Bis vor Kurzem galt es als vielerorts nahezu als unmöglich, Solaranlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden zu installieren. Doch nun gibt es Bewegung. Seit Inkrafttreten des neuen EEG 2023 wird Solaranlagen bei der Schutzgüterabwägung grundsätzlich ein Vorrang eingeräumt. Auch die Rechtsprechung rückt von ihrer strengen Haltung zu Solaranlagen auf Denkmälern ab. Der jüngste Runderlass aus Sachsen-Anhalt zu Genehmigungen „für die Errichtung von Solaranlagen auf bzw. an einem Kulturdenkmal“ gibt neuen Rückenwind. Auf dieser Seite wollen wir Ihnen deshalb eine kurze Übersicht zu Argumenten für Klimaschutz am Denkmal, zur Rechtslage und zu aktuellen Urteilen anbieten. Außerdem haben wir einen Überblick zu den Denkmalschutzgesetzen der Länder erstellt und eine Schritt-für-Schritt-Anleitung erarbeitet.

1. Denkmalschutz ist Klimaschutz

Gebäude sind echte Energiespeicher für sogenannte 'graue Energie', die sich im Laufe des Lebens durch Bau und Sanierung aufsummiert. Neubauten sind dagegen echte Energiefresser. Je langlebiger die Gebäude sind, desto schonender gehen wir also mit Energie um. Zusätzlich schonen wir Rohstoffe, die sich in historischen Gebäuden oft in nachhaltigen Baumaterialien wie Ton, Lehm und Holz wiederfinden. Durch die Erhaltung und Renovierung historischer Gebäude können im Vergleich zum Neubau ca. zwei Drittel des  Material- und Energieeinsatzes gespart werden. Denkmalgeschützte Häuser sind in Innenstädten außerdem häufig in alte Baumbestände und Grünflächen eingebettet, die ökologisch wichtig sind. Attraktive Innenstadt-Standorte bieten kurze Wege und fördern die Lebensqualität. 

2. Solarenergie – Herausforderung Denkmalschutz

Die Dächer von denkmalgeschützten Häusern können ideale Standorte für Solaranlagen sein und damit einen weiteren wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Dabei erfordert die Integration von Solaranlagen eine sorgfältige Planung, damit das kulturelle Erbe nicht dauerhaft beschädigt wird. Die PV-Anlage darf nur geringfügig in die denkmalwerte Substanz eingreifen. Oft wird die Erlaubnis der Denkmalschutzbehörde an die Bedingung geknüpft, den historischen Charakter und das Erscheinungsbild eines Gebäudes und der Umgebung zu bewahren. Diese subjektiven Einschätzungen führen regelmäßig zu Konflikten.

© Rainer Priggen

© Roland Baumann

© Franz Waldburg

3. Genehmigungspflicht

Bevor eine Solaranlage an einem denkmal- oder im Ensemble geschützten Gebäude installiert werden kann, ist in der Regel eine Genehmigung von den örtlichen Denkmalschutzbehörden oder anderen zuständigen Stellen erforderlich. Diese Genehmigung ist notwendig, um sicherzustellen, dass die geplante Installation den Denkmalschutzbestimmungen entspricht. Die Form des Antrags richtet sich nach den jeweiligen Vorgaben des Landes und der Kommune. Häufig müssen detaillierte Pläne und Beschreibungen der geplanten Installation beigelegt werden.

4. Was bedeutet Ensembleschutz?

Der Ensembleschutz bezieht sich auf den Schutz von architektonischen Ensembles oder historischen Gebäudegruppen. Im Gegensatz zum Einzeldenkmalschutz, der sich auf einzelne Gebäude bezieht, zielt der Ensembleschutz darauf ab, die harmonische Gesamtheit und das historische Umfeld einer Gruppe von Gebäuden oder einer bestimmten urbanen Struktur zu bewahren. Diese Einordnung hat oft zur Folge, dass die Installation von Solaranlagen in einem größeren Umkreis zum Denkmalschutz untersagt oder erschwert wird (z.B. im Umfeld eines kirchlichen Denkmals, einer Burg etc.).

5. Verhältnismäßigkeit der Ablehnungsgründe

Wenn es sich um ein altes, sehr fragiles Dach handelt, an dem die Anbringung einer Solaranlage zu Schäden führen würde, ist eine Ablehnung der Denkmalschutzbehörde verhältnismäßig. 

Zu einer anderen Einschätzung der Verhältnismäßigkeit kann man allerdings kommen, wenn die Anlage aus öffentlichen Blickwinkeln sichtbar ist oder die Auswahl der Materialien sich durch ihre Farbe, die Form und den daraus entstehenden Kontrast von der Gesamtstruktur der Umgebung abhebt. Denn die veränderte Ästhetik darf nach aktuellen Rechtsurteilen nicht zu Ablehnungen führen.

Solardachziegel auf einem denkmalgeschützten Haus in Heidelberg

© Alexander Kühn | Abb 1 – Solardachziegel auf einem denkmalgeschützten Haus in Heidelberg

6. Solaranlagen gehören zum städtischen Erscheinungsbild

PV-Anlagen im denkmalgeschützten Raum verändern das Erscheinungsbild und werden häufig pauschal als Beeinträchtigung wahrgenommen. Dennoch wurde bereits in einem Urteil des Verwaltungsgerichts Mannheim aus dem Jahr 2011 festgestellt, dass Genehmigungsanträge nicht automatisch abgelehnt werden dürfen. Schon damals kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Klimaschutz Vorrang vor den Belangen des Denkmalschutzes habe. Solaranlagen gehörten vor allem in ländlichen Gegenden zum normalen Erscheinungsbild. Das gilt heute sicher auch für Innenstädte.

