Wirtschaft und Ressourcen
Hans-Josef Fell MdB - Forschungspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen - zeigt Möglichkeiten zur Überwindung der Energiekrise auf
Vorbemerkungen:
Der Ausstieg aus der Erdölwirtschaft muss extrem beschleunigt werden, wenn die nationale und die Weltwirtschaft von Schaden bewahrt werden soll.
Der Ölpreis steigt und steigt. Er ist erneut weltweites Konjunkturrisiko Nr.
1.
Mehr noch: Der hohe und immer weiter steigenden Ölpreis bedroht das
Fundament der existierenden Weltwirtschaft.
Jeglicher Verkehr, Personen wie Waren, zu Lande, auf dem Wasser und in der
Luft beruht heute fast ausschließlich auf Erdöl.
Erdöl ist die Basis für hunderttausende von Kunststoffprodukten des
täglichen Lebens. Dünger aus Erdöl sichert unsere Nahrung. Erdöl ist die
wichtigste Basis für Kleidung und Textilien. Erdöl schafft uns warme
Wohnungen und Energie für die Industrieproduktion.
Es ist undenkbar aber wahr: Erdöl ist eine beschränkte Ressource. Doch lange bevor der letzte Tropfen Erdöl verbraucht sein wird, gibt es Verfügbarkeitsprobleme, die sich zunächst in extremen Preissteigerungen zeigen, da das Angebot dann mit der Nachfrage nicht Schritt halten kann Für viele Analysten ist klar: die Welt überschreitet zur Zeit oder in den kommenden Jahren das Maximum der Erdölförderung. Gleichzeitig nimmt die weltweite Nachfrage nach Erdöl rasant zu. Vor allem durch das Wirtschaftswachstum in China, Indien, Thailand, Indonesien und anderen Teilen der Welt. Aber seit wenigen Jahren bereits ist die Erdölförderung außerhalb der OPEC, mit Ausnahme Russlands, deutlich rückläufig. Auch innerhalb der OPEC gibt es große Teile mit rückläufiger Tendenz. So ist Indonesien im letzten Jahre vom Erdölexporteur zum Importeur geworden. Dies verdichten sich die Anzeichen, dass die OPEC zusammen mit Russland die Erdölförderung nicht in dem Maße steigern kann, wie es auf Grund des Rückgangs der Erdölförderung in den übrigen Teilen der Welt und angesichts des weltweiten Verbrauchswachstum erforderlich wäre. Die Welt steht vor einer bisher unbekannten Situation: Die Erdölnachfrage kann nicht mehr gestillt werden. Schnell weiter steigende Erdölpreise und schlimmer noch Versorgungsengpässe drohen.
Der einzig denkbare Ausweg ist es, einen schnellen Ersatz für das Erdöl zu finden. Die sich auftuende Versorgungslücke muss mit anderen Maßnahmen gefüllt werden. Vor allem zwei Maßnahmen sind erforderlich:
- Energie- und Stoffeinsparung müssen schnelle Entlastung bringen. Aber Effizienzmaßnahmen alleine, so notwendig sie sind, können den Problemdruck nur entschärfen und hinauszögern, aber nicht lösen.
- Die Erdölenergiewirtschaft und die Petrochemie müssen ersetzt werden durch eine solare Energie- und Stoffwirtschaft. Alle erneuerbare Energien müssen und können in ihrem Beitrag massiv gesteigert werden. Nachwachsende Rohstoffe sind der ideale Ersatz für die Petrochemie.
Die USA beziehen zur Zeit etwa 2,5 Mio Barrel pro Tag aus der Golfregion
(vor allem aus Saudi Arabien aber auch Irak und Kuweit).
Deutschland hat einen Erdölverbrauch von 2,8 Mio Barrel Erdöl pro Tag,
also in etwa die gleiche Größenordnung.
Das politische Ziel für Senator Kerry entspräche also einem Ausstieg
Deutschlands aus der Erdölnutzung bis 2015. Dies für Deutschland
anzustreben erscheint daher nicht mehr weltfremd oder unrealistisch aber
selbstverständlich äußerst ambitioniert.
Fazit: Die Welt steuert auf ein kaum beherrschbares ökonomisches Problem der
Energieversorgungssicherheit zu. Das Fundament der Weltwirtschaft, die
fossile Energieversorgung, gerät möglicherweise in den kommenden Jahren aus
physikalisch geologischen Gründen ins Wanken.
Daraus ist klar erkenntlich: Mit weiteren Verbesserungen der politischen
Rahmenbedingungen wird der Ausbau Erneuerbare Energien und Energieeinsparung
weiter beschleunigt werden können. Die hohen Ziele der Bundesregierung
können dann weit übererfüllt werden.
