Zukunftsenergieprogramm von Michaele Hustedt
Mit Kritik von Hans-Josef FellHans-Josef Fell MdB, Abgeordneter der Grünen und Energieexperte hat mehrere Aussagen des sogenannten "Zukunftsenergieprogramms" von Michaele Hustedt MdB (energiepolitische Sprecherin) und Rezzo Schlauch MdB beanstandet. Den vollständigen Text von Hans-Josef Fell haben wir am 11.10.01 ins Internet gestellt. Heute wiederholen wir ihn nur in Stichworten. Wir möchten unseren Leserinnen und Lesern die Gelegenheit geben, die Berechtigung der Kritik nachzuprüfen. Dazu finden Sie den Hustedt-Text ungekürzt am Schluss dieses Beitrages. Zum Auffinden der kritisierten Passagen klicken Sie bitte die einzelnen Kritikpunkte an; Sie werden dann direkt zu der Stelle des Hustedt-Textes geführt, auf die sich die Kritik bezieht.
Kritik von Hans-Josef Fell in Stichworten
- Frau Hustedt erweckt durch die Art der Präsentation im Internet fälschlich den Eindruck, es handele sich bei dem Papier um die abgestimmte Meinung der Grünen
- Frau Hustedt verschweigt, dass Erneuerbare Energien schon bis 2050 bei Setzung der geeigneten Rahmenbedingungen 100% zur Energieversorgung beitragen könnten. Sie verschiebt dieses Ziel in die ferne Zukunft. Man kann nicht 50% anstreben und dann hoffen, dass 100% daraus werden. Vielmehr erfordert es eine völlig andere Strategie, wenn man in einem absehbaren Zeitraum eine vollständige Energieversorgung mit Erneuerbaren Energien anstrebt.
- In allen Stellungnahmen der Kernenergielobby, der fossilen Lobby, der EU-Kommission (Grünbuch) wird betont, dass Erneuerbare Energien nicht ausreichen werden und daher Kernenergie und fossile Energieträger noch lange notwendig sind. Frau Hustedt stützt unbeabsichtigt die Argumentation der Befürworter der Atomenergie und der fossilen Energien.
- Auch für die Forschungspolitik ist es entscheidend, ob man eine Vollversorgung mit EE erreichen kann oder ob man weiter an der Verbesserung der Nutzung konventioneller Energien forschen muss.
- Frau Hustedt erweckt den Eindruck, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) solle durch ein Zertifikatesystem abgelöst werden. So untergräbt sie unnötigerweise die Stellung des EEG in der Auseinandersetzung mit anderen Fördermodellen.
- Frau Hustedt setzt auf Stromerzeugungsanlagen, die sich in kurzen Zeiträumen amortisieren. Dies wäre das Ende der Windenergie, der Fotovoltaik und der Geothermie.
- (Anmerkung des SFV:) Frau Hustedt erklärt, dass in der Vergangenheit Stromerzeugungsanlagen mit hohen Investitionskosten und geringen Betriebskosten gebaut wurden und dass sich dies in Zukunft ändern werde. Sie erwartet vermutlich kurzlebige, billige Spitzenlastkraftwerke, die mit teurem Erdgas betrieben werden, übersieht aber, dass gerade die Anlagen zur Nutzung der Erneuerbaren Energien kaum Betriebskosten verursachen, weil Sonnenschein und Wind keinen Pfennig kosten.
- Frau Hustedt klammert die Frage der begrenzten Ressourcen aus, wenn sie eine Ausbaustrategie bei Erdgas plant.
- Sie übersieht die Klimagefahren, die vom Erdgas drohen.
- (Anmerkung des SFV:) Wer eine Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien aufbauen will, sollte nicht auf den Ausbau der Stromerzeugung aus Erdgas setzen.
- Frau Hustedt erwähnt den Import von Steinkohle, ohne ihn kritisch zu hinterfragen.
- Frau Hustedt setzt sich für den raschen Aufbau einer Infrastruktur für Wasserstoff ein, obwohl noch nicht geklärt ist, ob es nicht andere, bessere Möglichkeiten gibt - z.B. die direkte Nutzung von Biogas, und lange bevor genügend Erneuerbare Energien zur Erzeugung des Wasserstoffs zur Verfügung stehen.
Hans-Josef Fell hält eine Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien in wenigen Jahrzehnten für realistisch. Er plädiert dafür, dies offensiv nach außen zu vertreten und nicht mit pessimistischen Szenarien selbst zu gefährden.
Das Zukunftsenergieprogramm von Michaele Hustedt
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,heute haben Michaele Hustedt und Rezzo Schlauch in Berlin ein Zukunftsenergieprogramm vorgestellt. In dem Papier "Vom atomaren zum solaren Zeitalter" wird eine Bilanz gezogen, was Bündnis 90/Die Grünen seit 1998 in der Energiepolitik erreicht haben und ein Ausblick auf die zukünftigen Aufgaben gegeben (siehe unten).
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Zeiss
-Mitarbeiter-
Büro Michaele Hustedt
Mitglied des Deutschen Bundestages
Energiepolitische Sprecherin Bündnis 90/DIE GRÜNEN
Luisenstraße 32-34
10117 Berlin
Tel: (030) 227 - 71639
Fax: (030) 227 - 76302
Email: mailto:michaele.hustedt@bundestag.de
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Vom atomaren zum solaren Zeitalter
Das Zukunftsenergieprogramm
vonMichaele Hustedt und Rezzo Schlauch
2. Oktober 2001
Impressum
Herausgeberin Bündnis 90/Die GrünenBundestagsfraktion
Platz der Republik 1
11011 Berlin
http: // www.gruene-fraktion.de
Verantwortlich Michaele Hustedt MdB
Rezzo Schlauch MdB
Bündnis 90/Die Grünen
Bundestagsfraktion
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Bezug Bündnis 90/Die Grünen
Bundestagsfraktion
Info-Dienst
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Fax: 030 / 227 56566
eMail: public@gruene-fraktion.de
Stand Oktober 2001
Inhalt
Vom atomaren zum solaren ZeitalterI. Die Energiewelt von morgen
II. Nur Pioniere besetzen Zukunftsmärkte
III. Die Kernfelder grüner Energiepolitik
1. Atomausstieg ist aktiver Klimaschutz
2. Die Zukunft ist dezentral und solar
3. Auf dem Weg zur Ökologischen Marktwirtschaft
4. Versorgungssicherheitnach dem 11. September 2001
5. Die Mischung macht's
IV. Viele Wege führen ins Grüne
1. Neue Mehrheiten
2. Energiepolitik in Europa
3. Investieren auch Sie in die solare Zukunft
V. Visionen werden Wirklichkeit - Die Bilanz der grünen Regierungsverantwortung:
1. Der Atomausstieg ist da
2. Die Ökosteuer - so einfach wie überzeugend
3. Unsere Energie ist grün - Der Einstieg ins Solarzeitalter
4. Kraft-Wärme-Kopplung - Die Brücke ins Solarzeitalter
5. Sparen zahlt sich aus
VI. Grüne Perspektiven - Die Politik der nächsten Jahre
Vom atomaren zum solaren Zeitalter
Das Zukunftsenergieprogramm von Michaele Hustedt und Rezzo Schlauch, 2. Oktober 2001Brauchen wir nach der Auflösung der Monopolwirtschaft überhaupt noch eine Energiepolitik? Wir meinen: Ja - und zwar ein grüne! Aus drei Gründen:
1. Stichwort Wettbewerb:
Die Energiewirtschaft in Deutschland befindet sich in einem
tiefgreifenden Umbruch. Durch die Liberalisierung des Marktes
wurde zwar die Monopolwirtschaft beseitigt. Doch die neuen
Strukturen sind noch nicht gefestigt. Es besteht die Gefahr, dass
sich in kurzer Zeit ein Kartell einiger weniger Anbieter bildet
und der Wettbewerb dann nicht mehr funktioniert. Deshalb muss die
Entwicklung des Energiemarktes politisch begleitet werden.
2. Stichwort Klimaschutz
Alles deutet darauf hin, dass das Klima sich bereits zu verändern
beginnt. So drohen immer mehr Naturkatastrophen - mit
weitreichenden Folgen für die Menschen, die Wirtschaft und den
internationalen Frieden.
Eine der Hauptursachen für die Klimaveränderung ist die
derzeitige Energieversorgung. Rasch und konsequent müssen wir zu
einer zukunftsfähigen Energiewirtschaft finden. Die Ziele sind
hoch gesteckt: Bis 2005 müssen die deutschen CO2-Emissionen
(bezogen auf 1990) um 25 Prozent reduziert werden, bis 2025 um
ca. 40, bis 2050 sogar um ca. 80 Prozent! Zu schaffen ist dies
nur durch einen grundlegenden Wandel. Um gesellschaftliche und
wirtschaftliche Verwerfungen zu vermeiden, muss dieser Wandel
langfristig und berechenbar gestaltet werden.
