Am 25. Februar 2025 ist das umgangssprachlich benannte “Solarspitzen-Gesetz” in Kraft getreten, welches u.a. für Neuanlagen ohne intelligentes Messsystem eine Begrenzung der Einspeiseleistung auf 60 Prozent vorsieht. Wir geben einen Überblick, was dies für die Stromerzeugung aus Solaranlagen, die unter diese Regel fallen, bedeuten kann.

1. Was bedeutet “60 Prozent-Kappung”?

Die Änderungen im neuen § 9 Absatz 2 EEG 2023 sehen grundsätzlich vor, dass alle Anlagen ab 2 kWp, die ab dem 25.02.2025 in Betrieb genommen werden und über kein intelligentes Messsystem verfügen, nur noch 60 Prozent ihrer maximalen Wirkleistung (installierte Modul- bzw. kWp-Leistung) am Einspeisepunkt in das öffentliche Netz einspeisen dürfen. 

Die neuen technischen Vorgaben für Neuanlagen werden durch die Größe der Anlage noch weiter spezifiziert:

Bei Anlagen kleiner 25 kW muss die Einspeiseleistung auf 60 Prozent begrenzt werden. Hier handelt es sich aber nicht um die Einspeisemenge. Lediglich an sonnigen Sommertagen, an denen die Anlage überhaupt mehr als 60 Prozent Leistung bringt, werden die Erzeugungsspitzen begrenzt. Je nach Anlage werden Verluste von bis zu 6 Prozent pro Jahr geschätzt (mehr dazu weiter unten).

Bei Anlagen zwischen 25 kW und 100 kW Leistung, die eine Einspeisevergütung oder Mieterstromzuschlag erhalten, muss zusätzlich zur 60 Prozent-Kappung auch noch die Fernsteuerbarkeit (Rundsteuereinrichtung, Fernwirkeinrichtung) eingerichtet werden.


Nicht betroffen sind:

  • Anlagen, die bereits mit einem intelligenten Messsystem betrieben werden
  • Anlagen unter 2 kWp (z.B. Steckersolargeräte)
  • Anlagen in der Direktvermarktung

2. Wie wird die Regelung umgesetzt?

Das Gesetz gibt keine genauen Vorschriften dazu, wie die Wirkleistungsbegrenzung umgesetzt werden muss. Dies kann über eine entsprechende Hardware, Software oder ein Energiemanagementsystem erfolgen. Voraussetzung ist, dass die Begrenzung nicht eigenmächtig von Laien oder Dritten aufgehoben werden kann und es sich um ein anerkanntes und belastbares Verfahren handelt. 

Als nach EEG 2012 die sogenannte “70-Prozent-Regel” galt, legte der Installationsbetrieb auf Forderungen des Netzbetreibers häufig feste Begrenzungen in der Software des Wechselrichters fest. Die neue 60-Prozent-Regel kann ebenso umgesetzt werden: Die meisten Wechselrichter bieten diese Option ohne zusätzliche Kosten oder Hardware bereits softwareseitig an. Die Begrenzung findet dann jedoch dauerhaft statt, der Eigenverbrauch wird nicht berücksichtigt. Nur mit einem DC-Speicher kann die 60 Prozent-Begrenzung abgemildert werden.

70 Prozent-Regel in 2023 aufgehoben - 60 Prozent-Regel in 2025 neu eingeführt

Die neu eingeführte “60 Prozent-Kappung” ist nicht neu. Bereits 2012 schrieb das EEG vor, die Wirkleistungeinspeisung auf 70 Prozent zu begrenzen. Im Zuge der Gaskrise wurde diese Regelung von der Ampelregierung mit der Reform des EEG 2023 auch für Bestandsanlagen aufgehoben. Betreiber:innen von älteren Anlagen, die noch unter diese Regel fallen, haben auch weiterhin die Möglichkeit, die 70 Prozent-Begrenzung aufzuheben.

Die im Rahmen des Solarspitzen-Gesetz eingeführte 60 Prozent-Kappung gilt hingegen nur für Neuanlagen. Die rechtliche sowie technische Umsetzung gleicht dabei der Umsetzung der 70 Prozent-Regel. Die Clearingstelle EEG|KWKG hat zu dieser Frage bereits eine häufige Rechtsfrage formuliert, die nun so auch für die neue Regelung gilt.

