Den nachfolgenden Brief haben wir am 12.10.2023 an Olaf Scholz, Stefanie Lemke und Robert Habeck geschickt und gleichzeitig als Pressemitteilung veröffentlicht. Wir fordern die Änderung einer Bestimmung im „Aufbauhilfefonds-Errichtungsgesetz 2021“, die dazu nötigt, den Wiederaufbau im Ahrtal mit klimaschädlicher Technik durchzuführen.

Der Brief wird gemeinsam vom Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV) und vom Solarverein Goldene Meile e.V., der in der Ahrtal-Region aktiv ist, verantwortet.

 

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Scholz,
sehr geehrte Frau Ministerin Lemke,
sehr geehrter Herr Minister Habeck,

wir wenden uns heute mit einem offenen Brief an Sie, weil unser dringliches Anliegen auf den bisher von uns ge­wählten Kanälen ohne Ihre Resonanz blieb.

Mehr als zwei Jahre nach der Flutkatastrophe im Ahrtal – die recht eindeutig der menschengemachten Klimakata­strophe zugeordnet werden kann – liegt ein großer Teil der Wiederaufbauarbeit noch immer vor den betroffenen Kommunen und Bürger:innen. Bereits im September 2021, wenige Wochen nach der Katastrophe, lag ein wissen­schaftliches Impulspapier vor, das diesen Aufbau im Sinne einer Modellregion für die Energiewende konzipierte. Viele Menschen, Initiativen und Organisationen haben sich unter dem Namen „Aus Ahrtal wird Solahrtal“ für die Umsetzung dieses Konzepts engagiert.

Bei der rheinland-pfälzischen Landesregierung ist die Initiative auf Ablehnung gestoßen. Es wurde darauf hingewie­sen, dass das „Aufbauhilfefonds-Errichtungsgesetz 2021“ des Bundes nur einen „Eins-zu-Eins“-Wiederaufbau für förderwürdig erklärt, so dass z.B. eine bei der Flut zerstörte Ölheizung durch eine neue Ölheizung ersetzt werden muss. Dass diese Regelung klimapolitisch unsinnig ist, erweist sich dem unbefangenen Blick unmittelbar.

Seit Juli dieses Jahres haben wir uns wiederholt an Mitglieder der Bundesregierung gewandt, um diesem Übelstand abzuhelfen. Das AufbhEG 2021 soll unserer Überzeugung nach dahingehend geändert werden, dass ein klimaschüt­zender Wiederaufbau des Ahrtals ermöglicht bzw. priorisiert wird.

Im Einzelfall erhielten wir auf unsere Schreiben Antworten, die an der Fragestellung vorbeigingen, oder Hinweise auf die Zuständigkeit anderer Ressorts. Im Wesentlichen wurde unser Anliegen ignoriert. Wir halten dies – auch ange­sichts der sich in diesem Jahr 2023 vollziehenden sprunghaften Verschärfung der Klimakatastrophe – für völlig inak­zeptabel.

Inzwischen haben wir auch Kenntnis von dem überfraktionellen Schreiben der vier MdBs Mechthild Heil (CDU), Martin Diedenhofen (SPD), Anja Liebert (Grüne) und Sandra Weeser (FDP) an Staatssekretärin Hölscher im Bundesfi­nanzministerium erhalten, die auf dieselbe Misere hinweisen. Wir unterstützen deren Initiative ausdrücklich, in der auch darauf hingewiesen wird, dass das „Eins-zu-Eins“-Prinzip das Wiederaufbautempo insgesamt hemmt und im Übrigen auch den Gedanken der Resilienz beim Wiederaufbau konterkariert, wenn z.B. flussnahe Böden erneut ver­siegelt werden.

Wir fordern Sie deswegen auf diesem Wege nochmals, nunmehr öffentlich, auf, endlich die nötige Gesetzesände­rung in die Wege zu leiten. Aufgrund des Modellcharakters, den ein klimaneutral wiederaufgebautes Ahrtal zeigen würde, ist dies auch von bundespolitischer Bedeutung.

Mit freundlichen Grüßen,
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV)
Solarverein Goldene Meile e.V.

 

Titelbild: "Drei Affen"-Skulptur von Jacques Tilly am ersten Jahrestag des Hochwassers im Ahrtal. CC BY-SA 4.0 Palauenc05