Datum: 08.01.2003

Keine Hoffnung auf die Quote


Bei der Diskussion um Markteinführungsprogramme wird bisweilen die Interessenlage der Akteure außer Acht gelassen

Von Wolf von Fabeck
Geschäftsführer im Solarenergie-Förderverein Deutschland

Eigentlich wäre es doch eine ideale Lösung: Das Parlament setzt eine jährliche Steigerungs-Quote für die erneuerbaren Energien fest und nimmt die Elektrizitätswirtschaft in die Verantwortung. Die Elektrizitätswirtschaft beginnt endlich mit dem forcierten Bau eigener Anlagen und zahlt den Einspeisern von Solarstrom, Windstrom und Biomassestrom die gleiche Vergütung, die sie auch für ihre eigenen Anlagen benötigt.

Wer mir bis hierher gefolgt ist, könnte einwenden, dass die Elektrizitätswirtschaft - wenn sie wirklich interessiert wäre am Ausbau der erneuerbaren Energien - auch ohne Quotenregelung bereits seit langem eine Solaranlage nach der anderen, ein Windrad nach dem anderen und einen Biomasse-Reaktor nach dem anderen errichtet hätte. Aber sie ist eben nicht an dieser Technik interessiert und genau das ist das Problem!

Ich möchte deshalb einige Besorgnisse präzisieren, die sich aus dem mangelnden Interesse der Elektrizitätswirtschaft herleiten. Dem möchte ich gegenüberstellen, wieviel wirkungsvoller das gleiche Teilproblem im Rahmen der kostendeckenden Vergütung (KV) gelöst werden könnte.

1. Beim Quotensystem wird ein gewünschtes Wachstum vorgegeben. Der Gesetzgeber entscheidet zentral, welche Quote für das ganze Land festgelegt wird. Diese Entscheidung wird natürlich im Vorfeld kontrovers diskutiert werden. Die Verbände der erneuerbaren Energien werden sich für eine möglichst hohe Quote, die Elektrizitätswirtschaft wird sich für eine möglichst niedrige Quote einsetzen. „Fachleute" werden eine „realistische" Quote anmahnen. Die Diskussion ist schon jetzt in ihrer Struktur vorhersehbar. Bei der Festlegung der Quote kann die Elektrizitätswirtschaft über die Medien und in direkter Einflußnahme auf jeden Abgeordneten ihren bremsenden Einfluß voll ausüben. Die Quote wird letztlich als politischer Kompromiß weit unterhalb des tatsächlich Erreichbaren liegen.

Bei der KV dagegen wird nicht die Höhe der Quote festgelegt, sondern die Höhe der Vergütung. Letzteres ist vergleichsweise ein kleineres Problem, denn die Höhe der KV ergibt sich nicht aus einem fragenden Blick in die Möglichkeiten der Zukunft, sondern aus einer Marktanalyse des jeweils vergangenen Jahres. Eine solche Marktanalyse läßt sich mit Mitteln der Betriebswirtschaft objektivieren. Die Bandbreite der möglichen Ergebnisse ist relativ schmal und weder von der Elektrizitätswirtschaft noch von den Interessenverbänden wesentlich beeinflußbar. Das Wachstum aber, das sich anschließend aus der KV ergibt, hängt dann nicht mehr vom Interesse der Elektrizitätswirtschaft ab, sondern nur noch von der Initiative von Millionen einzelner Anlagenbetreiber. Hier kann sich dann die überwiegend positive Einstellung der Bevölkerung auswirken.

2. Beim Quotensystem dagegen besteht keine Notwendigkeit und kein Anreiz, mehr als das vorgegebene Wachstum zu verwirklichen. Die Energieversorger werden, da sie am Ausbau der erneuerbaren Energien kein Interesse haben, alles daran setzen, die festgesetzte Quote keinesfalls zu überschreiten. Die Mittel dazu haben sie bei einer Quotenlösung in der Hand. Sie bremsen den Bau eigener Anlagen und sie senken die Vergütung für den Strom aus privaten Anlagen solange, bis keine „Gefahr" mehr besteht, dass das geforderte Wachstum übertroffen wird. Die freundliche Bezeichnung der Quote als sogenannte „Mindestquote" ändert nichts an diesem Sachverhalt.

3. Wer die Elektrizitätswirtschaft gegen ihr offensichtliches Desinteresse zum Ausbau der erneuerbaren Energien veranlassen will, muß entweder einen wirksamen Anreiz anbieten oder schmerzhafte Sanktionen bei Nichterfüllung androhen. Beides ist im Rahmen der Quotenregelung nicht vorgesehen, läßt sich auch nur schwer vorstellen, denn die Elektrizitätswirtschaft ist einer der mächtigen Industriezweige im Lande. Es besteht keine Möglichkeit, die Einhaltung der festgesetzten Quote zu erzwingen. Schlimmer noch: Jede Unterschreitung der Quote wird in der politischen Diskussion als Beweis für die angebliche „Realitätsferne" der gegebenen Quote und die Notwendigkeit weiterer Quotensenkung ins Spiel gebracht werden. Obstruktion durch die Elektrizitätswirtschaft wird geradezu herausgefordert.

Unter dem Prinzip der KV dagegen ist eine Obstruktion durch die Elektrizitätswirtschaft kaum möglich. Jeder einzelne Betreiber hat dort das Recht zur Klage gegen einen Stromversorger, der die Aufnahme von regenerativ erzeugtem Strom verweigert oder die KV nicht zahlt.

4. Der entscheidende Unterschied bildlich dargestellt: Das Quotensystem gibt denjenigen den Bremshebel in die Hand, die den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht wünschen, die kostendeckende Vergütung dagegen läßt diejenigen ans Gaspedal, die den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben wollen.