3. Stichwort 11. September
Die Anschläge auf die USA haben uns tief erschüttert. Auch in der
Energiepolitik müssen wir uns mit dieser neuen Form der Bedrohung
auseinandersetzen und uns fragen, wie wir den Risiken
terroristischer Angriffe begegnen. Einen absoluten Schutz wird es
nicht geben. Wie notwendig aber gerade der Ausstieg aus der
Atomenergie ist, wird uns durch den 11. September in
erschreckender Weise vor Augen geführt.
Umso schneller müssen wir jetzt die Umstrukturierung unserer
Energieversorgung - Ausbau einer dezentralen Versorgungsstruktur,
Energiesparen und der Ausbau der Erneuerbaren Energien -
vorantreiben.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik sind Bündnis 90/Die Grünen an der Bundesregierung beteiligt. Welche Grundsätze, Überlegungen und Visionen uns leiten, soll dieses Energieprogramm verdeutlichen. Es zieht eine Bilanz dessen, was wir seit 1998 erreicht haben, und skizziert die Aufgaben, die in nächster Zeit vor uns liegen.
I. Die Energiewelt von morgen
Die Energiewirtschaft steht in den nächsten Jahren und Jahrzehnten vor einem grundlegenden Wandel. Einerseits müssen ausreichende Energiedienstleistungen für eine wachsende Zahl von Menschen zu fairen Bedingungen verfügbar gemacht werden. Andererseits steht die Umstellung der Energiebasis für menschliches Wirtschaften bevor: Vom fossilen und nuklearen Zeitalter setzt Deutschland an zum Sprung ins solare Jahrhundert. Triebkraft der Veränderungen sind vor allem die ökologischen Herausforderungen, insbesondere der schleichende Klimawandel mit seinen dramatischen Folgen für die Menschheit. Bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts ist der weltweite Ausstoß der Treibhausgase um etwa die Hälfte zu reduzieren. Dabei legt das Recht der Entwicklungsländer auf nachholende Entwicklung den Industriestaaten eine höhere Verantwortung auf: Sie haben die Treibhausgasemissionen bis 2025 um 40 Prozent und bis 2050 um 80 Prozent zurückzuführen - allein um das Schlimmste zu verhindern. Eine weitere neue Herausforderung nach dem 11. September ist die Sicherheit unserer Energieversorgung. Die Terroranschläge in den USA haben uns schlagartig deutlich gemacht, wie verletzlich und angreifbar unsere offene Gesellschaft und Wirtschaft ist. Dies gilt in besonderer Weise auch für unsere Energieversorgung. Wer heute von Versorgungssicherheit spricht, darf das Kriterium der Anfälligkeit gegenüber Terror und Krieg nicht mehr vernachlässigen. Dies gilt insbesondere für Atomanlagen, aber auch für Gas-und Stromleitungen sowie die Versorgung mit Öl. Auch wenn es keinen absoluten Schutz geben kann - wir müssen die Risiken, die in unterschiedlicher Weise mit den einzelnen Energieträgern verbundenen sind, erheblich vermindern. Zukunftsfähige Energiepolitik muss deshalb so gestaltet werden, dass die entwickelten Strukturen und Technologien so flexibel und eingriffstolerant sind, dass nachhaltige Entwicklung auch in einer Welt möglich bleibt, die bis auf weiteres keineswegs frei von Gewalt und krimineller Energie bleiben wird. Unsere Ziele für den Klimaschutz sind anspruchsvoll, aber keineswegs utopisch. Sie zu erreichen erfordert zwar erhebliche Anstrengungen, eröffnet aber auch gerade einem Staat wie Deutschland neue Chancen. Dem Energiesektor kommt dabei eine herausragende Rolle zu. Die Antworten auf Klimawandel und Terrorgefahren sind dabei die gleichen: Eine dezentrale Energieversorgung , Energie sparen und die Verwendung von Erneuerbaren Energien . Wir müssen weg von der Anfälligkeit zentraler Großtechnologien wie der Atomkraft, weg von der Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten und hin zur einer dezentralen Energieversorgung.
Vor dem Hintergrund einer stark wachsenden Weltbevölkerung kann
die Reduzierung der Treibhausgasemissionen nur gelingen, wenn wir
die Energie künftig wesentlich effizienter nutzen. Wir müssen die
Energie in der Wirtschaft und den privaten Haushalten sparsamer
anwenden, sie aber auch in den Kraftwerken gezielter ausnutzen.
Es gibt bereits umfangreiche technologische Verbesserungen wie
beispielsweise das Niedrigenergie- und Plusenergiehaus, neue
Beleuchtungssysteme, verbesserte Motoren und neue Materialien.
Aber auch die vielfältigen Möglichkeiten moderner Informations-
und Kommunikationssysteme, neue Organisationsstrukturen und
verändertes Konsumverhalten können dazu beitragen, die Energie
intelligenter - und damit preiswerter - zu nutzen.
Gleiches gilt für die Erzeugung von Strom und Wärme. Mit Hilfe
neuer technologischer Konzepte wie Kraft-Wärme-Kopplung, Gas- und
Dampfturbinen-Kraftwerken, Mikroturbinen und Brennstoffzellen
konnten in den letzten Jahren die Energieausnutzung enorm
gesteigert und neue Anwendungsfelder erschlossen werden. Neue
Materialien haben die Nutzungsgrade für alle Kraftwerkstypen in
Größenordnungen getrieben, die noch vor kurzem als unerreichbar
galten. Und das Entwicklungspotenzial ist noch lange nicht
ausgeschöpft.
Langfristig kann und muss eine solch hocheffiziente
Energiewirtschaft vollständig auf erneuerbaren Energiequellen
basieren. Die Nutzung von Sonne, Wind, Wasser, Erdwärme und
Biomasse wird in den verschiedenen Erdregionen unterschiedliche
Bedeutung gewinnen. Schon heute stehen Technologien zur
Verfügung, die bei fairem Wettbewerb konkurrenzfähig sind
gegenüber fossilen und nuklearen Energieträgern. Auf anderen
Feldern, etwa der Solarenergie, ist die Technologie noch lange
nicht ausgereift. Aber auch hier zeichnen sich bereits die
Konturen der Zukunft ab.
Eine der wichtigsten Herausforderungen ist die Integration der
regenerativen Erzeugungstechnologien. In Zukunft werden
dezentrale Strukturen eine besondere Rolle spielen. Der
intelligenten Verknüpfung wie auch den Technologien zur
Energiespeicherung werden die Schlüsselrollen zukommen.
Kritik von Hans-Josef Fell
Bei der Entwicklung von Innovationen, der Erprobung von Technologien sowie deren breiter Einführung und Anwendung wird die internationale Komponente immer wichtiger werden. Die Welt von morgen wird globaler sein - besonders im Bereich der Energiewirtschaft.
II. Nur Pioniere besetzen Zukunftsmärkte
US-Präsident George W. Bush begründete seine destruktive Position bei den internationalen Klimaschutzverhandlungen bisher damit, dass aktiver Klimaschutz seinem Land wirtschaftliche Nachteile bringe. Diese Position, die sich aus Bushs enger Verbundenheit mit der Öl-, Kohle-, Atom- und Gasindustrie erklärt, wird auch von einigen deutschen Politikern vertreten. Hat Bush also recht mit seiner These? Ist es für ein Land tatsächlich von Nachteil, Vorreiter im Umwelt- und Klimaschutz zu sein? Die Antwort ist eindeutig: Nein. Unsere Gegenthese lautet: Wer nur den alten Acker pflügt, wird in der globalen Weltwirtschaft bald auch wirtschaftlich abgehängt.Man muss sich vergegenwärtigen, welche Rolle eine entwickelte Industrienation wie Deutschland in der globalisierten Weltwirtschaft spielt. Wir können mit den Schwellen- und damit Niedriglohnländern nicht in jenen Industriezweigen konkurrieren, in denen es vor allem auf niedrige Arbeitskosten ankommt. Wir können und wollen weder unsere Sozial- noch die Ökostandards auf ein niedrigeres Niveau absenken. Wir werden nur dann wirtschaftlich erfolgreich sein, wenn wir auf unsere Stärken setzen: Bildung, Forschung, Innovation. Wir müssen Qualität liefern und Pioniermärkte besetzen.
