Verweigerung des Anschlusses ans Versorgungsnetz, Beispiel EWE
vom 02.06.2001Die Elektrizitäswerke Weser Ems AG (EWE) bieten den Erbauern von Solarstromanlagen einen Stromeinspeisevertrag an, vor dessen Abschluss unsere Rechtsanwältin, Frau Dr. Bönning dringend warnt.
Vertrag mit Frau Bönnings Bewertung
Die zwei wichtigsten Gründe für die Warnung:
- Wer den Vertrag unterschreibt, verpflichtet sich unter anderem zu einer verschuldensunabhängigen Haftung gegenüber dem Netzbetreiber (nicht nur bei Vorsatz und Fahrlässigkeit - wie es das bürgerliche Gesetzbuch vorsieht - sondern sogar, wenn ihn kein Verschulden trifft; eine sogenannte Gefährdungshaftung). Beispiel: Ein Blitzschlag in die Solaranlage führt zu einem Stromausfall im gesamten Ortsteil.
Der Einspeiser muss den Schaden bezahlen...
- Eine Kündigung des Vertrages ist erst zum 31.12.2002 und dann jeweils ein Jahr später möglich.
Wer den Vertrag nicht unterschreibt, dem wird von EWE der Anschluss an das EWE-Netz untersagt, zumindestens erhält er keine Einspeisevergütung.
Frau Dr. Bönning hat im Auftrag eines Anlagenbetreibers das Landgericht in Oldenburg angerufen, um zu erreichen, dass EWE einen zumutbaren Vertrag vorlegt, oder wenigstens hilfsweise die Vergütung für den abgenommenen Strom auszahlt.
Bis zu einer gerichtlichen Klärung durch alle Instanzen, ob der EWE-Vertrag tatsächlich unzumutbar ist, oder ob man die Vergütung auch ohne Vertrags-Abschluß erhält, wird es wahrscheinlich bis zum Jahr 2002 dauern.
Aus dieser Zeitverzögerung ergibt sich ein weiteres Problem: Wer erst im Jahr 2002 seine Solaranlage in Betrieb nimmt, erhält nach § 8 EEG nur noch eine Einspeisevergütung von 94 Pf/kWh über zwanzig Jahre.
In dieser ungeklärten, schwierigen Lage versuchen wir einen Rat zu geben, können allerdings für den letztlichen Erfolg nicht garantieren.
Die folgenden Vorschläge wurden mit Frau Dr. Bönning abgestimmt und unterscheiden sich nach folgenden Fällen:
Fall 1
Der Anlagenbetreiber hat bisher noch keinen Kontakt zu EWE gehabt
Fall 2
Der Anlagenbetreiber hat Kontakt zu EWE gehabt und speist ein, aber er hat den Vertrag noch nicht unterschrieben und erhält keine Einspeisevergütung
Fall 3
Der Anlagenbetreiber hat Kontakt zu EWE gehabt, hat den Vertrag nicht unterschrieben und darf nicht einspeisen.
Zu Fall 1
(Der Anlagenbetreiber hat bisher noch keinen Kontakt zu EWE gehabt.)
Gleichzeitig mit der ersten Kontaktaufnahme legt der Anlagenbetreiber den bereits unterschriebenen Mustervertrag des SFV vor und bittet um Anschluss seiner Anlage an das EWE-Netz.
Zu Fall 2
(Der Anlagenbetreiber hat Kontakt zu EWE gehabt und speist ein, aber er hat den Vertrag noch nicht unterschrieben und erhält keine Einspeisevergütung.)
Der Anlagenbetreiber legt den bereits unterschriebenen Mustervertrag des SFV vor, schreibt eine Rechnung über die gelieferte elektrische Energie. Muster einer Rechnung und Hinweise für das folgende Mahnverfahren
Zu Fall 3
(Der Anlagenbetreiber hat Kontakt zu EWE gehabt, hat den Vertrag nicht unterschrieben und darf nicht einspeisen.)
Zuerst erfolgt eine letzte Warnung an die EWE:
Sehr geehrte Damen und Herren,
wie ich Ihnen bereits am ... mitgeteilt habe, habe ich auf meinem Grundstück ... eine Solarstromanlage zur Einspeisung des Solarstroms in Ihr Versorgungsnetz errichtet.
Den mir vorgelegten Einspeisevertrag lehne ich wegen Unzumutbarkeit ab.
