Datum:31.08.04 - überarbeitet 09.09.04

Hartz IV ohne Erhöhung der Energiesteuern wirkungslos

von Wolf von Fabeck

Die Ursachen für den Anstieg der Arbeitslosigkeit sollten eigentlich bekannt sein. Die hohe steuerliche Belastung (einschließlich Sozialabgaben) von Arbeitskräften einerseits sowie die vergleichsweise geringe Besteuerung von Energie andererseits belohnen ausgerechnet solche Unternehmen, die ihren Personalbestand abbauen und auf energieintensive automatisierte Massenproduktion neuer Verbrauchsgüter umsteigen. Werterhaltende Produktion und Dienstleistungsunternehmen mit hohem Personaleinsatz werden hingegen durch das Steuer- und das Sozialsystem benachteiligt. Als adäquate Gegenmaßnahme gegen die Arbeitslosigkeit bietet sich deshalb die schrittweise und konsequent fortgesetzte Erhöhung von Energiesteuern bei gleichzeitiger Senkung von Lohnsteuern und Sozialabgaben an.

Wir befassten uns schon mehrfach ausführlich mit den vorgebrachten Argumenten gegen eine Erhöhung der Energiesteuer, insbesondere mit der Befürchtung, dass die mit einer Erhöhung der Energiepreise einhergehende Verteuerung der Grundstoffe die Konjunktur beeinträchtigen würde. Insbesondere erschien zu diesem Themenkomplex eine Sonderausgabe der Zeitschrift Solarbrief. Diese Sonderausgabe wurde wegen der außerordentlich starken Nachfrage neu aufgelegt:

Solarbrief 1/04
Der Staat melkt die falsche Kuh -
Energiesteuer statt Lohnsteuer und Sozialabgaben

Mit Beiträgen von Wolf von Fabeck, Jürgen Grahl, Reiner Kümmel


Einzelexemplare senden wir Ihnen auf Anforderung gerne kostenlos zu.

Derzeit ist nun die Arbeitsmarktreform nach Hartz IV in der öffentlichen Diskussion. Wir wollen hier ihre Erfolgsaussichten beurteilen:

Die Hartz IV Reform ist ein Projekt zur Vermittlung von Arbeitslosen. Unter dem offiziellen Motto "Fördern und Fordern" sollen sie in Weiterbildungsveranstaltungen die Fähigkeiten erwerben, die für eine Einstellung erforderlich sind, und es wird von ihnen verlangt, dass sie auch Stellen annehmen, die nicht ihrer Qualifikation entsprechen. Falls sie nicht "kooperativ" sind, drohen ihnen Sperrzeiten bis zu zwölf Wochen, in denen sie eine drastisch gekürzte oder gar keine staatliche Unterstützung mehr erhalten. Eine Verminderung der Unterstützungen soll der Versuchung entgegenwirken, sich in der "sozialen Hängematte auszuruhen". Weitere Informationen zu Hartz IV finden Sie im letzten Kapitel dieser Rundmail.

Diesem wachsenden Druck auf die Arbeitslosen stimmen viele Menschen zu. Fast jeder kann Beispiele für echte Schmarotzer im Sozialwesen nennen oder hat zumindest davon gelesen. Um diese Nachrichten besser in das Gesamtbild einordnen zu können, ein paar Zahlen:

Nach Schätzungen der Caritas beläuft sich Sozialhilfemissbrauch auf 0,12 Milliarden Euro jährlich, Steuerhinterziehung hingegen auf 65 Milliarden, während über 2 Milliarden Euro an eigtl. zustehenden Sozialleistungen nicht in Anspruch genommen werden, z.B. weil sich die Betroffenen ihrer Armut schämen.


Diese Zahlen deuten darauf hin, dass es sich bei den erwähnten Missbrauchsfällen eher um die Ausnahme als die Regel handelt. Der immense organisatorische Aufwand und die drastischen Maßnahmen bei Hartz IV erwecken jedoch den Eindruck, es ginge darum, Millionen arbeitsentwöhnter Menschen an die Selbstverständlichkeit zu erinnern, dass jeder erwerbsfähige Mensch einen eigenen Anteil zu seinem Lebensunterhalt beitragen soll.

