Stromeinspeisungsgesetz - Verbesserungsbedürftig
von Dr. Christiane Bönning
Christiane Bönning wurde 1971 geboren , studierte Rechtswissenschaft in Köln und beschäftigte sich während der Promotion mit den Themen: Umweltrecht, Genehmigungsverfahren, Beteiligungsrechte von Bürgern und Naturschutzverbänden. Derzeit ist Frau Bönning als Rechtsanwältin in Aachen tätig und beschäftigt sich u.a. mit dem Verwaltungs- und Umweltrecht. Zu diesen Fachgebieten gab es einige Veröffentlichungen in der Allgemein- und Fachliteratur. Frau Bönning war zudem in der 2.Hälfte der Legislaturperiode 1994-1999 sachkundige Bürgerin im Umweltausschuß und umweltpolitische Sprecherin der CDU. |
1. Einleitung
Das Stromeinspeisungsgesetz wurde erlassen, um Fragen zur Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz zu regeln. Nicht alle Fragen, die in diesem Zusammenhang entstehen und von Bedeutung sind, sind geklärt. Unklarheiten bedeuten in diesem Zusammenhang Kosten und Zeitverlust. Beides sollte vermieden werden, wenn man erneuerbare Energien fördern will.
2. Zweck des Stromeinspeisungsgesetzes
Genau diese Förderung war der vom Gesetzgeber erklärte Zweck des Gesetzes. Aus Gründen der Ressourcenschonung und des Klimaschutzes sollte der Anteil der erneuerbaren Energien an der Energieversorgung erhöht werden. Die Wirtschaftlichkeit der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien sollte mit Hilfe des Gesetzes erhöht werden. Die Energiewirtschaft ist der Umweltschonung verpflichtet. So ist auch Zweck des Energiewirtschaftsgesetzes "...eine möglichst sichere, preisgünstige und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung mit Elektrizität und Gas..." Hierbei hat der Gesetzgeber den Begriff der Umweltverträglich-keit durch das Gesetz in § 2 Abs. 4 EnWG definiert und der Nutzung erneuerbarer Energien eine besondere Bedeutung beigemessen.
3. Änderungsbedarf
Sicherlich stellt das Gesetz einen guten Anfang zur Förderung erneuerbarer Energien dar. Es kann bei weitem nicht als perfekt bezeichnet werden. Änderungsbedarf besteht hinsichtlich verschiedener Fragen. Europarechtliche Vorgaben wurden unzureichend umgesetzt, sodaß bereits hinsichtlich einer Konformität mit dem europäischen Recht das Gesetz geändert werden muß.
Auf der einen Seite beklagen Energieversorgungsunternehmen die große finanzielle Belastung durch das Energiewirtschaftsgesetz bei gleichzeitigem Druck aufgrund des eingeführten freien Wettbewerbs. Auf der anderen Seite wird aufgrund des Gesetzes die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz auch nicht derart finanziell unterstützt, daß den erneuerbaren Energien der Durchbruch geglückt wäre.
4. Fehlende Rechtssicherheit
Änderungsbedarf besteht auch, weil das Stromeinspeisungsgesetz viele Fragen offen läßt. Allein aus einem Zusammenspiel mit der (wenigen) Rechtsprechung lassen sich einige Aussagen treffen. Hierbei stößt man leider auch auf das nächste Problem. Die Vergütung von erneuerbarer Energie mag zwar im Gespräch der Befürworter und Gegner sein, das juristische Material ist aber dürftig. In der allgemeinen juristischen Literatur verirrt sich eine Stellungnahme zu Fragen in diesem Kontext äußerst selten. Der dreibändige Kommentar von Ludwig/Odenthal kommentiert das Stromeinspeisungsgesetz noch im Zusammenhang mit den §§ 26 und 103 GWB und ist in diesem Bereich auf dem Stand von 1994. Der "Klassiker" für das Energierecht, das Loseblattwerk von Obernolte und Danner mit zwei Bänden und siebenhundertsechzig Seiten, kommentiert zwar das Stromeinspeisungsgesetz, allerdings auf ganzen drei Seiten. Diese Rechtsunsicherheit in einigen Fragen, die im folgenden aufgeführt werden, führt dazu, daß dem willigen Einspeiser von Strom aus erneuerbaren Energien die Planungssicherheit fehlt. Insbesondere die Verteilung bestimmter Kosten wird nicht durch das Stromeinspeisungsgesetz geregelt.
In den folgenden Zeilen möchte ich zunächst aufzeigen, welche Punkte das Gesetz - zumindest mit Hilfe der Rechtsprechung - geregelt hat. Dann möchte ich die kritischen Punkte ansprechen und letztendlich mit einer Aufforderung an den Gesetzgeber schließen.
5. Vergütungsverpflichtete und -berechtigte
Nicht änderungsbedürftig und, soweit ersichtlich ohne Klärungsbedarf, ist die Frage, wer Vergütungsverpflichteter und wer Vergütungsberechtigter ist.
