Datum: 17.04.2006

Zum Steuerstreit zwischen Arbeitgeberpräsident Hundt und SPD-Vorsitzenden Beck

Pressemitteilung

von Wolf von Fabeck
Geschäftsführer im Solarenergie-Förderverein Deutschland

Seit Jahrzehnten hat die Staatsquote abgenommen - unabhängig davon, welche Regierung am Ruder war. Als Ideal galt der "schlanke Staat".

Doch unser Staat ist nicht schlank, sondern machtlos. Ihm fehlen die notwendigen Gelder zur Wahrnehmung wichtigster Gemeinschaftsaufgaben. Jahr für Jahr gibt er vergleichsweise immer weniger Geld für sein Personal aus. Nach Angaben des statistischen Bundesamtes lagen die Personalausgaben im Jahr 1993 noch bei 9,1 Prozent des Bruttoinlandproduktes, zwölf Jahre später sind sie mit 7,4 Prozent um fast ein Fünftel geringer. Die praktischen Konsequenzen sind uns zwar bekannt, doch werden sie fast nie mit den fehlenden Steuereinnahmen in gedankliche Verbindung gebracht. Deshalb hier einige Beispiele:

  • Es fehlen Erzieherinnen in Kinderkrippen und Tagesstätten. Dies hat Einfluss auf Kinderwunsch und Geburtenrate.
  • Es fehlen Lehrer. PISA-Sieger Finnland hat vergleichsweise dreimal so viele Lehrer zur Betreuung seiner Schüler im Einsatz. Dort können sich die Lehrer in kleinen Gruppen um Kinder mit unterschiedlichen Voraussetzungen kümmern.
  • Bei uns fehlen sogar die Gelder für einen effektiven Sprachunterricht zur Integration von Ausländern in unser Schulsystem.
  • Es fehlen Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter zur individuellen Betreuung des studentischen Nachwuchses. Unternehmen beklagen sich über den mangelnden Stand des Schulwissens bei den Berufsanfängern. Mit der Vernachlässigung des Schul- und Bildungssystems vernachlässigt der Staat die Zukunft unserer Gesellschaft.
  • Es fehlt an Richtern und Hilfspersonal bei den Gerichten. Das führt dazu, dass man unter Umständen jahrelang auf ein rechtskräftiges Urteil warten muss.
  • Die Strafverfolgung leidet unter mangelhafter technischer Ausstattung und unter Personalmangel bei der Kriminalpolizei und der Staatsanwaltschaft.
  • Die Diskussionen um den Einsatz der Bundeswehr bei der Fußball-WM zeigen, dass auch die Polizei unterbesetzt ist.
  • Die laufenden Preissteigerungen für Elektrizität können durch die Bundesnetzagentur offenbar nicht mehr eingedämmt werden.
  • Kartellamtsentscheidungen, die das Funktionieren eines freien Wettbewerbs gewährleisten sollen, kommen nur mit großer Zeitverzögerung.

Die Befürworter eines "schlanken Staates" vergessen leicht, dass der Wert eines Wirtschaftsstandortes sich ganz wesentlich nach den vom Staat bereitgestellten Dienstleistungen richtet: gut vorgebildeter Nachwuchs, sozialer Friede und soziale Sicherheit, eine intakte Rechtsprechung. Ein gutes Straßen- und Eisenbahnnetz und mehr. Hier verspielt Deutschland wichtige Chancen!

Um die Finanznot des Staates und die Massenarbeitslosigkeit zu beenden, fordert der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) eine energische Besteuerung der Energie und eine Streichung des Arbeitgeberanteils an der Sozialversicherung. Nur so sind nach unserer Auffassung die beschriebenen Probleme in den Griff zu bekommen.

  1. Die Energie bietet sich als ergiebige Steuerquelle an. Dies zeigt die Erfahrung der letzten Jahre. Obwohl die Energiekonzerne mit unglaublichen Gewinnspannen die Treibstoff-, Strom- und Gaspreise in die Höhe treiben, lassen sich Bürger und Unternehmen nicht davon abhalten, Energie unverdrossen weiter zu verbrauchen. Ehe aber die Energiekonzerne unverhältnismäßige Gewinne abschöpfen, wäre es sinnvoller, wenn der Staat die Energie zugunsten wichtiger Gemeinschaftsaufgaben höher besteuerte.
  2. Eine Besteuerung von Energie würde die eingangs beklagte Vernachlässigung wichtiger staatlicher Aufgaben nicht verschlimmern, denn all diese genannten Aufgaben benötigen nur wenig Energie.
  3. Zur Verminderung der Massenarbeitslosigkeit fordert die Wirtschaft seit langem zu Recht eine Veringerung der Lohnnebenkosten. Der SFV schlägt vor, dass der Staat den Arbeitgeberanteil für die Sozialversicherung mit den Einnahmen aus der erhöhten Energiesteuer finanziert. Diese Neuregelung würde nicht nur dem Staat selbst als Arbeitgeber, sondern auch vielen anderen Dienstleistern erlauben, ohne Erhöhung der Personalkosten deutlich mehr Personal einzustellen.
  4. Eine Verteuerung von Energie würde zwar die energieintensiv hergestellten Grundstoffe, wie Stahl, Zement und Kunstdünger deutlich verteuern. Die Folge wäre aber ein Aufblühen solcher Wirtschaftszweige, die mit weniger Grundstoffen auskommen, dafür aber mehr Personal beschäftigen, z.B. das Instandsetzungsgewerbe, der Holzbau oder die ökologische Landwirtschaft.
  5. Zum Ausgleich der steuerbedingten Energiepreisanhebung schlägt der SFV vor, den Anteil der Energiesteuer, der sich im Durchschnitt beim privaten Energieverbrauch ergibt, allen Bewohnern des Landes unabhängig vom Alter und von ihrer finanziellen Lage als "Energiegeld" in monatlich gleichen Beträgen auszuzahlen.

Abschließend eine Andeutung der Größenordnungen:

Der Arbeitgeberanteil der Sozialversicherung beträgt bundesweit 195 Mrd. Euro. Der gewerbliche Endenergieverbrauch beträgt etwa 1660 Mrd. 
Es ergibt sich ein Steuersatz von 195 / 1660 = 0,12 Euro pro kWh

Wenn aufgrund der Energieverteuerung der Energieverbrauch zurückgeht, muss der Steuersatz erhöht werden, damit die Staatseinnahmen gleich bleiben. Die Gesamtbelastung bleibt dabei ebenfalls gleich, nämlich 195 Mrd. Euro bei gewerblichem Energieverbrauch.

Der private Energieverbrauch beträgt etwa die Hälfte des gewerblichen Verbrauchs, Die Einnahmen liegen somit ebenfalls nur bei der Hälfte von 195 Mrd. Aufgeteilt auf die 80 Millionen Bewohner ergibt sich ein "Energiegeld" von 100 Euro pro Monat und Person.

Eine ausführlichere Darstellung unseres Vorschlages für Energiesteuern und Energiegeld finden Sie unter
http://www.sfv.de/lokal/mails/wvf/arbeitun.htm