An den Oberbürgermeister / Bürgermeister
An den Bürger- und Beschwerdeausschuss
An die Ratsfraktionen
Baupflicht für die Nutzung erneuerbarer Energien bei Neubauten im Gemeindegebiet
Unter Bezug auf § 9, Absatz 1, Nr. 23 b des Baugesetzbuchs, der die Kommunen ermächtigt, in Bebauungsplanvorhaben aus städtebaulichen Gründen Gebiete festzulegen, in denen bei der Errichtung von Gebäuden bestimmte Maßnahmen für den Einsatz erneuerbarer Energien getroffen werden müssen, stelle ich /stellen wir den Antrag, der Stadtrat / Gemeinderat möge folgenden Beschluss fassen:
- Die Stadt / Gemeinde beschließt, bei allen zukünftigen Bebauungsplanvorhaben sowie Vorhaben- und Erschließungsplänen sowie bei zukünftigen Änderungen von Bebauungsplänen grundsätzlich für die betroffenen Gebiete den Einsatz erneuerbarer Energien in Neubauten verbindlich festzuschreiben.
- Die Festsetzung lässt den Bauherren Entscheidungsspielraum, die Gebäude auszustatten mit eigenen Anlagen zur Wärmeversorgung aus erneuerbaren Energien oder solche Anlagen gemeinschaftlich mit anderen Bauherren zu errichten und zu nutzen. Zur Auswahl stehen
- a. thermische Solaranlagen zur Heizungsunterstützung mit Saisonspeicher und zur Erwärmung des Brauchwassers,
- b. Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien nach § 3, Absatz 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich (EEG) in der Fassung vom 21.07.2004, die in Kraft-Wärmekopplung betrieben werden können,
- c. sonstige Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien nach § 3, Absatz 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich (EEG) in der Fassung vom 21.07.2004, insbesondere Anlagen zur Stromerzeugung aus solarer Strahlungsenergie.
- Anlagen nach 2 a oder 2 b können auch in Kombination eingesetzt werden. In jedem Fall ist eine Deckungsrate für den jährlichen Heizungs- und Warmwasserbedarf von mindestens 60 Prozent aus erneuerbaren Energien nachzuweisen.
- Falls Anlagen nach 2 c gewählt werden, müssen diese eine Erzeugung von mindestens 2000 kWh elektrischer Energie jährlich pro 100 Quadratmeter überbauter Grundfläche erwarten lassen.
- Für Neubauten, die gemäß dem Bemessungsverfahren nach der Energieeinsparverordnung (EnEV) die Anforderungen des sog. Passivhaus-Standards erfüllen (Heizwärmebedarf ≤ 15 kWh/(m2/a)), kann eine Befreiung von den Bestimmungen der Punkte
1 - 4 erteilt werden.
- Die örtlichen Kreditinstitute werden gebeten zu prüfen, ob sie die Maßnahmen nach Punkt 2 bis 5 durch Kredite zu Sonderkonditionen unterstützen können.
Vorschlag für eine Begründung:
Die Stadt XYZ will ihren laufend entstehenden Bestand neuer Gebäude an die absehbare Entwicklung auf dem Weltenergiemarkt anpassen und aus klimapolitischen Gründen sowie zur Einsparung von Ressourcen und zur Verringerung der Importabhängigkeit im Energiebereich einen beispielgebenden Impuls für die Bundesrepublik Deutschland sowie einen Qualifizierungsanreiz für die örtliche Architektenschaft bewirken.
Innerhalb der nächsten 10 Jahre ist aufgrund der wachsenden Volkswirtschaften in China und Indien mit einem nachfragebedingten wesentlichen Anstieg des Rohölpreises zu rechnen. So hat z. B. in diesen beiden Ländern die Massenmotorisierung begonnen. Schon jetzt wird teilweise mit Ölpreissteigerungen von über 100 Prozent gerechnet. Die Preissteigerungen werden sich in der Folgezeit fortsetzen, da ein entsprechender Anstieg der Rohöl-Fördermengen nicht mehr zu erwarten ist. Infolge von Substitutionsvorgängen (Erdöl wird - wo dies möglich ist - durch Erdgas oder durch Elektrizität ersetzt) werden die Preissteigerungen auch auf die anderen Energieformen übergreifen. Dies trifft insbesondere die Nutzer langlebiger Wirtschaftsgüter mit hohem Energieverbrauch, da eine vorzeitige Ersatzbeschaffung kaum möglich und eine technische Nachbesserung unverhältnismäßig aufwendig ist. Wohnungen, deren Wärmedämmung nicht dem heute schon möglichen Dämmstandard entspricht und deren Wärmeversorgung auf konventionellen Energieträgern basiert, werden die Sanierungsfälle von morgen sein. Sofern die Rückzahlung der Investitionssumme noch nicht beendet ist - also bei der großen Mehrzahl aller Neubauten - stellt der Anstieg der Energiepreise auch ein Risiko für die Rückzahlung von Baudarlehen dar. Nicht nur die Eigentümer selbstgenutzter Wohnungen, sondern auch die Mieter und sogar die Kreditgeber sind gefährdet. Da die Nutzungsdauer von Wohnungen in der Größenordnung eines Jahrhunderts liegt, ist hier eine vorausschauende Planung von besonderer Wichtigkeit.