Pioniermärkte für die Zukunft zu erkennen, ist nicht einfach. Deshalb müssen wir den gesellschaftlichen Dialog über die Zukunft verstärken und Interdisziplinarität fördern. Wichtig ist, dass möglichst viele "schlaue Köpfe" aus den verschiedenen Lebenswelten und Regionen in die Diskussion eingebunden sind. Zukunftsmärkte sind oft unsicher. Doch dies gilt nicht für den Markt der Umweltprodukte und umweltfreundlichen Technologien. Denn er begründet sich durch eine objektive Logik: Einerseits wachsen Weltbevölkerung und Energieverbrauch durch die Entwicklung in den Schwellenländern, andererseits müssen wir unseren "blauen Planeten" bewahren - sofern die Menschheit sich nicht selbst vernichten will. Der Markt für Umweltprodukte und umweltfreundliche Technologien ist ein sicherer Zukunftsmarkt. Die These von George W. Bush ist also offensichtlich falsch. Die Vorreiterrolle im Umwelt- und Klimaschutz zu besetzen, bedeutet einen gewichtigen wirtschaftlichen Vorteil. Nur wer früh auf Innovationsmärkte setzt, kann sie auch erobern.
Viele Länder der Welt orientieren sich wirtschaftlich an den hochentwickelten Industrienationen. Deshalb müssen wir in Deutschland den eigenen Markt als Schaufenster nutzen. Nur wenn wir die Zukunftstechnologien im eigenen Land einsetzen, werden wir sie auch exportieren können. So erlangen wir wirtschaftlichen Erfolg und dynamisieren gleichzeitig die internationalen Verhandlungen zum Klimaschutz.
Es braucht also mehr als Forschung und Pilotprojekte. Notwendig ist die breite Markteinführung innovativer Technologien, um ihre Akzeptanz und Weiterentwicklung zu gewährleisten. Im alltäglichen Gebrauch müssen die neuen Produkte beweisen, dass sie ihre Funktion erfüllen. Dies ist der entscheidende Motor für die Innovationsdynamik.
Als reiche Industrienation haben wir eine Verantwortung für die Weiterentwicklung umwelt- und klimafreundlicher Technologien. Wir haben darüber hinaus die Fähigkeiten und die finanziellen Möglichkeiten, Technologiesprünge zu erreichen. Es liegt im Interesse aller, dass wir diese Aufgabe auch wahrnehmen. Im zweiten Schritt müssen wir dann die Entwicklungs- und Schwellenländer in die Lage versetzen, beim Aufbau ihrer Wirtschaft gleich auf moderne Technologien zu setzen. Ein ausreichender Kapitaltransfer ist dabei die Voraussetzung für den notwendigen Know-how-Transfer.
III. Die Kernfelder grüner Energiepolitik
1. Atomausstieg ist aktiver KlimaschutzIn Deutschland und vielen anderen Staaten hat der Ausstieg aus der Atomenergie begonnen. Aus gutem Grund: Keine andere Energietechnologie birgt vergleichbare Risiken. Zentrales Argument für den Ausstieg aus der Atomenergie ist und bleibt die Gefahr von Unfällen - aber auch mit krimineller Energie herbeigeführten Anschlägen - mit katastrophalen Folgen für ganze Regionen und unkalkulierbaren Schäden für kommende Generationen. Hinzu kommen die vielfältigen Belastungen für Gesundheit und Umwelt in der gesamten Technologiekette - vom Uranabbau bis zur Plutoniumwirtschaft -, vor allem aber die ungelöste Frage, wie die radioaktiven Abfälle über Zehntausende von Jahren sicher gelagert werden können. Und nicht zuletzt behindert die Proliferation, das weltweite Anhäufen waffenfähigen Plutoniums, die Abrüstung und schafft in einer multipolaren Welt neue Gefahrenpotentiale. Eine Technologie, die solche Risiken birgt, kann nicht zukunftsfähig sein!
Aber verschärft der Atomausstieg nicht das Klimaproblem? Folgt man der Logik bisheriger Energiepolitik, bleibt nur der Ersatz eines großen Risikos durch ein anderes. Dies ist nicht der Weg, den wir Grünen gehen werden.
Atomausstieg und Klimaschutz sind keine Gegensätze. Der auf Atomenergie beruhende Weg zur Minderung der Treibhausgasemissionen führt in jedem Fall in eine klimapolitische Sackgasse.
Würde man die nuklearen Risiken in Kauf nehmen und die Atomenergie in aller Welt ausbauen, so würden die nuklearen Probleme über kurz oder lang eskalieren; die Akzeptanz der Atomkraft würde zusammenbrechen. Die Klimaschutzpolitik, die ja auf langfristige Emissionsminderung abzielt, müsste kurzfristig und ruckartig neu ausgerichtet werden. Und das wiederum würde zu erheblichen wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen führen. Eine wirkliche Lösung bildet nur die alternative Strategie von Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien, mit der die Risiken insgesamt auf ein Minimum zurückgeführt werden. Dieses Vorgehen erfordert jedoch ganz andere technische, institutionelle und wirtschaftliche Strukturen als der nukleare Weg. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ist der Ausstieg aus der Atomenergie auch wirtschaftlich sinnvoll.
Nun setzen manche auf den Ausbau der Atomkraft in Ländern wie China und Russland. Natürlich kann die deutsche Atomindustrie dort eventuell ein neues Aufgabenfeld finden. Aber selbst Atomfreunde müssten angesichts der Folgen schaudern, die die Atom-Technologie in undemokratischen und ökonomisch nicht gefestigten Systemen haben könnte. Es gibt weder ausreichende Sicherheitsstandards, noch ist sicher gestellt, dass das entstehende waffenfähige Plutonium nicht in die falschen Hände gerät. Der 11. September mahnt uns auch hier! Nur der Atomausstieg minimiert das gesamte Risiko. Damit ist er die einzige wirklich vorsorgende Klimaschutzpolitik.
Die Entwicklung der Atomwirtschaft war geprägt durch eine unheilvolle Symbiose von Politik und Wirtschaft, die faktisch eine Sonderwirtschaftszone für die Atomenergie geschaffen hat. Die Bandbreite der spezifischen Bevorteilungen reicht von weitgehenden Haftungsfreistellungen über Sonderregelungen für Rückstellungen bis hin zu einer Vielzahl von offenen und verdeckten Subventionen.
Die Schaffung wirklich gleichberechtigter Ausgangsbedingungen für die verschiedenen Optionen der Energieversorgung würde der Nuklearindustrie ihre wirtschaftliche Grundlage entziehen. Der massive Widerstand der Nuklearindustrie gegen eine solche Neuordnung bildet somit einen weiteren Grund für den Ausstieg aus der Atomenergie - im Interesse fairer Ausgangsbedingungen für zukunftsfähige Energiemärkte.
Der Atomausstieg war ein Gründungsthema der grünen Partei. Langer Atem zahlt sich aus: Dank der beharrlichen Politik von Bündnis 90/Die Grünen ist der Einstieg in den Atomausstieg geschafft. Mit der Unterzeichnung des Atomkonsenses und der Novellierung des Atomgesetzes läutet Deutschland ein neues Zeitalter in der Energiepolitik ein. Das Atomfördergesetz wird zum Ausstiegsgesetz. Die deutschen Atomkraftwerke werden im Durchschnitt noch zwölf Jahre laufen. Bereits in der nächsten Legislaturperiode werden die ersten AKWs vom Netz gehen, und auch die Wiederaufbereitung der Brennstäbe wird gestoppt.
2. Die Zukunft ist dezentral und solar
Die Energiewirtschaft steht vor einer Revolution: Die Zukunft ist
dezentral und flexibel, vielfältig und solar, fehler- und
eingriffstolerant.
Die Entscheidungslogik vor allem in der Stromwirtschaft war in
den vergangenen Jahrzehnten durch die Monopolsituation der
Versorger geprägt. Kapazitäten wurden großzügig geplant,
Technologien mit hohem Kapitaleinsatz und niedrigen
Betriebskosten bevorzugt. Denn die Grundlage für die behördliche
Genehmigung der Monopolpreise bildete die garantierte Verzinsung
des eingesetzten Kapitals. So entstand ein
Energieversorgungssystem, das durch Großkraftwerke, ein zentrales
Verbundnetz und erhebliche Überkapazitäten geprägt ist. Das
wirtschaftliche Risiko trug der Stromverbraucher. Selbst
Kraftwerke, die nie oder nur für einen kurzen Zeitraum ans Netz
gingen, wurden vom Stromkunden vollständig abbezahlt.
Die Energiewirtschaft der Zukunft wird einer anderen Logik
folgen. Nur durch dezentrale und flexible Systeme kann sie
zukunftsfähig, und das heißt: umweltverträglich werden. Aber auch
weil diese Flexibilität zu einer marktwirtschaftlich
ausgerichteten Energiewirtschaft besser passt, da die
unternehmerischen Risiken minimiert werden.
Dezentrale Systeme werden nicht nur die klassische
Aufgabenverteilung von Energieversorger und Energieverbraucher
ineinander übergehen lassen. Sie können - zumal unter den
Rahmenbedingungen einer Welt mit Konflikten und krimineller
Energie - einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit
leisten.
