11 Vorurteile gegen PV auf MFH
"Photovoltaik auf MFH ist viel zu kompliziert umzusetzen"
Technisch gesehen unterscheidet sich eine PV-Anlage auf einem Mehrfamilienhaus kaum von einer auf einem Einfamilienhaus. Der Mehraufwand ist hauptsächlich organisatorischer Natur: Wer investiert, und wie wird der Strom zwischen den Bewohner:innen verteilt? Eine unbürokratische Lösung bleibt die Installation einer Volleinspeiseanlage. Sollten sich die Eigentümer später für ein anderes Betriebsmodell entscheiden, kann jederzeit von Volleinspeisung auf eines der möglichen Mieterstrom-Betriebsmodelle gewechselt werden. Welches Modell vor Ort passt, sollte gut überlegt und vorbereitet sein. Der SFV stellt in diesem Solarbrief alle Betriebskonzepte vor und bietet gern eine Impulsberatung an.
"Nur Eigentümer:innen können PV auf MFH umsetzen. Wer
zur Miete wohnt, hat keine Möglichkeiten"
Auch wer zur Miete wohnt, kann sich an der Energiewende beteiligen. Eine Möglichkeit ist, die Eigentümer:innen davon zu überzeugen, eine PV-Anlage zu bauen. Auch Mieter:innen können dabei investieren oder den Betrieb der PV-Anlage vollständig übernehmen, sofern die Dachnutzung vertraglich vereinbart wurde. Des Weiteren sind auch Steckersolaranlagen eine einfache Möglichkeit, PV-Strom zu nutzen. Mit den neuen gesetzlichen Klarstellungen im Wohnungseigentumsgesetz und im Bürgerlichen Gesetzbuch ist die Installation zudem deutlich vereinfacht worden.
"PV auf MFH lohnt sich nicht, weil die Einspeisevergütung zu gering ist"
Für PV-Anlagen auf Mehrfamilienhäusern gelten die gleichen Einspeisevergütungen wie auf Einfamilienhäusern. Im Mai 2024 wurde die Vergütung für Anlagen ab 40 kWp, was viele Anlagen auf MFH übertreffen, sogar angehoben und wir setzen uns dafür ein, dass das auch so bleibt! Selbst in Volleinspeisung betriebene Solaranlagen amortisieren sich in der Regel innerhalb von zehn bis 15 Jahren. Kommt ein Eigenverbrauch vor Ort hinzu, kann die Amortisation sogar schneller gehen. Wenn sich viele Bewohner:innen im Mehrfamilienhaus beteiligen, kann eine hohe Eigenverbrauchsquote erreicht werden. Wir setzen uns dafür ein, dass das auch so bleibt. Zudem gibt es eine zusätzliche Mieterstromförderung, die für sehr große Projekte interessant sein kann und bei der Bundesnetzagentur beantragt werden muss. Aber auch Betriebskonzepte wie das Einzählermodell oder der klassische Mieterstrom (siehe Seite 24–26) können ohne diese Förderung wirtschaftlich umgesetzt werden – und so lassen sich einige bürokratische Hürden umgehen.
"Die Statik des Hauses wird durch eine PV-Anlage gefährdet"
Dies ist kein MFH-spezifisches Problem. Die Statik bzw. der Zustand des Daches muss bei jedem Gebäude vor der Installation einer PV-Anlage geprüft werden, auch bei Einfamilienhäusern. In der Regel sind die meisten Dächer jedoch statisch geeignet. Sofern das Dach die Anforderungen nicht erfüllt, sollte man sich ohnehin über die langfristige Tragfähigkeit und Haltbarkeit des Daches Gedanken machen und vielleicht eine Sanierung in Erwägung ziehen. In diesem Zuge lässt sich eine PV-Anlage sehr einfach installieren, da das Gerüst schon steht und die Dachhaken und die PV-Unterkonstruktion mit wenig Mehraufwand ergänzt werden können.
