Mehr Sonne in Landshut setzt neue Maßstäbe!

Im Solarbrief 3/98 auf Seite 11 berichteten wir ausführlich über das sensationelle Regensburger Urteil, den Bürgerentscheid zur Einführung der kV rechtsverbindlich anzuerkennen. Hier nun der aktuelle Stand der Dinge zum Rückenwind für die kostendeckende Vergütung ...
Von Rolf Fahle

Mit Urteil vom 16. 12. 1998 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (AZ: 4 ZB 98.2415 RN 3K 97.1905) den Antrag der Stadt Landshut auf Zulassung der Berufung abgewiesen. Damit wird das sensationelle Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 15. 07. 1998 rechtskräftig (siehe Solarbrief 3/98, S.11). Wirtschaftsministerium, Preisaufsicht, Kartellbehörde und die Stromwirtschaft haben eine herbe Niederlage erlitten.

Jede Kommune kann nun selbständig die Einführung der kostendeckenden Vergütung für die Energieumwandlung aus Erneuerbaren Energieträgern beschließen, dabei die Höhe der Umlage selbst festlegen und auch alle Sondertarifkunden heranziehen.

Mit dem nun vorliegenden Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hat die Stadt Landshut alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft, den Bürgerentscheid zu verhindern.

Die Auseinandersetzung um das Bürgerbegehren „Mehr Sonne in Landshut" ist von hoher symbolischer und grundsätzlicher Bedeutung. Die symbolische Bedeutung liegt nicht nur in den beiden Atomkraftwerken vor den Toren der Stadt Landshut und darin, daß der Leiter der Stadtwerke zugleich als Vorsitzender der VBEW agiert. Der Oberbürgermeister der Stadt ist auch gleichzeitig Vorsitzender des Bayerischen Städtetages, einem erklärten Gegner des demokratischen Rechtsinstituts Bürgerbegehren/Bürgerentscheid.

Die symbolische und grundsätzliche Bedeutung der gerichtlichen Auseinandersetzung liegt in dem Prozeßbeitritt zugunsten der Stadt durch die Landesanwaltschaft Bayern, durch die Preisaufsichtsbehörde und durch die Kartellbehörde des Bayerischen Wirtschaftsministeriums sowie in der Rechtsberatung der Stadt durch die WIBERA, einem bundesweit agierenden Unternehmen mit angeblich hohem Rechts- und Sachverstand. Die grundsätzliche Bedeutung liegt darin, daß „Mehr Sonne in Landshut" eine Strompreiserhöhung zugunsten der kostendeckenden Vergütung bis zu einer Höhe von 1,57 Pfg/kWh durchsetzen und alle Stromkunden, also auch die Stromkunden mit Sondervertrag, belasten kann.

Zusätzlich zu den eindeutigen Klarstellungen durch das Verwaltungsgericht Regensburg hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluß vom 16. 12. 1998 noch einige bemerkenswerte und bedeutsame Dinge ausgeführt:


1. Zur Umlagehöhe:
„Zwischen den Parteien umstritten ist die Höhe, bis zu der ein wegen Zahlung kostendeckender Vergütung für Solarstrom angehobener Strompreis von der Preisaufsichtsbehörde genehmigt werden kann und muß. Nach §11 Abs.1 Satz 3 BTOElt sind im Rahmen der Tarifgenehmigung nach § 12 BTOElt für die in das öffentliche Netz eingespeiste Elektrizität aus erneuerbaren Energien Vergütungen in Höhe der bei dem EVU auch langfristig eingesparten Kosten anzuerkennen. Nach Satz 4 der Vorschrift sind darüber hinausgehende vertragliche Vereinbarungen ebenfalls anzuerkennen. Eine Obergrenze einer Tariferhöhung wegen Zukauf von Solarstrom läßt sich daraus nicht entnehmen.“ (...) „In den erwähnten Grundsätzen des Wirtschaftsministeriums heißt es, die Preisaufsicht sei bereit, eine für erhöhte Einspeisevergütungen zweckgebundene Stromtarifanhebung bis zu 0,15 Pfg/kWh zu genehmigen. Es kann nicht festgestellt werden, daß diese Höchstgrenze sich auf Gesetzesvorschriften beziehen kann. Ob sie im Streitfall dem Genehmigungsanspruch eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens für seine Tarife entgegengehalten werden könnte, mag bezweifelt werden.“

2. Zur Belastung aller Stromkunden:
„Zweckentsprechendes Verständnis geht dahin, daß auch bei Sondervertragskunden der erhöhte Strompreis durchgesetzt werden soll, allerdings nur soweit dies rechtlich zulässig ist, z.B. im Fall der Verlängerung oder des Neuabschlusses von Stromlieferungsverträgen. Daß darin ein Mißbrauch der marktbeherrschenden Stellung der Stadtwerke liege (...) kann nicht festgestellt werden. (...) Des weiteren ist rechtlich ungeklärt, ob die Kartellbehörde die Weitergabe der Einkaufskosten für Solarstrom durch die Stadtwerke der Beklagten als einen Mißbrauch der Marktstellung ansehen wird. Denn die Strompreiserhöhung per Vertrag erfolgt nicht zum Zwecke einer ungerechtfertigten Gewinnerhöhung, sondern zur Abdeckung tatsächlich entstandener Stromeinkaufskosten im Rahmen einer umweltpolitisch zu rechtfertigenden Stromerzeugung.