingereicht. Wir fühlen uns durch die Auszeichnung besonders bestätigt und angespornt. Aus Anlass der Preisverleihung weisen wir auf die immer noch völlig unzureichende Klimapolitik der jetzigen Bundesregierung hin.

  • Die Ampel-Regierung hat das wenig ambitionierte Ziel der Vorgängerregierung, wonach Deutschland erst 2045 klimaneutral sein soll, unverändert übernommen.
     
  • Wie eine aktuelle Studie des von der Bundesregierung selbst eingesetzten Umweltbundesamtes zeigt, sind die derzeit geplanten Maßnahmen der Bundesregierung nicht geeignet, selbst dieses zu schwache Ziel zu erreichen.
     
  • Entgegen der Expertise quasi der gesamten Fachwissenschaft beharrt die Bundesregierung darauf, mit ihren Maßnahmen auf einem „1,5-Grad-Pfad“ zu sein. Sie handelt insofern nicht faktenbasiert.
     
  • Sie weigert sich, bei ihrer Politik die Budget-Berechnungen des IPCC zugrunde zu legen; und sie beharrt darauf, dass Deutschland ein größerer CO2-Ausstoß pro Kopf zustehe als weniger industrialisierten Ländern – dies, obwohl Deutschland seit der Industrialisierung bereits einen viel größeren kumulierten Ausstoß zu verantworten hat, und obwohl es aufgrund seiner Wirtschaftskraft auch zu energischeren Schritten in der Lage ist.
     
  • Bei einer aktuellen globalen Erwärmung von 1,2 bis 1,4 °C ist bereits eine dramatische Steigerung von „Natur“-Katastrophen eingetreten, und Kippprozesse sind längst angelaufen. Dies zeigt, dass selbst das 1,5-Grad-„Ziel“ des Pariser Klimaübereinkommens von 2015 ein schmerzlicher politischer Kompromiss ist, der mit immensem Leid und gewaltigen volkswirtschaftlichen Kosten einhergeht. Verteilungskonflikte werden sich in naher Zukunft verstärken und die Welt zu einem immer weniger sicheren Ort machen. Jedes weitere Zehntelgrad wird dies (teils exponentiell) verschärfen.

Das „Klimaurteil“ des Bundesverfassungsgerichts von 2021, das heute durch die Verleihung des Fritz-Bauer-Preises der Humanistischen Union gewürdigt wird, war ein Meilenstein der Rechtsprechung. Es wird aber von seinem Hauptadressaten, der Bundesregierung, eklatant gebrochen. Dass die Klimapolitik der jetzigen Regierung sich von den Vorgängerregierungen insgesamt positiv abhebt, darf nicht hierüber hinwegtäuschen. Die politische Klasse pokert um das Schicksal der gesamten Menschheit. Wir werden nicht tatenlos daneben stehen. Der heute empfangene Preis gibt uns dafür Rückenwind.