Abschlag von der Einspeisevergütung bei Nutzung eines kundeneigenen Trafos?
vom 01.06.2001Wenn zwischen Einspeisung und Netzanschluss ein Kundennetz größerer Ausdehnung oder eine kundeneigene Trafostation liegt, kann vom Netzbetreiber ein angemessener Verlustabschlag auf den Messwert der unterlagerten Einspeisung in Ansatz gebracht werden, sofern der Verlustabschlag nicht schon beim Strombezug aus dem Verteilnetz in Ansatz gebracht wurde.
Ausgedehnte Kundenanlagen ohne Transformator sind selten; im Folgenden soll deshalb nur der häufiger vorkommende Fall der Einspeisung in ein Kundennetz mit kundeneigener Trafostation behandelt werden.
Der letzte Halbsatz des Clearingstellen-Textes (hier redaktionell durch Fettdruck hervorgehoben) besagt, dass der Verlustabschlag nicht zweimal in Ansatz gebracht werden darf. Wenn der Versorgungsnetzbetreiber einen Verlustabschlag in Ansatz bringen will, sollte sich der PV-Anlagenbetreiber deshalb zunächst einmal beim Betreiber des Kundennetzes danach erkundigen, ob dieser nicht bereits einen Zuschlag zur Abgeltung der Transformatorverluste auf seine Stromrechnung zahlt. Dies wird in der Regel der Fall sein. Ein (zusätzlicher) Verlustabschlag von der Einspeisevergütung ist dann - nach einhelliger Auffassung der Clearingstelle - unbegründet.
Verlustabschlag zur Berücksichtigung der Transformatorverluste im Regelfall
Die folgenden Erläuterungen sollen erklären, wie üblicherweise die Verluste eines kundeneigenen Transformators in der Stromrechnung berücksichtigt werden.Ausgangssituation: Das Kundennetz wird aus dem öffentlichen Mittelspannungsnetz des Versorgungsnetzbetreibers versorgt. Die Mittelspannung, z.B. 10.000 Volt, wird im Netz des Kunden durch einen Transformator auf 400 Volt bzw. 230 Volt ("Niederspannung") heruntertransformiert. Erst im Niederspannungsnetz befindet sich dann der Stromzähler.
Konfigurations-Skizze
Öffentliches Versorgungsnetz - - - Trafo - - - Zähler1 - - - Verbraucher
Der Transformator gehört dem Betreiber des Kundennetzes. Er verbraucht etwas Energie. Sein Energieverbrauch wird durch den Stromzähler (Zähler1) nicht angezeigt, müsste aber trotzdem bezahlt werden.
Da der Netzbetreiber den Energieverbrauch des Transformators nicht messen kann, schätzt er ihn. Dazu geht er von Erfahrungswerten aus: Die Verluste in einem Transformator sind umso höher, je höher die durch ihn übertragene Leistung ist. Es gibt deshalb eine Faustformel, die den Transformatorverlust in Prozenten der übertragenen elektrischen Arbeit angibt. (Die Verwendung der elektrischen Arbeit anstelle der elektrischen Leistung in dieser Faustformel führt zu einer gewissen Ungenauigkeit, die in der Stromwirtschaft jedoch als vertretbar angesehen wird.)
Nach dieser Faustformel werden die Transformatorverluste dann je nach Typ des Transformators durch einen Zuschlag von beispielsweise 3 % zu dem gemessenen Verbrauch berücksichtigt.
Beispiel:
Gemessen wurde ein Verbrauch von 100.000 kWh.
In Rechnung gestellt wird dem Kunden ein Verbrauch von 103.000 kWh.
Diese Regelung gab es schon lange vor Einführung netzgekoppelter Photovoltaikanlagen.
Auswirkung einer PV-Anlage auf die Transformatorverluste
Konfigurations-Skizze<< PV-Strom zum Netzbetreiber | |
Ö.Netz - - - | Trafo - - - Zähler1 - - - Verbraucher - - - PVzähler - - - PV-Anlage |
Egal-Strom zum Verbraucher >> |
Im einfachsten Fall fließt durch den Transformator nur elektrische Leistung vom öffentlichen Netz ins Kundennetz (Egalstrom zum Verbraucher).
