Hinweis: Die aktuellen Regelungen für Ü20-Anlagen können Sie hier abrufen: https://www.sfv.de/solaranlagenberatung/ue20-anlagen

 

Die Regeln zum Weiterbetrieb von Ü20-PV-Anlagen warfen in den letzten Jahren ihre Schatten voraus. Viele Anlagenbetreiber*innen bangten um ihre Anlage. Denn das EEG 2017 schrieb komplexe Direktvermarktungsregelungen, Smart-Meter-Einbaupflichten und die EEG-Umlage auf Eigenversorgung vor. Zu Recht riss die Protestwelle nicht ab, denn es bestand die Sorge, dass der Weiterbetrieb voll funktionstüchtigen Ü20-PV-Anlagen unter den gegebenen Bedingungen noch möglich sei. Ein wirtschaftliches Desaster schien unvermeidlich und der Abbau von intakter Technik unabwendbar. 

Auch wir haben den Protest mitgetragen. In zahlreichen politischen Aktionen, aufklärenden Vorträgen, öffentlichkeitswirksamen Petitionen und Anhörungen setzten wir uns dafür ein, dass bürokratische Hürden abgebaut und einfache, wirtschaftlich tragbare Lösungen für den Weiterbetrieb der Ü20-Anlagen gefunden werden. Wie diese Lösungen ausschauen könnten, haben wir in einem Gutachten, das gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie und der Kanzlei Gaßner, Groth und Siederer erstellt wurde, aufgezeigt.  

Am 1.1.2021 trat das Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energierechtlicher Vorschriften (EEG 2021) in Kraft. 

Leider bleibt dieses EEG 2021 weit hinter den Anforderungen für eine ambitionierte Energiewende zurück. Doch ein paar Lichtblicke gibt es, die wir alle gemeinsam erkämpft haben.

Susanne Jung

So wurden kurz vor der Verabschiedung des Gesetzes im Deutschen Bundestag am 17.12.2020 noch wesentliche Regeln für den Weiterbetrieb von Ü20-Anlagen nachjustiert. Die Rechtslage hat sich verbessert, wenn auch nicht in allen notwendigen Punkten. Unsere Bemühungen hatten also in Teilbereichen Erfolg.  

 

Ü20-PV-Anlagen nach EEG 2021

Die meisten Ü20-PV-Anlagen, die zu Beginn des Jahres aus der Vergütung fallen, wurden als Volleinspeise-Anlagen betrieben. Jede in das öffentliche Netz eingespeiste Kilowattstunde Strom wurde mit 50,62 Ct/kWh vergütet. Der Vergütungsanspruch lief zum 31.12.2020 aus.

1. Neue Vergütung

Nach EEG 2021 können alle Anlagen sowohl als Volleinspeise- als auch als Eigenverbrauchsanlagen weiterbetrieben werden. Für die Ü20-Anlagen besteht weiterhin ein Anspruch auf Netzanschluss, sowie die vorrangige Stromabnahme und -weiterleitung. Für jede Kilowattstunde, die in das öffentliche Netz eingespeist wird, kann eine Vergütung in Höhe des Jahresmarktpreises (aktuell ca. 2,5 Ct/kWh), abzüglich von Stromvermarktungskosten (ca. 0,4 Ct/kWh) beansprucht werden. Diese Regel gilt bis Ende 2027 und ist auf Anlagen bis 100 kW beschränkt. 

Unsere Einschätzung: Die Einspeisevergütung ist noch immer zu gering. Es müsste mindestens das Doppelte gezahlt werden, um die Betriebskosten der Ü20-Anlage in den nächsten Jahren sicher abdecken zu können. Auch die Beschränkung der Zahlungspflicht bis 2027 ist willkürlich gewählt und wird dem Anspruch nicht gerecht, die Lebensdauer der Anlagen hinreichend auszunutzen. Dennoch ist zu begrüßen, dass die Umrüstung auf Eigenversorgung und Teileinspeisungen vom Gesetzgeber weiterhin unterstützt wird und die Pflicht zur sonstigen Direktvermarkung vom Tisch ist. 

