Von der Solarparty zum Netzwerk für einen solaren Ausbau – Erfahrungen aus Lüneburg
Den Lüneburger Solarbotschafter:innen ist es gelungen, über Solarpartys ein lokales Netzwerk aus Bürger:innen, Handwerk und lokalem Netzbetreiber auf die Beine zu stellen. Mit ihren 34 Veranstaltungen und Solarpartys haben sie bereits 1.134 Gäste erreicht. Nun gründen sie eine neue SFV-Infostelle und berichten, wie die Kampagne »packsdrauf« den Anschub gab, vom Reden ins Handeln zu kommen.
Als mich ein guter Bekannter vor zwei Jahren plötzlich fragte, ob ich nicht auch als Solarbotschafter aktiv werden und ihn unterstützen wolle, musste ich nicht lange nachdenken: Das war doch die Kampagne »packsdrauf« – Dein Dach kann das auch, von der ich im Solarbrief gelesen hatte! Ich war wohl noch im Modus des Zauderns gewesen und erfuhr nun von ihm, dass er bereits an der Schulung des SFV teilgenommen und eine erste Solarparty erfolgreich absolviert hatte – mit viel entgegengebrachtem Interesse seitens der Anwesenden. Zum nächsten Termin nahm ich an der SFV-Fortbildung teil, hörte ihm bei seiner zweiten Solarparty zu und half beim Auf- und Abbau.
Nicht allein bleiben – Schritt für Schritt weiter vernetzen
Und schon war unser kleines Netzwerk auf zwei Personen angewachsen. Meine erste eigene Solarparty in einem anderen Stadtteil folgte in Kürze, bald fanden sich weitere Interessierte ein und wohnten meiner zweiten Solarparty bei.
Inzwischen sind wir sechs Solarbotschafter, haben 34 Veranstaltungen durchgeführt und knapp 1200 Interessierte erreicht. Unabhängige Beratung ohne wirtschaftliches Interesse, mit einer durch Begeisterung für die Sache erworbenen Kompetenz, so etwas kommt gut an. Untereinander tauschen wir uns über alle Belange aus, jeder hat seine individuellen Stärken und Erfahrungen, die wir gemeinschaftlich einbringen.
© Infostelle SFV Lüneburg | Abb 1 ― Erst die Teilnahme an der Schulung zum Solarbotschafter, dann die ersten Solarparties in Lüneburg •
Veranstaltungsformate organisatorisch und thematisch erweitern
Um ein längerfristiges Interesse aufrecht zu erhalten, haben wir das Konzept der Solarpartys mit der Zeit sowohl organisatorisch als auch inhaltlich vielfältiger gemacht:
Da sind etwa die Solarpartys „reloaded“, zu denen wir nur diejenigen einladen, die bereits an einer klassischen Solarparty teilgenommen haben und das Angebot eines Solarteurs vorliegen haben. Wir bieten im Wesentlichen nur den organisierten Rahmen, in dem sich die Gäste untereinander austauschen. Bewertungen geben wir nicht, da halten wir uns komplett heraus, wir weisen höchstens auf Klärungsbedarfe hin. Durch den Austausch untereinander dringen die zukünftigen Betreiber tiefer in die unterschiedlichen Angebote ein und lernen, eigene Fragen zur Vertiefung an den Installationsbetrieb zu richten.
Oder die speziellen Balkon-Solarpartys: Die richten wir eher praktisch aus, mit einem mitgebrachten Modul, Wechselrichter, verschiedenen Aluprofilen und Bauteilen zur Montage. Die Gäste können dann schon einmal die verschiedenen Komponenten in die Hand nehmen. Der Vortrag geht verstärkt auf die Befestigungsmöglichkeiten und die Verkabelung ein, illustriert aber auch durch spezielle Simulationen, was ein 800 W-Steckersolargerät im Einzelnen zu leisten vermag.
Schließlich unsere Veranstaltungen „solarer Aufbruch“ für Lüneburg: Hier laden wir die unterschiedlichsten Akteur:innen zu allen möglichen Belangen der Photovoltaik ein. Teilnehmer aus Verwaltung, Politik, Handwerk, des Netzbetreibers und der Wohnungswirtschaft kommen durch diverse Workshops in einen Dialog, um gemeinsam zu erkunden, welche Entwicklungspfade vor Ort eingeschlagen werden sollten und auf welchen man schon aufbauen kann. Zwei Folgeveranstaltungen führten zu einer immer größeren Vernetzung von Teilnehmern unterschiedlicher Fachrichtungen. Prägend für diese Veranstaltungen ist eine angenehme Atmosphäre, die getragen wird durch ehrenamtlichen Einsatz – auch die eingeladenen Referenten arbeiteten unentgeltlich. Die damit einhergehende Authentizität tut der Debatte gut und schafft Vertrauen.