Verwirrung kann entstehen, wenn durch den Transformator mehrere "Ströme" in unterschiedlicher Richtung fließen, z.B. in der einen Richtung vom Stromhändler zum Betreiber des Kundennetzes und in der anderen Richtung von der PV-Anlage zum Netzbetreiber. Hier handelt es sich um "kaufmännische Ströme". Im physikalischen Sinn fließen durch den Transformator nicht verschiedene "Ströme" (genauer gesagt, Leistungen) - noch dazu in unterschiedlichen Richtungen - sondern immer nur ein einziger Leistungsfluss.
Dieser ist die vorzeichenbewertete Summe der kaufmännischen Leistungsflüsse ("Ströme"). Wenn diese in unterschiedlicher Richtung fließen, müssen sie rechnerisch voneinander abgezogen werden; der physikalische Leistungsfluss und damit die Verluste im Transformator sind in diesem Fall geringer, als wenn die kaufmännischen Ströme in gleicher Richtung fließen und deshalb zueinander addiert werden müssen.
Für die folgenden Überlegungen gehen wir von unterschiedlichen Fällen aus.
Fall 0 (Referenzfall)
Es gibt keine PV-Anlage, bzw. die PV-Anlage speist niemals Leistung in das Kundennetz ein. Dies ist der Fall, für den der Verlustaufschlag zur Abgeltung der Transformatorverluste an den Netzbetreiber berechnet wurde. Alle folgenden Fälle sollen mit diesem "Referenzfall" verglichen werden. Wenn die Transformatorverluste geringer sind, als hier im Referenzfall, hat der Kunde eigentlich einen zu hohen Verlustaufschlag gezahlt.
Fall 1
Die PV-Anlage speist immer weniger Leistung ein, als im Kundennetz verbraucht wird.
Fall 2
Die PV-Anlage speist immer gleich viel Leistung ein, wie im Kundennetz verbraucht wird (Grenzfall zwischen Fall 1 und Fall 3).
Fall 3
Die PV-Anlage speist immer mehr Leistung ein, als im Kundennetz verbraucht wird, aber sie speist niemals mehr als die doppelte Menge ein, die im Kundennetz verbraucht wird.
Fall 4
Die PV-Anlage speist immer doppelt so viel Leistung ein, wie im Kundennetz verbraucht wird (Grenzfall zwischen Fall 3 und Fall 5).
Fall 5
Die PV-Anlage speist immer mehr als doppelt so viel Leistung ein, wie im Kundnenetz verbraucht wird.
Fallbewertung:
Zu Fall 1 (Die PV-Anlage speist immer weniger Leistung ein, als im Kundennetz verbraucht wird.) Hier verringert sich die durch den Transformator übertragene Leistung.
Die Transformatorverluste werden durch den Betrieb der PV-Anlage verringert.
Der Kunde zahlt einen zu hohen Verlustaufschlag.
Zu Fall 2
(Die PV-Anlage speist immer gleich viel Leistung ein, wie im Kundennetz verbraucht wird.) Hier wird durch den Transformator überhaupt keine Leistung übertragen. Die Transformatorverluste werden durch den Betrieb der PV-Anlage (fast) auf Null heruntergedrückt. Der Kunde zahlt einen erheblich zu hohen Verlustaufschlag.
Zu Fall 3
(Die PV-Anlage speist immer mehr Leistung ein, als im Kundennetz verbraucht wird, aber sie speist immer weniger als die doppelte Menge ein, die im Kundennetz verbraucht wird.) Der Leistungsfluss im Transformator wird durch den Betrieb der PV-Anlage umgedreht, er bleibt aber vom Betrag her kleiner als der Leistungsfluss im Referenzfall. Die Verluste im Transformator sind von der Richtung des Leistungsflusses unabhängig. Es treten also wieder Transformatorverluste auf. Die Transformatorverluste sind jedoch kleiner als im Referenzfall, weil der Betrag der übertragenen Leistung kleiner ist.