"Es gibt keine Förderung für PV-Anlagen auf MFH"
Das stimmt so nicht, denn auch für MFH-Projekte gibt es steuerliche Erleichterungen, die als Förderung zu verstehen sind. PV-Anlagen auf Wohngebäuden können aktuell (Stand Nov. 24) zum Nullsteuertarif bezogen werden – es entfallen also ganze 19 % bei der Investition. Zudem muss der geldwerte Vorteil bei der Einkommenssteuer nicht mehr angegeben werden – was nicht nur finanzielle, sondern auch bürokratische Erleichterungen schafft. Einige kommunale Förderprogramme bieten sogar extra Förderungen für die Installation von PV-Anlagen auf Mehrfamilienhäusern an. Größere Projekte benötigen häufig Dienstleistungsunternehmen zur Verwaltung und Abrechnung, welche durch die gesetzliche Mieterstromförderung nur teilweise kompensiert werden. Diese Zusatzkosten müssen bei der Abschätzung der Rentabilität im Blick behalten werden. Viele Projekte können sich durch die aktuell günstigen Preise, den Eigenverbrauch, die Einspeisevergütung und – je nach Betriebskonzept – mögliche Ersparnisse bei der Zählermiete bereits amortisieren.
"Der PV-Strom kann nicht auf Bewohner:innen umgelegt werden"
Doch, das geht! Es gibt bereits zahlreiche PV-Projekte auf Mehrfamilienhäusern, bei denen die Bewohner:innen vom günstigen Solarstrom profitieren können. Dabei findet eine Vielzahl an Betriebskonzepten Anwendung. Der günstige Solarstrom wird entweder exakt über die Stromrechnung, anteilig über die Strombezugskosten oder direkt über die Betriebskosten der Wohnung abgerechnet. Neben der Wahl des passenden Betriebskonzeptes ist es sehr wichtig, die übrigen Beteiligten mitzunehmen. Dazu sollten die Informationen zur Solarenergie, zur Beteiligung und zur transparenten Abrechnung überzeugend kommuniziert werden. Es ist daher hilfreich, sich frühzeitig mit den möglichen Betriebskonzepten zu beschäftigen, um die Bewohner:innen damit überzeugen zu können.
"Die Investitionssumme ist zu hoch und für die meisten nicht stemmbar"
Durch die gesetzliche Einspeisevergütung haben Sie kalkulierbare Einnahmen, die es Ihnen ermöglichen, in die Anlage auch kreditfinanziert zu investieren. Sowohl die KfW als auch andere Banken bieten dafür oftmals zinsgünstige Kredite an. Wer sich nicht selbst mit der Planung, Investition und dem Betrieb der PV-Anlage beschäftigen möchte, kann das Projekt an einen Dienstleister – einen sogenannten Contractor – abgeben. Hier gibt es unterschiedlichste Modelle, wie die PV-Anlage betrieben und der Strom an die Bewohner:innen geliefert werden kann, ohne dass diese selbst große Anfangsinvestitionen tätigen müssen. Dabei sollten die Kosten für diese Dienstleistungen jedoch im Blick gehalten werden. Einige Beispiele stellen wir Ihnen in diesem Heft vor.
"Unser Dach ist viel zu klein, das lohnt sich doch nicht"
Die Kosten für PV-Anlagen, insbesondere für PV-Module, sind in den letzten Jahren extrem gefallen. Jede Solaranlage lohnt sich – nicht nur aus finanziellen Gründen. Am besten fährt man, wenn die gesamte nutzbare Fläche für den Klimaschutz ausgeschöpft wird. Wichtig ist, die Verschattung durch Gauben, Antennen, Bäume etc. im Blick zu behalten und ggf. auf Garagendächer, den Garten oder die Fassade auszuweichen. Gut zu wissen: In einigen Bundesländern wurden sogar Abstandspflichten zur Nachbarbebauung reduziert und teilweise komplett gestrichen, sodass PV-Anlagen nun bis zur angrenzenden Bebauung geführt werden können. So können nun auch kleine, innerstädtische Dächer in Reihenbebauung genutzt werden. Lassen Sie sich also ein Angebot für eine PV-Anlage machen und vergleichen Sie selbst. Auch wenn ein Installationsbetrieb sagt, das Dach sei zu klein: Fragen Sie andere Fachbetriebe an. Manchmal winken Installationsbetriebe nur ab, weil ein zu kleines Dach weniger Marge für sie abwirft.