"Die Naturstrom AG will nur Verträge mit neu erbauten Anlagen"
Leserbrief v. Werner Gantz und Antwort des SFV
Als Mitglied des SFV habe ich von der NATAG erfahren. Für diese AG setzen Sie sich ein und machen entsprechend Reklame.
Ich interessiere mich sowohl für den Naturstrombezug als auch für Naturstromlieferung.
Meine PV-Anlage leistet seit April 95 ca. 2000-2200 kWh/Jahr. Sie speist nach dem Stromeinspeisungsgesetz den Strom für 0,17 DM/kWh ins Fränkische-Überlandwerk (FÜW) ein. Der finanzielle Aufwand betrug ca. 32.000 DM. Vom Staat erhielt ich 9.240 DM Zuschuß. Außerdem betreibe ich auch eine Warmwasser-Solaranlage für ca. 10.000 DM Investition seit 1992 ohne jeglichen Zuschuß. Ich bin Techniker und habe beide Anlagen selbst gebaut. Somit habe ich in 6 Jahren ca. 32 TDM für Solarstrom und Solarwärme aus eigenen Mitteln erbracht. Die Eigenleistung ist nicht mitgerechnet! Dies erwähne ich nur, um zu dokumentieren, daß mir der Umweltschutz und im Besonderen die Sonnenenergie am Herzen liegen. Mein Idealismus hat mich bisher eine Menge Geld gekostet. Eingebracht hat er mir, außer Spott und Häme bis hin zu Beschimpfungen von seiten meiner Mitmenschen, nichts. Die NATAG will meinen Strom auch nicht. Sie will nur Verträge mit neu erbauten Anlagen. Diese Einstellung kann ich nicht verstehen. Sicher liegt es in unser aller Interesse, daß sich die PV-Technik ausweitet und durch mehr Nachfrage billiger wird. Doch wo bleiben die Pioniere wie ich? Diese Pioniere haben nämlich bewiesen, daß es mit dem Solarstrom funktioniert! Sie haben alle Schwierigkeiten und Widerwärtigkeiten in Kauf genommen, damit jetzt die Spötter und Heuchler ein Geschäft wittern können, um groß in die Solarstromgewinnung mit Kostendeckender Vergütung einzusteigen! Das FÜW bietet in Mittelfranken eine Solarstrombörse (Züricher Modell) an. Auch das FÜW will nur Neuanlagen aufnehmen mit der Option, wenn eine bereits bestehende Anlage verdoppelt wird (die Betonung liegt auf Verdoppelung), wird der ganze Solarstrom (Altanlage + Neuanlage) zu einem frei auszuhandelnden Preis (ca.1.50 - 1.80 DM/kWh), in einem 10-20 Jahresvertrag abgenommen. Eine Verdoppelung ist bei 3 oder 5 kW einer bereits bestehender Anlage nicht ohne weiteres möglich!Darum rege ich an, daß die NATAG ein Alternativ-Angebot ausarbeitet, welches z.B. eine 20 oder 30% Erweiterung als Abnahmevoraussetzung akzeptiert.Auch freie Nachbardachflächen und entsprechende Vereinbarungen wären denkbar. Ich appelliere an Ihre Kreativität!
Als Mitglied Ihres Vereins wünsche ich mir, nein erwarte ich von Ihnen, daß Sie sich auch für Alt-und Kleinst-Kraftwerkbesitzer einsetzen. Aus diesem Grunde bin ich in den SFV überhaupt eingetreten! Sie sind die einzige Vertretung und Lobby, die ich habe!
Antwort des Solarenergie-Fördervereins auf den Leserbrief
Sehr geehrter Herr Gantz,
haben Sie Dank für Ihren kritischen Brief zur Naturstrom AG! Das von Ihnen angesprochene Problem wird auch von vielen anderen Solaranlagenbetreibern gesehen und hat nicht nur bei Ihnen zu Unverständnis geführt. Ich will versuchen, Ihnen einige Hintergrundinformationen zu geben.