Zur Stabilisierung der Windenergieindustrie ist ein mittlerer Ausbau von 2
GW pro Jahr bis ins Jahr 2010 anzustreben. Dies wird durch Beschleunigung
des Ausbaus der Offshore-Windkraft, durch ein Repowering alter Anlagen und
des Ausbaus der Windnutzung in bisher ungenutzten Gebieten (z.B. Bayern)
erreicht werden. Dann hätte man im Jahr 2010 insg. 27 GW installiert
Bei der Markteinführung der Photovolatik ist die in den letzten Jahren
durchschnittliche Wachstumsrate von 50% pro Jahr beizubehalten um im Jahr
2010 etwa 7 GW ans Netz gebracht zu haben.
Gleichzeitig ist heute schon abzusehen, dass die am 1.1.04 in Kraft
getretene Steuerbefreiung von Biokraftstoffen ihre Wirkung voll entfalten
wird und einen schnellen Ausbau der Biokraftstoffe erwirken wird. Erste
große Investitionen der Wirtschaft, z.B. bei der Bioethanolerzeugung werden
bereits getätigt.
Mit zunehmenden Aktivitäten für den Ausbau der Kernenergie in Bund und
Ländern blockieren Union und FDP eine wirkliche Offensive für Erneuerbare
Energien. So ist es z.B. auch wichtig, die von der grünen Politik immer
geforderte Abschaffung von Privilegien für das fossile und atomare
Energiesystem endlich durchzusetzen.
Auch in der Energieforschung werden ein großer Teil der Mittel gebunden z.B.
für Kernfusion, die in den nächsten 50 Jahren keinen Beitrag bieten kann zur
Lösung der globalen Energieprobleme. Statt dessen fehlen die Mittel für die
im Koalitionsvertrag vorgeschlagene dringend notwendige Forschungsoffensive
für Erneuerbare Energien und Energieeinsparung.
Union und FDP, sowie Teile der SPD sind aufgefordert, endlich ihre
Dauerblockade gegen Erneuerbare Energien und Energieeinsparung zu beenden.
Auch die US Chemiewirtschaft hat sich bereits zum eigenen Ziel gesetzt, bis
2020 etwa 20 Prozent aller erdölbasierten Chemieprodukte durch Nachwachsende
Rohstoffe zu ersetzen
1. Verknappung von Erdöl
Die Welt überschreitet wahrscheinlich zur Zeit das Erdölfördermaximum.
Das Erreichen des weltweiten Erdöl-Fördermaximums ist der relevante
Indikator für kommende Strukturbrüche, nicht die Reichweite der Ölreserven.
Entscheidend für strukturelle Änderungen, insbesondere im
Investitionsverhalten der Industrie und von Privatpersonen, ist einzig der
Zeitpunkt, ab dem die Ölförderung aus geologischen, technischen und
ökonomischen Gründen nicht mehr erhöht werden kann, sondern tendenziell nur
noch abnimmt.
Der statischen Reichweite liegt das falsche, intuitive Bild zu Grunde, man
könne Öl in beliebiger Menge fördern, bis plötzlich über Nacht der letzte
Tropfen gefördert sei.
Die gegenwärtige Situation relativ hoher Ölpreise kann verstanden werden als
zufällige Häufung von Sonderfaktoren. Wahrscheinlicher ist es jedoch die
Ankündigung des Strukturbruchs.
Am Übergang von tendenziell zunehmender zu tendenziell abnehmender
Erdölförderung wird die Endlichkeit der Ressource auf den Märkten relevant.
Marktpreise spiegeln nur kurzfristige Knappheiten wider. Sobald Angebot und
Nachfrage jedoch beginnen, strukturbedingt auseinander zu klaffen, beginnt
der Markt, die prinzipielle Endlichkeit der Ressource zu spüren.
Das weltweite Fördermaximum wird erreicht, wenn etwa die Hälfte der
förderbaren Ölmenge gefördert ist ("depletion midpoint").
Der Entwicklung der Förderung aus einem Ölfeld sind enge geologische Grenzen
gesetzt durch die Entwicklung des Drucks, die Viskosität des Öls etc.
Typischerweise folgt das Förderprofil einer Glockenkurve mit langsamem
Förderbeginn, steilem Anstieg, flachem Maximum, steilem Abfall und langsamem
Auslaufen der Förderung.
Das "Erdölsystem" hat damit eine lange Vorwarnzeit.
Die weltweit insgesamt förderbare Ölmenge ("estimated ultimate recovery")
kann relativ genau abgeschätzt werden (± 10%).
Die geologischen Bedingungen für die Entstehung von Erdöl sind gut
verstanden. Es kann daher sehr gezielt nach aussichtsreichen Lagerstätten
gesucht werden. Mit sehr wenigen Ausnahmen sind alle vielversprechenden
Regionen der Welt intensiv nach Öl exploriert worden.