5.1. Vergütungsberechtigter
Eine Vergütung nach dem Einspeisungsgesetz kann grundsätzlich derjenige verlangen, der ausschließlich aus Wasserkraft, Windkraft, Sonnenenergie, Deponiegas, Klärgas oder aus Biomasse im Geltungsbereich dieses Gesetzes Strom gewinnt. Hierbei nimmt jedoch das Gesetz Strom aus Wasserkraftwerken, Deponiegas- oder Klärgasanlagen oder aus Anlagen, in denen der Strom aus Biomasse gewonnen wird, mit einer installierten Generatorleistung über 5 Megawatt aus. Ebenfalls kann keine Vergütung nach dem Stromeinspeisungsgesetz für Strom aus Anlagen, die zu über 25 % der Bundesrepublik Deutschland, einem Bundesland, öffentlichen Elektrizitätsunternehmen oder Unternehmen gehören, die mit ihnen im Sinne des § 5 Aktiengesetz verbunden sind, verlangt werden. Hierbei kennt das Gesetz wieder eine Gegenausnahme für Anlagen, aus denen nicht in ein Versorgungsgebiet dieses Unternehmens eingespeist werden kann. In einem solchen Fall kann dann doch wieder eine Vergütung beansprucht werden.
5.2. Vergütungsverpflichteter
Die Vergütungspflicht trifft nur Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die ein Netz für die allgemeine Versorgung betreiben. Dies regelt § 2 Satz 1 Stromeinspeisungsgesetz. Satz 2 regelt dann, welches öffentliche Elektrizitätsversorgungsunternehmen im jeweiligen Fall zur Zahlung verpflichtet ist. Wird der Strom aus erneuerbaren Energien in einem Versorgungsgebiet eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens erzeugt, so ist dieses Elektrizitätsversorgungsunternehmen zur Vergütung verpflichtet. Befindet sich die Erzeugungsanlage nicht im Versorgungsgebiet eines Netzbetreibers, so trifft die Verpflichtung das Unternehmen, zu dessen für die Einspeisung geeignetem Netz die kürzeste Entfernung vom Standort der Anlage besteht.
StromeinspeisungsgesetzVerständlich ist auch die Regelung des § 2 Stromeinspeisungsgesetz. Dieser normiert eine Abnahmepflicht des Elektrizitätsversorgungsunternehmens für Strom aus erneuerbaren Energien. Diese Abnahmepflicht hat nicht zur Folge, daß der Betreiber qua Gesetz eine Einspeisevergütung erhalten kann. Nach der in der Literatur und der Rechtsprechung einheitlichen Meinung bedeutet die Abnahmepflicht nur, daß das Elektrizitätsversorgungsunternehmen einen Vertrag mit dem Erzeuger erneuerbarer Energien schließen muß (Kontrahie-rungszwang). Das heißt, daß die Stromeinspeisevergütung aufgrund eines Vertragsverhältnisses gezahlt wird. Kontrahierungszwang bedeutet dabei, daß das Elektrizitätsversorgungsuntemehmen nicht darüber entscheiden kann, ob ein Vertrag geschlossen wird.
Durch diesen Kontrahierungszwang ist jedoch noch nichts darüber gesagt, unter welchen Bedingungen dieser Stromabnahmevertrag geschlossen werden muß. Gerade diese "Nebenbedingungen" können dem Stromerzeuger aus erneuerbaren Energien das Leben schwer machen. So spielen in diesem Zusammenhang Kosten eine überaus wichtige Rolle. Jede Überwälzung von zusätzlichen Kosten auf den Stromerzeuger bedeutet dabei, daß die Verwirklichung des Zwecks des Stromeinspeisungsgesetzes (Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien) erschwert wird. Anschluß- und Netzverstärkungskosten können eine große Rolle spielen. Diese Kosten hängen zum Teil davon ab, an welchem Punkt der Erzeuger aus erneuerbaren Energien den Strom einzuspeisen hat. In diesem Zusammenhang ist vieles weder von der Literatur noch von der Rechtsprechung geklärt. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahre 1993 dürfte geklärt sein, daß es sich bei diesem Stromabnahmevertrag im Kern um einen Kaufvertrag handelt. Das Gericht ist damit davon ausgegangen, daß das Elektrizitätsversorgungsuntemehmen den Strom aus erneuerbaren Energien dem Erzeuger abkauft. Damit richten sich die rechtlichen Bedingungen des Vertrages grundsätzlich nach den gleichen Vorschriften, wie z. B. der Kauf von Brötchen beim Bäcker. Man kann damit davon ausgehen, daß grundsätzlich die Vorschriften der §§ 433 ff. BGB (Regeln des Kaufvertrages) regeln, welche Kosten der Käufer und welche Kosten der Verkäufer zu tragen hat und wie die Verpflichtungen des Käufers und des Verkäufers auszusehen haben. Mit dieser Grundaussage des Bundesgerichtshofes, die rechtlich überzeugend ist, ist aber nicht zugleich ausgesagt, daß jegliche kaufvertragliche Regelung auf einen Stromabnahmevertrag Anwendung findet. Die Besonderheit des hier vorliegenden Vertrages kann ein Abweichen von den gesetzlichen Regelungen der § 433 ff. BGB notwendig machen. So kann grundsätzlich der Käufer einer Sache entscheiden, ob er die Sache kaufen möchte. Von dieser Regelung macht § 2 Stromeinspeisungsgesetz mit seiner Abnahmepflicht ausdrücklich eine Abweichung.