Zunächst einmal: Der Solarenergie-Förderverein setzt sich für kostendeckende Vergütung von Solarstrom aus allen Solaranlagen ein, auch - und gerade - von Altanlagen! Unser Standpunkt ist, daß der Staat die Idealisten, die durch ihren Einsatz überhaupt erst eine zukunfts-rettende Technik bekannt gemacht haben, nicht später im Regen stehen lassen darf. Wenn der Staat nur die vorsichtigen Leute berücksichtigen würde, die auf die staatliche Einführung der KV warten, dann würde er jede Eigeninitiative zugunsten des Umweltschutzes abtöten. Wir haben uns mit dieser Argumentation in NRW an den Petitionsausschuß gewendet und schließlich erreicht, daß die KV für Altanlagen in NRW nachträglich am 15.1.96 anerkannt wurde. Im Solarbrief 1/96 berichteten wir darüber. In anderen Bundesländern wurde dann die NRW-Regelung übernommen. (Anmerkung der Redaktion: Leider nur als "Kann-Bestimmung" und nur in den Städten, in denen die KV überhaupt eingeführt wurde)
Auch bei der bundesweiten Einführung der KV (Anmerkung der Redaktion: nicht als "Kann-", sondern als "Muß-Bestimmung"), auf die wir jetzt vermehrt hoffen können, werden wir für die Berücksichtigung der Altanlagen kämpfen.
Bisher habe ich, das ist Ihnen sicher aufgefallen, von staatlichen Regelungen gesprochen, nicht von privatwirtschaftlichen Regelungen. Doch nun komme ich zum privatwirtschaftlichen Konzept der Naturstrom AG (NATAG). Die NATAG wird ihrerseits von Idealisten finanziert, die freiwillig über den normalen Strompreis hinaus eine zusätzliche Gebühr zahlen. Diese Idealisten erhalten für ihre zusätzliche Gebühr nicht etwa besseren Strom (wir wissen ja, daß Solarstrom und Atomstrom sich physikalisch nicht voneinander unterscheiden), sie erhalten auch keine Anteile an irgendwelchen Anlagen, sondern sie erhalten einzig eine kleine ideelle Gegenleistung.
Die Gegenleistung der NATAG besteht in der Zusage, daß für die zusätzliche Gebühr zusätz1iche, d.h. neue Anlagen ans Netz gehen. Das ist alles. Ich sehe dieses Konzept als in sich schlüssig an und möchte keine Änderung vorschlagen.
Ein Gegenbeispiel macht vielleicht noch deutlicher, was ich meine: Die Naturenergie AG (Tochter des konventionellen Stromversorgers KWR, Kraftwerke Rheinfelden) verkauft als "Ökostrom" ein Gemisch aus ein bißchen neuem Solarstrom und sehr viel Wasserkraftstrom aus den seit langem existierenden Wasserkraftwerken. Dieses Konzept ist sicherlich nicht überzeugend. Ich hoffe sehr, daß Ihnen das NATAG-Konzept jetzt etwas mehr einleuchtet, obwohl es für Sie nicht den geringsten Vorteil aufweist.
Im übrigen werden aber - auch das mag nur ein schwacher Trost für Sie sein - ohnehin nur sehr wenig Solaranlagenbetreiber Stromlieferanten für die NATAG werden können, weil die NATAG aus Preisgründen hauptsächlich auf den billigeren Windstrom und Strom aus Biomasse zurückgreift. Auch hier - wenn man es so sieht - eine Benachteiligung der Solarenergie, die aber einem privatwirtschaftlich agierenden Unternehmen nicht vorzuwerfen ist. Wir stehen deshalb beim SFV weiter auf dem Standpunkt, daß nur die kostendeckende Vergütung mit Umlage der Mehrkosten auf alle Stromkunden die Solarenergie in den Markt einfuhren kann. Vielleicht sprechen Sie auch einmal mit Freunden darüber. Eine Diskussion im Kreis der Solarbriefleser wäre auch für andere Altanlagenbetreiber von Interesse.
Abschließend noch eine Anmerkung: Auch wenn Sie vielleicht trotz dieser erklärenden Information weiterhin enttäuscht vom Konzept der NATAG sind, seien Sie versichert, daß der SFV sich mit ungebrochenem Eifer weiter für die bundesweite KV einsetzt und in deren Rahmen auch für die Vergütung von Solarstrom aus Altanlagen.