Zusammenstellung von Nachrichten & Kommentaren des Solarbrief 4/98
Seperate Vermarktung von Strom aus Regenerativen
Die im Juli aus der Oldenburger EWE-Aktiengesellschaft (EWE) und dem Überlandwerk Nord-Hannover (ÜNH) zusammengeschlossene EWE-Aktiengesellschaft beabsichtigt, Strom aus regenerativen Energien demnächst seperat zu vermarkten. Dazu ist die Gründung einer 100prozentigen Tochtergesellschaft, die EWE NATUR-Watt GmbH geplant. Die EWE NATUR-Watt GmbH möchte vorerst Strom aus derzeit bestehenden 44 EWE-eigenen Windenergieanlagen vermarkten. Sollte das Interesse an Strom aus regenerativen Quellen künftig jedoch höher sein als das unternehmenseigene Kontingent, so könnten "fremde" WKA’s finanziert werden. Stromversorger EWE reagiere Pressemitteilungen zufolge auf das Ergebnis einer Kundenbefragung des Meinungsforschungsinstitutes forsa. Danach seien 47% der Kunden bereit, bis zu 120 Mark mehr im Jahr für Ökostrom aufzuwenden. Ein erstaunliches Ergebnis! (Zu erinnern sei in diesem Zusammenhang an das im letzten Solarbrief veröffentlichte doch so negative Ergebnis der Kundenbefragung in Lippstadt.) Diese positiven Aussichten könnten Hoffnung aufkommen lassen, dass der eine oder andere potentielle private Windmüller vielleicht doch noch zum Zuge kommt...!?
Abwehraspekte grüner Angebote
Auszug aus: Zeitschrift für Energiewirtschaft, Heft 1/98; S. 59: "Green Pricing: kundenorientierte Angebote in der Elektrizitätswirtschaft" von Thyge Weller
"[...]In erster Linie, wenn auch weniger stark öffentlich verkündet, sind indes unternehmenspolitische Zielsetzungen entscheidend für die Initiatoren Grüner Angebote.[...]
Schließlich ist nicht zu übersehen, daß in einem Grünen Angebot durchaus auch Abwehr-Aspekte enthalten sein können: in diesen Fällen wird das Gegenteil dessen angestrebt, was vordergründig als Ziel vorgegeben ist. Vergleichbar mit dem Konzept industrieller Selbstverpflichtung soll ein solches Grünes Angebot im Einzelfall weitergehende staatliche Vorschriften zur Förderung erneuerbarer Energien verhindern helfen oder dem gesellschaftlichen Druck etwa zur Einführung kostendeckender Vergütung entgegenwirken. Ferner können derartige Abwehr-Projekte daraufhin konzipiert werden, daß dem Kunden die Beschränkungen (Kosten, Verfügbarkeit etc.) der erneuerbaren Energien deutlich werden und damit die Notwendigkeit einer fossil-nuklearen Erzeugung betont wird.[...]"
Anmerkung der Redaktion: Konkret formuliert. Sicher ausgesprochen. Entlarvung pur!
Bundesstiftung Umwelt will Sonnenenergie von Kirchendächern fördern
Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt will im kommenden Jahr mit zehn Millionen Mark Demonstrationsanlagen für Sonnenenergie auf den Dächern mehrerer hundert kirchlicher Einrichtungen fördern. Durch den hohen Vorbildcharakter der Kirchen sollten Bürgerinnen und Bürger für die Nutzung der umweltfreundlichen Energiequelle auch im privaten Bereich "erwärmt" werden, erklärte die Stiftung in Osnabrück.
Zum Auftakt der "Solarkampagne 2000" sagte Generalsekretär Brickwedde, die Stiftung werde künftig verstärkt Sonnenenergie-Projekte unterstützen. Durch ein Programm für Bildungseinrichtungen solle das Wissen über regenerative Umwelttechnik stärker verbreitet werden. Wichtig sei auch das Image der Solarenergie. "Eine Solaranlage auf dem Dach muß einfach schicker sein als ein Geländewagen in der Garage", so Brickwedde.
Bundesumweltpreis 1998
Der von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt in Osnabrück mit insgesamt 1 Millionen Mark dotierte Bundesumweltpreis geht in diesem Jahr zu gleichen Teilen an die Arbeitsgruppe Klimaforschung am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg und an den Chef der Solar-Fabrik, Herrn Georg Salvamoser. Die feierliche Übergabe wird im November in der Frankfurter Alten Oper sein.
Ananaszucht in Alaska?
Von Herrn Dr.-Ing. Karl-Wilhelm Otto, Bereichsleiter für Regenerative Energien der RWE Essen, kann man mit Fug und Recht behaupten, er habe eine sorgenschwere Aufgabe. Muß er sich doch in einem Unternehmen wie dem RWE, das sich unbestreitbar und mit aller Konsequenz für den Erhalt der gegebenen konventionellen Monopolstrukturen einsetzt, um das Stiefkind Regenerative bemühen. So kann es wohl auch passieren, daß Herrn Otto schon einmal Fehlschlüsse in der Beurteilung der ökologischen Nachhaltigkeit von politischen Entscheidungen unterkommen. Ein mit Beharrlichkeit immer wieder in seinen öffentlichen Wortmeldungen zum Besten gegebener Vergleich soll die kostendeckende Vergütung als "Schildbürgerstreich" bloßstellen. "Mit einer Vollkostenvergütung," so Dr. Otto, "würde sich auch die Ananaszucht in Alaska rechnen." Leider bleibt jedem Naturfreund völlig unklar, welchen ökologischen Wert dieses botanische Wunder dann wohl hätte.
Eine verschenkte Gelegenheit
Laut einer Pressemitteilung des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr des Landes NRW entsteht in Herne-Sodingen der gigantische, sogenannte "Energiepark Mont-Cenis".
Auf dieses riesige Gebäude, das neben Einrichtungen der Fortbildungsakademie des Innenministeriums NRW Hotels, Restaurants und Wohnungen beherbergen wird, wird eine 1-MW-Solaranlage installiert.
Dieses "größte dachintegrierte Solarkraftwerk der Welt" könnte uns begeistern! Nur schade, dass die Strommenge von 750.000 kWh jährlich nicht ins öffentliche Netz eingespeist wird, um die Stromversorger ein bisschen ins Schwitzen zu bringen. Stattdessen werden die Energiemengen direkt an die Verbraucher innerhalb des Energieparks weitergeleitet. Überschüssiger Strom wird entweder in einer "Hochleistungsbatterieanlage" (Blei-Säure) gespeichert, oder zur Versorgung eines angegliederten Neubauviertels genutzt. Klar, besser der "Energiepark" bezieht seinen Strom von einer 10.000 qm großen PV-Anlage, als aus einem Atom- oder Braunkohlekraftwerk. Aber die Vorstellung, dass jährlich 750.00 kWh Strom ins öffentliche Netz eingespeist und kostendeckend vergütet würden...