Best Practice: Bildergalerie

Was vereinzelt bereits umgesetzt ist, muss gelebte Praxis werden. Daher sammeln wir Fotos von Solaranlagen im Denkmalschutz. Sie zeigen am besten, wie gut sich die Technik integrieren lässt. 

7. Wo finde ich gesetzliche Regeln zum Thema “Denkmalschutz & PV”?

Die Gesetzgebung zum Denkmalschutz obliegt den Bundesländern. Die aktuellen Ausgaben der geltenden Denkmalschutzgesetze für jedes Bundesland können auf den Webseiten der Landesämter für Denkmalpflege und der obersten Denkmalschutzbehörden eingesehen werden. Einige Bundesländer haben die Nutzung Erneuerbarer Energien im Denkmal- und Ensembleschutz ausdrücklich vorgesehen (z.B. Bayern, Niedersachsen)

Die Kommunen können in Satzungen zusätzliche Anforderungen an den Erhalt der denkmalgeschützten Häuser setzen.

8. Schritt-für-Schritt-Leitfaden

  • Idee entwickeln: Zu Beginn steht die Idee, wo die PV-Anlage installiert werden soll und welche Leistung geplant ist.
  • Kontakt zur Denkmalschutzbehörde: In einer Sprechstunde oder durch Kontaktaufnahme mit der in Ihrer Kommune zuständigen Unteren Denkmalschutzbehörde können erste Pläne vorgelegt werden. Dabei können Fragen geklärt und mögliche Probleme identifiziert werden.
  • Vor-Ort-Besichtigung mit Denkmalpfleger:in: Bei auftretenden Problemen oder Fragen kann eine Vor-Ort-Besichtigung mit einer Denkmalpfleger:in erfolgen. Dabei werden unter anderem folgende Punkte besprochen:
  • Möglichkeiten der Anbringung der Anlage
  • Existenz von Alternativen (z.B. Garten, Garage)
  • Erfüllung von Vorschriften bezüglich Form, Farbe und Größe
  • Leitungslegung für den Anschluss
  • Verfügbarkeit von Fördermitteln
  • Angebote einholen und Genehmigungsantrag stellen: Nach Klärung aller offenen Fragen können Angebote von Installateuren eingeholt werden. Anschließend wird der offizielle Genehmigungsantrag bei der Denkmalschutzbehörde eingereicht.
  • Dranbleiben: Etwa sechs Wochen nach Antragstellung lohnt es sich, den Bearbeitungsstand zu erfragen und gegebenenfalls nachzuhaken, ob weitere Unterlagen benötigt werden oder ob bereits Entscheidungen gefallen sind.
  • Absage oder rechtliche Auseinandersetzung: Im Falle einer Absage oder Unstimmigkeit besteht die Möglichkeit einer rechtlichen Auseinandersetzung. Hierbei ist es hilfreich, sich rechtzeitig rechtlichen Beistand zu suchen und die weiteren Schritte zu planen.

Weitere Infos auch bei der HTW Berlin 

9. Gerichtsurteile pro Solarenergie

Mit folgenden Urteilen aus 2023 , haben Richter  zugunsten der Solarenergie entschieden :


Verwaltungsgericht Braunschweig (Urteil vom 27.01.2023, Az. 2 B 290/22)
Kein Rückbau der PV-Anlage trotz Fehlen einer denkmalrechtlichen Genehmigung, Installation einer PV-Anlage auf einem Baudenkmal im Wege der Aufdach-Montage stellt in der Regel einen geringfügigen Eingriff in die denkmalwerte Substanz dar.
 

OVG Niedersachsen (Beschluss vom 8.6.2023 – 1 ME 15/23)
Errichtung von Anlagen zur Erzeugung oder Umwandlung EE ist grundsätzlich zu genehmigen, wenn der Eingriff in das äußere Erscheinungsbild reversibel und geringfügig ist. Es braucht eine ergebnisoffene Abwägung zwischen dem öffentlichen und privaten Interesse an der Errichtung zur Nutzung von EE und dem Interesse an der unveränderten Erhaltung des Kulturdenkmals, in die allerdings das gesetzgeberische Ziel des Klimaschutzes mit erheblichem Gewicht einfließen muss.
 

Oberverwaltungsgericht Düsseldorf / Verwaltungsgericht Arnsberg
Urteile vom 27.11.2024

Aktenzeichen: 10 A 2281/23 (I. Instanz: VG Düsseldorf 28 K 8865/22), 10 A 1477/23 (I. Instanz: VG Arnsberg 8 K 40/22)
“Die untere Denkmalschutzbehörde kann verpflichtet werden, Photovoltaik zu genehmigen. Das kann selbst für PV-Anlagen gelten, die von der Straße aus sichtbar sind.”
"Bei der Errichtung von Solaranlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden überwiegt regelmäßig das öffentliche Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien die Belange des Denkmalschutzes"

 

Weitere Artikel zum Thema