Solarstrom zu verkaufen! Leute kauft!!!
Ende eines frustrierenden Versuchs... Wie würde sich die Durchleitungslösung auf Zentralisierung oder Dezentralisierung auswirken?Wolf von Fabeck
Betreiben Sie eine eigene Solarstromanlage? Haben Sie schon einmal versucht, Käufer für Ihren Solarstrom zu finden? Wahrscheinlich eher nicht, doch jeder, der an die Einführung des freien Ökostromhandels denkt, sollte Franz Wohlgemuth fragen (Name von der Redaktion geändert), der die Erträge seiner Solaranlage in Langerwehe (RWE-Gebiet) an den Mann bringen wollte. Wir haben uns von ihm den Verlauf eines von drei Verkaufsgesprächen - zu mehr ist es nicht gekommen - schildern lassen und geben ihn auf das Wesentliche gekürzt wieder.
Telefonklingeln. "Hier Meier (Name ebenfalls von der Redaktion geändert). Ich melde mich auf Ihre Anzeige vom Freitag in der ‘Annonce’, in der Sie den Verkauf von Solarstrom anbieten. Die Sache interessiert mich sehr, denn ich komme aus der Anti-KKW-Bewegung und möchte meinen ganz persönlichen Atomausstieg vollziehen. Ich habe schon 1968 bei der großen Demo ... Also, Sie verkaufen Solarstrom von Ihrem Dach in der Südstraße. Ich habe mir die Anlage mal im Vorbeigehen angesehen. Die erzeugt doch sicher locker ihre 3000 Kilowatt.
W: "Gut geschätzt, es sind etwa 2100 Kilowattstunden im Jahr, die wir vom Dach ernten, geräuschlos, ohne Umweltbelastung und Restrisiko.
Großartig! Meine Frau möchte auch unbedingt, daß wir uns da mit anhängen. Ich habe gehört, daß Sie den Solarstrom zu uns durchleiten können. Wie soll das denn gehen?
Sie schreiben dem RWE einen eingeschriebenen Brief und teilen ihm mit, daß Sie ab 1.5. von meiner Solaranlage versorgt werden. Sie kündigen Ihren Stromanschluß und bitten um Durchleitung des Solarstroms von hier bis zu Ihrer Wohnung.
Funktioniert das denn mit der Durchleitung?
Sicher doch, alle Welt spricht jetzt von Durchleitung und die großen Konzerne leiten sogar Strom aus Skandinavien bis nach Süddeutschland durch. Es gibt jetzt ein neues Gesetz, das jedem den freien Stromhandel erlaubt. Die Durchleitungsgebühren für so kleine Strommengen, wie Sie und ich sie brauchen, sollen demnächst einheitlich festgelegt werden. GREENPEACE gehört da zu den großen Vorreitern. Die setzen jetzt die Stromkonzerne unter Druck.
Ja, die Greenpeacer, das sind Leute, die echt wissen, was nötig ist! Wann sollen denn die Durchleitungsgebühren bekannt gegeben werden?
Mitte März, das ist ja bald. Bis dahin können wir den Vertrag schon vorbereiten.
Das ist eine gute Idee, aber unterschreiben tu ich natürlich erst, wenn alles klar ist... Was soll denn eigentlich die Versorgung mit Ihrem Solarstrom kosten?
Wir hatten an 1,17 DM pro Kilowattstunde gedacht, das entspricht genau der Vergütung, die in Städten mit kostendeckender Vergütung, z.B. in Aachen gezahlt wird, wenn die Solaranlage durch das REN-Landeszuschußprogramm gefördert wurde.
Hm, 1,17 DM... Dazu käme ja noch die Durchleitungsgebühr... Beim RWE zahle ich jetzt 30 Pfennige... Sagen Sie blos, Sie haben eine Förderung bekommen? Wieviel war das denn?
Die Förderung betrug 49 % der Anlagekosten, so etwa 24 TDM.
Na ja, man sieht auch gleich, daß sich eine solche Anlage nicht jeder leisten kann. Und das Häuschen ist ja auch ganz schön solide. Was sind Sie denn von Beruf?
Ich bin Frauenarzt im Aachener Klinikum. Aber das hat eigentlich mit der Solaranlage nichts zu tun.
Nein, weiß ich, es interessierte mich nur mal so eben... Mit was für Strom kochen Sie denn ihr Mittagsessen?
Natürlich mit Solarstrom...
Ehrlich gesagt,
natürlich nur, solange ich ihn nicht an Sie verkaufe.
Darüber habe ich auch gerade nachgedacht. Eigentlich finde ich es - ehrlich gesagt - nicht ganz fair, daß Sie sich jetzt auch noch die andre Hälfte von ihrer schmucken Solaranlage bezahlen lassen wollen und ausgerechnet von jemandem, der schon damals bei der großen Anti AKW-Demo ....
Dieser Stromliefervertrag kam also nicht zustande und die anderen zwei auch nicht. Es gab Bedenken, ob auch wirklich Solarstrom beim Käufer ankommen würde, Bedenken wegen der Frage, woher denn nachts oder im Winter der Strom kommen sollte, Bedenken wegen des hohen Preises, Bedenken wegen der Frage, wer denn überhaupt kontrolliert, ob der Solarstrom nicht an mehrere Kunden gleichzeitig verkauft würde - also ein unausgesprochener Betrugsverdacht - Bedenken, sich länger als ein Jahr zu binden, etc. etc.
Sie als Leser haben genügend Phantasie, diese frei erfundene Geschichte weiter fortzuspinnen. Ein Happy End wird Ihnen dazu wohl kaum einfallen.
Wir lernen daraus:
Wenn er auf den freien Handel mit Ökostrom angewiesen wäre, dann würde jeder Solar- oder Windanlagenbetreiber zum Handelsvertreter. Er müßte sich selber Käufer für seinen Strom suchen. Dazu braucht er eine eigene Verkaufs-, Werbe- und Rechtsabteilung. Insbesondere stünde der Erzeuger von Wind- oder Solarstrom vor dem Problem, die Gleichzeitigkeit seiner Stromlieferung mit dem Verbrauch seines Kunden, zumindest aber mit einem vorgegebenen Kunden-Lastprofil nachzuweisen. Diese Aufgabe ist für ihn unlösbar, es sei denn, der Gesetzgeber würde ihn von der Verpflichtung zur Gleichzeitigkeit befreien. (im Stromeinspeisungsgesetz bereits gegeben und auch bei der KV.)
Ansonsten bleibt ihm nur die Möglichkeit, sich an eine Öko-Handelsgesellschaft anzuschließen, die für ihn den Strom zu ihren(!) Bedingungen ankauft - die Solarstrombörse läßt schön grüßen - und ihn dann weiterverkauft.
Unter der KV dagegen ist jeder Solar- oder Windanlagenbetreiber ein selbständiger Gewerbetreibender, der viermal im Jahr seine Vergütung vom Netzbetreiber erhält und einmal im Jahr die Mehrwertsteuer mit dem Finanzamt abrechnet.
Die vom Gesetzgeber im Stromeinspeisungsgesetz gewährte Erleichterung für Ökostrom-Einspeiser wird leider häufig in ihrer Wirksamkeit unterschätzt. Die Freunde der Erneuerbaren Energien sollten deshalb keinesfalls auf diese Erleichterung verzichten, und sie sollten dem Gesetzgeber bei jeder Gelegenheit die entscheidende Bedeutung und Unverzichtbarkeit der Abnahme- und Vergütungspflicht des Stromeinspeisungsgesetzes für die erneuerbaren Energien vor Augen führen.