Der Kunde zahlt einen zu hohen Verlustaufschlag.
Zu Fall 4
(Die PV-Anlage speist immer doppelt so viel Leistung ein, wie im Kundennetz verbraucht wird) Der Leistungsfluss im Transformator ist umgedreht und hat den gleichen Betrag wie im Referenzfall. Die Transformatorverluste sind genauso groß wie im Referenzfall. Der Kunde zahlt einen angemessenen Verlustaufschlag.
Zu Fall 5
(Die PV-Anlage speist immer mehr als doppelt so viel Leistung ein, wie im Kundnenetz verbraucht wird.) Der Leistungsfluss im Transformator ist umgedreht und ist betragsmäßig größer als als im Referenzfall. Der Kunde zahlt einen Verlustaufschlag, der die Verluste im Transformator nicht voll berücksichtigt. Beispiele für diese Konfiguration dürften allerdings selten sein. Möglicherweise kann der genannte Fall bei einer Schule mit großer PV-Anlage in den Monaten der Sommerferien (aber nicht in den übrigen Monaten des Jahres) auftreten.
Bewertung und Zusammenfassung
Aus der vorstehenden Fallunterscheidung ergibt sich, dass in der überwiegenden Mehrheit der Fälle, in denen PV-Anlagen im Kundennetz einspeisen, die Transformatorverluste verringert werden. Der vom Netzbetreiber nach der eingangs erwähnten Faustformel geschätzte Verlustaufschlag auf den Stromverbrauch des Kunden deckt somit die Transformatorverluste nicht nur ab, sondern überkompensiert sie in den meisten Fällen.
Es gereicht dem Netzbetreiber deshalb nicht zum Nachteil, wenn er, wie in den Informationen der Clearingstelle vorgeschlagen, einen Verlustabschlag auf den Messwert der unterlagerten Einspeisung nicht noch zum zweitenmal - gegenüber dem PV-Anlagenbetreiber - in Ansatz bringt.
Bestimmung eines "angemessenen" Verlustabschlags
In den seltenen Fällen, in denen ein Verlustabschlag zur Abgeltung der Transformatorenverluste nicht schon beim Strombezug aus dem Verteilnetz in Ansatz gebracht wurde, kann vom Netzbetreiber nach Auffassung der Clearingstelle ein angemessener Verlustabschlag auf den Messwert der Einspeisung in Ansatz gebracht werden.
Zur Beantwortung der Frage, was hier als "angemessen" zu betrachten ist, sollen die folgenden Überlegungen beitragen:
Ausgangssituation: Der Netzbetreiber hat bisher darauf verzichtet, dem Stromkunden die Transformatorverluste in Rechnung zu stellen.
Nun erlaubt der Stromkunde plötzlich einem PV-Betreiber die Nutzung des Kundennetzes zur Durchleitung der eingespeisten PV-Arbeit in das öffentliche Verteilnetz.
Wenn der Versorgungsnetzbetreiber daraufhin die Transformatorverluste in Rechnung stellen will, muss er den Nachweis führen, dass sie durch den Betrieb der PV-Anlage größer geworden sind als sie vorher, ohne PV-Anlage, waren.
In dem vorangehenden Kapitel, "Auswirkung einer PV-Anlage auf die Transformatorverluste", wurde gezeigt, dass in den meisten der untersuchten Fälle die Transformatorverluste durch den Betrieb der PV-Anlage nicht vergrößert, sondern sogar noch verringert wurden. Infrage kommen also lediglich die seltenen Fälle, in denen die PV-Anlage eine Leistung einspeist, die mehr als doppelt so groß ist wie die gleichzeitig vom Kunden verbrauchte Leistung (s. vorangehendes Kapitel, Fall 5).
Kontakt zum Solarenergie-Förderverein
Wenn der Netzbetreiber dennoch einen Abschlag vornehmen will, obwohl er die Transformatorverluste bereits dem Betreiber des Kundennetzes in Rechnung stellt, oder obwohl durch den Betrieb der PV-Anlage die Transformatorverluste verringert werden, bitten wir um Information.