SFV - Stellungnahme zum 100.000 Dächer-Programm

Wenn es darum gegangen wäre, schnell und unbürokratisch einige Millionen Mark zur Ermutigung von Solar-Idealisten locker zu machen, dann würde der neuen Bundesregierung das höchste Lob gebühren! Noch nie ist jemals ein Förderprogramm für Photovoltaik so rasch aufgelegt und in die Tat umgesetzt worden wie das 100.000 Dächer-Programm, noch nie hat weltweit ein Förderprogramm einen so großen Umfang besessen, erstmals wurde das elende Stop- and Go der bisherigen Förderprogramme vermieden, und endlich wird nicht nur das Errichten von Solaranlagen bezuschußt, sondern die Betreiber müssen nachweisen, daß ihre Anlagen dann auch 10 Jahre lang Strom liefern. Es besteht also ein gewaltiger Unterschied, ein Quantitäts- und ein Qualitätssprung gegenüber allen bisherigen Förderprogrammen!

Wenn der Solarenergie-Förderverein dennoch nicht in das erwartete Lob einstimmt, dann müssen schon gewichtige Gründe vorliegen, und diese Gründe dürfen nicht verschwiegen werden:

Die Folgen der fossil verursachten Klimakatastrophe werden weltweit fühlbar, der Ausstieg aus der Atomenergie wird im Regierungslager diskutiert. Das 100.000 Dächer-Programm jedoch kann, selbst wenn es erfolgreich wäre, nur etwa 4 % der Strommenge liefern, die ein einziger der stillzulegenden Atomkraftwerksblöcke erzeugt. Dieser Vergleich spricht nicht gegen die Solarenergie, sondern gegen die Tauglichkeit des 100.000 Dächer-Programms. Den Regierenden scheint die Dimension der vor ihnen stehenden Aufgabe entweder noch nicht bewußt, oder sie nehmen sie nicht ernsthaft in Angriff. Jedenfalls erwecken sie den Eindruck, als wollten sie fröhlich zu Fuß mit Turnschuhen und Bluejeans zu einer Nordpolexpedition aufbrechen. Wer sich so verhält, darf sich nicht wundern, wenn seine Atomausstiegs- und CO2-Minderungspläne in der Öffentlichkeit nicht mehr ernst genommen werden und er die Unterstützung seiner bisherigen Anhänger verliert.

Deshalb ein dringender Appell an die Bundesregierung: Vor uns liegt die größte technisch wirtschaftliche Herausforderung der Menschheitsgeschichte, der Umstieg auf die Erneuerbaren Energien! Pioniere und Idealisten haben uns den Weg gezeigt; der Weg ist begehbar. Doch den Pionieren und Idealisten geht irgendwann der Atem aus. Jetzt muß die Wirtschaft für den Ausbau der Erneuerbaren Energien interessiert werden, jetzt wird Kapital gebraucht!

In der harten Welt wirtschaftlicher Fakten fließt Kapital allerdings nur dorthin, wo Renditen winken, die dem jeweiligen Risiko angemessen sind. Zwar ist das Risiko beim Bau und Betrieb einer PV-Anlage relativ klein, aber es ist doch höher als das Risiko einer Bankeinlage. Deshalb ist der Anreiz einer zumindest kostendeckenden Vergütung für Strom aus Solaranlagen unverzichtbar. Diese Lösung des dargestellten Problems ist längst ausgearbeitet und in vielen Städten erfolgreich erprobt. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Feststellung, daß die Wettbewerbskommission der Europäischen Gemeinschaft keine Einwände gegen eine Erhöhung der Einspeisevergütungen für Solarstrom hat. Siehe dazu Solarbrief 1/99, Seite 4.

Wann also wird die Bundesregierung die kostendeckende Vergütung einführen?!

 

Fachverbände zum neuen Programm

Pressemitteilung vom 16.12.98

Der Deutsche Fachverband Solarenergie, die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie und der Deutsche Naturschutzring begrüßen die geplante stärkere Förderung der Solarenergie durch die Bundesregierung. Die Verbände loben die schnelle Umsetzung der Koalitionsvereinbarung, weisen aber darauf hin, daß eine reine Kreditförderung nicht ausreicht, um die nötige Nachfrage zu erzeugen.

 

Shell kritisiert 100.000-Dächer-Programm

Fritz Varenholt von Shell-Renewable äußert sich in einem Interview mit dem Rheinischen Merkur im Januar kritisch zum Solarprogramm der Bundesregierung:

„Ohne Anschubförderung hat die Photovoltaik (...) keine Entwicklungschance. Das war bei der Kernenergie übrigens genauso. Um so mehr hätte ich mir ein Programm gewünscht, das die Nachfrage nach Photovoltaik-Anlagen stimuliert. Denn nur dann wird Solarstrom billiger werden. Was die Bundesregierung jetzt macht, ist nichts anderes, als ein zinsfreies Kreditprogramm. Und das reicht nicht (...).