Wichtige Neuregelungen für PV-Anlagen im EEG 2023
aktualisierte Fassung vom 29.07.2022
Am 28. Juli 2022 wurde ein umfangreiches Gesetzespaket für Erneuerbare Energien im Strombereich (sog. Osterpaket) im Bundesanzeiger veröffentlicht. Darin enthalten sind Änderungen und Neuregelungen für ein neues Erneuerbares-Energien-Gesetz (EEG2023), die in Teilen bereits 2022 in Kraft treten sollen. Dies betrifft bei Photovoltaik im Wesentlichen die höheren Vergütungssätze, die für Eigenverbrauchs- und (NEU!) nun auch Volleinspeiseanlagen gewährt werden sollen. Wer seine Anlage ab dem 29.7.2022 in Betrieb setzt, kann ab sofort die neuen Staffel-Vergütungen beanspruchen.
Alle Gesetzesmaterialien zum EEG 2023 sind auf der Internetseite der Clearingstelle EEG/KWKG einzusehen (vor allem BR-Dr. 315/22). Sie enthalten nur die Änderungen, so dass es für ein Grundverständnis zwingend ist, parallel dazu die Regelungen im EEG 2021 anzuschauen. Eine Synopse der Gesetzesmaterialien steht noch aus.
Im folgenden Beitrag haben wir wichtige Neuregelungen für PV-Anlagenbetreiber:innen zusammengefasst. Alle Informationen sind ohne Anspruch auf Vollständigkeit und ohne Gewähr.
Neue Vergütungen für Eigenverbrauch und Volleinspeisung
Für Strom aus Solaranlagen auf, an und in Gebäuden und Lärmschutzwänden, die ab dem 29.7.2022 in Betrieb genommen werden, gelten neue „anzulegende Werte“ zur Berechnung der Vergütung. Wir haben dazu eine Tabelle erstellt, die hier einzusehen ist. Für Volleinspeiseanlagen gibt es eine höhere Vergütung als für Eigenverbrauchsanlagen.
Alle neuen Vergütungen sollen bis zum 1.2.2024 festgeschrieben sein. Der sogenannte "atmende Deckel" (monatliche Reduzierung der Vergütung je nach Leistungszubau) wird abgeschafft. Eine neue Reduzierung der Einspeisevergütung wird erst zum 1. Februar 2024 und danach alle sechs Monate um jeweils 1 Prozent stattfinden.
2 neue Anlagen auf einem Dach
Laut Gesetz ist es möglich, auf einem Dach je eine Eigenverbrauchs- und Volleinspeiseanlage innerhalb von zwölf aufeinanderfolgenden Kalendermonaten anzubringen. Beide sollen getrennt abgerechnet werden. Dazu müssen nicht nur jeweils eigene Messeinrichtungen eingerichtet werden. Die Anlagenbetreiber:innen sind auch verpflichtet, dem Netzbetreiber vor dem 1. Dezember des vorangehenden Kalenderjahres mitzuteilen, für welche der Anlagen der erhöhte Wert der Volleinspeisung beansprucht wird. Ein jährlicher Wechsel ist möglich.
Volleinspeisung nicht gewährleistet. Was dann?
Für den Fall, dass entgegen der Meldung zur Volleinspeisung aus dieser Anlage dennoch Strom für die Eigenversorgung genutzt wird, schreibt der Gesetzgeber vor, dass sich die Vergütung für 2022 auf den Marktwert verringern soll. Wer aufmerksam die Entwicklungen der Marktpreise mitverfolgt, wird sehen, dass für 2022 im Durchschnitt kaum geringere Werte als die Vergütung für Volleinspeiseanlagen zu erwarten sind. In der ersten Häfte des Jahres wurden durchschnittlich 16,5 ct/kWh erreicht - also mindestens 3 Ct über der Volleinspeisevergütung. Das ist schon etwas grotesk, denn seit längerem fordern die Solaranlagen-Betreiber:innen, dass die geringen Einspeisevergütungen an höhere Marktpreise angeglichen werden.
