SFV-Faktencheck: Solarstrom-Abregelung und die Zukunft der Einspeisevergütung
Die im Rahmen der Wachstumsinitiative geäußerten Pläne der Ampel-Parteien sowie die immerwährenden Forderungen der FDP zur Abschaffung der EEG-Förderung haben nicht nur bei uns sondern auch bei vielen Investor:innen Sorge um die Zukunft der solaren Energiewende hervorgerufen. Bei vielen steht die Frage im Raum, ob Investitionen weiter geplant und bestehende Solaranlagen wirtschaftlich sicher betrieben werden können. Auch die Medien tragen zu einer großen Verunsicherung bei.
Am 23.10.24 wurden die Verbände und Vereine offiziell gebeten, zu einem Gesetzesentwurf über Änderung im Energiewirtschaftsrecht Stellung zu beziehen. Geplant sind tatsächlich tielgreifende Änderungen für Solaranlagen.
Hier finden Sie unsere Stellungnahme, die wichtigsten Themen im Überblick und Infos zu den häufigsten Fragen.
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Acht Thesen
- 1. Die EEG-Förderung läuft in Kürze aus
- 2. Alle Änderungen gelten auch für Bestandsanlagen
- 3. Negative Strompreise gefährden jede Solaranlage
- 4. Negative Strompreise gefährden auch kleine Anlagen
- 5. Bei negativen Strompreisen muss ich draufzahlen
- 6. Bei Netzüberlastung wird ohne Entschädigung abgeregelt
- 7. Es gibt zu viel Solarstrom im Netz
- 8. Besser warten als jetzt investieren
1. Die EEG-Förderung läuft in Kürze aus
1. "Die EEG-Förderung läuft in Kürze aus."
Die aktuellen Planungen sind tiefgreifend. Dennoch soll es nach aktuellem Diskussionsstand weiterhin eine Einspeisevergütung geben, allerdings mit Einschränkungen.
- PV-Anlagen ab 2 kWp, die noch nicht über ein intelligentes Messsystem (iMSys) abgerechnet werden, sollen am Netzanschlusspunkt zukünftig die maximale Wirkleistungs-Einspeisung auf 50 Prozent der Peak-Leistung reduzieren.
- In den kommenden drei Jahren soll die Pflicht zur Direktvermarkung (bislang Anlagen mit mehr als 100 kWp) auf 2025 = 90 kWp, 2026 = 75 kWp und 2027 = 25 kWp herabgesetzt werden.
- Für Strom aus diesen Direktvermarktungsanlagen soll auch weiterhin eine Marktprämie beansprucht werden können, deren Höhe sich nach dem Börsenpreis bemisst.
- Für Anlagen bis 100 kWp wird bis Ende 2027 anstelle der Direktvermarktungspflicht optional die Möglichkeit angeboten, die maximale Wirkleistungseinspeisung am Netzanschlusspunkt auf 30 % zu reduzieren.
Aus unserer Sicht markieren diese Planungen tatsächlich einen erheblichen Richtungswechsel bei der Energiewende. Eine verlässliche Finanzierung der Energiewende ist kaum noch gegeben.
Der SFV setzt sich aktiv für die Beibehaltung der Einspeisevergütung ein. Wir setzen auf die in § 1a des EEG 2023 festgelegte Regelung, dass die EEG-Förderung erst nach dem Kohleausstieg, also ab 2038 oder möglicherweise auch früher, durch Marktanreize ersetzt werden sollte.
2. Alle Änderungen gelten auch für Bestandsanlagen
2. "Die Änderungen bei der EEG-Förderung wird mich als Betreiber einer Bestandanlage in jedem Fall treffen."
Das stimmt nicht ganz. Investitionen, die unter aktuell geltendem Recht getätigt werden, genießen verfassungsrechtlichen Bestandsschutz. Wenn sich die Gesetzeslage in Zukunft ändert, gilt dies für neue Investitionen – jedoch nicht für bereits in Betrieb genommene Solaranlagen. Wenn Sie Ihre Anlage heute in Betrieb nehmen, haben Sie weiterhin einen Anspruch auf eine feste 20-jährige EEG-Vergütung.
