Verschlechterung der Vergütungssicherheit für alle Sparten der EE
Es geht um die Frage, ab wann der Netzbetreiber die Einspeisevergütung zahlen muss: In der Vergangenheit haben sich Netzbetreiber mehrfach ihrer Zahlungspflicht entzogen, indem sie den Anschluss von EE-Anlagen in rechtswidriger Weise verweigerten.
Vorbildlicher Lösungsansatz im Entwurf des BMU vom Aug. 2003
Im ersten Entwurf des BMU vom Aug. 03 wurde deshalb folgende wesentliche Stärkung der Rechtsposition des Anlagenbetreibers vorgenommen:§ 5 Vergütungspflicht |
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(1) Netzbetreiber sind verpflichtet, Strom der in Anlagen gewonnen wird, die ausschließlich Erneuerbare Energie oder Grubengas einsetzen, und der ihnen nach § 4 Abs. 1 oder Abs. 4 angeboten wird, nach Maßgabe der §§ 6 bis 12 zu vergüten. |
In der Begründung Teil B zum Entwurf vom Aug. 03 fand sich dazu an anderer Stelle unter § 3 Abs. 4 (Inbetriebnahme) folgende Erläuterung:
(...) Abgestellt wird auf den Zeitpunkt, an dem der Anlagenbetreiber erstmalig Strom zur Einspeisung in das Netz anbietet. Es ist daher ausreichend, wenn der Anlagenbetreiber das seinerseits Erforderliche getan hat, um Strom ordnungsgemäß in das Netz einspeisen zu können. Insbesondere kommt es nicht auf den Anschluss der Anlage oder eine Abnahme der Anlage durch den Netzbetreiber an. (...) |
Abschwächung im 2. Entwurf vom 18. Nov. 2003
Im Entwurf vom 18. Nov. 03 war die Verbesserung von § 5 Abs. 1 noch enthalten, wenngleich die Begründung etwas weniger ausführlich und eindeutig gehalten war.Doch das Roll-Back ging noch weiter
Endgültige Schwächung der Rechtsposition des EE-Anlagenbetreibers im Kabinettsentwurf vom 17.12.2003
Im Kabinettsentwurf vom 17.12.03 heißt es nunmehr in § 5:(1) Netzbetreiber sind verpflichtet, Strom der in Anlagen gewonnen wird, die ausschließlich Erneuerbare Energien oder Grubengas einsetzen und den sie nach § 4 Abs. 1 oder Abs. 4 abgenommen haben, nach Maßgabe der §§ 6 bis 12 zu vergüten. |
(Hervorhebung jeweils durch den SFV.)
Nunmehr soll eine Vergütungspflicht also nur noch vorliegen, wenn der Strom durch die Netzbetreiber abgenommen wird. Damit bleibt es beim unbefriedigenden Zustand des alten EEG. Durch Nichtabnahme des Stroms kann sich der Netzbetreiber weiterhin der Vergütungspflicht entziehen. Da es auch keine Strafbestimmung gibt, ist der Anlagenbetreiber ihm wirtschaftlich ausgeliefert.
In besonders frecher Weise wird zur Zeit die rechtswidrige Nichtabnahme von EE-Strom durch die E.DIS in ihrem Versorgungsgebiet praktiziert. Einen Ablehnungs-Brief der E.DIS finden Sie im Anhang.
Um den Umfang dieser rechtswidrigen Aktionen besser abschätzen zu können, bittet der SFV um Zusendung weiterer Ablehnungsbescheide (auch aus anderen Netzgebieten) per Telefax 0241-535786 (Anonymität wird zugesichert).
Prozesstaktische Überlegungen
Der gravierende Unterschied zwischen den zur Diskussion stehenden Gesetzesformulierungen ("angebotenen Strom" oder "eingespeisten Strom") ergibt sich erst, wenn man den praktischen Verlauf eines Streitfalles zwischen EE-Anlagenbetreiber und Netzbetreiber bedenkt.
Einstweilige Verfügung nicht möglich
Im neuen Kabinettsentwurf sowie im derzeit gültigen EEG findet sich zwar die Verpflichtung für den Netzbetreiber, die EE-Anlagen anzuschließen und den eingespeisten Strom zu vergüten. Im Kabinettsentwurf heißt es sogar "unverzüglich an ihr Netz anzuschließen". Diese Formulierung - obwohl sie für den juristischen Laien vielversprechend klingt - bringt dem EE-Anlagenbetreiber aber keinen Vorteil:Eine einstweilige Verfügung zum unverzüglichen Anschluss erreicht der EE-Anlagenbetreiber nur, wenn er - unter anderem - den Richter davon überzeugen kann, dass ein Anschluss technisch überhaupt möglich ist. Wenn der Netzbetreiber behauptet, dass irgendwelche technischen Gründe dagegen stehen, wird der Richter wohl eher den "Fachleuten" der Stromwirtschaft glauben.