2. Messung

Für Ü20-Anlagen bis 7 kW ist kein intelligentes Messsystem (Smart Meter) erforderlich. Die vorhandenen Messeinrichtungen könnten in diesen Fällen bei einer Eigenverbrauchs- oder Volleinspeiseanlage in aller Regel weiter genutzt werden.

Unsere Einschätzung: Es ist begrüßenswert, dass der Gesetzgeber von der Forderung abrückte, eingespeisten Solarstrom den Pflichten einer "sonstigen Direktvermarkung" zu unterziehen und damit bereits bei kleinen PV-Anlagen eine Smart-Meter-Pflicht festzuschreiben. Die Beschränkung der Smart-Meter-Pflicht auf Anlagen über 7 kW ist ein guter erster Schritt, denn über 90 % der Anlagen, die zu Beginn des Jahres aus der Vergütung gefallen sind, liegen in diesem Anlagensegment. Alle anderen Einspeiser müssen nach Bekanntgabe der Smart-Meter-Markterklärung durch das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ein intelligentes Messsystem einbauen, mit dem die IST-Einspeisung der Anlage gemessen werden kann.

3. EEG-Umlage auf Eigenversorgung

Der Eigenverbrauch aus Ü20-Anlagen bis 30 kW unterliegt für maximal 30 MWh keiner EEG-Umlagepflicht. Das betrifft ca. 99 % aller Anlagen. Diese Regelung ist zeitlich unbegrenzt - also nicht in Anlehnung auf den Vergütungsanspruch bis Ende 2027 eingeschränkt. Mehrere Anlagen am Standort sind gemäß § 24 Absatz 1 Satz 1 EEG 2021 (12-Monatsregel) weiterhin zusammenzufassen. 

Für alle größeren Anlagen und höheren Stromverbräuche am Standort gilt die verminderte EEG-Umlagepflicht von 40%. Bedingung hierfür: Der Strom muss in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zur Anlage ohne Durchleitung durch das öffentliche Netz verbraucht werden. Ebenso bleibt für die EEG-Umlagebefreiung noch die Pflicht zur Personenidentität zwischen Anlagenbetreiber und Eigenverbraucher bestehen. 

Wenn Ü20-Anlagen die Leistungsgrenzen von 30 kW (ab da Pflicht zur EEG-Umlage auf Eigenversorgung) bzw. 100 kW (kein Anspruch auf Einspeisevergütung) überschreiten, könnte über einen teilweisen Rückbau der Anlage nachgedacht werden. Das Erst-Inbetriebsetzungsdatum der einzelnen, am Standort der Anlage verbleibenden Module ist hinreichend, um die jeweiligen Ansprüche zu begründen.

Unsere Einschätzung: Super, dass der Eigenverbrauch aus Ü20-PV-Anlagen in aller Regel keiner EEG-Umlagepflicht unterliegt. Da ca. 99 % der Anlagen eine Leistung von 30 kW aufweisen, ist das Problem zumeist vom Tisch. Dennoch widersprechen wir noch immer energisch, dass Eigenverbrauch und Verbrauch durch Dritte rechtlich nicht gleichgestellt sind. Sobald Mieter oder Eigentümergesellschaften mit dem Solarstrom des Gebäudes versorgt werden, wird auch weiterhin die volle EEG-Umlage fällig. Das widerspricht den Vorgaben der EU-Richtlinie 2018/2001 und stellt eine deutliche Ungleichbehandlung dar.

4. "sonstige Direktvermarktung"

Betreiber von Ü20-Anlagen haben das Recht, den erzeugten und in das öffentliche Netz eingespeisten Strom selbst an Letztverbraucher zu vermarkten. Im Verfahren der "sonstigen Direktvermarktung" werden die Vermarktungserlöse mit dem belieferten Dritten vereinbart. Da der Strom über das öffentliche Netz geführt wird, ist die Einbindung einer 1/4-stündliche Messwerterfassung und die Fernsteuerbarkeit der Anlage verpflichtend. 

Unsere Einschätzung: Dieses Verfahren ist für Anlagen über 100 kW verpflichtend und damit die vorwiegende Möglichkeit, den Weiterbetrieb sicherzustellen. Der SFV arbeitet aktuell an einer Übersicht zu zusätzlichen Angeboten der regionalen Netzbetreiber. 

 

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