Zur Belieferung einer Hausgemeinschaft werden alle Zähler auf einen einzigen Netzanschlusszähler zurückgebaut und dadurch Zählergebühren gespart. Der Reststrom wird über einen gemeinsamen Stromlieferant besorgt. Die Abrechnung kann intern gelöst werden – z. B. über private Unterzähler oder die Bildung von Rücklagen.

1. Einzählermodell - Das Betriebskonzept

Das Einzählermodell wird auch als „kollektive Selbstversorgung“ bezeichnet und bietet sich für viele kleinere bis mittlere MFH an. Den Namen „Einzählermodell“ erhält dieses Konzept von seiner vereinfachten Abrechnung gegenüber dem Netzbetreiber: Denn bis auf den Summenzähler (ZSUM) zum öffentlichen Netz werden alle weiteren Zähler (Z₁ – Z₄) zurückgebaut und wahlweise durch private Unterzähler ersetzt (in der Abbildung durch runde Zähler dargestellt). Der Vorteil: Die Mess- sowie Grundgebühren für die Gemeinschaft verringern sich – oftmals um mehrere hundert Euro jährlich. Durch die Zusammenlegung im Haus kann jedoch eine aufwändige und kostspielige Investition für eine Wandlermessung notwendig werden. Der Abrechnungsaufwand für die Einspeisevergütung und den Reststrombedarf bleibt gering, denn gegenüber dem Netzbetreiber und dem Energielieferant tritt die Hausgemeinschaft als ein Kunde auf, ähnlich einer Wohngemeinschaft. Der Strom kann also in allen teilnehmenden Einheiten (Wohnungen 1 – 4, sowie Allgemeinstrom) verbraucht werden. Der Abstimmungs und Verwaltungsaufwand für die interne Abrechnung kann sich hingegen erhöhen. Wie die Anlage refinanziert wird und zu welchen Konditionen der Solar- und Reststrom bezogen wird, müssen die Eigentümer:innen untereinander ausmachen. Außerdem müssen sich die beteiligten Hausbewohner:innen einig sein, einen gemeinsamen Stromanbieter zu nutzen.

© SFV | Abb 1 ― Messkonzept für ein Einzählermodell mit separater Sammelschiene für nicht teilnehmende Haushalte (WE1).

Sollten einzelne Parteien nicht mitmachen wollen, ist eine externe Versorgung über eine zweite Sammelschiene möglich. Weitere Informationen dazu gibt es auf unserer Webseite. Insgesamt kann diese Betriebsweise zu einem einfachen und wirtschaftlichen Betrieb der PV-Anlage führen, sofern die Hausgemeinschaft sich gut organisiert. 

2. Vor- und Nachteile

Alle Betriebskonzepte bieten ihre Vor- und Nachteile. Oft lässt sich das richtige Betriebskonzept nur im Einzelfall für das jeweilige Projekt klären. Dennoch versuchen wir uns an einer kurzen Gegenüberstellung der relevanten Merkmale dieses Betriebskonzeptes:

 

Wer betreibt die PV-Anlage?Hauseigentümer:in / WEG
Installations- und Abrechnungsaufwand:Mittel
Geeignet für:Wohnungseigentümergemeinschaften mit gutem Zusammenhalt
Vorteile:• Besonders für kleinere bis mittlere MFH-Gemeinschaften interessant
• Ersparnisse durch geringere Zählergebühren
• Bedarfsgerechte Abrechnung möglich
• Abrechnung kann selbst durchgeführt werden, keine externe Abhängigkeit notwendig
Nachteile:• Setzt Vertrauen und Zusammenhalt in der WEG voraus
• Höherer Aufwand bei Wechsel der teilnehmenden Parteien
• Einigung auf einen gemeinsamen Stromlieferanten notwendig
• Interne Abrechnung kann komplex werden

3. Praxisbeispiel

Von Jürgen Conrads, Beiratsvorsitzender der WEG

Eine WEG Wohnungseigentümergemeinschaft betreibt eine PV-Anlage und versorgt sich gemeinschaftlich mit Reststrom. Überschussstrom wird Elektroautos zur Verfügung gestellt. Die Verbrauchsmessung erfolgt über SmartMeter. PV-Anlage und Letztverbraucher sind zu einem Bilanzkreis zusammengefasst. Als Messkonzept kommt der „Virtuelle Summenzähler“ zum Einsatz. Es gibt eine Ausgleichskomponente zwischen kleinen und großen Haushalten, da alle zu gleichen Teilen die PVA finanziert haben.