Lokale Kooperationen bereichern unsere Formate: Ein gutes Beispiel ist eine gemeinsame Veranstaltung zu PVT-Modulen (PV-Module mit angeschlossenem Wärmetauscher auf der Unterseite), die wir zusammen mit dem ISFH Hameln und der Leuphana Universität Lüneburg organisiert haben. Vortrag und Diskussion widmeten sich der Frage, ob PVT-Module in Kombination mit einer Wärmepumpe das Herzstück einer künftigen Energieversorgung von Häusern bilden können. Für November 2024 planen wir unsere erste Wärmepumpenparty.
Frühzeitige Einbindung der Kommune
Ein wichtiger Akteur im geknüpften Netzwerk ist die Klimaschutzleitstelle der Hansestadt Lüneburg und des Landkreises. Von Anfang an gab es viele Gespräche untereinander. Die kostenlose Überlassung von Stadtteilhäusern und Begegnungsstätten für unsere Solarpartys führten zu gegenseitigem Vertrauen und Wertschätzung, was sich schließlich im Bekenntnis Lüneburgs zur »packsdrauf«-Kommune manifestierte (Mai 2024). Für unsere Arbeit ist es z.B. eine große Hilfe, wenn unsere Aktivitäten jetzt auch auf den Kanälen der Stadt angekündigt werden.
© SFV Infostelle Lüneburg | Abb 2 ― Von Solarparties zum Solaren Aufbruch Lüneburg mit Akteur:innen aus Verwaltung, Politik, Handwerk, Netzbetrieb und Wohnungswirtschaft •
Mögliche Erfolgsfaktoren
In der Rückschau erkennen wir einige Punkte, die uns bedeutsam erscheinen:
- Mit einer ersten kleinen Aktion vom Reden ins Handeln kommen: Die Solarparty in Nachbars Garten als „Keimzelle“ ist ein guter Weg!
- Nicht allein bleiben, sondern sich sofort Verstärkung durch Gleichgesonnene suchen
- Frühzeitige Einbeziehung der Lokalpresse
- Frühzeitige Einbeziehung der Kommune (z. B. im Rahmen ihrer Klimaschutzaktivitäten).
Hervorragender Anknüpfungspunkt hierfür ist die Anfrage nach kostenloser Nutzung von Stadtteilhäusern und Begegnungsstätten für die Solarpartys: Dadurch werden die Solarpartys aus ihrer privaten Nische herausgehoben und werden ein Stück weit Bestandteil des öffentlichen Lebens. Das macht es der Lokalzeitung noch attraktiver, darüber zu berichten. Gleichzeitiger Nebeneffekt für einen selbst: Es wird erheblich leichter, Gastgeber:innen für eine kurze Besichtigung der Solaranlage zu finden – denn diese brauchen das Haus nur für eine knappe halbe Stunde für Erläuterungen und Fragen zur Verfügung zu stellen:
- wenigstens einen kleinen eigenen Internetauftritt einrichten, z.B.: https://padlet.com/solarpartys/lueneburg
- In der Gruppe sollten gute „Netzwerker“ sein, die ständig Kontakte in viele Richtungen knüpfen und die Termine im Blick haben
- Weiterentwicklung durch neue Veranstaltungsformate
- Weiterentwicklung durch eigene thematische Vertiefungen (z.B. durch eigene Messungen oder Animationen), dadurch Kompetenz und Authentizität zeigen.
Fazit:
Die Kampagne »packsdrauf« ist klug ausgedacht und bietet Ehrenamtlichen einen guten Weg, ins konkrete Handeln zu kommen!
Abb 3 ― Gründungsveranstaltung der SFV Infostelle Lüneburg
SFV Infostelle Lüneburg
Karsten Riggert
Als Lehrer baute Karsten Riggert schon von 1997 an mit Jugendlichen PV-Anlagen auf dem Dach seines Gymnasiums. In 8 Jahren AG-Arbeit entstand insgesamt eine 12 kWp-Anlage in völligem Selbstbau, die noch heute läuft. Auch auf der Partnerschule in Tansania wurde eine 5 kWp-Anlage gebaut.