Auf Verbraucherseite werden Wärmedämmung, sparsame
Haushaltsgeräte und effiziente Produktionsverfahren dazu
beitragen, dass möglichst wenig Energiebedarf entsteht. Durch
integrierte Technologien wie intelligente Netze und neue Software
in Geräten und Anlagen kann die Energie individuell und optimal
ausgeschöpft werden. Der verbleibende Energiebedarf wird in
steigendem Maße dezentral vor Ort produziert werden, zum Beispiel
durch Solarthermie oder Biogas, durch Mikroturbinen oder
Brennstoffzellen. Versorgungssicherheit wird dadurch garantiert,
dass die einzelnen Einheiten per Internet zu virtuellen
Kraftwerken zusammengeschaltet werden. Durch diese Koordination
werden Grund- und Spitzenlast gesichert.
Kritik von Hans-Josef Fell
Aufgabe der Politik ist es, die nötigen Voraussetzungen zu
schaffen. So muss die Forschung in der Einspartechnik
(Nullemissionshaus, Nullemissionsfabrik) und den regenerativen
Energien (Photovoltaik, Solarthermie, Wind, Biomasse, Erdwärme,
Wellen- und Gezeitenkraftwerke), in den Bereichen der kleinen
effizienten Umwandlungstechniken wie Mikroturbine und
Brennstoffzelle, der intelligenten Netze und der virtuellen
Kraftwerke, verstärkt werden. Damit die Preise sinken, müssen
Anreize für die Massenproduktion geschaffen, muss die
Markteinführung innovativer Produkte gezielt gefördert werden.
Große Bedeutung kommt den schon bald anstehenden
Infrastrukturentscheidungen zum Stromtransport zu: Setzen wir
weiter auf eine zentralistische Netzstruktur oder nutzen wir die
neuen Möglichkeiten der Computertechnologie, um dezentrale Netze
aufzubauen?
Deshalb haben wir Grünen das Gesetz zur Förderung Erneuerbarer
Energien (EEG) durchgesetzt und innerhalb des Bonusgesetzes zur
Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) auf eine besondere
Förderung kleiner Blockheizkraftwerke und der Brennstoffzelle
bestanden. Schritt für Schritt beenden wir das Zeitalter der
fossilen Energien: Wind- und Sonnenenergie werden durch die
Brennstoffzelle ergänzt; diese Technologie wiederum stellen wir
nach und nach um von Erd- auf Biogas oder solar erzeugten
Wasserstoff. Mit der Energiesparverordnung und dem
Altbausanierungsprogramm schließlich fördern wir Innovation und
Effizienz im Gebäudebereich. Die Ökosteuer gibt einen Anreiz,
Energie einzusparen.
3. Auf dem Weg zur Ökologischen Marktwirtschaft
Auch der Energiesektor braucht marktwirtschaftliche Strukturen,
wie sie sich in vielen Bereichen der Wirtschaft als deutlicher
Vorteil erwiesen haben. Faire und funktionierende Marktstrukturen
führen zu effizienterem Wirtschaften. Sie geben Anreize für eine
dynamische Entwicklung und helfen, Verkrustungen aufzubrechen und
die Verquickungen zwischen Politik und Wirtschaft zu lösen. Die
Abschaffung der Monopole in allen Bereichen der Energiewirtschaft
ist deshalb ein wichtiger Schritt in die Zukunft der Energie- und
Umweltpolitik.
Allerdings ist Wettbewerb weder Selbstläufer noch Selbstzweck.
Die Entwicklung der letzten Jahre hat gezeigt, dass sich bei
unzureichender Flankierung der Marktöffnung Oligopole bilden
können, die den Wettbewerb behindern. Und es kann sogar zu
massiven Problemen bei der Energieversorgung kommen. So ist
Kalifornien durch Strom-Black-outs von einer großen
Wirtschaftskrise bedroht, weil der Markt falsch reguliert wurde.
Wer also in den Markt regulierend eingreift, muss die richtigen
Instrumente wählen.
Damit der Energiemarkt funktioniert, braucht es Rahmenbedingungen
und Strukturen, die eine Erhaltung und stetige Intensivierung des
Wettbewerbs absichern. Möglichst viele Akteure müssen einen
gleichberechtigten Zugang zum Markt erhalten. Dazu gehören die
deutliche Trennung der einzelnen Funktionsbereiche - Erzeugung,
Übertragung, Verteilung und Vertrieb -, faire
Netzzugangsbedingungen für alle, eine strikte Fusionskontrolle
sowie die besondere Begleitung der Übergangsphasen zum
Wettbewerb.
Kritik von Hans-Josef Fell
Kritik von Hans-Josef Fell
Die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs sind nur dann wirklich tragfähig, wenn sie auch die Interessen kommender Generationen und der Umwelt berücksichtigen. Die Zielrichtung muss deshalb sein, den Wettbewerb weniger auf die Energieträger, als vielmehr auf energiesparende und umweltfreundliche Produkte oder Dienstleistungen (warme Räume, Beleuchtung, Mobilität etc.) auszurichten.
4. Versorgungssicherheit nach dem 11. September
Die Debatte um die Versorgungssicherheit muss nach den
Ereignissen in den USA um eine Dimension erweitert werden: Die
Anfälligkeit der Energieversorgung gegenüber Terroranschlägen und
Kriegen.
Traditionell wurde Versorgungssicherheit mit der Bereitstellung
heimischer Primärenergie gleichgesetzt. Da die Importabhängigkeit
Deutschlands und der EU in den nächsten Jahren zunehmen wird, ist
die Diskussion über Versorgungssicherheit erneut aufgeflammt -
etwa in der Debatte um das Grünbuch der EU-Kommission. Die
Atomenergie wird als sicherer und wesentlicher Bestandteil eines
künftigen "Energiemix" beschrieben, die zu mehr
Versorgungssicherheit und mehr Unabhängigkeit von Energieimporten
in Europa beitragen soll.
Wir halten diesen Ansatz für falsch und überholt und fordern eine
differenziertere Betrachtung, gerade auch nach den Ereignissen am
11. September 2001:
Atomenergie ist keine sichere Technologie und deshalb kann sie
auch nicht zu mehr Versorgungssicherheit beitragen. Dies machen
die terroristischen Anschläge in den USA sehr deutlich.
Atomenergie ist auch in der Frage der Anfälligkeit gegenüber
Terror und Krieg die mit Abstand gefährlichste Energieform. Wenn
Terroristen bereit sind, Flugzeuge mit hunderten von Menschen zur
Bombe umzufunktionieren , um tausende unschuldige Menschen zu
töten, dann sind sie auch bereit, Anschläge auf AKWs auszuüben.
Dagegen ist kein Atomkraftwerk hundertprozentig abzusichern. Die
Folgen wären in der dicht besiedelten BRD dramatisch. Wenn
Alternativen bestehen, muss auf die für Terroranschläge und
Katastrophen hoch anfällige Risikotechnologien verzichtet werden.
Das Abschalten von AKW`s ist damit ein wichtiger Beitrag zur
inneren Sicherheit und zur Minderung der Anfälligkeit unserer
Energieversorgung.
Auch unsere Gas- und Stromversorgung macht uns angreifbar. Es
reichen schon einige gezielte Terrorakte an den Knotenpunkten, um
ganz oder zumindest große Teile Deutschlands von Gas- und
Stromlieferungen zeitweise abzuschneiden. Die zunehmende
Importabhängigkeit von Gaslieferungen stellt sich ebenfalls als
Problem dar - Gas kann bislang nur aus Norwegen und Russland
bezogen werden.
Eine ähnliche Situation besteht seit langem bei der Ölversorgung.
Wir beziehen unser Öl vor allem aus der Krisenregion des Nahen
Osten. Wir hängen am Tropf. Eine weitere Destabilisierung könnte
zu großen Preiserhöhungen führen. Unsere Wirtschaft und unsere
Mobilität ist abhängig vom Frieden im Nahen Osten.
Für alle diese Probleme gibt es keine schnelle Lösung, keine
absolute Sicherheit. Aber es ist möglich, Risiken deutlich zu
mindern. Die Bedrohungsszenarien offenbaren, dass die Zukunft
einer sicheren Energieversorgung in kleinen, dezentralen
Strukturen liegt. Das macht sie weniger anfällig für
Terroranschläge und Katastrophen und steigert obendrein
Innovation, Effizienz und Umweltverträglichkeit. Auf Sonne und
Wind lassen sich keine Anschläge verüben. Energie sparen und
solare Energien sind damit auch der Schlüssel zu mehr
Versorgungssicherheit. An die Stelle zentraler und starrer
Infrastruktur müssen zunehmend dezentrale, flexible, fehler- und
eingriffstolerante Strukturen treten.
