Demokratie und Klimaschutz brauchen dasselbe: Dezentralität
Sind große Systeme nicht immer besser?
- Das fossil-atomare Energiesystem setzt auf große Kraftwerke, Höchstspannungsleitungen und zentrale Steuerung. Es entspricht der Logik profitorientierter Großkonzerne.
- Ein solches System entzieht sich demokratischer Teilhabe. Und: technische Störungen können hier schnell gewaltige Ausmaße annehmen.
- Das künftige System Erneuerbarer Energieversorgung ist demgegenüber nicht nur sauber, sondern kann auch dezentral arbeiten: Wind und Sonne können überall „geerntet“ werden.
- Dezentrale Energieversorgung mit Speichern, Wind- und Sonnenstrom kann die Versorgungssicherheit in Krisenzeiten verbessern. Und es passt besser in eine demokratische Gesellschaft.
Was hat Strom mit Demokratie zu tun?
Anfälligkeit. Hacker-Angriffe auf zentrale Energiesysteme sind heute bereits an der Tagesordnung. Der gegen das iranische Atomprogramm gerichtete Computerwurm Stuxnet ist ein bekanntes Beispiel. Aber auch der Klimawandel kann (z.B. durch das Fehlen von Kühlwasser für Kraftwerke) zu Blackouts führen.
Im Roman „Blackout“ beschreibt Marc Elsberg sehr realistisch, welche katastrophalen Folgen ein mehrtägiger kontinentaler Stromausfall haben kann. Dezentrale Energiesysteme sind solchen Risiken gegenüber weniger anfällig.
Gefährdung der Demokratie. Großkraftwerke und Höchstspannungsleitungen müssen vom Staat geschützt werden. Überwachung der Menschen, Sperrzonen, Aufrüstung der Sicherheitsbehörden sind die Maßnahmen. Damit wird die Demokratie beschädigt.
Zu diesen Prozessen, die in den 1970er Jahren das Schlagwort vom „Atomstaat“ hervorbrachten, kommt noch der Lobby-Einfluss hinzu. Er ist im Energiesektor traditionell besonders groß, und zielt auf den Schutz der zentralistischen Energie-Strukturen. Die Energiewende bietet die Chance, das Energiesystem zu demokratisieren und auf Monopolstrukturen völlig zu verzichten.
Dezentralisierung. Die Energiewende kann also neben dem Klimaschutz auch die Demokratie fördern. Das Energiesystem der Zukunft basiert auf modularen Netzen, es macht Millionen Menschen zu Stromproduzent*innen, und fördert gemeinschaftlichen Eigenverbrauch (z.B. Mieterstrommodelle) und Energiegenossenschaften.
Menschen können dann auch wieder mitreden über die Energiepolitik in ihrer Umgebung, weil sie die Systeme verstehen, über die entschieden werden muss.
Energiewende nicht zentralisieren. Deshalb sollte der Schwerpunkt der Erneuerbaren Stromproduktion auf Photovoltaik sowie Windenergie an Land (onshore) liegen, so dass der Strom verbrauchernah hergestellt werden kann. Dass die Bundesregierung – wenn überhaupt – auf Offshore-Windkraft und „Stromautobahnen“ gesetzt hat, liegt an ihrer Abhängigkeit von den großen Energiekonzernen. Diese Schwerpunktsetzung muss sich ändern: im Namen der Versorgungssicherheit und der Demokratie.
Quellen zum Artikel
- https://sfv.de/artikel/sonne_fuer_alle (Interview mit Daniel Bannasch)
- https://www.c-ober.de/blog/erneuerbare-energien/zellulares-energiesystem-vde-fuer-dezentrale-energieversorgung-43130249/ (Zellulares Energiesystem)