Datum: 04.01.02 Überarbeitet am 03.01.05

"Ökostromhandel" - ein strategischer Fehler

Die kompromisslose Ablehnung des "Ökostromhandels" durch den SFV hat neben zustimmenden auch ablehnende Kommentare ausgelöst.

Auf die häufigsten Einwände wollen wir hier eingehen.

  • Einwand: Der Streit um "Ökostrom" sei unnötig und schädlich

    Unsere Antwort: Die Umweltbewegung ist groß geworden, weil sie Gedanken, die jeder für richtig hielt, von Grund auf hinterfragt hat. Nichts anderes tun wir in der Ökostrom-Diskussion.
     
  • Einwand:Durch die freiwillige Selbstverpflichtung einiger Stromhändler würden doch immerhin einige zusätzliche Anlagen zur Nutzung Erneuerbarer Energien (EE-Anlagen) errichtet, die sonst wahrscheinlich nicht errichtet würden.

    Unsere Antwort:Wir sehen nicht nur die wenigen zusätzlich errichteten Anlagen, sondern wir sehen auch die Gefährdung des Erneuerbaren Energien-Gesetzes durch eine wirkungslose Alternative und deshalb warnen wir:

Die Notwendigkeit einer Gemeinschaftsaufgabe wird verkannt

In der Öffentlichkeit und unter vielen Politikern entsteht durch die Werbung und sonstigen Aktivitäten der sogenannten "Ökostromhändler" der irrige Eindruck, man könne durch freiwillige Selbstverpflichtung einen nennenswerten Beitrag zur Energiewende erreichen, man könne sogar für den Notfall eine Ersatzlösung für das EEG entwicklen (sozusagen eine zweitbeste Lösung).

Die Werbung für den Kauf von sogenanntem Ökostrom lässt das Gefühl dafür verlorengehen, dass die Energiewende eine Gemeinschaftsaufgabe ist, die gemeinsam angegangen werden muss -

  • aus moralischen Gründen
  • weil sie von Idealisten alleine niemals zu schaffen ist.

Das Kundenpotential wird extrem überschätzt.

Zur Zeit wird von Kunden, die zu freiwilligen Mehrausgaben beim Stromkauf bereit sind, etwa 1 Prozent des deutschen Strombedarfs gekauft. Dem steht ein Angebot von Strom aus erneuerbaren Energien gegenüber, welches etwa zehn mal so groß ist. Die Folge: Müssten heute die Mindestvergütungen des EEG bei bestehenden Anlagen durch die Einnahmen aus dem Ökostromhandel bezahlt werden, so würde dies nur für 10 Prozent aller Anlagen zur Nutzung der Erneuerbaren Energien ausreichen. 90 Prozent müssten in Konkurs gehen.

Die Verfechter des Handels mit freiwillig verteuertem Strom machen geltend, dass durch Verbesserung der Werbung die Nachfrage gesteigert werden könnte. Doch auch hier bestehen enge Grenzen, wie folgende Abschätzung zeigt:

Etwa zwei Drittel des deutschen Stroms wird von der Industrie, Fabriken, Gewerbe, Bahnen etc. verbraucht. Diese Abnehmer stehen im Wettbewerb und sind deshalb im Regelfall nicht bereit, freiwillig höhere Strompreise als die Konkurrenz zu bezahlen.

Als Stromabnehmer für teureren Strom zum Ökopreis kommen somit (fast) nur private Stromverbraucher in Frage. Die privaten Stromverbraucher verbrauchen etwa 30 Prozent des deutschen Stroms.

Wenn es gelingen würde, jeden zehnten privaten Stromverbraucher zum Bezug von teurerem Strom zum Ökopreis zu bewegen (was eine extrem optimistische Annahme wäre), dann wäre das etwa ein Zehntel von 30 % des Deutschen Stromverbrauchs, also rund 3 Prozent. Da aber diejenigen privaten Stromverbraucher, die zu freiwilliger Mehrzahlung für ihren Strom bereit wären, im allgemeinen zu den sparsameren Stromkunden gehören, werden diese geschätzten 3 Prozent des Stromverbrauchs auch in Zukunft nicht erreicht.

Fazit: Selbst unter optimistischen Annahmen würde die Nachfrage nach Strom aus Anlagen zur Nutzung der Erneuerbaren Energien noch nicht einmal ausreichen, die schon bestehenden Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien auszulasten. Von einer Fortführung der Energiewende kann überhaupt nicht die Rede sein. Die Menge von Strom aus erneuerbaren Energien ist nicht nur jetzt schon erheblich größer als die Nachfrage, sie wächst auch deutlich schneller als die Nachfrage.

Ökostromhandel hat rechtliche Folgen

Korrekterweise sollten wir Umweltfreunde nicht von einem "Ökostromhändler" sprechen, sondern von einem STROM-Händler, der normalen Strom verkauft und zusätzlich eine mehr oder weniger glaubhafte ökologische Selbstverpflichtung eingegangen ist.

Dies ist kein spitzfindigen Streit nur um Worte. Hier gibt es durchaus praktische Konsequenzen:
In einem juristischen Streit zwischen Preußen Elektra und Schleswag, der bis zum Europäischen Gerichtshof gelangt ist, wurde ernsthaft der Vorwurf erhoben, das Stromeinspeisungsgesetz würde den freien Warenverkehr im "Ökostromhandel" beeinträchtigen.