Eine alternative Lösung ist die dauerhafte Begrenzung der Einspeiseleistung auf 60 Prozent, beispielsweise durch ein Energiemanagementsystem (EMS). Dabei kann der Eigenverbrauch des Solarstroms gezielt genutzt werden, um Erzeugungsspitzen vor der Netzeinspeisung zuverlässig abzufangen. Während das EMS die Einspeisung auf 60 Prozent limitiert, steht der überschüssige Strom weiterhin zur Verfügung – etwa zum Laden eines Speichers, eines E-Autos oder für den Verbrauch im Haushalt.

Damit diese Lösung effizient funktioniert, sollten Stromspeicher intelligent gesteuert werden. Durch Solar- und Lastprognosen kann der Speicher gezielt zur Mittagszeit geladen werden, um möglichst viel Solarstrom vor Ort zu nutzen. Die passwortgeschützte Einstellung der maximalen Einspeiseleistung auf 60 Prozent kann vom Installationsunternehmen vorgenommen werden. So wird die neue Regelung zuverlässig eingehalten und gleichzeitig möglichst verlustarm umgesetzt.

Sollten mehrere Neuanlagen hinter einem Einspeisepunkt betrieben werden, können diese die Erfordernisse der 60 Prozent-Kappung auch gemeinsam am Einspeisepunkt erfüllen.

3. Auswirkungen auf den Stromertrag

Die Einspeisebegrenzung auf 60 Prozent der maximalen Leistung bedeutet nicht, dass Sie nur 60 Prozent des Jahresertrags erwirtschaften können. Nur in Zeiten, in denen die Anlage mehr als 60 Prozent der maximalen Leistung erbringt, werden diese Erzeugungsspitzen gekappt. 

Besonders stark wirkt sich diese Regelung für Volleinspeiseanlagen in optimaler Süd-Ausrichtung aus. Hier können Ertragseinbußen bis circa 5,5 Prozent erwartet werden, wie Vorstandsmitglied Frank Hergert in seinem Artikel nachrechnet. Da Volleinspeiseanlagen ohne Eigenverbrauch und in der Regel auch ohne Speicher betrieben werden, kann dieser Verlust nicht kompensiert werden.

Wesentlich geringer fallen die Auswirkungen hingegen bei Ost-West-Anlagen oder Anlagen mit Speicher und Eigenverbrauch aus. Durch die Ausrichtung der Module in Ost-West-Richtung findet die Stromerzeugung gleichmäßiger über den Tagesverlauf statt. Die bekannten “Mittagsspitzen” sind hier bereits durch die Auslegung der Anlage minimiert. Die HTW-Berlin geht hier deshalb von einem Verlust von nur 1-2 Prozent des Jahresertrages durch die 60 Prozent-Kappung aus. 

Findet zudem ein Eigenverbrauch am Standort statt bzw. wird die Anlage mit einem Energiemanagement und Speicher betrieben, können die Verluste weiter verringert werden.

© SFV | Abb. 1 - Beispielhafte Stromerzeugung bei unterschiedlicher Ausrichtung. Die 60 %-Kappung betrifft die Südanlage stärker.

© SFV | Abb. 2 - An vielen Tagen im Jahr erzeugt die Anlage weniger als 60 % ihrer Leistung und ist von der Kappung nicht betroffen.

Sobald ein intelligentes Messsystem verbaut ist, entfällt diese Regelung. Sie wird durch die sogenannte “Nullvergütung” ersetzt, die ebenfalls im Rahmen des Solarspitzengesetzes eingeführt bzw. überarbeitet wurde.

4. Betrifft das auch Bestandsanlagen?

Nein. Anlagen, die vor Inkrafttreten des Gesetzes (also bis einschließlich zum 24.02.2025) in Betrieb genommen wurden, sind von diesen Neuerungen nicht betroffen. 

Sollte am Standort zu einer Bestandsanlage eine Neuanlage hinzukommen, gilt die 60-Prozent-Kappung nur für diese Anlage.

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