Wir befinden uns mit unserer Energiewende hier auf dem richtigen
Pfad, aber: Die Entwicklung von einer zentralistischen zu einer
dezentralen und solaren Energiewirtschaft muss jetzt noch mehr
beschleunigt werden. Die bündnisgrüne Regierungspolitik ist
deshalb gleichermaßen auf die Förderung der Energieeinsparung,
auf Energieeffizienz und auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien
ausgerichtet. Unser Ziel ist es, den Anteil der Erneuerbaren
Energien an der Stromerzeugung bis zum Jahre 2010 mindestens zu
verdoppeln und die Brennstoffzelle im KWK-Gesetz besonders zu
fördern.
Kritik von Hans-Josef Fell
Neu ist allerdings die Notwendigkeit, innerhalb einer
Marktwirtschaft dafür zu sorgen, dass die
Versorgungszuverlässigkeit gesichert bleibt. Das lehrt uns das Beispiel Kalifornien: Das Land ist durch die Strom-Black-outs
von einer großen wirtschaftlichen Krise bedroht. Die Ursachen
dafür liegen in einer falschen Regulierung des Marktes: Wer
Verkaufspreise deckelt, auch wenn die Primärenergiepreise (Gas
und Wasserkraft) aufgrund des heißen Sommers steigen, muss sich
nicht wundern, wenn Produzenten die Stromproduktion einstellen,
weil es sich für sie nicht mehr rechnet. Zwei Lehren ergeben sich
daraus: Erstens: Auch in einem wettbewerblich organisierten
Energiemarkt kann es zu steigenden Energiepreisen kommen. Und
zweitens: Wenn man regulierend in den Markt eingreift, sollte man
es richtig machen.
Darüber hinaus wird man sehr darauf achten müssen, dass eine
ausreichende Versorgungsqualität gewährleistet ist. Strom ist ein
Produkt, an das besondere Anforderungen gestellt werden: Er muss
jederzeit zu einer gleichbleibenden Qualität und für jeden in der
notwendigen Menge zur Verfügung stehen. Die ausreichende
Investition in das Netz wird dabei zum zentralen Problem. Das
Netz ist ein natürliches Monopol und kann nicht beliebig von
anderen ersetzt werden. Der Netzbesitzer trägt deshalb die
besondere Verpflichtung zur Daseinsvorsorge. Bei wettbewerblichen
Rahmen muss darauf geachtet werden, dass zwar ein
wettbewerbsneutraler Zugang zum Netz gewährleistet wird, sich
aber für den Netzbesitzer die notwendigen Investitionen in das
Netz auch auszahlen.
Es bleibt dabei: Auf den Klimawandel, auf die Frage der
Sicherheit und auf die Endlichkeit der fossilen Ressourcen gibt
es nur drei richtige Antworten: Dezentrale Versorgungsstruktur,
Energieeinsparung und die Umstellung auf Erneuerbare Energien.
Denn solare Energie ist weltweit unbegrenzt vorhanden. Das 21.
Jahrhundert wird das Jahrhundert der Erneuerbaren Energien sein.
5. Die Mischung macht's
Innovation und Flexibilität bestimmen den Energiemarkt der
Zukunft. Zu komplex ist das Spannungsfeld von
Umweltverträglichkeit, wirtschaftlicher Effizienz und
Versorgungssicherheit, zu unterschiedlich sind die Technologien
und Anwendungsgebiete, als dass es einen "Königsweg" der
energiepolitischen Instrumente geben könnte.
Global steuernde Instrumente wie die Ökologische Steuerreform
oder der Emissionshandel werden eine wichtige Rolle spielen.
Ergänzt werden sie - auch abhängig vom jeweiligen
Entwicklungsstadium - durch eine Vielzahl von technologie-,
akteurs- oder sektorspezifischen Instrumenten. Bei marktnahen
Technologien sollten verstärkt wettbewerblich ausgerichtete
Instrumente wie Zertifikats- oder Ausschreibungsmodelle
eingesetzt werden. In Bereichen, in denen es vor allem
technologische Entwicklungen und die Markteinführung zu fördern
gilt, erhalten Garantiepreissysteme und Zuschüsse besonderes
Gewicht. Das erfolgreiche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist
ein Modell, dem viele Länder folgen werden. Auch Frankreich folgt
inzwischen dem deutschen Vorbild.
Dass eine solche Förderung nicht mit der EU-Gesetzgebung zum
freien Warenverkehr kollidiert, hat der Europäische Gerichtshof
mit seinem Urteil zum deutschen Stromeinspeisegesetz bestätigt.
Alle politischen Instrumente sollten ein hohes Maß an
wettbewerblichen Mechanismen beinhalten und sie sollten
akteursneutral sein. Und dies in desto stärkerem Maße, je weiter
die technologische Entwicklung fortschreitet und je marktnäher
die wirtschaftlichen Parameter sind. Einen besonderen Schwerpunkt
wird die Schaffung von neuen Marktsegmenten für energiesparende
und umweltfreundliche Technologien und Dienstleistungen bilden.
Der Abbau rechtlicher und anderer Hemmnisse sowie die
Unterstützung bei der Etablierung neuer Produkte werden dazu
führen, dass auf den ersten Blick ungewöhnliche Produkte wie das
Leasing energiesparender Fassaden selbstverständlich werden - als
neues Geschäftsfeld für die Wirtschaft und wichtiger Beitrag zur
Umweltentlastung.
Die maßgebenden Entscheidungskriterien für eine zukunftsfähige
Energiepolitik werden die konkreten Ziele, Strategien und
Ausgangsbedingungen sein. Eine "instrumentalistische" Fixierung
auf einzelne politische Instrumente wäre falsch.
Die bündnisgrüne Regierungspolitik setzt auf einen Mix ganz
unterschiedlicher Instrumente: Vom global steuernden Instrument
der Ökosteuer über sektorspezfische Maßnahmen wie die
Energiesparverordnung und Anreizsystemen wie dem Gesetz zur
Förderung erneuerbarer Energien bzw. das KWK-Ausbaugesetz bis zum
100.000-Dächer-Förderprogramm.
IV. Viele Wege führen ins Grüne
1. Neue MehrheitenAnfangs hat die Umweltbewegung gewarnt, entlarvt und vor allem gesagt, was sie nicht will. Doch das Zeitalter der Anti-Bewegung und der Abgrenzung ist längst vorbei. Später hat die Umweltbewegung Alternativvorschläge entwickelt, die bereits die wirtschaftlichen und sozialen Belange der Gesellschaft mit berücksichtigen. Spätestens mit der grünen Regierungsbeteiligung ist der Zeitpunkt gekommen, für diese ökologischen Konzepte Mehrheiten zu gewinnen. Es geht nicht mehr nur darum, was wir nicht wollen, sondern vor allem um das, was wir durchsetzen können - und darum, wen wir dafür als Verbündete gewinnen. Wir müssen neue strategische Allianzen schließen.
Wer den Weg frei machen will für Zukunftsindustrien, muss dafür sorgen, dass sich das Neue gegen das Alte durchsetzt. Das ist nicht einfach, denn das Alte hat viele Befürworter: Die, die nicht umdenken können und wollen, die, die in überholten Technologien investiert haben, und die, die dort arbeiten und um ihren Arbeitsplatz fürchten. Wenn wir Gegengewichte gegen die Beharrungskräfte in der Gesellschaft bilden wollen, müssen wir alle Entscheidungen im engen Dialog mit den Gewinnern einer nachhaltigen Politik vorbereiten. Die Gewinnerindustrien müssen zu Wort kommen.
Den Ausbau der regenerativen Energien fordern nicht nur die Umwelt- und Windkraftverbände, sondern auch die IG Metall und der VDMA, weil sie in den Erneuerbaren Energien einen großen Zukunftsmarkt für den Anlagenbau sehen. Die Bauern fordern den Ausbau der regenerativen Energien, weil er ihnen grundlegend neue Perspektiven eröffnet - der Bauer als Energiewirt -, und die Kirchen, weil sie darin einen Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung sehen. Bei der Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) hatten wir natürliche Verbündete in den Stadtwerken, die auch im liberalisierten Markt noch Strom produzieren wollen, in der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und in den Anlagenbauern. Und nicht zuletzt profitiert die Bauindustrie von einem groß angelegten Altbausanierungsprogramm. Diese breiten Bündnisse repräsentieren die Mehrheit der Gesellschaft - und sind damit durchsetzungsfähig.
Die Verknüpfung von wirtschaftlichen, weltanschaulichen und ökologischen Interessen zu neuen strategischen Allianzen ist der Kern einer neuen Umweltbewegung. Eine Bewegung, die nicht mehr nur gegen, sondern für etwas kämpft; eine Bewegung, die den Umweltschutz glaubwürdig mit der Schaffung von Arbeitsplätzen und Innovationen verknüpfen kann; eine Bewegung, die im Zentrum der Gesellschaft steht und damit die Kraft entwickeln kann, die bestehenden Blockaden in der Politik zu überwinden.
