Wissings Solar-Förderung: Sozial unausgewogen, energiepolitisch unausgegoren
(Pressemittteilung vom 22.9.2023)
In wenigen Tagen wird das Förderprogramm “Solarstrom für Elektroautos” starten, das aus dem Bundesverkehrsministerium stammt. Mit bis zu 10.200 € wird gefördert, wer sich eine Kombination aus E-Auto, PV-Anlage, Speicher und Wallbox zulegt. Die Anträge hierfür können ab dem 26. September bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gestellt werden.
Der Solarenergie Förderverein Deutschland e. V. (SFV) begrüßt das Signal zugunsten von solarer Elektromobilität, insbesondere durch das Verkehrsministerium, das bisher durch zähe Verteidigung der ineffizienten und klimaschädlichen Verbrennungsmotor-Technologie auffiel. Positiv zu bewerten ist der netzdienliche Ansatz durch bidirektionales Laden, der langfristig zur Stabilisierung der Netzkapazitäten beitragen kann. Wir hoffen, dass dies der Nutzung von E-Autos als Speicherreserve den nötigen politischen Rückenwind verleiht.
Dennoch müssen wir entschiedene Kritik im Detail üben:
- Zentrales Element des Förderprogramms ist, dass Photovoltaikanlage, Stromspeicher und Wallbox zusammen beschafft werden. Anlagenbetreiber:innen, die eine PV-Anlage bereits vor einigen Jahren installiert haben, gehen also leer aus – auch wenn die zusätzliche Anschaffung eines E-Autos mit Wallbox und Speicher geplant ist. Bedingung ist zudem, dass ein E-Auto bereits vorhanden oder zumindest verbindlich bestellt sein muss. Das Programm ist daher maßgeschneidert für wohlhabende Haushalte, die über ein Eigenheim verfügen und eine Investition stemmen können, die inklusive Fahrzeug mindestens bei 60.000 € liegt (eher weit darüber). Weniger wohlhabende Haushalte können hingegen für EE-Investitionen allenfalls auf einen KfW-Förderkredit mit aktuell 4,71% Verzinsung zurückgreifen.
- Durch die Beschränkung der Förderung auf Eigenheimbesitzer:innen werden Hausgemeinschaften aus der Förderung ausgeschlossen. Dadurch wird dieses Programm erst recht zu einem Beispiel für FDP-Klientelpolitik zugunsten von Reichen. Problematisch ist daran nicht nur die soziale Schieflage an sich, sondern der Eindruck, der erweckt bzw. gefestigt wird, Solarenergie sei nur etwas für Wohlhabende, während die Förderung in Höhe von einer halben Milliarde Euro von allen Steuerzahler:innen aufgebracht werden muss. Wir befürchten einen Imageschaden für die Solarenergie.
- Wer das Angebot nutzt, soll überschüssigen Solarstrom ins öffentliche Netz einspeisen können. Zu den Bedingungen gehört aber, dass der Solarstrom „vorrangig“ zum Laden des Elektroautos genutzt wird. Dies hat voraussehbar zwei unerwünschte Effekte. Erstens werden E-Auto-Besitzer:innen von der sparsamen Verwendung ihres Fahrzeugs abgehalten. Zweitens werden die so geförderten Anlagen so dimensioniert, dass der Verbrauch des Fahrzeugs die Anlagengröße limitiert (gefördert werden nur bis zu 10 kWp). Dächer, auf die größere Kapazitäten passen, bleiben so teilweise ungenutzt. Für den notwendigen PV-Ausbau ist dies ein falsches Signal.
- Dieses Förderprogramm unterstützt eine ineffiziente Struktur beim Aufbau von privaten Speicherkapazitäten. Quartierspeicher-Lösungen werden erschwert, wenn in jedem Keller ein im Hinblick auf Ressourcenverbrauch und Lademanagement ineffizienter Kleinspeicher eingebaut wird.
Im Falle des besonders geförderten bidirektionalen Ladens stellt sich außerdem die Frage, ob die Kombination des Fahrzeug-Akkus (von z.B. 64 kWh) mit einem Hausspeicher (mit „mindestens 5 kWh“ Kapazität) genug durchdacht wurde. Ökonomische und ökologische Einsparmöglichkeiten werden so verhindert. - Die Gelder des Bundesverkehrsministeriums würden beim Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur dringend gebraucht. Stattdessen werden sie in Schnellladesäulen mit mindestens 11 kW Ladeleistung gesteckt, die nur einem einzigen Haushalt dienen – wo es meistens auch kein Problem wäre, wenn der Ladevorgang mehrere Stunden in Anspruch nimmt. Dies ist ein weiterer Aspekt der Förderung von Luxus.
Titelfoto: anaterate (pixabay)