Liebe Leserinnen und Leser,
In diesem Solarbrief widmen wir uns dem lange angekündigten Thema „Das Recht des Klimas“. Für manche von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, mag Klimarecht zunächst als eine trockene und undurchsichtige Materie erscheinen. Jura – das ist kein Alltagsthema für diejenigen, die täglich im Kleinen und Großen klimafreundliche Solarenergie produzieren und damit einen wichtigen Beitrag zum Schutz unserer Lebensgrundlagen leisten. Dennoch möchte ich Sie ermutigen: Werfen Sie einen Blick auf die folgenden Seiten! Diese Ausgabe enthält spannende, kontroverse und inspirierende Analysen, Meinungen und Interviews, die auch Sie fesseln könnten.
Warum dieses Thema? Im letzten Herbst beschlossen die Mitglieder unseres Vereins, gemeinsam mit dem BUND eine weitere Klimaklage auf den Weg zu bringen. Allen war klar, dass sie in Anbetracht der weiterhin verfehlten Klimapolitik eine zwingende und logische Entscheidung darstellt. Unsere erste erfolgreiche Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, die 2021 entschieden wurde, sorgte auch auf internationalem Parkett für viel Wirbel, da die Bundesrepublik Deutschland erstmals in der Rechtsgeschichte verpflichtet wurde, ihren verfassungsrechtlichen Pflichten zum Klimaschutz nachzukommen. Wenn Sie über diese Klage und unsere intensive Vorarbeit mehr erfahren möchten, empfehle ich die Beiträge auf Seite 12 und Seite 22.
Das Bundesverfassungsgericht formulierte 2021 fünf Leitsätze, von denen der im folgenden zitierte besonders unter die Räder der Ampelregierung geriet: „Der Gesetzgeber muss die erforderlichen Regelungen zur Größe der für bestimmte Zeiträume insgesamt zugelassenen Emissionsmengen selbst treffen.“ Sie ahnen es, der Interpretationsspielraum war enorm. Die Ampelregierung entschied kurzerhand, sich einen größeren Teil des globalen Emissionsbudgets zuzugestehen, als ihr fairerweise, pro Kopf gerechnet, zustand. So wurden Maßnahmen und Zeitpläne in Gesetze gegossen, die angesichts der Dringlichkeit der 1,5-Grad-Grenze nahezu lächerlich wirken. Auch das ohnehin schon schlechte Klimaschutzgesetz wurde weiter verwässert. Heute stehen wir vor der Realität, dass Deutschland sein faires Treibhausgas-Budget bereits aufgebraucht hat – ein Desaster sondergleichen!
Viele mögen einwenden, dass die politischen Ziele der Ampel-Parteien ohnehin nicht geeignet waren, wissenschaftlich fundierten Klimaschutz voranzutreiben. Aber auch diese Parteien müssen sich ihrer verfassungsmäßigen Verantwortung bewusst sein: dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Denn alle Menschen aller Generationen – sei es Generation Z, Alpha, Beta oder wir, unsere Eltern und Großeltern – haben ein Recht auf Freiheit, Gesundheit und persönliche Entfaltung. Es geht längst nicht mehr nur um Vorsorge, sondern um die heutige brutale Realität der Erderhitzung. Die Herausforderungen – besonders im Gesundheitsbereich – sind enorm, wie in einem Beitrag im Solarbrief auf Seite 32 zu erfahren ist.
Wir als Verein haben in den letzten Jahren keinesfalls nur zugesehen. Mit Unterstützung unserer Mitglieder haben wir das Mögliche unternommen, um Investitionen vor Ort anzustoßen, die Presse zu mobilisieren und zahlreiche Stellungnahmen sowie Proteste in Richtung Politik zu senden. Mit enormem persönlichen Einsatz haben sich Mitglieder unseres Vereins u.a. an Protesten der Letzten Generation beteiligt. Lesen Sie dazu das Interview auf S. 40.
Doch die entscheidende Frage bleibt: Wurde die Klimakrise dadurch wirklich ins Zentrum der – auch persönlichen – Entscheidungen gerückt? Oder hat sich die Gesellschaft von ihr abgewandt? Und was nützen Gerichtsurteile, wenn sie nicht umgesetzt werden? Aber es geht noch schlimmer. Haben Sie gewusst, dass weltweit klimafeindliche Urteile von privaten Schiedsgerichten die Macht der monopolistischen Umweltsünder stärken? Auch das ist eine Seite der globalen Rechtsprechung, über die wir auf S. 42 berichten.
Wir wenden uns mit unserer Klage an die Bundesregierung. Uns ist klar – ein weiteres Klimaurteil wird wieder keine unmittelbare Durchsetzungskraft entfalten können. Aber es kann den Druck auf die Politik erhöhen und die öffentliche Meinung beeinflussen. Zur nächsten Bundestagswahl kündigt sich schon jetzt an, dass der Rechtsaußen mit seiner Klimaleugnung mehr Stimmen bekommen wird. Am Ende liegt es an uns, mit dem Rüstzeug der Gerichtsentscheidungen dafür zu sorgen, dass Klimaschutz in Deutschland nicht nur in der Verfassung und den Forderungskatalogen, sondern auch in der politischen Realität ankommt.