2. Energiepolitik in Europa
Energiepolitik endet nicht an den Staatsgrenzen. Viele Fragen
können nur auf europäischer oder globaler Ebene gelöst werden.
Doch die Energiepolitik der Europäischen Union leidet derzeit an
unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Während die Bereiche
Wettbewerbs- und Binnenmarktpolitik, die den Energiesektor stark
beeinflussen, ein hohes Tempo vorlegen, steht die europäische
Umweltpolitik ganz am Anfang. Noch besitzt die Europäische Union
kaum Kompetenzen, um die Herausforderungen in den Bereichen
Umweltschutz und Versorgungssicherheit anzunehmen und zu
meistern. Diese Situation erschwert und verzögert innovative
Politikansätze auch in den Mitgliedsstaaten.
Angesichts der vielfältigen Herausforderungen ist es
unerlässlich, die verschiedenen Modelle der einzelnen
Mitgliedsstaaten zu einem berechenbaren Ganzen zusammenzuführen.
Deshalb gehört es zu den vordringlichsten Aufgaben der EU-Reform,
die Europäische Union auf eine gemeinsame und rahmensetzende
Politik für Energieeffizienz und Erneuerbare Energien zu
verpflichten.
Weitere Aufgaben, die kurzfristig auf EU-Ebene gelöst werden
müssen, sind die Schaffung von verbindlichen Mindeststandards für
die Marktöffnung sowie die Ausgestaltung eines transparenten und
fairen Wettbewerbs auf den Strom- und Gasmärkten. Dabei darf es
nicht zur Bildung von europäischen Oligopolen kommen, wie sie bei
Marktabschottung oder unzureichender Marktregulierung entstehen
können.
Schließlich müssen die Sonderwirtschaftszonen für Kohle und
Atomenergie, die durch die EGKS-Verträge für Kohle und Stahl und
den Euratom-Vertrag entstanden sind, aufgehoben und in einen
gemeinsamen Rahmen überführt werden, der Chancengleichheit für
den Wettbewerb der verschiedenen Energieträger schafft.
Förderungen oder Privilegierungen sollten nur noch im Hinblick
auf die Lösung künftiger Herausforderungen, also für effiziente
Energienutzung und Erneuerbare Energien, gewährt werden. Die von
Bündnis 90/Die Grünen unterstützte Initiative für einen
Europäischen Vertrag für Erneuerbare Energien (EURENEW) ist ein
wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Auch im Hinblick auf die Osterweiterung der Europäischen Union
müssen die energiepolitischen Kompetenzen der EU gestärkt werden.
Der Anpassungs- und Reformbedarf der künftigen Beitrittsstaaten,
ihre spezifischen Probleme, aber auch ihr vergleichsweise
geringer wirtschaftlicher Spielraum machen die Etablierung eines
weitgehend widerspruchsfreien und konsistenten energiepolitischen
Rahmens unerlässlich, will man nicht die Chance einer
Energiepolitik für nachhaltig zukunftsfähige Entwicklung vertun.
Grüne Energiepolitik widmet daher der europäischen Dimension von
Energiepolitik große Aufmerksamkeit.
Wir wollen uns auch auf internationaler Ebene für faire
Wettbewerbsbedingungen im Energiesektor einsetzen und
unterstützen die Einrichtung einer Internationalen Agentur für
Erneuerbare Energien (IRENA). Es darf nicht sein, dass der
atomare Technologietransfer in Entwicklungsländer von der
Internationalen Atomenergie-Agentur geregelt wird, es aber keine
vergleichbare Institution auf dem Feld der Erneuerbaren Energien
gibt.
3. Investieren auch Sie in die solare Zukunft
Klimaschutzpolitik im allgemeinen, aber auch eine dezentral
strukturierte Energiewirtschaft im besonderen erfordert einen
breiten Konsens in der Gesellschaft und eine große Vielfalt der
Akteure. Sie bietet gleichzeitig jedem die Möglichkeit zur
aktiven Beteiligung. Die Ermunterung dazu ist ein elementarer
Bestandteil grüner Politik.
Jeder kann mitmachen: Wer ein Eigenheim hat, kann es optimal
isolieren, das warme Wasser mit Hilfe der Sonne produzieren oder
eine Photovoltaik-Anlage zur Stromerzeugung auf dem Dach
installieren. Dank dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und
diversen Förderprogrammen rechnet sich das. Schon beim einfachen
Strombezug kann man sich für den zertifizierten "Grünen Strom
entscheiden, der mittlerweile flächendeckend angeboten wird.
Auch beim Kauf eines Haushaltsgeräts kann man sparen, indem man
zum Beispiel auf Stand by-Schaltungen verzichtet und
Energiesparlampen verwendet.
Wer sein Geld anlegen möchte, kann in einen Bürger-Windpark
investieren. Die Kurse von Ökoaktien steigen kontinuierlich und
ohne Einbrüche wie in der so genannten New Economy.
In Mehrfamilienhäusern lohnt sich die Anschaffung eines
Blockheizkraftwerks (BHKW), das effizient Wärme und Strom
produziert. Gefördert wird dies mit dem neuen KWK-Gesetz.
Durch gutes Energiemanagement können Privatleute und öffentliche
Betriebe Energie und Geld sparen. Ob in Schwimmhallen,
Krankenhäusern, Altersheimen oder Bäckereien: Überall kann Strom
und Wärme vor Ort hocheffizient produziert werden. Schulen werden
zusätzlich beim Bau von Photovoltaikanlagen unterstützt.
Wir alle tragen durch unsere Art zu leben und zu konsumieren zum
Treibhauseffekt bei. Und deshalb tragen wir alle auch die
Verantwortung dafür, dass die CO2-Emissionen Schritt für Schritt
reduziert werden. Grüne Politik hat die Verpflichtung, die
nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen, zu erhalten und zu
verbessern und dadurch das Engagement aller BürgerInnen zu
fördern. Wenn unsere Kinder und Enkelkinder uns später fragen,
dann soll jeder sagen können: Ich habe etwas für den Klimaschutz
getan.
V. Visionen werden Wirklichkeit - Die Bilanz der grünen Regierungsverantwortung:
Die Bilanz der ersten deutschen Bundesregierung, an der Bündnis 90/DieGrünen beteiligt ist, kann sich sehen lassen. Deutschland bietet ein Kontrastprogramm zu den USA und Russland. Die Energiewende ist ein wesentlicher Bestandteil des Klimaschutzprogramms, das unter der Federführung des Umweltministeriums entwickelt wurde.
1. Der Atomausstieg ist da
Mit dem Atomkonsens haben wir in Deutschland ein neues Zeitalter
in der Energiepolitik eingeläutet. 1983 haben wir Grünen unser
Anliegen erstmals in den Bundestag getragen, heute ist der
Atomausstieg beschlossene Sache. Das Atomgesetz wird ein
Ausstiegsgesetz.
Ohne Bündnis 90/Die Grünen wäre er niemals Realität geworden.
Natürlich wäre vielen ein schnellerer Ausstieg lieber gewesen.
Der gefundene Konsens aber ist belastbarer als ein Ausstieg im
Dissens, denn er nimmt die Industrie in die Verantwortung. Auch
beendet er den jahrzehntelangen tiefen Konflikt in der
Gesellschaft. Kein Land auf der Welt steigt schneller aus der
Atomkraft aus als Deutschland. Wir begrenzen die Gesamtlaufzeiten
auf 32 Jahre, was im Endergebnis bedeutet, dass die deutschen
Atomkraftwerke im Durchschnitt noch zwölf Jahre produzieren
werden. Schon in der nächsten Legislaturperiode werden die ersten
AKWs vom Netz gehen. Auch die Wiederaufbereitung wird dann
beendet werden.
In der Frage der Zwischen- und Endlagerung haben wir wesentliche
Fortschritte bewirkt. So wird die Zahl der Transporte um zirka
zwei Drittel reduziert. Das Moratorium für Gorleben ist in Kraft
getreten, die Arbeiten am Endlager sind eingestellt. Der neu
gegründete Arbeitskreis Endlager ist dabei, im engen Dialog mit
Umwelt- und Anti-AKW-Bewegung Kriterien für die Suche nach einem
anderen Endlagerstandort in Deutschland zu erarbeiten. Auch die
Sicherheitsstandards haben wir erhöht: So ist die periodische
Sicherheitsüberprüfung erstmals gesetzlich vorgeschrieben.
