Am 15. April 2025, kurz vor seinem neunzigsten Geburtstag, ist Wolf von Fabeck, der Gründer und Ehrenvorsitzende des Solarenergie-Fördervereins Deutschland (SFV), in Magdeburg verstorben. Der SFV gedenkt in großer Verehrung der Person und des Werks. Eine der ganz großen Persönlichkeiten der deutschen Klimapolitik ist von uns gegangen.
Wolf von Fabeck

© Spanka | Ein Leben für die Energiewende: Wolf von Fabeck hinterlässt eine große Lücke. Der SFV gedenkt in großer Verehrung seinem Gründer und spricht den Hinterbliebenen sein herzliches Beileid aus. 

Nachruf

Am 9. Mai 1935 wurde Wolf von Fabeck als erstes von drei Kindern des Offiziers Hans-Wolfgang von Fabeck und seiner Frau Erika in Potsdam geboren. Er wuchs in der Katastrophe auf, in die auch der deutsche Militarismus die Welt in der Mitte des 20. Jahrhunderts gestürzt hatte.

1956 ergriff auch er, als die Bundeswehr gegründet wurde, die Offizierslaufbahn. Den 20jährigen trieb dabei, wie er zurückblickend berichtete, die Sorge um die militärische Überlegenheit der Sowjetunion, die anders als die Westmächte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht abgerüstet habe. Nach einem Maschinenbau-Studium wurde er Dozent für Technische Mechanik und Kreiseltechnik an der Fachhochschule des Heeres in Darmstadt, und später Dekan.

Trotz aller Wirrnisse des 20. Jahrhunderts liest sich das wie das Beschreiten einer vorgezeichneten Bahn. Dann aber ergriff von Fabeck 1986 nach 30 Dienstjahren die Gelegenheit, sich bei verminderten Bezügen vorzeitig in den Ruhestand versetzen zu lassen. Was war passiert?

Er hat immer wieder gerne von seinem ersten ‚Erweckungserlebnis‘ berichtet. Auf der ostfriesischen Insel Baltrum, die er zu seinem Lieblings-Retreat erkoren hatte, beobachtete er 1984, dass die Pflanzen auf der windzugwandten Seite abstarben, wenn draußen auf der Nordsee die Industrieschiffe Giftmüll verbrannten und der Wind landeinwärts stand. Seine Nachfrage beim Deutschen Hydrografischen Institut erbrachte nur lapidare Beschwichtigungen, unterfüttert mit einer Studie, die von Fabeck sofort akribisch analysierte und mit eigenen Messergebnissen verglich. Die Emissionen der Offshore-Giftmüllverbrennung waren in dem Gutachten durch einen Rechenfehler um den Faktor eine Million zu niedrig angesetzt worden. Die Behörde quittierte seine Information über die Fehlerhaftigkeit der Studie „beinahe kommentarlos“, doch einige Monate später wurde die Giftmüll-Verbrennung auf See verboten.

© Presse/Details unbekannt | Abb 1 – Wolf von Fabeck erkannte auf Baltrum die Folgen der Giftmüllverbrennung – und brachte sie zu Fall.

© SFV | Abb 2 – Wolf von Fabeck erklärt die Funktionsweise von Solaranlagen. Zu einer Zeit, als kaum jemand an Solarstrom glaubte.

Das zweite ‚Erweckungserlebnis‘ war die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986, kurz vor seinem 51. Geburtstag. Von Fabeck kam zu der Einsicht, dass der Kampf um den Erhalt der Umwelt wichtiger sei als der gegen geopolitische Gegner. „Leaving the Army to Fight“ überschreibt der Buchautor Bob Johnstone ein Kapitel über Wolf von Fabeck in seinem Buch aus dem Jahr 2010 über die Erfolgsgeschichte der deutschen Solarwende. Von Fabeck selbst nannte zwei Gründe für den einschneidenden Schritt, den er 1986 unternommen hatte. Er habe sich „Zeit und Gelegenheiten für Umweltschutzaktivitäten“ gewünscht; und ihm hätten die Verteidigungsdoktrinen in einer sich verändernden globalen Welt nicht mehr eingeleuchtet. Ein Militärgegner ist von Fabeck dabei nie geworden; aber er setzte die Prioritäten von nun an auf die Verteidigung unserer Lebensgrundlagen.