Erläuterung zu den vorgesehenen Techniken:
Die Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Techniken und ihre mögliche Kombination erhöht die Effektivität und die Akzeptanz.
Zu 2) Die zugrunde liegende Bestimmung des Baugesetzbuches, dass aus städtebaulichen Gründen (ganze) Gebiete festgesetzt werden, erlaubt auch den Einsatz solcher Techniken der erneuerbaren Energien, die ihre volle Wirtschaftlichkeit erst bei größeren Anlagen bzw. bei gemeinschaftlicher Nutzung größerer Anlagen - z.B. bei einer gemeinsamen Nahwärmeversorgung - entfalten. Hier bietet sich auch die Kombination verschiedener Techniken, z.B. nach 2 a und 2 b an, um eine bessere jahreszeitliche Bedarfsdeckung zu erzielen.
Zu 2 a) Falls thermische Solaranlagen gewählt werden, wird die Heizungsunterstützung mit Saisonspeicher ausdrücklich vorgeschrieben. Diese Kombination stellt die konsequenteste Anwendung von Solartechnik im Wärmebereich dar. Ihre Effektivität übersteigt die einer einfachen Brauchwasser-Solaranlage um ein Vielfaches, da hier insbesondere die Solarwärme der Sommermonate und auch der Urlaubswochen für die kalte Jahreszeit nutzbar gemacht wird. Da die Effektivität eines Wärmespeichers mit seiner Größe steigt, ist das Zusammenwirken mehrerer Wohneinheiten mit einem Zentralspeicher von Vorteil. Nach heutiger Technik kann die geforderte solare Deckungsrate von 60 Prozent in Norddeutschland mit einer Kollektorfläche von mindestens 20 Prozent der beheizten Wohnfläche und mit einem Zentralspeicher zur Heizungsunterstützung mit einem Volumen von mindestens 60 Kubikmetern pro Wohneinheit erreicht werden.
Zu 2 b) Abgesehen von der Photovoltaik, der Windenergie und der Geothermie lassen sich Anlagen nach dem EEG auch in Kraft-Wärmekopplung betreiben. Die Einspeisevergütung für den erzeugten Strom ist deutlich höher als bei Kraft-Wärmekopplung mit fossilen Energien. Die gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme stellt die beste Ausnutzung der wertvollen stofflichen Energieträger dar. Solche Kraft-Wärmekopplung ist in der Regel mit der gegenwärtig zur Verfügung stehenden Technik erst in größeren Einheiten wirtschaftlich, so dass sich auch hier ein Zusammenschluss mehrerer Wohneinheiten zu einem Nahwärmenetz anbietet. Infrage kommen
z. B. pflanzenölgetriebene Blockheizkraftwerke, Kraft-Wärmekopplung im Zusammenhang mit Holzvergasung. Auch der Antrieb eines Klein-Blockheizkraftwerks mit Biogas aus dem Erdgasnetz ist möglich, wenn anderenorts nach vertraglicher Vereinbarung die gleiche Menge Biogas in das Gasnetz eingespeist und durchgeleitet wird.
Eine Verbrennung von Biomasse zur Wärmeerzeugung ohne gleichzeitige Stromerzeugung (z. B. eine Holzpelletsheizung) steht ausdrücklich nicht zur Wahl
Zu 2 c) Die Stromerzeugung aus Anlagen zur Nutzung der solaren Strahlungsenergie, d. h. üblicherweise Photovoltaik, stellt eine Wahlmöglichkeit z. B. für Lager- und Montagehallen dar, sowie für einzelne Gebäude, die nicht in ein Nahwärmenetz mit anderen Gebäuden eingebunden werden sollen oder können.
Zu 5) Die vorgesehene Befreiungsmöglichkeit für Gebäude mit Passivhausstandard berücksichtigt, dass bei diesen Gebäuden der Energiebedarf äußerst gering ist.
..................................................... Ort, Datum |
............................................................................ Unterzeichner
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