Der Ehrenvorsitzende des SFV, Wolf von Fabeck, fordert auf seiner Homepage, die „Verharmlosung des Klimawandels“ zu einer strafbaren Handlung zu machen. Er hat den SFV-Vorstand aufgefordert, einen Beschluss über diese Forderung herbeizuführen.

Der SFV-Vorstand versteht und teilt die Sorge und Ungeduld, die zu dieser Forderung führt. Im Kampf um die Begrenzung der Klimakatastrophe läuft uns die Zeit davon, und die Störfeuer aus der Klimawandel-Leugnerszene sind dazu angetan, die nötigen Schritte weiter auszubremsen. Wenn man, wie Wolf von Fabeck, seit bald 40 Jahren mit guten Argumenten für die Energiewende und für die Dämpfung der menschengemachten Erderwärmung gearbeitet hat, dann ist es schwer zu ertragen, immer wieder mitzuerleben, wie Scharlatane es schaffen, die öffentlichen Debatten mit ihren Fake News zu lähmen.

 

Dennoch lehnt der Vorstand den Vorschlag, eine Verharmlosung des Klimawandels zu verbieten, entschieden und einmütig ab.


 

 

Begründung

1.     In einer demokratischen Gesellschaft ist das Recht der freien Meinungsäußerung eines der kostbarsten Güter. Es umfasst auch das Recht, ärgerlichen Unsinn zu verbreiten.
Meinungsäußerungen zu verbieten, ist das Wesensmerkmal von Diktaturen.
In der Umwelt- und Klimaschutzbewegung war es auch nicht immer so wie heute, dass wir die einhellige Meinung der Wissenschaft hinter uns hatten. Die Anti-Atomkraft-Bewegung der 70er Jahre z.B. hatte vielmehr einen fast einhelligen Konsens der etablierten Wissenschaft gegen sich; es war elementar wichtig, dass sie diesen öffentlich anzweifeln konnte. Man darf ein solches Recht aber nicht nur für sich selbst reklamieren. Hier gilt der wichtige Satz Rosa Luxemburgs: „Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden.“

2.     In der politischen Auseinandersetzung ist die Wirkung der Strafrechts-Forderung kontraproduktiv. Dies hat sich schon gezeigt, als Wolf von Fabeck sie vor drei Jahren erstmals erhob. Die Leugnerszene fühlte sich dadurch geradezu beflügelt; man posaunte, jetzt gingen den „Klimahysterikern“ die Argumente aus, so dass sie nur noch nach dem Strafrecht rufen könnten.
Uns gehen aber keineswegs die Argumente aus, sondern es häufen sich immer mehr und immer dringlichere Argumente an. Die Leugnerszene ist laut und gut vernetzt, aber am Ende doch klein. Ihre pseudowissenschaftlichen Argumente à la „kalte Sonne“ sind so schlagend widerlegt, dass sie sich eigentlich mit jeder Wortmeldung erneut blamieren. Wenn ihnen zuweilen große Medien einen Resonanzraum bieten, haben wir es eher mit Defiziten der Medienlandschaft zu tun als mit Defiziten des Strafrechts.

3.     Würde man die „Verharmlosung des Klimawandels“ unter Strafe stellen, dann wären nicht nur die Leugner der anthropogenen Erderwärmung strafrechtlich zu verfolgen, denen man ja immerhin teilweise zugestehen muss, ideologisch verblendet zu sein. Viel schwerer würden ja dann die Fälle jener Regierungspolitiker wiegen, die seit 20 Jahren äußern, die Dramatik der drohenden Erderwärmung erkannt zu haben, den Menschen dann aber vorgaukeln, ihr allenfalls symbolisches Handeln in diesem Bereich sei ausreichend zur Bekämpfung des Problems.
Legte man einen strengeren Maßstab an, wäre unser aller Handeln ein „Verharmlosen des Klimawandels“ durch die Tat; denn selbst wir Klimaaktivist:innen machen in unserem täglichen Handeln zwangsläufig Kompromisse, die sich eigentlich nicht mit der Dramatik der Klimakrise vertragen.

4.     Das Strafrecht hat im Prinzip eine Reihe von Paragrafen, die man schon heute auf bestimmte Fälle der Leugnung anwenden kann. Ein Beispiel sind die Ermittlungsverfahren, die in den USA gegen den Erdöl-Konzern Exxon geführt werden. Der Konzern hatte seit den 70er Jahren eigene Forschung betrieben, die den anthropogenen Treibhauseffekt nachwies; nach außen aber genau diesen Zusammenhang geleugnet. Nun wird – völlig zurecht – wegen Betruges gegen den Konzern ermittelt. Es ist nicht auszuschließen, dass ähnliche Zusammenhänge sich auch im Hinblick auf deutsche Konzerne ergeben könnten, auch wenn die bisher bekannte Verknüpfung von z.B. RWE-Vertretern (wie Vahrenholt) und der Leugnerszene subtiler ist, als das Strafrecht erfordert.

5.     Auf der anderen Seite ließe sich tatsächlich über Weiterentwicklungen des Straf-, Zivil- und Völkerrechts im Hinblick auf die Verursachung der Klimakatastrophe diskutieren. Das aktive Zerstören des Klimas durch Ausbringen von Treibhausgasen ist nicht konsequent unter Strafe gestellt, obwohl es nachweislich Leben und Eigentum zahlloser Menschen bedroht und schädigt. Hier bestünde in der Tat ein großes aktuelles Feld für die Fortentwicklung des Strafrechts.
Es ginge dann nicht um eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, sondern um die Anwendung bestehender Strafrechtsnormen auf Fälle, in denen die Täter-Opfer-Relation komplex bzw. nur statistisch zu fassen ist. Von einer solchen Debatte lenkt die Forderung nach Bestrafung der Verharmlosung des Klimawandels eher ab.