Auch im Jahr 2024 sind erneut zahlreiche Anlagen aus der Vergütung gefallen: Nach unserer Recherche sind es seit 2000 nun schon mehr als 130.000 Anlagen mit einer Gesamtleistung von über 1 Gigawatt. Immer mehr Anlagenbetreiberinnen und -betreiber sind daher mit der Frage konfrontiert, wie es mit ihrer Anlage weitergeht. Wir haben uns intensiv mit den Möglichkeiten für den Weiterbetrieb von Ü20-Anlagen befasst und uns auch politisch erfolgreich dafür eingesetzt. Hier finden Sie wichtigsten Antworten zu den derzeit immer häufiger gestellten Fragen:

1. Volleinspeisung oder Eigenversorgung - was ist besser?

Der Anspruch auf Netzanschluss, sowie die vorrangige Stromabnahme und -weiterleitung bleibt auch nach Auslauf der 20-jährigen EEG-Vergütungszeit bestehen. Die Anlagen können von Volleinspeisung auf Eigenversorgung umgerüstet werden, um die Einnahmen zu erhöhen. Auch die Installation eines Speicher wäre eine Option. Ob dieser wirtschaftlich betrieben werden kann, sollte kritisch hinterfragt werden. Der Überschussstrom kann weiterhin in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden.

Ist bei Umrüstung ein Tausch der Wechselrichter notwendig?

Viele Installateure sind der Meinung, beim Umbau von Volleinspeisung auf Eigenversorgung sei ein Tausch der Wechselrichter notwendig, da diese den aktuellen Normen nicht entsprechen.
Bei diesem Umbau handelt es sich jedoch nicht um eine wesentliche Änderung der Anlage, da lediglich Arbeiten an der Verteilung und am Stromzähler durchgeführt werden. Nicht jedoch an PV-Modulen und Wechselrichter. Gemäß VDE 4105 S.9 "Anwendungsbereiche" handelt es sich dabei um keine wesentliche Änderung der Anlage.

Die bestehenden Wechselrichter sollten also problemlos weiterbetrieben werden können.

2. Höhe und Dauer der Vergütungszahlung

Alle Ü20-Anlagen haben weiterhin Anspruch auf eine Vergütung des Stroms. Die Höhe richtet sich nach dem “Jahresmarktwert Solar” ("JW Solar"). Er wird an der Strombörse in Leipzig ermittelt und jährlich auf der Webseite der Übertragungsnetzbetreiber veröffentlicht. Der JW Solar ergibt sich aus dem Spotmarktpreis, der zu jeder Stunde des Kalenderjahres im Verhältnis zur gelieferten Solarstrommenge erzielt wurde. 

In § 23 b EEG 2023 ist geregelt, dass die Vergütung für Ü20-Solarstrom auf maximal 10 Ct/kWh gedeckelt wird, selbst wenn sich der JW Solar über diesen Preis hinaus entwickelt.

Für 2024 beträgt der Jahresmarktwert Solar 4,624 Ct/kWh. Für die Vermarktung wird ein Abzugsbetrag von 1,808 Ct/kWh geltend gemacht. Somit bleiben allen Anlagenbetreiber:innen von Ü20-Anlagen in diesem Jahr nur eine Einspeisevergütung von 2,816 Ct/kWh. Dieser Betrag wird den meisten Anlagenbetreiber:innen kaum reichen, die jährlichen Betriebskosten der Anlagen zu decken. Für alle Anlagen, die über ein intelligentes Messsystem verfügen, verringert sich der Abzug auf die Hälfte. 

 JW SolarVermarktungskostenÜ-20 Vergütung
 

ct/kWh

20244,6241,8082,816
20237,207,2
202222,3060,18422,122

 

Die gesetzliche Vergütungspflicht für alle Ü20-Anlagen wurde im Rahmen des Solarpakets um fünf Jahre bis zum 31.12.2032 verlängert. Das ist ein erster Erfolg unserer energiepolitischen Arbeit, denn vorher endete die maximale Vergütungszeit noch zum 31.12.2027. 