Noch im Jahr 1986 gründete er mit einer Handvoll Gleichgesinnter in Aachen den „Solarenergie-Förderverein“ (SFV). Dem waren Versuche mit einem PV-Modul vorausgegangen, das er auf der Suche nach einer alternativen Form der Stromerzeugung zu damals horrenden Kosten erworben hatte. Zu seiner eigenen Überraschung ließ sich mit dem von diesem Modul gelieferten Gleichstrom die Küchenmaschine seiner Frau Ursel in Betrieb setzen. Hier lag offensichtlich eine Technik vor, die den Energiebedarf ohne Strahlengefahr und ohne Gift-Emissionen decken konnte – wenn man sie in großem Stil anwenden und durch Massenfertigung preiswert machen würde. Von Fabeck und seine Mitstreiter reisten mit einer Anzahl zusätzlich vom Verein erworbener Module durch die Republik und demonstrierten auf öffentlichen Plätzen, dass man tatsächlich aus Licht Elektrizität machen kann, ohne dass sich irgendein Teil bewegen muss. Ab 1989 auch in der DDR, die bald zu den fünf neuen Bundesländern werden sollte.

© SFV | Abb 3 – In den Anfangszeiten des Vereins tourte Wolf von Fabeck durch ganz Deutschland, um Solaranlagen vorzuführen. 

© SFV | Abb 4 – Die Geburtsstunde netzgekoppelter Solaranlagen am 5. September 1988 in Aachen.

© SFV | Abb 5 – Der SFV wuchs und mit ihm das Team. Hier bei einer Demonstration in Berlin.

Die bloße technische Demonstration reichte aber nicht aus. Beim SFV entwickelten von Fabeck und seine Mitstreiter daher das Modell der „kostendeckenden Einspeisevergütung“. Bürger:innen, die eine PV-Anlage auf ihrem Hausdach installierten, sollten den geernteten Strom ins öffentliche Stromnetz einspeisen dürfen und für jede so eingespeiste Kilowattstunde eine Vergütung bekommen. Diese sollte hoch genug sein, dass sich die Investitionskosten in der Laufzeit der Anlage amortisieren würden. Die Vergütung sollte von allen Stromkund:innen entsprechend ihrem Verbrauch über die Stromrechnung aufgebracht werden. So sollten nicht mehr nur die Idealisten und Umweltbewegten von dieser Technik überzeugt werden, sondern auch Menschen, die aus wirtschaftlichen Motiven handeln.

Ein wenig lag diese Idee damals in der Luft. An anderen Orten wurden ähnliche Konzepte entwickelt. „Es ist jedoch allgemein anerkannt“, schreibt Bob Johnstone im Jahr 2010, „dass ihr Geburtsort Aachen war; und die Person mit dem besten Anspruch auf Vaterschaft Wolf von Fabeck“. Dies liegt nicht nur daran, dass beim SFV das Modell sorgfältig durchgerechnet wurde; sondern mehr noch an der Beharrlichkeit, mit der es auf kommunaler Ebene (das Bundeswirtschaftsministerium hatte 1989 noch abgewunken) durchgesetzt wurde, wobei von Fabeck an vorderster Front wirkte. Das „Aachener Modell“ wurde vom Stadtrat erstmals 1992 beschlossen und wegen des Widerstrebens der Aachener Stadtwerke später mehrfach bekräftigt. Bis zur Jahrhundertwende hatten ca. 40 Kommunen in Deutschland dieses Modell übernommen. Dann wurde es von der rot-grünen Bundesregierung bundesweit vorgeschrieben: im „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ (EEG). Auf der parlamentarischen Ebene waren Hermann Scheer (SPD) und Hans-Josef Fell (Grüne) die treibenden Kräfte. Man kann aber fragen, ob dieser bundesweite Erfolg des „Aachener Modells“ ohne den unermüdlichen Einsatz von Wolf von Fabeck denkbar gewesen wäre.

Der Professor für Wissenschafts- und Technologiepolitik an der Chalmers-Universität im schwedischen Göteborg, Staffan Jacobsson, gab seinem Erstaunen mit folgenden Worten Ausdruck: „Es war wirklich faszinierend, wie eine asketische, bescheidene Person mit einem kleinen Büro in einem Keller einen so großen Einfluss auf die Gesellschaft haben konnte.“ Und er fügte hinzu: „Er sollte vielleicht einen Nobelpreis bekommen.“

© SFV | Abb 6 – Wolf von Fabeck hatte juristische Vorgehensweise jahrelang als Weg zu mehr Klimaschutz verfochten. 2023 wurde die Klimaklage mit dem Fritz-Bauer-Preis ausgezeichnet, der vom SFV-Vorstand stellvertretend entgegengenommen wurde.

© SFV | Abb 7 – Da die Bundesregierung das „Klima-Urteil" des Bundesverfassungsgerichts missachtet, ist der SFV 2025 erneut vor Gericht gegangen. Die Mitglieder tragen weiterhin die Idee, Klimaschutz über den juristischen Weg zu erlangen.