Die verpflichtende Umrüstung auf intelligente Messsysteme wird allerdings auch Bestandsanlagen ab 2 kWp treffen. Hier sollen zukünftig nicht nur deutlich höhere Messkosten abgerechnet werden. Anlagen, die über iMSys verfügen, können auch bei negativen Strompreisen abgeregelt werden. Hierfür gibt es allerdings eine Entschädigung - über eine Verlängerung des Vergütungszeitraumes.
3. Negative Strompreise gefährden jede Solaranlage
3. "Wegen der vielen Stunden mit negativen Strompreisen lohnt sich die Investition in eine Solaranlage nicht."
Als Solareinspeiser von kleinen Gebäude-Solaranlagen bekommen Sie von negativen Strompreisen aktuell nicht viel mit – über die EEG-Förderung ist ihre Investition weiterhin abgesichert. Momentan bekommen lediglich PV-Anlagen ab 400 kWp – also mittelgroße Gewerbeanlagen – die negativen Strompreise zunehmend zu spüren. Sie erhalten nach § 51 EEG 2023 in 2024 keine Vergütung, wenn die Strompreise an der Strombörse in mindestens drei aufeinanderfolgenden Stunden negativ sind.
Dies soll sich laut Gesetzesentwurf zukünftig ändern. Die Null-Vergütung soll sofort für jeden Zeitraum gelten, in dem der Strompreis negativ ist. Die Ausfallzeiten sollen jedoch am Ende des 20jährigen Vergütungszeitraums angehangen werden. Ab 2026 sollen auch alle Anlagen unter 400 kWp betroffen sein.
4. Negative Strompreise gefährden auch kleine Anlagen
4. "In Kürze sollen bereits kleinere PV-Anlagen bei negativen Börsenstrompreisen abgeschaltet werden."
Ab 2025 soll die Leistungsgrenze der Anlagen, die von der Abregelung bei negativen Strompreisen betroffen sind, weiter herabgesetzt werden. Im Gesetzesentwurf zu Änderungen im Energierecht wird dargelegt, die Leistung der zu regelnden Anlagen ab 2025 selbst auf Anlagen bis 2 kWp herabzusetzen, sobald intelligente Messsysteme eingebaut sind. Und selbst für kleineren Anlagen unter 2 kWp soll es kein generelles Regelungsverbot geben. Hier kann die BNetzA per Verordnung Vorgaben erarbeiten. Die zeiten der Solaranlagen-Abregelung soll halbiert werden und die Vergütungszeit erlängern. Maßgabe für die Verlängerung sind die im Gesetz festgeschriebenen Volllaststunden der Monate.
5. Bei negativen Strompreisen muss ich draufzahlen
5. "Bei negativen Strompreisen muss ich als Anlagenbetreiber:in Geld zahlen, statt eine Vergütung zu erhalten."
Das stimmt nicht. Für Stunden, in denen negative Strompreise an der Strombörse entstehen, erhalten derzeit Anlagen ab 400 kWp keine Vergütung. Es erlischt in diesen Momenten der Anspruch auf eine Einspeisevergütung, auch der geldwerte Vorteil des Eigenverbrauchs fällt weg.
Im schlimmsten Fall – bei einer Voll-Abregelung der Solaranlage – müssen Anlagenbetreibende allerdings draufzahlen, da der Strom, den man sonst aus der eigenen Anlage selbst genutzt hätte, über einen Stromlieferanten zuzukaufen ist. Eine explizite Gebühr oder Strafzahlung auf Grund der negativen Strompreise fällt jedoch nicht an.
Ab 2026 sollen laut Gesetzesentwurf auch Anlagen unter 400 kWp von Vergütungs-Streichungen bei negativen Strompreisen betroffen sein. Die vergütungslosen Zeiten sollen an die 20jährige Laufzeit angehängt werden.
6. Bei Netzüberlastung wird ohne Entschädigung abgeregelt
6. "Bei zu viel Strom im Netz wird meine Solaranlage abgeregelt und kann keinen Strom mehr erzeugen."
