Biosolare Wasserstoffproduktion
Ein Forschungsprojekt an der RWTH Aachen
Von Norbert Holle
Neben der Windenergie, der Photovoltaik und anderen bekannten Verfahren gibt es auch weit unbekanntere Möglichkeiten, die Sonne zur Deckung unseres Energiebedarfes anzuzapfen".
In einem Forschungsprojekt am Institut für Verfahrenstechnik der RWTH Aachen wird zum Beispiel untersucht, welche Chancen zur technischen Nutzung der biologischen Wasserstoffproduktion bestehen. Bei diesem Verfahren wird die Fähigkeit von Purpurbakterien genutzt, bei Sonnenlicht, Stickstofflimitierung und Versorgung mit einem organischen Nährstoff (Substrat) Wasserstoff zu synthetisieren.
Biologische Grundlagen
Im Gegensatz zu der bekannten Photosynthese von grünen Pflanzen entsteht hierbei kein Sauerstoff, weshalb man von einer anoxygenen Photosynthese" spricht. Daneben kann Wasserstoff biologisch auch durch Fermentation, also Gärung, z.B. von Clostridien oder durch Biophotolyse, also biologische Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff, von Cyanobakterien erzeugt werden.
Die biologischen Grundlagen sind im wesentlichen seit vielen Jahren bekannt und eingehend untersucht worden.
Optimierung des Prozesses wird an RWTH erforscht
Um diesen Prozeß mittelfristig als Methode zur Energiebereitstellung nutzen zu können, muß jedoch neben der Effizienz der Bakterienaktivität auch die technische Umsetzung des Prozesses optimiert werden. Deshalb wird in dem Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit Biologen ein Reaktor- und Prozeßkonzept entwickelt, mit dem eine Nutzung dieser biologischen Vorgänge im technischen Maßstab möglich ist.
Ziel des Projektes ist es, den Prozeß auf diese Weise möglichst nahe an die Wirtschaftlichkeit heranzuführen.
Zu diesem Zweck wird zum einen das Stoffwechselverhalten der Bakterien unter verschiedenen Bedingungen im Labor sowie im Freiland untersucht. Die Produktivität ist zum Beispiel abhängig vom pH-Wert, der Konzentration und der Art des Substrates sowie der Betriebsweise.
Molke als praktisch kostenloser Ausgangsstoff
Als organischer Nährstoff wird bei den Untersuchungen Molke eingesetzt, da diese das erforderliche Stickstoff - Kohlenstoffverhältnis aufweist und als ein Nebenprodukt aus der Käseherstellung praktisch kostenlos zur Verfügung steht. Es sind jedoch auch andere Substrate denkbar.
Reaktorkonzepte geprüft
Außerdem werden verschiedene Reaktorkonzepte sowohl im Labor als auch im Freiland getestet. Dabei wird versucht, mit minimalen Energieaufwand für den Betrieb Verhältnisse im Reaktor einzustellen, unter denen die Bakterien auch unter insterilen Bedingungen und bei kontinuierlicher Betriebsweise eine Wasserstoffproduktion über lange Zeit aufrechterhalten. In den Freilandversuchen wurde die Anordnung der Reaktoren optimert.
Durch Messung der Temperatur und Sonneneinstrahlungsverläufe sowie der Gasproduktion konnte ein Konzept gefunden werden, bei dem mit einfachen Mitteln für die Purpurbakterien günstige Lebens- und Produktionsbedingungen geschaffen werden können (siehe folgende Abbildung).
Hierbei wird durch die aufsteigenden Gasblasen eine Zirkulation im Reaktor angeregt. Eine Ausrichtung der senkrecht stehenden, transparenten und ca. 1 m2 großen Reaktormodule nach Osten bzw. Westen verhindert eine zu starke Erwärmung, da die Bakterien nur Temperaturen bis ca. 45°C tolerieren.
Ertrag der Wasserstoffproduktion
Die bisherigen Versuche lassen eine mittlere Wasserstoffproduktion von
ca. 4 Liter pro Quadratmeter Grundfläche und Stunde als realistisch erscheinen. Für eine Anlage mit einer Größe
von 10 m x 10 m ergeben sich ca. 800 m3 Wasserstoff pro Jahr. Dies ist
sicherlich noch nicht konkurrenzfähig mit den meisten anderen Prozessen zur
Wasserstoffgewinnung, aber das Entwicklungspotential dieses Verfahrens
ist vergleichsweise hoch. Außerdem sind die aufgrund der bisherigen
Ergebnisse grob geschätzten Kosten von 1-2 DM/kWh Wasserstoff schon
relativ nah an den Kosten von konkurrierenden Verfahren.