Doch genau darum geht es in Deutschland nicht - jedenfalls nicht in erster Linie. Die Misere auf dem Arbeitsmarkt liegt im wesentlichen nicht an mangelnder Arbeitsbereitschaft, sondern an fehlenden Arbeitsstellen! Einer Erwerbslosenzahl von deutlich über vier Millionen stehen nur 300.000 offene Stellen gegenüber. Statistisch gesehen hat nur jeder dreizehnte Arbeitslose überhaupt eine Chance. Daran ändern auch viele gute Neuregelungen der Hartz IV-Reform nichts.

Unser Hauptproblem ist nicht die Arbeitsunwilligkeit der Bevölkerung, sondern sind fehlende Arbeitsplätze.


In der Werbung für Hartz IV wird immer wieder herausgestellt, die Langzeitarbeitslosen sollten in den Jobcentern für die Anforderungen der zukünftigen Arbeitsstelle fit gemacht werden. Das ist sicher wichtig, doch wirkt dieses Ziel angesichts fehlender Arbeitsstellen derzeit etwas realitätsfern.

Die entscheidende Frage bleibt deshalb, ob Hartz IV die Unternehmer dazu bringen kann, die Zahl der Arbeitsstellen zu erhöhen. Dies soll durch Minijobs und Ein-Euro-Jobs geschehen. Der Staat selbst will den Löwenanteil der Lohnkosten übernehmen, indem er das Arbeitslosengeld 2 weiterzahlt. Die Sozialausgaben verringern sich dadurch natürlich nicht. Auch besteht die Gefahr, dass die Arbeitgeber versuchen, gut bezahlte beschäftigte Arbeitnehmer durch geringer bezahlte 1 Euro-Arbeitskräfte zu ersetzen (nach Hartz IV ist dies nicht verboten), und damit verlieren dann die bisherigen Stelleninhaber ihre Arbeitsstellen. Zwar soll die 1 Euro Regelung auf den sozialen und kommunalen Bereich beschränkt bleiben, aber auch dort können Fachkräfte bei einfachen Aufgaben entlastet und dann in ihrer Anzahl verringert werden. Die Auswirkung der Niedriglohnjobs auf den Arbeitsmarkt kann deshalb sogar negativ sein. Große Erfolge sind jedenfalls nicht zu erwarten.

Es führt deshalb kein Weg daran vorbei, das drängende Problem der Arbeitslosigkeit direkt bei den Ursachen anzupacken. Es gilt, den Produktionsfaktor Arbeit nicht nur bei den Billig-Löhnen, sondern bis hinauf in die Facharbeiter- und Meisterebene steuerlich zu entlasten und im Gegenzug die Steuerlast sukzessive von der Arbeit zur Energie zu verschieben. Die Energie ist der leistungsfähigste Produktionsfaktor und muss ihren gebührenden Anteil übernehmen.

Weitere Informationen zu Hartz IV

Die Arbeitslosenunterstützung wird auf ein Jahr gekürzt und heißt zukünftig "Arbeitslosengeld 1".
Die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe werden zusammengelegt und heißen zukünftig "Arbeitslosengeld 2".
Die Zuständigkeiten werden verändert und insbesondere werden die Zumutbarkeitsregeln und die Sanktionen verschärft.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat zur Erläuterungen der Arbeitsmarktreformen durch www.teamarbeit.de eine Internetseite einrichten lassen.
Von A bis Z, von ABM bis Zumutbarkeitsregelung kann man sich dort offiziell über die neuen Regelungen informieren. All diesen Regelungen, ist gemeinsam, dass sie von vorhandenen Arbeitsstellen ausgehen, die von den derzeit arbeitslosen Menschen nur eingenommen werden müssen. Doch das Grunddilemma bleibt; auch solche Regelungen der Hartz IV-Reform, die auf den ersten Blick wohl von jedem begrüßt werden, z.B. die Eingliederungszuschüsse für älterer Arbeitnehmer, können nur greifen, wenn Arbeitsplätze vorhanden sind.