2. Die Ökosteuer - so einfach wie überzeugend
Die Ökologische Steuerreform ist ein wichtiges Instrument für den
nationalen Klimaschutz. Erstmals wurde durch die rot-grüne
Bundesregierung der ökologische Gedanke systematisch im deutschen
Steuersystem verankert. Das Grundprinzip ist so einfach wie
überzeugend: Die Steuerlast wird vom Faktor Arbeit auf den Faktor
Energieverbrauch, vom volkswirtschaftlich Nützlichen zum
Schädlichen verlagert. Es geht nicht um eine Erhöhung, sondern um
eine Verlagerung der Steuerlast.
So schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: Die sinkenden
Lohnnebenkosten sorgen für neue Arbeitsplätze und die
Verringerung des Energieverbrauchs schont die Umwelt. Damit
Unternehmen und Haushalte Zeit haben, sich durch sparsameren
Umgang mit Energie den neuen Preisverhältnissen anzupassen, wird
der Energieverbrauch behutsam in kleinen, aber stetigen Schritten
verteuert. So signalisieren wir, dass sich Investitionen ins
Energiesparen langfristig auszahlen.
Verschiedene Fördermaßnahmen sorgen zudem für gezielte
ökologische Verbesserungen: Effiziente
Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK), kleine Blockheizkraftwerke
(BHKWs) und moderne Gaskraftwerke (GuD) sind von der Steuer
ausgenommen. Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) und die
Bahnunternehmen zahlen nur die halben Ökosteuersätze. Erneuerbare
Energien werden mit einem aus Ökosteuermitteln finanzierten
Förderprogramm in Höhe von mittlerweile 300 Millionen Mark
zusätzlich gefördert.
Die Ökosteuer hat ihre ersten Ziele bereits erreicht: Der Diesel-
und Benzinabsatz sank im Jahr 2000 gegenüber 1999 um zwölf
Prozent, ÖPNV und Deutsche Bahn meldeten Zuwächse. Die
Straßenverkehrsleistung ging zurück, während die Nachfrage nach
Effizienztechnologien und sparsamen Autos deutlich gestiegen ist.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rechnet mit
einem Rückgang der CO2-Emissionen um 20 bis 25 Millionen Tonnen
und 250.000 neuen Arbeitsplätzen bis 2010.
Diese Lenkungswirkungen waren und sind das Ziel der Ökologischen
Steuerreform. Sie beweisen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
3. Unsere Energie ist grün - Der Einstieg ins Solarzeitalter
Das 21. Jahrhundert wird das Jahrhundert der Erneuerbaren
Energien sein. Deshalb haben wir frühzeitig begonnen, die Weichen
für den Einstieg ins Solarzeitalter zu stellen. Unser Ziel ist
es, den Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung
bis zum Jahre 2010 mindestens zu verdoppeln. Wenn es uns gelingt,
die derzeitige Dynamik beizubehalten, werden wir dieses Ziel noch
übertreffen.
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist ein Meilenstein auf
diesem Weg und ein großer Erfolg bündnisgrüner Regierungspolitik.
Mit dem EEG fördern wir die Energieerzeugung aus Windkraft,
Biomasse, Wasserkraft, Solarstrahlung und Erdwärme. Damit zahlen
sich Investitionen in diese Zukunftsenergien nun endlich aus.
In nur zwei Jahren haben wir es geschafft, dem Ausbau
Erneuerbarer Energien in Deutschland einen beachtlichen Schwung
zu verleihen. Das EEG hat weltweit Beachtung gefunden und gilt
mittlerweile als Vorbild in der ganzen Welt.
Beispielhaft für den enormen Erfolg des EEG ist das rasante
Wachstum der Windenergie. Mit einer Gesamtleistung von fast 7.000
Megawatt (Mitte 2001) hat Deutschland seinen Spitzenplatz
weltweit ausgebaut. Mehr als die Hälfte des europäischen
Windstroms und über ein Drittel der Weltproduktion werden in
Deutschland erzeugt. Die Windenergie trägt mittlerweile 2,5
Prozent zur Stromerzeugung in Deutschland bei und hat über 30.000
Arbeitsplätze geschaffen.
Ähnliche Entwicklungschancen bietet der Bereich der Bioenergien,
in dem wir mit der Biomasse-Verordnung die richtigen Weichen
gestellt haben. Bioenergien wie Holz, Pflanzenabfälle oder Gülle
stehen in ausreichender Form zur Verfügung und sind äußerst
vielseitig verwendbar. Mit der neuen Regelung wird endlich der
Investitionsstau in diesem Bereich aufgelöst; Arbeitsplätze vor
allem im ländlichen Raum werden geschaffen.
Für den enormen Auftrieb im Bereich der Solarenergie sind neben
dem EEG auch das 100.000 Dächer-Solarstromprogramm und das
Markteinführungsprogramm verantwortlich. Die Zahlen sind
beeindruckend: Allein im Jahr 2000 wurden in Deutschland 8.000
Solarstromanlagen mit einer Leistung von insgesamt 40 Megawatt
installiert - Ende des Jahres waren damit 2.000
Photovoltaik-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 100 Megawatt in
Betrieb.
Dieser Wert kann bis 2010 verzehnfacht werden, wenn wir uns
weiter anstrengen. Auch die Hersteller solarthermischer Anlagen
für die Warmwasserbereitung verzeichnen zweistellige
Zuwachsraten: Allein im Jahre 2000 wurden in Deutschland etwa
75.000 Solaranlagen mit einer Kollektorfläche von über 600.000
Quadratmeter installiert. Die Branche konnte eine Milliarde Mark
umsetzen.
Diese Ergebnisse zeigen: Unsere Politik für den Ausbau
Erneuerbarer Energien kann sich sehen lassen. Die Nutzung der
Erneuerbaren Energien entlastet nicht nur die Umwelt und schützt
das Klima, sie schafft auch neue Arbeitsplätze und rechnet sich
ökonomisch. Bis heute sind bei den Erneuerbaren Energien etwa
70.000 Arbeitsplätze entstanden. Das sind mehr als in der
Atomindustrie, bald auch mehr als in der Kohleindustrie.
4. Kraft-Wärme-Kopplung - Die Brücke ins Solarzeitalter
Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ist, abgesehen von den Erneuerbaren
Energien, die klimafreundlichste Art der Energieerzeugung und
eine wichtige Brückentechnologie auf dem Weg ins solare
Zeitalter. KWK-Anlagen produzieren nicht nur Strom, sondern
nutzen auch die anfallende Wärme. Mehr als 80 Prozent der
eingesetzten Energie können somit genutzt werden. Konventionelle
Kraftwerke erreichen nur einen Wirkungsgrad von durchschnittlich
38 Prozent.
Derzeit werden in Deutschland nur etwa zehn Prozent des Stroms in
KWK-Anlagen erzeugt - viel weniger als in Dänemark, Finnland oder
den Niederlanden, wo bis zu 45 Prozent des Stroms aus KWK-Anlagen
kommen. Wir wollen auch in Deutschland den Ausbau der KWK
langfristig absichern.
Zwar ist es uns nicht gelungen, einen Zertifikatshandel zur
Förderung der KWK durchzusetzen, der das beste, weil
wettbewerbsintensivste Instrument wäre. Dennoch ist es ein
Erfolg, dass eine Bonusregelung zur Förderung der KWK gesetzlich
verankert wurde - gegen massive Widerstände beispielsweise von
E.ON und der Kohle-Lobby. So haben wir eine akzeptable Basis zum
Ausbau der KWK geschaffen. Wir müssen allerdings die Befristung
des Gesetzes bis spätestens 2005 ändern, um einen
Investitionsstillstand zu vermeiden.
Mit dem Bonusgesetz zur Förderung der KWK haben wir eine
besondere Förderung für den Zubau von kleinen KWK-Anlagen
(Blockheizkraftwerken) und von Brennstoffzellen durchgesetzt.
Denn in diesen kleinen Anlagen und in der viel versprechenden
Technologie der Brennstoffzelle liegt die Zukunft der dezentralen
Energieerzeugung. Hier eröffnet sich ein Innovationsmarkt mit
großen Exportchancen und der Aussicht auf neue Arbeitsplätze.
Die Förderung der KWK ist ein wichtiger Beitrag für den
Klimaschutz in Deutschland. Und sie ist auch ein grüner Erfolg.
Ohne uns hätte es eine solche Regelung zur Förderung der KWK
nicht gegeben - insbesondere die Förderung kleiner KWK-Anlagen
und der Brennstoffzelle wären ohne grüne Beteiligung nicht
denkbar gewesen.
5. Sparen zahlt sich aus
Energiewende heißt für uns auch, schonend mit den begrenzten
Ressourcen umzugehen. Energiesparen ist somit ein wichtiges
Element einer nachhaltigen Energieversorgung. Das Potenzial
unnötig verschwendeter Energie ist immer noch extrem hoch -
allein ein Drittel unseres Energieverbrauchs könnten sofort durch
die Anwendung moderner Technik eingespart werden. Alle
Anstrengungen in diesem Bereich zahlen sich ökonomisch und
ökologisch aus.