Tipp: Onlinevortrag zu Ü20-Anlagen

Was passiert mit Solaranlagen, die aus der Einspeisevergütung fallen? Der SFV hat sich intensiv mit den Möglichkeiten für den Weiterbetrieb von Ü20-Anlagen befasst. Tobias Otto teilt in seinem Vortrag, der 2024 gehalten wurde, Erfahrungswerte und Alternativen. 

3. Messung und Messkosten

Wird die Anlage in Volleinspeisung weiterbetrieben, kann der bisherige Stromzähler in aller Regel weiter genutzt werden, sofern dieser noch geeicht ist. Wenn der Netzbetreiber schon jetzt auf eine digitale Messeinrichtung nach dem neuen Messstellenbetriebsgesetz besteht, muss umgerüstet werden. Für Anlagen bis 7 kW reicht eine moderne Messeinrichtung (einfacher digitaler Zähler). Der Preis von maximal 20 € brutto / Jahr ist im Messstellenbetriebsgesetz verankert. Für größere Anlagen müssen “intelligente” Messsysteme vorgesehen werden (Smart Meter Gateway). Für alle Anlagen, die über ein intelligentes Messsystem verfügen, verringert sich der Betrag für den Abzug der Vermarktungskosten auf die Hälfte. Bei älteren Zählerschränken, in denen die neue Messeinrichtung nicht mehr eingebaut werden kann, könnte es teuer werden. Hier muss neu investiert werden. Ein neuer Zählerschrank kostet oft mehr als 1.000 €. Anlagenbetreibende wägen deshalb zu Recht ab, ob sich eine Umrüstung lohnt. Weitere Infos zum Thema Messstellenbetrieb finden Sie in unserem Solar-Wiki.

4. Steuerpflicht?

Für Ü20-Anlagen bis 30 kW entfällt die Einkommensteuerpflicht – genauso wie für alle anderen Solarstromanlagen bis zu dieser Leistungsgröße. Nach dem Jahressteuergesetz 2022, dessen PV-Steuerregeln auch heute noch gelten, ist der Zeitpunkt der Inbetriebnahme der PV-Anlage unmaßgeblich. Ebenso ist die Verwendung des erzeugten Stroms nicht relevant. Der Wegfall der Einkommensteuerpflicht bis 30 kW gilt bereits rückwirkend für 2022.

5. Kann die Ü20-Anlage erweitert werden?

Wenn die Ü20-Anlage um eine Neuanlage ergänzt wird, gelten für die Neuanlage die Vergütungsregelungen des aktuell gültigen EEG. Alt- und Neuanlage können jedoch über eine gemeinsame Messeinrichtungen abgerechnet werden, außer eine der Anlagen unterliegt dem Marktintegrationsmodell (sog. MIM-Anlage).

6. Unsere Vorschläge an die Politik

Der wirtschaftlich sinnvolle Weiterbetrieb von Ü20-Anlagen wird häufig an den Wunsch geknüpft, die Betriebsweise der Anlage von Volleinspeisung in Eigenversorgung zu wechseln. Das hat zur Folge, dass die Betreiber:innen mit weiteren Ausgaben für den technischen Neuanschluss (ca. 300 €), für einen neuen Zweirichtungszähler und ggf. für einen neuen Zählerschrank (ca. 1000 € ) belastet werden. Diese sind nur dann tragbar, wenn die Anlage gesichert und zu einem kalkulierbaren Einspeisepreis weiterlaufen kann. 

Der SFV sieht daher in der Verlängerung des Vergütungsanspruches, der nach dem neuen Solarpaket 1 nun bis zum 31.12.2032 verlängert wurde, ein wichtiges Signal. Aber auch eine Mindestpreisregelung (z.B. 7 Ct/kWh) zur bestehenden Maximalpreisregelung von 10 Ct/kWh wäre äußerst sinnvoll. Hierfür setzen wir uns ein.

Kurzgutachten: Leistungen und Kosten 2020

In einem Kurzgutachten wurde durch den SFV, die DGS und Ra. Dr. Behnisch untersucht, ob unter den 2020 vorliegenden Randbedingungen ein wirtschaftlicher Weiterbetrieb (z.B. als Eigenversorgungsanlage oder per Direktvermarktung) möglich ist.

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