8. Anschlußkosten
Mit dem Problemkreis, wer die Anschlußkosten zu tragen hat, kommen wir langsam in den Bereich, den das Stromeinspeisungsgesetz nicht regelt. Im Zusammenhang mit den Anschlußkosten ist jedoch bereits eine höchstrichterliche Entscheidung ergangen, sodaß bei Kenntnis dieser Entscheidung ein Regelungsbedarf nicht mehr besteht. In der bereits oben angesprochenen Entscheidung des Bundesgerichtshofes ging es auch um die Frage, wer Anschlußkosten für eine Windenergieanlage an das öffentliche Netz zu tragen hat. Hierbei machte das Elektrizitätsversorgungsunternehmen den Abschluß des Stromlieferungsvertrages davon abhän-gig, daß der Kläger (der Erzeuger aus erneuerbaren Energien) Anschlußkosten in Höhe von 47.750,00 DM zzgl. Mehrwertsteuer übernimmt. Das Gericht hat dann entschieden, daß der Verkäufer die Kosten der Übergabe einer verkauften Sache an den Verkäufer zu tragen hat. Der Verkäufer muß deshalb grundsätzlich die Kosten des Transports der verkauften Sache bis zum Erfüllungsort tragen (§ 448 BGB). Das Energiewirtschaftsrecht macht von diesem Grundsatz keine Ausnahme, sodaß auch hier die Kosten des Anschlusses vom Verkäufer, also vom Lieferanten von Strom, getragen werden müssen.
9. Abnahmekosten
Weiter können noch Kosten entstehen, wenn der Strom abgenommen wird. Es ist hierbei zum Beispiel an Netzverstärkungskosten zu denken. Wer diese Kosten zu tragen hat, kann augenblicklich noch nicht sicher gesagt werden. Gerade diese Abnahmekosten sind bislang ungeklärt. Eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Frage existiert nicht. Der Bundesgerichtshof hatte in der gerade angesprochenen Entscheidung über solche Kosten nicht zu entscheiden, hat aber diese Kosten ebenfalls angesprochen. So hat das Gericht ausgeführt, anders als bei den Anschlußkosten sei die Kostentragungspflicht bei den Kosten der Abnahme zu bewerten. Diese gehen zur Last des Käufers. Hier sollte jedoch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf aus dem Jahre 1992 nicht außer Acht gelassen werden, die die Kosten für den Anschluß der Anlage an das öffentliche Netz dem Stromerzeuger übertrug. Die Tragfähigkeit der Entscheidungsgründe und die Gültigkeit der Entscheidung für den heutigen Zeitpunkt mag offenbleiben.
10. Erfüllungsort
Wie die Abnahmekosten sollte auch der Erfüllungsort bei einer Gesetzesänderung berücksichtigt werden. Dieser spielt eine besondere Rolle, wenn der Verkäufer die Kosten des Transportes bis zum Erfüllungsort und danach nicht mehr zu tragen hat. Bei der Bestimmung des Erfüllungsortes sind nach allgemeinen kaufrechtlichen Überlegungen die Umstände des Einzelfalles entscheidend. Käufer und Verkäufer können sich auf einen Ort einigen. Sollte eine Einigung nicht möglich sein, so kann es nur der Ort sein, an dem der Käufer zur Aufnahme des Stroms in der Lage ist. Im Regelfall mag das derjenige Ort sein, an dem die Einspeisung in das öffentliche Netz erfolgt. Dies muß jedoch nach der bisherigen Rechtsprechung nicht stets der Fall sein. Der Ort muß unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten für einen solchen Anschluß geeignet sein. Im Hinblick auf die Verwirklichung des Gesetzeszweckes darf dieser Ort nicht so willkürlich gewählt werden, daß dies dazu führt, daß möglichst hohe Kosten für den Energieerzeuger entstehen. Werden Kosten verursacht, muß es dafür einen zwingenden Grund geben.
11. Schlußbemerkung
Ich hoffe, das Einspeisungsgesetz ist Ihnen verständlicher geworden. Zumindest dürfte nun klar sein, auf welche Situation Sie sich mit Sicherheit einstellen müssen und welche Punkte unsicher sind. Begrüßenswert wäre, wenn bei einer Änderung des Stromeinspeisungsgesetzes der Vertragstyp bestimmt würde und entweder auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zum Kaufrecht verwiesen würde oder sogar die einzelnen Punkte entsprechend des Zweckes des Stromeinspeisungsgesetzes geregelt würden. Über Anregung und Kritik freue ich mich.