Mit dem neuen Gesetz “zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Vermeidung von temporären Erzeugungsüberschüssen” (Solarspitzen-Gesetz), das am 25.2.2025 in Kraft trat, ergeben sich für Neuanlagen ab 2 kWp zahlreiche Anwendungsfragen zur sogenannten „Nullvergütung“ bei negativen Strompreisen.

1. Was sind negative Strompreise?

Negative Strompreise entstehen an der Leipziger Strombörse (EEX). Sie treten immer dann auf, wenn das Stromangebot des Börsenhandels die Nachfrage übersteigt. Dies geschieht besonders an Tagen mit hoher Einspeisung erneuerbarer Energien, etwa wenn starke Winde wehen oder viel Sonnenschein herrscht. Da Wind- und Solaranlagen an der Strombörse vorrangig gehandelt werden (Merit Order Effekt), kann es zu einem Überangebot kommen. Gleichzeitig ist die Stromnachfrage zu bestimmten Zeiten, z.B. an Feiertagen oder nachts gering, da Industrie und Gewerbe weniger Energie verbrauchen. 

Ein weiteres Problem ist das Fehlen großer Speichermöglichkeiten

Überschüssiger Strom muss direkt verbraucht werden, da vielerorts Speicher fehlen und der Ausbau unter den benötigten Kapazitäten zurückbleibt. Zusätzlich erschwert die Trägheit konventioneller Kraftwerke die Anpassung an schwankende Nachfrage: Kohlekraftwerke lassen sich nur langsam herunterregeln, sodass es für Betreiber wirtschaftlicher sein kann, negative Preise in Kauf zu nehmen. Besonders in Ländern mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien und einem liberalisierten Strommarkt, wie Deutschland, treten Preisschwankungen an der Strombörse regelmäßig auf. Sie betrafen jedoch vor allem Großabnehmer, während Privatkunden durch langfristige Stromverträge meist nicht direkt davon profitieren.

Wenn trotz schwankender Preise weiterhin Vergütungen für Erneuerbare ausgeschüttet werden, besteht die Sorge, dass der Steuerzahler und das EEG-Konto zu stark belastet wird. Dabei könnten diese negativen Strompreise den Ausbau von Speichern - vor allem Langzeitspeicher - deutlich ankurbeln.

© Prof. Dr. Eberhard Waffenschmidt/TH Köln | Abb 1 ― 5 MWh Batteriespeicherkraftwerks M5BAT in Aachen

© SFV | Abb 2 ― Karikatur von Gerhard Mester

2. Seit wann gibt es die Nullvergütung?

Die sogenannte Nullvergütung ist nicht neu. Seit dem EEG 2017 entfällt für Neuanlagen mit einer Leistung ab 500 kWp die Auszahlung der Marktprämie, sobald der Börsenstrompreis mindestens sechs Stunden in Folge negativ ist. Betreiber:innen solcher Anlagen erhalten in dieser Zeit keine Vergütung für ihren eingespeisten Strom. Mit dem EEG 2023 wurde diese Grenze auf 400 kWp gesenkt, während die erforderliche Dauer negativer Strompreise gestaffelt reduziert wurde. Bereits drei aufeinanderfolgende Stunden mit negativen Preisen führen nun dazu, dass die Vergütung auf Null sinkt. Mit dem am 25.02.2025 in Kraft getretenen Änderung des EEG 2023 gilt die Nullvergütung nun auch bereits für kleinere Neuanlagen ab 2 kWp. Und zwar in jeder Viertelstunde mit negativen Strompreisen.

3. Was gilt für Neuanlagen ab 25.2.2025 ?

Die Nullvergütung gilt ab sofort für alle Anlagen ab 2 kWp (§ 51 EEG 2023), wenn 

  • die Anlagen mit einem intelligenten Messsystem (iMSys) ausgestattet sind,
  • es sich um Neuanlagen handelt, die ab Inkrafttreten der Neuregelungen in Betrieb gesetzt werden,
  • diese Neuanlagen einen Anspruch auf Einspeisevergütung, Mieterstromzuschlag oder eine Marktprämie (Direktvermarktung) haben.