Ein Teil der Lösung dieses Rätsels liegt wohl darin, dass von Fabeck in der Lage war, Menschen von seinen Ideen zu begeistern und damit selbst zu Vorreitern und Multiplikatoren zu machen. Genau das war es, was die gemeinschaftliche Energiewende von unten brauchte. Ein anderer Teil der Erklärung liegt darin, dass er beim Verlassen der Bundeswehr nicht ganz aufgehört hatte, ein preußischer Offizier zu sein. Wenn er eine Sache sorgfältig durchdacht hatte und zu einem Ergebnis gekommen war, dann brachte ihn so schnell nichts von seiner Überzeugung ab – und von seinem Engagement für die Sache. Das zeigte sich schon im Kampf gegen die Giftmüllschiffe vor Baltrum, dann auch bei der Durchsetzung des „Aachener Modells“. Gegen die Sturheit der bürokratisierten Stadtwerke setzte er seine eigene Beharrlichkeit und gewann.

Ähnlich war es später mit der Verfassungsklage gegen die klimapolitische Untätigkeit der Bundesregierung. Die Klage ging ganz maßgeblich auf eine Initiative von Fabecks zurück, der den SFV von der Einreichung im Jahr 2018 überzeugte. Mit dem „Klimaurteil“ des Bundesverfassungsgerichts im Frühjahr 2021 hatte sie in wesentlichen Punkten Erfolg. Von Fabeck hat diese juristische Vorgehensweise jahrelang als Weg zu mehr Klimaschutz verfochten. Der Jurist Prof. Dr. Felix Ekardt, der die Klage vor dem BVerfG schließlich vertrat, hat berichtet, wie er von Fabecks Idee anfangs für völlig aussichtslos hielt, aber in jahrelangen Diskussionen schließlich von ihrer Machbarkeit überzeugt wurde.

Wer mit Wolf von Fabeck zusammengearbeitet hat, wie vor allem die Mitarbeiter:innen des SFV, weiß, dass sein Beharren auf einer einmal eingenommenen Position durchaus auch anstrengend sein konnte. Dies wurde aber ausgeglichen durch persönliche Bescheidenheit (bis hin zum Konsumverzicht) und Großzügigkeit. Wenn er von seiner Familie erzählte oder über seine Vorfreude auf die nächste Chorfreizeit, dann merkte man, dass man es nicht mit einem kalten Technokraten zu tun hatte, sondern mit einem warmherzigen Menschen. Das galt auch, wenn die Sprache auf die zunehmenden Umweltkatastrophen kam, über deren Opfer er mit echter emotionaler Betroffenheit sprechen konnte.

Und man nahm seine Unbedingtheit in der Sache umso lieber hin, als sie Bedingung großer Erfolge der Energiewende- und Klimabewegung gewesen ist. Von der Gründung des SFV 1986 bis ins Jahr 2019 hat er den Verein als ehrenamtlicher Geschäftsführer in diesem Sinne geleitet. Seitdem war er Ehrenvorsitzender des SFV, und konnte sehen, wie der Verein seine Ideen mit der gleichen Akribie erfolgreich in der Politik, der Inspiration von Menschen und sachbezogen der Beratung von Solarfreunden umsetzte und dabei an Einfluss gewann.

Seit 2012 lebte von Fabeck mit seiner Frau Ursel nicht mehr in Aachen, sie waren zu Kindern und Enkeln nach Magdeburg gezogen. Vier Kinder sind aus dieser Ehe hervorgegangen. Bis zum Schluss – selbst nach Beendigung der aktiven ehrenamtlichen Geschäftsführer-Tätigkeit – reiste er jede Woche mit der Bahn nach Aachen, um Freunde zu treffen und im Kirchenchor zu proben. Auch in diesem Punkt erlaubte er sich keinerlei Inkonsequenz.

Den Nobelpreis hat Wolf von Fabeck nicht erhalten, aber für sein Lebenswerk wurde er 2005 von „Eurosolar“, der europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien, mit dem „Deutschen Solarpreis“ für sein persönliches Engagement ausgezeichnet. Der „Fritz-Bauer-Preis“ der Humanistischen Union, der 2023 an die Beschwerdeführenden bei der Klima-Verfassungsklage verliehen wurde, zeichnete ebenfalls niemanden mehr aus als von Fabeck, der diesen Prozess in Gang gebracht hatte. Und dasselbe gilt für die zahlreichen Auszeichnungen, die „sein“ Verein, der SFV, inzwischen gesammelt hat.

Der SFV spricht den Hinterbliebenen sein herzliches Beileid aus und denkt dankbar an seinen Ehrenvorsitzenden zurück. Wolf von Fabeck hinterlässt eine große Lücke. Sein Mut, seine Weitsicht und seine Beharrlichkeit werden ein bleibendes Vorbild sein. 

Wolf von Fabeck auf einem Solardach in Aachen

© SFV | Abb 8 – Bis ins hohe Alter – selbst nach Beendigung seiner ehrenamtlichen Geschäftsführer-Tätigkeit beim SFV – bliebt Wolf von Fabeck für den Klimaschutz aktiv. Hier bei einem Pressetermin in Aachen.