Wir halten uns mit der Empfehlung dennoch zurück, Neuanlagen beim Netzbetreiber als Volleinspeiseanlagen anzumelden und dann doch im Eigenverbrauch zu betreiben. Denn im Streitfall - so unsere Juristen - könnte das Gericht mit einem gesetzgeberischen Versehen argumentieren, da ein Verstoß gegen die Regelungen des EEG ja eindeutig höher vergütet würde als die gesetzliche Grundregel. Ganz abgesehen davon, dass die Marktpreis-Regel nur für Neuanlagen gilt, die ab 29.7.2022 an das öffentliche Stromnetz angeschlossen werden. Ab 1.1.2023 wird ein Verstoß gegen die Volleinspeisung mit 2 €/kWp/Monat bestraft.
Final bleibt auch noch unklar, wie Netzbetreiber den vergütungsrechtlich relevanten Wechsel zwischen Volleinspeisung und Eigenversorgung kontrollieren und sicherstellen wollen. Hier sind noch genauere Informationen erforderlich.
Abzug vom anzulegenden Wert:
Der anzulegende Wert zur Berechnung der Einspeisevergütung für Solaranlagen bis 100 kW wird weiterhin pauschal um 0,4 Ct/kWh reduziert. Dieser Abzug soll der Finanzierung der Verwaltungsaufgaben des Netzbetreibers dienen (siehe § 53 (1) Nr. 2 EEG 2021).
Für Solaranlagen von mehr als 300 Kilowatt bis einschließlich 750 Kilowatt, die auf, an, oder in einem Gebäude oder an einer Lärmschutzwand errichtet werden, besteht nur für 80 Prozent der in einem Kalenderjahr erzeugten Strommenge ein Anspruch auf Förderung (Marktprämie). Diese Regelung soll mit dem EEG 2023 zum 1.1.2023 auslaufen.
Freiflächenanlagen: wo können sie gebaut werden?
Ab 1.1.2023 sind mehr Flächen für Photovoltaik nutzbar und förderfähig.
Für sogenannte Garten-Solaranlagen mit einer maximale Anlagengröße von 20 kW wird ein Anspruch auf Vergütung festgeschrieben. Sie müssen sich auf einem Grundstück mit Wohnbebauung innerhalb eines bebauten Ortsteils befinden. Die Grundfläche der Anlage darf die Grundfläche dieses Wohngebäudes nicht überschreiten. Wichtige Bedingung ist auch, dass sich das Wohngebäude nicht für eine PV-Installation eignet. Anlass dieser gesetzlichen Regelung war, dass eine Alternativfläche für nicht genehmigte PV-Anlagen auf denkmalgeschützten Häusern definiert werden sollte. Ob die Garten-PV-Regel auch für verschattete Dächer oder nicht geeignete Dächer (Reetdach) gilt, soll eine neue Verordnung regeln.
Darüber hinaus sind folgende förderfähigen Flächen für die Installation von Freiflächenanlagen hinzugekommen:
- Flächen entlang von Autobahnen und Schienenwegen im Abstand bis 500 m, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn (vorher 200 m. Bis 500 m bisher jedoch genehmigungspflichtig),
- künstliche oder erheblich veränderte Gewässer (Floating-PV),
- Ackerflächen, die kein Moorboden, Naturschutzgebiet oder Nationalparkt sind, sofern auf der gleichen Fläche weiterhin ein- oder mehrjährige Nutzpflanzen bzw. Dauerkulturen angebaut werden (Agri-PV),
- Dauergrünland, wenn die Fläche kein Moorboden, Naturschutzgebiet oder Nationalpark ist,
- Parkplatzflächen,
- entwässerte und landwirtschaftlich genutzte Moorboden, wenn diese im Zusammenhang mit der Solaranlage dauerhaft wieder vernässt werden.