Wenn das Netz überlastet ist, können Solaranlagen derzeit ab 25 kWp abgeregelt werden (nach den Plänen der Bundesregierung zukünftig sogar Anlagen ab 2 kWp, wenn sie über ein intelligentes Messsystem (iMSys) verfügen).
Bei Nutzung von iMSys oder bei Anlagen ab 100 kWp kann die Abregelung derzeit in Stufen erfolgen. Für die entgangene Einspeisevergütung gibt es eine Entschädigung, die allerdings geringer ausfällt als die Einspeisevergütung. Die nicht mehr mögliche Eigenversorgung wird allerdings nicht entschädigt. Dieses Gesamtproblem kann auch solche Anlagen treffen, deren Strom größtenteils oder vollständig in den Eigenverbrauch geht, sofern mit Netzbetreibern nichts anderes vereinbart wurde.
7. Es gibt zu viel Solarstrom im Netz
7. "Die Netze sind überlastet, da wir zu viel Solarstrom erzeugen."
Das stimmt so nicht, denn wir benötigen noch viel mehr Solarstrom, um die Energiewende zu schaffen! Leider wurde es bislang versäumt, die Einspeisung von EE-Strom sowie das Stromverbrauchs-Verhalten systemdienlich zu gestalten. Es ist wichtiger denn je, die Netze zügig auszubauen und um intelligente Speicher zu ergänzen, die den Solar- und Windstrom in Spitzenzeiten zwischenspeichern.
Zu den Verursachern von Netzüberlastungen gehören aber auch unflexible fossile sowie atomare Kraftwerke im europäischen Verbundnetz. Sie sind nicht in der Lage, ihre Produktion schnell und flexibel an die Nachfrage anzupassen und speisen weiterhin eine Sockelleistung in das Netz ein, um ihre Betriebskosten zu decken und die Anlagen am Laufen zu halten. Dies führt dazu, dass der Markt zusätzlich mit Strom überflutet wird, was die Preise weiter drückt. Die Leidtragenden sind die regelbaren Erneuerbaren.
Der SFV hat seit 15 Jahren immer wieder auf diese erwartbare Problematik hingewiesen, aber große Thinktanks und Lobby-Verbände wiegelten ab, und die politischen Entscheidungsinstanzen haben das Problem bis heute verschlafen.
8. Besser warten als jetzt investieren
8. "Mit der Investition in eine Solaranlage sollte besser gewartet werden, bis die neuen politischen Rahmenbedingungen klar definiert sind."
Nein! Aktuell ist der beste Zeitpunkt, in eine PV-Anlage zu investieren: Die Modulpreise sind sukzessive gesunken und erreichen einen absoluten Tiefpunkt, gleichzeitig sind Handwerkskapazitäten wieder verfügbar. Wer jetzt investiert, kann auch weiterhin 20 Jahre lang von der gesetzlichen Einspeisevergütung profitieren. Anlagen, die nach kommenden Gesetzesnovellierungen errichtet werden, finden nicht unbedingt bessere Rechtsbedingungen vor.
Nachgefragt: Warum so viele Falschaussagen?
Dank dem EEG galt Deutschland lange Zeit weltweit als “Energiewendeland”. Seit einiger Zeit werden die Stimmen gegen die kostendeckende Einspeisevergütung des EEG jedoch immer lauter. Einseitige Berichterstattungen – wie beispielsweise Mitte September 2024 im ARD Magazin “plusminus” erschienen – beleuchten dabei lediglich die Kosten für Netzausbau und EEG-Umlage, die die Steuerzahler belasten würden. Die Notwendigkeit des Klimaschutzes sowie die Vorteile, mit Solar günstigen Strom zu erzeugen sowie die Energiewende zu dezentralisieren, werden dabei erfolgreich verschwiegen. Wir haben uns deshalb mit 12 Fragen an die Plusminus-Redaktion gewandt und um Aufklärung gebeten – bis heute ohne Resonanz.