PV-Ausbau: Flexibilität statt Bremse!
Dächer voller Sonne: Warum der PV-Ausbau jetzt nicht gebremst werden darf!
"Wir haben noch nicht genug – wir brauchen mehr PV-Strom!" - Angesichts der eskalierenden Klimakrise und weltweit steigender CO2-Emissionen ist es eine dringende Notwendigkeit, Photovoltaik insbesondere auf Dächern weiter auszubauen.
Umso besorgniserregender sind die jüngsten Signale und Diskussionen aus Politik und Wirtschaft, die eine Ausbremsung des PV-Zubaus zur Folge haben können. Im März 2025 wurde nur halb so viel Leistung installiert, wie in den Vormonaten (Fraunhofer Energy Charts). Das Elektrohandwerk meldete einen deutlichen Rückgang bei PV- und Speicher-Installationen. Weiterhin wurden in den letzten Monaten beinahe wöchentlich Insolvenzen von z.T. etablierten Solar-Installationsbetrieben vermeldet.

Neu installierte PV-Leistung pro Monat in MW - Quelle: Fraunhofer Energy Charts
Droht das Netz-Chaos oder wird ein Schreckensszenario gemalt?
Immer wieder werden Bedenken laut: Negative Strompreise an sonnigen Tagen, wie vielleicht über Ostern, oder die Angst vor einer Überlastung der Stromnetze werden ins Feld geführt. Fun Fact: Das prognostizierte große Netz-Chaos an Ostern blieb aus!
Doch sind diese Ängste wirklich der Grund für die zunehmenden Rufe nach Regulierung oder steckt dahinter eine andere Agenda, die vielleicht im Kleingedruckten politischer Strategien verborgen liegt?
Fakt ist: Die Abregelung von Photovoltaik-Anlagen hat drastisch zugenommen. Laut pv-magazine stieg sie im Jahr 2024 um ca. das Doppelte (97 %) im Vergleich zum Vorjahr - während der Bedarf an Regelleistung insgesamt jedoch sank. Besonders betroffen von der Solar-Abregelung waren Betreiber:innen in Bayern mit fast einer Milliarde Kilowattstunden (986 GWh) abgeregelter Solarenergie. Kritiker, wie die Grünen im bayerischen Landtag, sehen hier hausgemachte Probleme: Der jahrelang verschleppte Netzausbau unter den Regierungen Seehofer und Söder rächt sich nun. Ein vorgelegtes Maßnahmenpaket wird als unzureichend kritisiert.
Fossile Profiteure der Abregelung?
Die entscheidende Frage ist doch: Warum müssen Solaranlagen nun abgeregelt werden? Die Antwort liegt oft nicht allein in der Menge des Solarstroms, sondern im Mangel an Flexibilität des Gesamtsystems. Solange z.B. unflexible fossile Großkraftwerke am Netz bleiben, müssen bei hoher Solarstromproduktion die Erneuerbaren weichen. Die Zahlen bestätigen dies: Zum Ausgleich der abgeregelten Erneuerbaren erhöhten die Netzbetreiber 2024 die Einspeisung aus fossilen Kraftwerken um 8.322 GWh! Das ist ein fatales Signal und konterkariert die Energiewende.
Hier lohnt ein Blick in den Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung. Zwar bekennt man sich zum "entschlossenen Ausbau Erneuerbarer Energien", spricht aber gleichzeitig von einem "systemischen Ansatz" unter Einbindung einer "Kraftwerksstrategie". Diese Strategie umfasst laut Vertrag explizit den Bau von rund 20 GW neuer Gaskraftwerke (S.31 Nr. 1069) und hält am Kohleausstieg erst ab 2038 fest (S.34 Nr. 1115).
Drängt sich da nicht der Verdacht auf, dass der Ausbau der Erneuerbaren subtil gebremst werden soll, um den Bedarf für neue Gaskraftwerke zu rechtfertigen und bestehende fossile Strukturen länger am Leben zu erhalten? Die (leider) sehr erfolgreiche “Heizhammer”-Kampagne wird der Gas-Branche laut Prognosen weitere 24 Milliarden Euro in die Taschen spülen. Ein paar neue Gaskraftwerke kommen da ganz gelegen. Auch Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung stellt fest, dass die geplanten Gaskraftwerke nicht nötig sind.
Die Lösungen liegen auf der Hand: Flexibilität statt Bremse!
Anstatt den für Klima und Unabhängigkeit so wichtigen PV-Ausbau – insbesondere bei Dachanlagen bis 100 kW – auszubremsen, müssen wir die wahren Engpässe beseitigen:
- Netzausbau beschleunigen
Der Ausbau und die Modernisierung der Verteil- und Übertragungsnetze muss oberste Priorität haben. Jahrelange Verzögerungen müssen endlich aufgeholt werden. Der Ausbau der Erneuerbaren schreitet nun seit 25 Jahren voran und scheitert an Verteilung und Speichermöglichkeiten. - Flexibilität fördern
Eigenversorgung stärken: Der neue § 8a EEG 2023 ermöglicht “flexible Netzanschlussvereinbarungen”. Wenn Solarstrom vor Ort genutzt, statt direkt eingespeist wird, entlastet das die Netze erheblich.
Energy Sharing ermöglichen: Modelle für Nachbarschaftsstrom und gemeinschaftliche Nutzung von PV-Anlagen reduzieren ebenfalls die Netzlast, erhöhen die Akzeptanz und fördern die Bürgerenergie. Im Koalitionsvertrag taucht es zwar auf, wir warten auf die Umsetzung!
Intelligente Steuerung: Demand-Side-Management und flexible Tarife können helfen, den Verbrauch an die Erzeugung anzupassen. - Speicher massiv ausbauen: Speicher sind der Schlüssel zur Integration fluktuierender Erneuerbarer Energien
Anerkennung im Gesetz: Der Koalitionsvertrag erkennt Speicher richtigerweise als im "überragenden öffentlichen Interesse" an und privilegiert sie (Nummer 1005, S.31). Dies muss nun mit Leben gefüllt werden.
Alle Ebenen nutzen: Wir brauchen Großspeicher zur Netzstabilisierung, Quartierspeicher zur lokalen Pufferung und intelligente Heimspeicher, die netzdienlich betrieben werden können (Stichwort: "Dein Speicher kann mehr", HTW Berlin).
Vehicle-to-Grid rechtlich ermöglichen: Die Nutzung der großen Batteriekapazitäten parkender E-Fahrzeuge muss rechtlich endlich klargestellt und vereinfacht werden.
Fazit: Volle Kraft voraus für die Solardächer!
Der Ausbau der Photovoltaik auf Dächern ist kein Problem, sondern ein wesentlicher Teil der Lösung. Er schafft saubere Energie, stärkt die lokale Wirtschaft, macht Bürgerinnen und Bürger zu aktiven Gestalter*innen der Energiewende und nutzt bereits versiegelte Flächen optimal.
Die Antwort auf gelegentliche Netzengpässe oder negative Strompreise darf nicht die Drosselung des PV-Ausbaus sein. Stattdessen brauchen wir einen mutigen Ausbau der Netze, eine konsequente Förderung von Flexibilität und Speichern sowie einen schnelleren Abschied von fossilen Kraftwerken, die das System unnötig träge machen. Nur so gelingt die Energiewende und der notwendige Beitrag zum Klimaschutz – mit Dächern voller Sonne!