Vereinfachungen bei Netzanschlussanfragen und beim finalen Anschluss
Anfragen zur Prüfung des Netzanschlusspunktes beim Netzbetreiber führten in der Vergangenheit häufig zur Geduldsprobe. Unklare Wartezeiten und eine Flut an Datenblättern und Antragsformulen erzeugten mancherorts eine Komplexität, der sich nicht alle gewachsen fühlten. Wir haben schon seit längerem dazu Verbesserungsvorschläge unterbreitet und freuen uns, dass im EEG 2023 einige Regelungen übernommen wurden:
So soll es nicht mehr verpflichtend sein, dass der Netzbetreiber eine Zusage zum Netzanschluss erteilt und beim finalen Netzanschluss anwesend ist:
- Wenn nach Einreichung aller Unterlagen nicht innerhalb eines Monates eine Zusage zum Netzanschluss eingeht, können die Anlagen bis 30 kW unter Einhaltung der für die Ausführung eines Netzanschlusses maßgeblichen Regelungen angeschlossen werden.
- Der Netzanschluss kann dann von einem fachkundigen Elektroinstallateurunternehmen durchgeführt werden. Nur in besonderen Ausnahmefällen soll der Netzbetreiber in den Netzanschluss technisch involviert werden.
Ein weiterer Punkt, der viele Anlageninvestor:innen zumindest perspektivisch freuen dürfte: Der Netzanschluss soll ab dem 1. Januar 2025 über ein Webportal des Netzbetreibers erfolgen. Netzbetreibersind verpflichtet, bis dahin eine Plattform einzurichten, auf der sie ausführlich über die Netzanschlussbedingungen und einzureichende Unterlagen informieren. Die Unterlagen sollen dann auch über dieses Portal an den Netzbetreiber übermittelt werden. Die Webportale sollen möglichst einheitlich gestaltet werden. So sollen Installateure, die in den Einzugsgebieten mehrerer Netzbetreiber arbeiten, keine Eingewöhnungsschwierigkeiten bekommen.
70-Prozent-Regel gestrichen - bald auch für Bestandsanlagen!
Die vielfach kritisierte pauschale 70-Prozent-Begrenzung der maximalen Wirkleistung von Wechselrichtern bei PV-Anlagen bis 25 kW wird abgeschafft. Auch die alternativ mögliche Steuerung der Einspeiseleistung ist für diese Anlagen nicht mehr verpflichtend.
Die Neuregelung soll nur Anlagen betreffen, die ab dem Inkrafttreten des EEG 2023 zum 1.1.2023 in Betrieb gesetzt werden. Für Bestandsanlagen und weitere neue Anlagen aus 2022 bleibt die gesetzliche Vorgabe zur Wirkleistungsbegrenzung ist sie im Gesetzesbeschluss noch enthalten. Diese sei von Netzbetreibern - so der Gesetzgeber in seiner Begründung zum neuen § 9 EEG 2023 - bereits bei der Prüfung der Netzanschlussbegehren und Netzanschlusszusagen berücksichtigt worden. Eine rückwirkende Abschaffung würde die bisherige Planungsgrundlage in Frage stellen und den Netzbetrieb gefährden. Aber auch eine gesamtwirtschaftliche Hürde wird aufgeführt, wenn Wechselrichter von bestehenden Anlagen zurückgesetzt werden würden. Es gäbe zu wenig Fachkräfte, die diese Arbeiten ausführen könnten. Der Aufwand stünde einem geringem Mehrwert gegenüber, denn der Energieertrag der Anlagen würde sich allenfalls um 5 Prozent erhöhen.
NEU: Die Planungen für ein neues Energiesicherungspaket vom 21.7.22 machen nun den Weg frei, "die 70 Prozent-Kappungsregel auch für Bestandsanlagen zu streichen."
Wir hoffen, dass diese Neuregelung rasch greift und bis dahin Netzbetreiber ihren Ermessensspielraum nutzen und bei neuen Anlagen, die bis zum Ende des Jahres angeschlossen werden, keine pauschale Abregelung fordern. Denn die meisten Anlagen sind aktuell auf eine hohe Eigennutzung des erzeugten Solarstroms - oftmals auch mit Speichern - konzipiert. Die befürchteten Mittagsspitzen im Stromertrag werden durch die Betreiber:innen also in aller Regel abgefangen.
Wenn das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik die technische Möglichkeit zum flächendeckenden Einbau von intelligenten Messsystemen feststellt und deren Einbau bei Solaranlagen mit einer installierten Leistung von höchstens 25 Kilowatt möglich wird, ist eine Regelbarkeit und Abrufung der IST-Einspeisung verpflichtend.