Das bedeutet: Für Zeiträume mit negativen Spotmarktpreisen reduziert sich für diese Anlagen der anzulegende Wert (z.B. für die Berechnung der Einspeisevergütung) auf Null. Die Dauer der negativen Preise innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums spielt nun keine Rolle mehr. Jede einzelne Viertelstunde wird bei der Auszahlung der Vergütung pro Jahr zunächst abgezogen. 

Die gute Nachricht: Die Summe der Viertelstunden mit Nullvergütung wird über einen Kompensationsmechanismus am Ende des Vergütungszeitraumes (nach Ablauf der 20 Jahre) angehangen.

Anlagen mit einer Leistung unter 2 kWp sollen erst dann einbezogen werden, sobald Netzbetreiber über eine digitalisierte und massengeschäftstaugliche technische Ausstattung sowie entsprechende Abrechnungsprozesse verfügen.

Solange kein intelligentes Messsystem eingebaut wurde, müssen Neuanlagen, für die ein Anspruch auf Festvergütung oder Mieterstromzuschlag besteht, die maximale Wirkleistungseinspeisung auf 60 Prozent reduzieren.
 

4. Sind Bestandsanlagen betroffen?

Es gilt der Bestandsschutz: Alle Anlagen, die vor Inkrafttreten des Solarspitzen-Gesetzes in Betrieb gesetzt wurden, unterliegen den gesetzlichen Vorgängerregeln. 

Das heißt: Alle Anlagen, die bis zum 24.2.2025 in Betrieb gesetzt wurden, sind nicht betroffen.

Für alle Anlagen ab 400 kWp, die zwischen 1.1.2023 und 24.2.2025 in Betrieb gesetzt wurden reduziert sich die Vergütung auf Null, 

  • ab 2025 drei Stunden negativer Strompreise
  • ab 2026 bereits ab zwei Stunden
  • ab 2027 schon ab einer Stunde am Stück.

Anlagen ab 500 kWp, die im Zeitraum vom 2017 - 2022 in Betrieb gesetzt wurden, wird die Vergütung auf Null gekürzt, wenn in mindestens 6 aufeinanderfolgenden Stunden negative Strompreise auftreten.

5. Finanzieller Ausgleich

Der sogenannte Kompensationsmechanismus nach § 51 a (2) EEG 2023 schreibt den finanziellen Ausgleich der Viertelstunden mit Nullvergütungen fest.  Die errechnete Anzahl aller Viertelstunden, für die bei negativen Strompreisen keine Vergütung gezahlt wurde, sollen nach Ablauf des 20sten Vergütungsjahres wieder ausgeglichen werden.

Da Solarstrom tagsüber und hauptsächlich in sonnenreichen Monaten produziert wird, war die Bundesregierung bemüht, einen gerechten Ausgleich nach Ablauf des Vergütungszeitraumes festzulegen. Es wurde das zeitlich unterschiedliche Ertragspotential wie folgt berücksichtigt:

  • Zunächst werden die negativen Viertelstunden mit einem Faktor von 0,5 multipliziert und auf die nächste volle Viertelstunde aufgerundet (Volllastviertelstunden). Dieser Faktor berücksichtigt, dass PV-Anlagen aufgrund von Jahreszeit, Wetter und Ausrichtung nur einen Teil ihrer installierten Leistung erzeugen.
  • Die errechnete Anzahl der Volllastviertelstunden entspricht einem Zeitkontingent, um das der Vergütungszeitraum verlängert wird. Dabei entsprechen die Monate des Jahres jeweils der kontingentierten Anzahl an Volllastviertelstunden:
Januar87 Volllastviertelstunden
Februar189 Volllastviertelstunden
März340 Volllastviertelstunden
April442 Volllastviertelstunden
Mai490 Volllastviertelstunden
Juni508 Volllastviertelstunden
Juli498 Volllastviertelstunden
August453 Volllastviertelstunden
September371 Volllastviertelstunden
Oktober231 Volllastviertelstunden
November118 Volllastviertelstunden
Dezember73 Volllastviertelstunden

Die Festlegung der Volllaststunden basiert auf den Daten der SFV-Ertragsdatenbank (siehe Begründung zum Gesetz)
 

Damit Anlagenbetreibende einen Überblick über alle Viertelstunden des gesamten Vergütungszeitraumens bekommen, müssen die Übertragungsnetzbetreiber jeweils bis zum 31. Januar eines Kalenderjahres die negativen Stunden im Internet zu veröffentlichen. Auf diese Weise soll der Anspruch der Anlagenbetreiber:innen transparent nachvollziehbar werden.