Mit der Verabschiedung der Energieeinsparverordnung haben wir den
Weg frei gemacht für mehr Innovation, Effizienz und Klimaschutz
im Gebäudebereich. Die Energieeinsparverordnung schreibt den
Niedrigenergie-Haus-Standard verbindlich fest, und so werden wir
den Energiebedarf von Neubauten gegenüber dem bisherigen Standard
um rund 30 Prozent verringern. Energieeffizienz wird damit ein
wichtiges Kriterium beim Kauf und bei der Vermietung von
Wohnraum. Gleichzeitig werden der Energiepass und die
Energiekennzahl eingeführt. Denn ein gutes Energiemanagement soll
sich bei Verkauf oder Vermietung einer Immobilie auszahlen.
Allerdings: Dieser Weg muss noch konsequenter weiterentwickelt
werden.
Schließlich haben wir das Klimaschutzprogramm im Gebäudebestand
aufgelegt, um die erheblichen Einsparpotenziale auch im Bereich
der Altbausanierung auszuschöpfen. Hier schmerzt das Versäumnis
der alten Bundesregierung besonders, denn Fortschritte lassen
sich nur innerhalb der natürlichen Investitionskreisläufe
erzielen.
Über fünf Jahre stellen wir zusätzliche Haushaltsmittel in Höhe
von zwei Milliarden Mark bereit - Investitionen, die sich
mehrfach auszahlen: Zum einen werden durch das Programm
Investitionen von rund zehn Milliarden Mark angeregt, zum anderen
können dauerhaft etwa 50.000 neue Arbeitsplätze geschaffen
werden. Dies muss verstetigt und ausgeweitet werden.
VI. Grüne Perspektiven - Die Politik der nächsten Jahre
Die erste Bundesregierung mit bündnisgrüner Beteiligung hat wichtige Weichen gestellt und erste Ziele erreicht: den Atomausstieg, die Effizienzwende und den Einstieg ins solare Zeitalter. Nun gilt es, diesen Kurs zu halten. Das Tempo muss im Bereich der Erneuerbaren Energie beibehalten und im Bereich der Energieeinsparung noch erhöht werden. Auch stehen bald weitere wichtige Weichenstellungen an. Deshalb ist eine grüne Regierungsbeteiligung auch in der nächsten Legislaturperiode notwendig!Machen wir uns nichts vor: Wenn Bündnis 90/Die Grünen in der nächsten Legislaturperiode nicht mitregieren, sind wesentliche Erfolge gefährdet. CDU/CSU und FDP wünschen sich eine Renaissance der Atomenergie. Nur Bündnis 90/Die Grünen ist eine Garantie dafür, dass erste AKWs abgeschaltet werden, die Wiederaufbereitung tatsächlich beendet und die Suche nach einem alternativen Endlagerstandort fortgesetzt wird. Die SPD will bei der Weiterentwicklung der Ökologischen Steuerreform eine Pause einlegen. Die FDP versucht bereits, örtliche Bürgerinitiativen gegen die Windenergie und den solaren Kurs der Bundesregierung zu funktionalisieren. Und die CDU/CSU plant bei der Förderung der Erneuerbaren Energien und der Brennstoffzellen einen Instrumentenwechsel, der zum Zusammenbruch dieser noch jungen Branche führen kann. Wer dies nicht will, muss auf Grün setzen. Die von der Bundesregierung angestoßenen Entwicklungen sind längst noch nicht selbsttragend und stabil. Es wird in der nächsten Legislaturperiode darauf ankommen, sie engagiert und fachkundig weiterzuentwickeln. Wir müssen die administrativen Hemmnisse beim Einsatz der Erneuerbaren Energien abbauen; wir müssen die bestehenden Gesetze und Förderprogramme auf ihre punktgenaue Wirkung überprüfen und die ersten Pilotprojekte für Off-shore-Windparks begleiten. In jeder Haushaltsverhandlung müssen wir darum kämpfen, dass die Förderprogramme, z.B. zur Altbaussanierung und für das 100.000-Dächer-Programm, nicht dem allgemeinen Spardruck zum Opfer fallen. Schließlich gilt es, den Export innovativer Produkte zu fördern, damit die meist kleinen und mittelständischen Unternehmen der jungen Branchen ihr zweites Standbein verstärken können.
Eine der zentralen Fragen der nächsten Legislaturperiode wird sein, ob Deutschland das Klimaschutzziel für 2005 erreicht. Parallel müssen wir neue gesellschaftliche Ziele für 2010 und 2025 formulieren. Es gilt, die Erfahrungen aus dem heutigen Klimaschutzprogramm des grünen Umweltministeriums auszuwerten und für die Erarbeitung eines neuen ambitionierten Programms zu nutzen.
Schon innerhalb der nächsten Legislaturperiode werden die großen Strom-Überkapazitäten aus Monopolzeiten abgebaut sein; der natürliche Alterungsprozess wird bei den bestehenden Kraftwerken einsetzen. Noch ist offen, wie die Energieversorger reagieren werden. Werden sie beschließen, Strom z.B. aus Osteuropa zu importieren, der zu sozialen und ökologischen Dumpingpreisen produziert wird? Oder werden sie in neue Stromerzeugungskapazitäten in Deutschland investieren? Die Energiepolitik der nächsten Legislaturperiode muss die Weichen richtig stellen, damit möglichst viele Kapazitäten in Deutschland entstehen. Wir müssen die Chance des Neuaufbaus nutzten, um die dezentralen Strukturen der umweltfreundlichen Technologien zu stärken.
Im Laufe der nächsten Legislaturperiode wird sich entscheiden, ob die Brennstoffzelle und die virtuellen Kraftwerke den Marktdurchbruch schaffen. Deutschland hat die Chance, in diesen Technologien ebenso Weltmarktführer zu werden wie schon heute bei den Erneuerbaren Energien. Deren Anteil an der Stromproduktion wollen wir bis zum Jahr 2010 verdoppeln. Ja, wir sind guter Dinge, dass wir dieses Ziel sogar übertreffen.
Bei sinkendem Energiebedarf könnte im Jahr 2050 mehr als die Hälfte unserer Energie durch Erneuerbare Energien erzeugt werden. Langfristiges Ziel ist die hundertprozentige Versorgung durch Erneuerbare Energien, als deren wichtigstes Speichermedium der solar erzeugte Wasserstoff dient.
Kritik von Hans-Josef Fell
Bei der Entwicklung der
Brennstoffzelle und beim Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur
gehen wesentliche Impulse von der Automobil- und Ölindustrie aus.
Mit großer Dynamik und viel Geld wird im mobilen Sektor die
Entwicklung vorangetrieben. Auch die stationäre Energieversorgung
wird davon profitieren. Deshalb ist ein eng abgesprochenes
Vorgehen wichtig. Die Politik muss diese Entwicklung in
Deutschland und Europa noch stärker moderieren und im geeigneten
Moment unterstützend und fördernd eingreifen.
In den nächsten Legislaturperioden wird die europäische Dimension
der Energiepolitik stark an Bedeutung gewinnen. Die Fortführung
des Liberalisierungsprozesses mit der Notwendigkeit, gleiche
Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und die Bildung europäischer
Oligopole zu verhindern sowie die Etablierung wirksamer
Regulierungsmechanismen auf nationaler und europäischer Ebene,
wird entscheidend von den nächsten Regierungen in Deutschland und
Frankreich geprägt sein. Die Anschlussregelung für die Verträge
zur Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS-Vertrag)
wird maßgeblich den Rahmen für die Kohlepolitik setzen. Die
Abschaffung der mit dem Euratom-Vertrag geschaffenen
Sonderwirtschaftszone für die Atomwirtschaft wird ein wichtiges
Thema werden. Spätestens in diesem Zusammenhang werden auch
verstärkte Bemühungen um die Etablierung einer gemeinsamen
Energiepolitik der EU unausweichlich. Eine entscheidende Rolle in
diesem Zusammenhang wird schließlich die Erweiterung der EU um
die mittel- und osteuropäischen Staaten haben, die das Tempo und
die Ausrichtung der europäischen Energiepolitik entscheidend,
direkt und indirekt, mitbestimmen wird. Da es sich vor allem bei
Polen und der Tschechischen Republik um zwei in diesem Kontext
sehr wichtige Nachbarstaaten Deutschlands handelt, entsteht eine
neue Herausforderung für die europäische Ausrichtung von
Energiepolitik in Deutschland.
In der ersten Legislaturperiode mit grüner Regierungsbeteiligung
im Bund haben wir einiges erreicht. Wer möchte, dass dies
stabilisiert und fortgesetzt wird, wer möchte, dass nach dem
atomaren und fossilen nun das solare Zeitalter folgt, der muss
auf Grün setzen.