Die Planung dieses Projektes begann in 2023. Nach 25 Jahren war die Folie auf dem Flachdach in die Jahre gekommen und rissig geworden. Nach einem Wasserschaden war klar, dass die Folie erneuert werden musste. Da in Baden-Württemberg PV-Pflicht bei grundlegender Dachsanierung besteht, war es selbstverständlich, dass nach der Sanierung die Dächer mit PV belegt werden sollten.

Die WEG aus 16 Wohneinheiten wollte von Anfang an die PV-Anlage selbst betreiben und mit dem erzeugten Solarstrom einen Teil des Strombezugs ersetzen. Das Mieterstromkonzept kam auf Grund der Komplexität nicht infrage. Auch die im Solarpaket 1 neu eingeführte „Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ hat sich als nicht zielführend herausgestellt. Nach mehreren Beratungen unter anderem durch die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie Franken (DGS) stellte sich heraus, dass es für uns ohne die Expertise eines auf Mehrfamilienhauskonzepte spezialisierten Fachanwaltes nicht ging. Außerdem wurde die steuerliche Seite durch einen Steuerberater abgeklärt, der bereits andere Eigentümergemeinschaften beraten hatte.

So wurde das Betreibermodell vom Eigentümerbeirat entwickelt und nahm im Laufe von zwei Jahren, nach zwei Eigentümerversammlungen und weiteren zwei Infoveranstaltungen seine heutige Gestalt an. Die Eigentümer:innen kennen sich großteils seit über 20 Jahren. In dieser Zeit ist ein Klima guter und vertrauensvoller Nachbarschaft entstanden. So wurden die Vorschläge des Beirates fast einstimmig angenommen. Trotz unterschiedlicher Miteigentumsanteile haben sich alle Eigentümer:innen zu gleichen Teilen an der Anlage beteiligt. Das erleichtert die Stromabrechnung und Zuordnung der PV-Stromkontingente.

Gewählt wurde das Modell der “kollektiven Selbstversorgung”. Die Grundpreise der jetzigen digitalen Haushaltszähler können eingespart werden, indem die neuen Haushaltszähler als Nebenzähler innerhalb eines großen Bilanzkreises mit Virtuellem Summenzähler betrieben werden. Die WEG schließt einen Vertrag mit einem einzigen Reststromlieferanten ab und rechnet mit den einzelnen Haushalten entsprechend dem Verbrauch ab. Mit den ersparten Grundpreisen werden die laufenden Kosten für die Stromabrechnung und den Messstellenbetrieb finanziert.

Praxisbeispiel Einzählermodell Westdach mit Koordinator

© Jürgen Conrads | Abb 2 ― Initiator Jürgen Conrads auf dem Dach des Mehrfamilienhauses. Die 68 kWp-Anlage versorgt die 16 teilnehmenden Haushalte. Künftig sollen auch E-Ladestationen den günstigen Solarstrom nutzen können.

Da in unserem Falle für die Abrechnung des PV-Stroms SmartMeter benötigt werden, können sie auch für einen dynamischen Tarif eines Reststromlieferanten genutzt werden, wodurch ein niedrigerer durchschnittlicher Reststrompreis erzielt werden kann. Alle Eigentümer:innen beteiligen sich finanziell zu gleichen Teilen und verfügen über ein gleich großes Kontingent am PV-Strom. Mögliche Restkontingente sollen zu einem attraktiven Preis an die Wallbox-Betreiber verkauft werden.

Die einzelnen Letztverbraucher erhalten neben der obligatorischen Jahresrechnung auch Monatsabrechnungen. Bei im Jahresverlauf stark schwankender PV-Stromerzeugung schafft eine Monatsabrechnung Transparenz und Anreize, einen hohen Selbstversorgungsgrad mit günstigem PV-Strom zu erreichen. Dafür wird ein spezialisierter Abrechnungsdienstleister beauftragt, der die viertelstündigen Messungen sämtlicher Zähler verarbeitet. Die Gebühren hierfür werden durch die Ersparnis der Grundgebühren der Haushaltszähler refinanziert.

Seit Sommer 2024 läuft die Anlage und produziert Strom. Die WEG ist mit diesem Modell zufrieden und überlegt bereits, in ein oder zwei Jahren eine Ergänzung durch einen Stromspeicher oder  Balkonanlagen vorzunehmen. Zuerst wird jedoch die Nutzung des vorhandenen Stroms erprobt und Erfahrungen mit der Änderung des Verbrauchsverhaltens gesammelt.

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