Beispielrechnung: 

Der reguläre Vergütungszeitraum einer Anlage endet am 31. Dezember 2045. 

Die in den zurückliegenden Jahren erfassten 500 negativen Viertelstunden wurden mit einem Faktor von 0,5 multipliziert (Volllastviertelstunden). Daraus folgt ein Nullvergütungs-Zeitkontingent von 250 Volllastviertelstunden.

Die Summe der gesetzlich festgelegten Zeitkontingende aus Januar und Februar betragen 276 Volllastviertelstunden. 

Da jeweils die vollen Zeitkontingente der Monate ausgeschöpft werden, erhält der Anlagenbetreibende nicht nur für 250 sondern für den eingespeisten Solarstrom der vollen Monate Januar und Februar (also für 276 Volllastviertelstunden) eine Vergütung. In diesen Monaten kann die Anlage theoretisch in jeder Kalenderviertelstunde Strom vergütet ins Netz einspeisen. 

6. Gibt es finanzielle Einbußen und Risiken?

Da der finanzielle Ausgleich über den Kompensationsmechanismus erst dann greift, wenn der reguläre Vergütungszeitraum von 20 Jahren abgelaufen ist (also frühestens nach dem 31.12.2045), müssen Anlagenbetreiber in Vorleistung gehen. Dies betrifft die Kreditverpflichtungen bei Fremdfinanzierungen und die Finanzierung von laufenden Betriebskosten (Zählerkosten, Wartung, Versicherung). 

Berechnungen von Prof. Frank Hergert von der Hochschule Koblenz zeigen, dass bei einer Häufigkeit negativer Strompreise von 5,2 Prozent (entsprechend dem Wert von 2024) und ohne Berücksichtigung des Kompensationsmechanismus nach 20 Jahren Ertragseinbußen von bis zu 10 Prozent möglich sind. 

Um die Zahl der Viertelstunden mit Nullvergütungen möglichst gering zu halten, ist es sinnvoll, dass Anlagenbetreiber:innen den Eigenverbrauch optimieren und Speicher einsetzen. 

Aus Sicht des SFV konterkariert die Nullvergütungs-Regelung die dringend notwendige Beschleunigung der solaren Energiewende. Die optimale Ausnutzung geeigneter Dachflächen und der Bau von Volleinspeiseanlagen wird künftig immer weniger interessant sein. Negativen Strompreisen kann man durch die konsequente Abschaltung unflexibler Kohlekraftwerke, den Rückbau fossiler Heizungen und Ersatz durch Wärmepumpen, die gezielte Förderung von Langzeitspeichern, den Ausbau den Elektromobilität und bidirektionaler Lademöglichkeiten sowie die Nutzung vorhandener Flexibilitäts-Möglichkeiten von Biogasanlagen nachhaltiger begegnen. 

7. Bonus für freiwilligen Wechsel in die Nullvergütung

Betreiber:innen von bereits bestehenden Solarstromanlagen können auch freiwillig zu den neuen Regelungen der Nullvergütung wechseln. (§ 100 (47) EEG 2023). Als Anreiz für diesen Schritt erhalten sie eine Vergütungserhöhung von 0,6 ct/kWh. Voraussetzung für den Wechsel ist, dass die Anlagenbetreibenden dem Netzbetreiber in Textform mitteilen, dass sie zur Nullvergütung wechseln möchten.

Ob sich dieser Wechsel lohnt, sollte vorher abgewogen werden. Im Beitrag von Prof. Hergert, Hochschule Koblenz, kann man Infos über die Stunden negativer Strompreise und deren mögliche Entwicklung bekommen.

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