Problem
Deutschland hat innerhalb von 20 Jahren nur 13 % seines Energiebedarfs auf Erneuerbare umgestellt. Es hätten schon viel mehr sein können, aber die politischen Rahmenbedingungen haben die Energiewende seit den 2010er Jahren massiv behindert. Wenn wir die Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens einhalten wollen, muss die gesamte Energieversorgung bis 2030 zu 100 % erneuerbar sein. Das heißt: in 9 Jahren müssen wir 87 % unserer Energiequellen austauschen.
Was plant die neue Bundesregierung?
Bis 2030 sollen 80 % des zu erwartenden “Bruttostrombedarfs” von ca. 715 TWh in Deutschland aus Erneuerbaren Quellen stammen (demnach ca. 572 TWh). Um das zu erreichen soll die Windkraft (onshore) bis 2030 von derzeit 56 GWp auf 110 GWp ausgebaut und Wind (offshore) von aktuell 7,8 auf 30 GWp, Photovoltaik von 59 GWp auf 200 GWp erhöht werden. Übertragen auf den gesamten Energiebedarf lägen wir dann bei ca. 30 % Erneuerbare. Laut Referentenentwurf wird so der 1,5-Grad-Klimaschutz-Pfad eingehalten.
Reicht die Zielsetzung für 1,5°C?
Nein! Nicht nur sind 80 % des Bruttostroms zu wenig, vor allem aber ist der Bruttostrombedarf von 715 TWh insgesamt viel zu niedrig angesetzt und schließt eine umfängliche Elektrifizierung nicht ein. Die Elektrifizierung der aktuell fossil betriebenen Sektoren wird den Strombedarf in Zukunft massiv in die Höhe treiben: circa die dreifache Menge elektrische Energie werden wir voraussichtlich benötigen, um unseren Endenergiebedarf elektrisch zu decken. Erreicht werden könnte dies durch zB. 510 GWp Windkraft (onshore und offshore) zusammen mit 650 GWp Photovoltaik, also ein Vielfaches der im Referentenentwurf angesetzten Mengen. Die Regierung hält am Ziel einer Klimaneutralität erst im Jahr 2045 fest. Es gibt kein wissenschaftliches Szenario, welches beweist, dass die Pariser Klimaziele so noch erreicht werden können.
Weitere Infos und Quellen
Abb 1 ― Abb. 1 ― Die Treibhausgas-Konzentration in der Atmosphäre ist bereits heute viel zu hoch und je länger wir für den Umstieg auf Erneuerbare brauchen, desto dramatischer werden die Klimaschäden. Die Grafik von #showyourbudgets zeigt Berechnungen zum verbleibenden CO2-Budget für die Einhaltung der 1,5°-Grenze. Die Darstellung basiert auf Erhebungen des IPCC mit Emissionsdaten bis Ende 2020; Klima-Kipppunkte sind unterrepräsentiert. Das Ergebnis: Deutschland kann die 1,5°-Grenze nur noch mit 50%iger Wahrscheinlichkeit halten, wenn es bis 2030 Null-Emissionen erreicht.
Abb. 2 ― Installierte Leistung verschiedener Energieträger im Stromsektor Deutschlands 2022 und benötigte Ausbaumengen für 100 % Erneuerbare. Daten für Installierte Leistung: Energy-Charts.info Stand 02/2022 •
Abb. 3 ― Der Anteil Erneuerbarer Energien im Bruttostrombedarf 2021 ist mit über 40 % nicht schlecht. Auf den gesamten Endenergiebedarf bezogen liegt er mit 16% noch sehr niedrig. Daten: AGEB, Stand 12/2021 •
Abb. 4 ― Der Anteil Erneuerbarer Energieträger im Bereich Wärme und Verkehr ist mit 16,5 % und 6,8 % 2021 noch sehr niedrig. Der Stromverbrauch sank im Jahr 2020 coronabedingt und stieg 2021 wieder an. Damit verringerte sich in 2021 der prozentuelle Anteil der Erneuerbaren.
(hätte man 2021 die Kohleverstromung reduziert, wäre der Anteil Erneuerbarer nicht wieder gesunken.)
Daten: UBA auf Basis AGEE-Stat Stand 02/2022 •