Läßt sich im liberalisierten Strommarkt die KV begründen?

Im freien Markt gibt es prinzipiell keinen Anspruch auf kostendeckende Vergütung (KV). Wie begründen wir dennoch unsere Forderung nach KV? vF

Die bisher gezahlten Subventionen für Kohle und Atom sind als Begründung für die staatliche Stützung der Solarenergie nicht geeignet, denn eine zweimalige Sinnlosigkeit verpflichtet nicht zur dritten Wiederholung... Als Begründung reicht es auch nicht aus, die externen Kosten der konventionellen Stromerzeugung zu nennen. Unsere Forderung nach KV begründen wir nicht mit einer Aufrechnung von Kosten. Es wäre ja auch wirklich zynisch, die Klimakatastrophe, den drohenden Untergang ganzer Landstriche und ihrer Bewohner nur von der Kostenseite her zu beurteilen. Es geht uns vielmehr um die Energiewende für das Überleben der Menschheit und dafür mahnen wir eine politische Entscheidung an. Wir sind überzeugt davon, daß die Energiewende nur unter Beteiligung der Photovoltaik erreicht werden kann (die auf Seite 9 zusammengefaßte europäische Studie erwartet von der PV den entscheidenden Anteil). Deshalb ist der Staat berechtigt und verpflichtet, ein Markteinführungsprogramm zu starten. KV ist unter den uns bekannten Programmen das wirksamste.

Die 1991 im Stromeinspeisungsgesetz niedergelegte - und seit 1998 präzisierte gültige Regelung, daß alle Stromkunden durch den Netzbetreiber an den "Mehrkosten", d.h. an den Kosten der Energiewende beteiligt werden, nicht nur die Idealisten, ist eine grundsätzliche Entscheidung, die bis in den Bereich unseres Staatsverständnisses geht. Deichbau, Unterhaltung der Feuerwehr, Unterhaltung einer Polizei, Unterhaltung eines Schulwesens und die Energiewende sind Aufgaben, die nicht durch Idealisten, sondern gemeinsam zu erledigen sind. Ein Gemeinwesen, das Gemeinschaftsaufgaben vernachlässigt, ist zum Untergang verurteilt.

Die Europäischen Binnenmarktrichtlinien lassen deshalb unter dem Stichwort "gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen" Abweichungen vom freien Markt zu.

In einem Schreiben an den SFV hat der Wettbewerbskommissar der europäischen Gemeinschaft, Karel van Miert, ausdrücklich zugestimmt, daß für Solarstrom eine höhere Vergütung im Stromeinspeisungsgesetz zulässig sei. Sein Brief ist unten vollständig abgedruckt.

Van Miert wartet auf Vorschläge aus Bonn zur Höhe der Solarstromvergütung

>Aus einem Brief vom 19.1.99 an den SFV. Hervorhebungen durch die Redaktion

... ich danke für Ihr Schreiben vom 18. November 1998, mit dem Sie auf die Diskussion über das Stromeinspeisungsgesetz hinweisen und ein Markteinführungsprogramm für die Förderung der Solarenergie vorschlagen.

Zum derzeitigen Stand der Diskussion kann ich Ihnen aus Sicht der Kommission folgendes mitteilen: Die beihilferechtliche Bewertung des Stromeinspeisungsgesetzes kann derzeit nicht außer Zusammenhang mit der Richtlinie über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt gesehen werden. Die Mitgliedstaaten müssen diese Richtlinie, die die Liberalisierung des Elektrizitätsbinnenmarktes zum Ziel hat, grundsätzlich bis zum Februar 1999 umsetzen. Zudem plant die Kommission gegenwärtig, selbst einen Richtlinienvorschlag für die Harmonisierung der Behandlung der erneuerbaren Energieträger vorzulegen. Außerdem hat die Bundesregierung der Kommission mitgeteilt, daß sie spätestens 1999 einen Bericht zum Stromeinspeisungsgesetz anfertigen und sich in diesem Zusammenhang auch mit der Abwägung der wettbewerbspolitischen Erfordernisse befassen wird. Angesichts dieser Umstände halte ich derzeit es für angebracht, in bezug auf die beihilferechtliche Bewertung des Stromeinspeisungsgesetzes zunächst die weitere Entwicklung abzuwarten. Diese Haltung habe ich auch dem früheren Bundeswirtschaftsminister Rexrodt mitgeteilt.

Ich habe der Bundesregierung gegenüber vor einiger Zeit Vorschläge für eine wettbewerbskonformere Ausgestaltung des Stromeinspeisungsgesetzes unterbreitet.

Es ist Sache der Bundesregierung, einen Vorschlag für eine Änderung der Förderhöhe im Stromeinspeisungsgesetz bei der Kommission als Beihilfe zu notifizieren. Erst auf der Grundlage einer solchen beihilferechtlichen Anmeldung könnte die Kommission einen konkreten Vorschlag prüfen.

Was die Förderung der Solarenergie angeht, so stimme ich Ihnen grundsätzlich zu, daß die Höhe der Förderung auch nach der Art des erneuerbaren Energieträgers differenzieren könnte, denn im Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen heißt es, Betriebsbeihilfen für die Erzeugung erneuerbarer Energien würden unter besonderer Berücksichtigung des Einzelfalls beurteilt.

Mit freundlichen Grüßen

EUROPÄISCHE KOMMISSION

Karel VAN MIERT