Kein Risiko für den Netzbetreiber
Falls der Netzbetreiber seiner Verpflichtung nicht nachkommt, riskiert er keine Strafe und keinen privatrechtlichen Nachteil. Der ausgebremste EE-Anlagenbetreiber kann nur auf Anschluss seiner Anlage an das Netz klagen und warten, ob das Gericht ihm Recht gibt. Der Ausgang des Prozesses kann Monate und sogar Jahre dauern.Falls der EE-Anlagenbetreiber den Prozess gewinnt, steht ihm nur die Vergütung für den "eingespeisten Strom" zu, d. h. von dem Moment an, zu dem die Anlage schlussendlich angeschlossen worden sein wird. Seine finanziellen Verluste könnte er allenfalls in einem Schadenersatzprozess geltend machen.
Schadenersatz bei Nichtanschluss zweifelhaft
Schadenersatz kann der EE-Anlagenbetreiber nur verlangen, wenn er durch Gutachten oder in anderer Weise nachweist, dass der Netzbetreiber schuldhaft den Anschluss der Anlage verzögert hat, z.B. indem er eine erforderliche Netzverstärkung nicht rechtzeitig in Auftrag gegeben hat. Diesen Nachweis zu führen, ist außerordentlich schwierig, zumal für jeden einzelnen Tag der Verzögerung das Verschulden des Netzbetreibers bewiesen werden muss.Jeder einzelne Tag, für den ein Verschulden des Netzbetreibers nicht dargelegt werden kann, bedeutet also einen finanziellen Verlust für den EE-Anlagenbetreiber.
Referentenentwurf stärkte Position des EE-Anlagenbetreibers
Anders wäre die Rechtslage bei der in den Referentenentwürfen enthaltenen Formulierung gewesen, nach der der Netzbetreiber den angebotenen Strom zu vergüten habe: Dem EE-Anlagenbetreiber hätte dann also eine Vergütung von dem Moment an zugestanden, an dem seine Anlage fertig gestellt ist. Er hätte vor Gericht unmittelbar auf Zahlung der Vergütung klagen können.Der Netzbetreiber hätte dann allenfalls damit argumentieren können, dass die EE-Anlage noch nicht betriebsbereit war oder dass er nach Lage der Dinge nicht zuständig für die Aufnahme des Stromes gewesen sei.
Die Beweislast wäre hier zu Gunsten des EE-Anlagenbetreibers umgekehrt.
Jede Verzögerung des Anschlusses hätte nunmehr einen finanziellen Verlust für den Netzbetreiber bedeutet.
In Anbetracht der Interessenlage und in Anbetracht der Machtverteilung zwischen den Parteien wäre dies die ausgeglichenere Lösung gewesen.
Echo auf die Verschlechterung des Kabinettsentwurfs vom 17.12.03
Schon wenige Stunden nach Bekanntwerden der vorgesehenen Verschlechterung im Kabinettsentwurf vom 17.12.03 wandten sich Besteller zweier großer PV-Anlagen an den SFV mit der Aussage, dass sie unter den jetzt gegebenen Umständen ihre Bestellung noch einmal überdenken würden. Eine Verzögerung ihres Netzanschlusses würde sie wirtschaftlich ruinieren.Appell
Der Solarenergie-Förderverein Deutschland appelliert dringend an die für die Erneuerbaren Energien engagierten Abgeordneten des Bundestages, die oben beschriebene Verschlechterung des Kabinettsentwurfs wieder rückgängig zu machen.Wir empfehlen auch unseren Mitgliedern und Freunden, sich mit ihren Sorgen zu Wort zu melden.
Besonders befasst mit der Thematik - und möglicherweise bereit, hier eine Verbesserung durchzusetzen - sind folgende Abgeordneten, an die sich der SFV in einem persönlichen Schreiben wenden wird:
axel.berg@bundestag.de, marco.buelow@bundestag.de, hans-josef.fell@bundestag.de, michaele.hustedt@bundestag.de, ulrich.kelber@bundestag.de, michael.mueller@bundestag.de, gesine.multhaupt@bundestag.de, hermann.scheer@bundestag.de |
Wir empfehlen auch, die Vertreter der Fachverbände der verschiedenen Sparten der Erneuerbaren Energien anzusprechen.
Beispiel für eine Anschlussverweigerung
Von e.dis Aktiengesellschaft Herr Bittrich PF 1443 15504 Fürstenwalde/Spree Anfrage zum Netzanschluss einer Photovoltaikanlage (PV) mit 2,8 kW Nennleistung am Standort 16562 Bergfelde Sehr geehrter Herr XXXX,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 1. November 2003 zum Netzanschluss einer
PV.
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SFV-Kommentar:
Die Begründung, dass für den Anschluss einer 2,8 kW kleinen PV-Anlage erst eine weitere 110.000 Volt Hochspannungsleistung erforderlich sei, ist technisch absurd, weil der dezentral ins Niederspannungsnetz eingespeiste Strom aus einer PV-Anlage den Stromfluss in der 110.000 Volt Hochspannungsleitung nicht belastet, sondern sogar entlastet.