Die am 17. Juli 2024 vom Bundeskabinett beschlossene Wachstumsinitiative ist ein problematisches Instrument im Hinblick auf die Vordringlichkeit von Klimaschutz. Denn die angestrebte „wirtschaftliche Dynamik“ wird notwendig zu einer Steigerung des Ausstoßes von Treibhausgasen führen. Es wäre Aufgabe verantwortungsbewussten Regierungshandelns, die Sicherung des gesellschaftlichen Wohlergehens von dem Zwang zum wirtschaftlichen Wachstum abzukoppeln.

Doch ausgerechnet im Bereich der Erneuerbaren Energien, insbesondere der Photovoltaik, setzt die Initiative fatalerweise Bremsimpulse. Sie haben nicht nur erhebliche Unsicherheit ausgelöst. Sie können den Ausbau der Solarenergie auch deutlich bremsen.

Es geht insbesondere um folgende Ankündigung auf Seite 27 des Papiers: (Hervorhebung durch den SFV):

“Perspektivisch werden Erneuerbare Energien keine Förderung mehr erhalten, sobald der Strommarkt ausreichend flexibel ist und ausreichend Speicher zur Verfügung stehen.

Kurzfristig werden wir die Förderung bei negativen Preisen für Neuanlagen grundsätzlich bereits ab dem 1. Januar 2025 aussetzen (ausgenommen kleine Anlagen, da nicht administrierbar) und die Schwelle, ab der die Erneuerbaren Energien ihren Strom selbst vermarkten, beginnend ab dem 1. Januar 2025 in drei Jahresschritten auf 25 KW absenken. Parallel werden wir die Schwelle für die Steuerbarkeit von EE-Anlagen für Netzbetreiber weiter absenken. Dadurch kommen die Preissignale bei den Anlagenbetreibern an und werden insb. Stromüberschüsse in Zeiten negativer Preise vermieden, da keine feste Einspeisevergütung mehr gezahlt wird.”

Die Ausweitung des Förderstopps bei negativen Strompreisen auf weitere Anlagensegmente (außer kleinen Anlagen) ist problematisch. Bereits die aktuelle Regelung in § 51 EEG 2023, die Anlagen ab 400 kWp betrifft, führt zu erheblichen Investitionsunsicherheiten. Besonders Bürgerenergieprojekte leiden unter den steigenden Förderausfällen, was ihre Umsetzung erschwert. Angesichts der hohen Planungs- und Verwaltungskosten dürfen solche Investitionen nicht gefährdet werden, da dies die Kreditwürdigkeit der Projekte stark beeinträchtigt.

Die Formulierung, dass “kleine Anlagen” von dem Förderstopp bei negativen Strompreisen nicht betroffen wären, hat zu erheblichen Verunsicherungen geführt. Da bereits bei Anlagen ab 25 kWp die Einspeiseleistung auch ohne Einbau eines intelligenten Messsystems (Smart Meter Gateway) nach § 9 EEG 2023 jederzeit ferngesteuert viertelstündlich erfasst und geregelt werden kann, wird nun allgemein vermutet, dass das Ausnahmesegment “kleine Anlagen”  nur unterhalb dieser Grenze von 25 kWp gilt. Dies würde dem Ausbau der Photovoltaik - vor allem auf den bislang nur wenig erschlossenen Flächen auf Mehrparteienhäusern und Dächern von KMU - einen schweren Schlag versetzen. Der administrative Aufwand und die Wirtschaftlichkeit dieser Projekte stellt noch immer ein deutliches Investitionshindernis dar. Die Umsetzung von Mieterstromkonzepten, wie die der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung, die im Solarpaket 1 im Mai 2024 beschlossen wurden, steckt weiterhin in den Kinderschuhen. Dabei wäre die Vereinfachung der Teilhabe der Schlüssel zu mehr Akzeptanz bei der Energiewende. Wären Investor:innen von Solaranlagen auf Mehrparteienhäusern zukünftig nun auch noch von Nullvergütungen bei negativen Strompreisen wirtschaftlich betroffen, gäbe es immer wenige Gründe, diese aufwändigen Planungen auf den Weg zu bringen.

Gleiches gilt auch für Ankündigungen, zukünftig bereits Anlagen ab 25 kWp aus dem Förderregime der festen Einspeisevergütungen zu nehmen und in die verpflichtende Direktvermarktung zu bringen. Die Betreiber:innen dieser Kleinanlagen sind mit der Direktvermarktung überfordert. Die Anlagen werden in aller Regel als Eigenverbrauchsanlagen realisiert. Der Reststrom wird auf Grund schwer kalkulierbarer Einspeisemengen an der Strombörse nur schlecht bzw in aller Regel gar nicht direktvermarktet werden können. Für die Netzeinspeisung droht dann die sogenannte “unentgeltliche Wertabnahme”, welche die EEG-Förderung in diesem Anlagensegment gänzlich zum Erliegen bringen wird. 

Der Wechsel zu einem System von Investitionszuschüssen stellt ein riskantes Unterfangen für die Energiewende dar. Solche Zuschüsse bieten keine langfristige finanzielle Sicherheit und können das Marktwachstum bremsen, komplett anders als die sogenannte Wachstumsinitiative es offeriert. Im Gegensatz zur Einspeisevergütung schaffen sie weniger Anreize für nachhaltige Investitionen, was den Ausbau der Erneuerbaren Energien enorm gefährdet. Angesichts der Dringlichkeit, Klimaschutz voranzubringen, sind Investitionszuschüsse in der derzeitigen Situation das völlig falsche Marktsignal. 

Wir verkennen nicht die Probleme, die sich aus den zunehmenden Zeiten mit negativen Börsenstrompreisen ergeben. Diese Preise könnten eigentlich als mächtiger Markt-Impuls wirken, zu den entsprechenden Zeiten Strom zu speichern bzw. den Verbrauch auf diese Zeiten zu legen. Die Hindernisse, die dem entgegenstehen, sollten von der Bundesregierung analysiert und ausgeräumt werden. Die Besitzer:innen kleiner Dach-PV-Anlagen zu Stromvermarktern zu machen oder für ihr gemeinwohlförderndes Verhalten zu bestrafen, erscheint hier als das ungeeignetste Instrument. Die Einführung variabler, angebotsgeführter Strompreise für Endverbraucher kann hier viel mehr bewirken; ebenso die Beschleunigung des Ausbaus von netzdienlichen Speicherkapazitäten und der Verteilnetze.