Die Gründe dafür habe ich Ihnen in meinem Schreiben vom ... mitgeteilt.
Ich bin selbstverständlich bereit, einen abgeänderten Vertrag mit zumutbaren Bedingungen abzuschließen.
Eine von mir insoweit abgeänderte Version des Vertrages lege ich bei.
(Alternativ) den unterschriebenen Mustervertrag des Solarenergie-Fördervereins lege ich bei. Dieser Vertrag findet bundesweit Anwendung.
Gemäß § 3 Absatz 1 des EEG sind Sie als Netzbetreiber verpflichtet,
1. meine Solarstromanlage an Ihr Netz anzuschließen
2. den gesamten, von mir angebotenen Strom aus meiner Solarstromanlage vorrangig abzunehmen,
3. den eingespeisten Strom nach § 8 zu vergüten.
Ich setze Ihnen hiermit eine letzte Frist bis zum .... ((drei Tage)) für den Anschluss meiner Anlage an Ihr Netz.
Sollten Sie bis dann einem Anschluss meiner Anlage an Ihr Netz weiterhin nicht zustimmen, werde ich die Anlage unter Beachtung der technischen Anschlussbedingungen an mein Hausnetz anschließen (Anschluß mit Nutzung des Hausnetzes zur Durchleitung des Solarstroms in Ihr Versorgungsnetz gemäß Information vom 8.5.01 der Clearingstelle des BMWi gemäß § 10 Abs. 3 des EEG) und werde die mir zustehende Einspeisevergütung für die volle erzeugte Energiemenge einfordern.
Ersatzweise werde ich Schadensersatz in Höhe der mir vorenthaltenen Einspeisevergütung geltend machen.
Sollte eine spätere Änderung des Anschlusses erforderlich werden, werde ich auch die Kosten der Änderung als Schadenersatz geltend machen.
Mit freundlichen Grüßen
Anlagenbetreiber.
Wenn die EWE auch jetzt noch nicht einlenken, sollte der Anlagenbetreiber seine Androhung wahr machen; insbesondere auch deshalb, damit er nicht den Anspruch auf die Mindestvergütung von 99 Pf/kWh verliert.
Falls später ein Umklemmen von Hausnetzeinspeisung auf Direkteinspeisung erforderlich werden sollte, hat er im möglicherweise die Kosten des Umklemmens zu tragen.
Der Anlagenbetreiber kauft sich dazu einen geeichten und beglaubigten Wechselstromzähler ohne Rücklaufsperre, z.B. bei der Hamburger Zählergesellschaft.
Die Inbetriebnahme der Anlage und die Erstablesung des Zählers lässt er sich durch einen Installateur und durch einen weiteren Zeugen, der nicht zum Haushalt oder zur Familie gehört, schriftlich bestätigen.
Den EWE teilt der Einspeiser sodann sinngemäß Folgendes mit:
Da Sie mit Ihrem Schreiben vom ... den Anschluss meiner Anlage an IHR Netz verweigert haben, habe ich meine PV-Anlage unter Beachtung aller Regeln der Technik und Ihrer technischen Anschlussbedingungen an MEIN Hausnetz angeschlossen und damit die PV-Anlage am ... in Betrieb genommen. Eine Kopie des Inbetriebnahmeprotokolls liegt diesem Schreiben bei.
Der Anfangsstand des von mir beschafften Einspeisezählers beträgt ...
Den gesamten Strom aus dieser Anlage biete ich Ihnen weiterhin an, und Sie sind verpflichtet, ihn abzunehmen und zu vergüten.
Die technischen Voraussetzungen dazu habe ich geschaffen:
Ab dem oben genannten Inbetriebnahmedatum können Sie den gesamten erzeugten Strom - genauer gesagt, die gesamte solarelektrisch erzeugte Energie - an der Eigentumsgrenze entgegennehmen. Anhand der Zählerstände meines Solarstromzählers ist sogar eine nachträgliche Rekonstruktion der in Ihr Netz durchgeleiteten elektrischen Energie entsprechend den Informationen vom 8.5.01 der Clearingstelle des Bundesministers für Wirtschaft nach § 10 Abs. 3 EEG möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift Anlagenbetreiber
Nach ein bis zwei Monaten stellt der Anlagenbetreiber eine Rechnung.
Weiteres Vorgehen wie Fall 2)