Seit Mitte der 1960er Jahre gehen die Neufunde von Erdöl weltweit im
Durchschnitt um 3,5% pro Jahr zurück.
Die öffentlich berichteten Reservensteigerungen beruhen zum größten Teil auf
Höherbewertungen bereits produzierender Felder. Diese finden aus
ökonomischen Gründen in der Regel an Feldern statt, die das Fördermaximum
bereits überschritten haben. Zur Ausweitung der Förderung können aber nur
echte Neufunde beitragen. Beispiel USA: Während das Maximum der Ölförderung
1971 überschritten wurde, werden immer noch fast alljährlich die
Reservenabschätzungen nach oben korrigiert, tatsächlich nimmt aber die US
Förderung seit 1971 kontinuierlich ab, trotz steigender US-Nachfrage..
Geologische Explorationsdaten und Fördermengen erlauben dagegen detaillierte
Analysen vieler Förderregionen der Welt inklusive zukünftiger Förderprofile.
Mit wenigen Ausnahmen haben weltweit alle Förderregionen außerhalb der OPEC
das Maximum ihrer Förderung überschritten.
In der Nordsee geht die Förderung seit 1999 (Großbritannien) bzw. seit 2001
(Norwegen) zurück. Der Förderrückgang von 4-6% pro Jahr kann durch neue
Felder geringfügig abgeschwächt werden. Die USA haben 1971 ihr Maximum
überschritten.
Es gibt kaum zuverlässige Informationen darüber, ob und in wie weit die OPEC
ihre Ölförderung noch ausweiten kann.
Öffentlich zugängliche Reservestatistiken unterliegen keiner neutralen
Prüfung. Die Hälfte der OPEC-Reserven (ein Drittel der Weltölreserven) sind
nicht nachgewiesen. Es gibt Hinweise, dass Saudi Arabien zur Stabilisierung
der Förderung mehr entsalztes Meerwasser in die Ölfelder pumpen muss als
daraus Öl gefördert wird.
Seit der Verstaatlichung der Ölindustrie in wesentlichen OPEC-Staaten werden
keine zuverlässigen Informationen mehr verfügbar gemacht. Aus alten
Explorationsdaten und langjährigen Fördermengen lassen sich grobe
Abschätzungen machen.
Das weltweite Fördermaximum wird voraussichtlich innerhalb dieses Jahrzehnts
überschritten bzw. wurde eventuell schon überschritten.
Der absehbare Rückgang der Ölförderung außerhalb der OPEC ist so stark, dass
die weltweite Förderung in den nächsten Jahren nur aufrecht erhalten werden
kann, wenn die OPEC ihre Förderung merklich ausweiten kann.
Die weltweit insgesamt förderbare Ölmenge wird kaum vom Fortschritt in den
Explorations- und Fördertechniken ("enhanced oil recovery") beeinflusst.
Lediglich das Förderprofil kann geringfügig beeinflusst werden. Die
Verlängerung des Förderplateaus am Maximums führt später zu einem um so
steileren Förderabfall.
Die Ausbeutung von Schwerölen und Teersanden ("non-conventional oil") kann
den Rückgang der konventionellen Ölförderung geringfügig abschwächen, aber
nicht aufhalten oder umkehren.
Der Aufbau von Produktionskapazitäten dauert deutlich länger als bei
konventionellen Ölquellen und kann das Niveau heutiger Ölförderung nicht
erreichen. Unkonventionelles Öl wird im Tagebau erschlossen, benötigt einen
hohen Energie- und Wassereinsatz und verursacht schwere Umweltschäden.
Anmerkungen zum Erdgas
Erdgas ist in drei Regionalmärkte ohne Austauschbeziehungen geteilt:
Nordamerika, Europa/Russland, Südostasien. In Nordamerika scheint das
Erdgas-Fördermaximum überschritten worden zu sein. Die USA arbeiten intensiv
daran, Erdgas aus anderen Regionen (Südamerika, Europa, Asien) für den
Verbrauch in Amerika zu sichern.
In Europa ist die Erdgasförderung rückläufig, allein Norwegen kann die
Förderung noch ausweiten. Die Niederlande verkaufen teilweise russisches
Erdgas, um die Exportverpflichtungen zu erfüllen und werden ab 2010 kein
Erdgas mehr exportieren können. Großbritannien ist seit kurzem
Nettoimporteur von Erdgas.
Die Förderung von Erdgas folgt einem anderen Förderprofil als Öl. Einem
langen Plateau folgt ein sehr schneller Abfall der Förderung. Die
Vorwarnzeit ist gering.2. Erneuerbare Energien können schneller und kostengünstiger in den Markt
eingeführt werden, als die Wissenschaft vorausgesagt hat und die
Öffentlichkeit glaubt.
Durch die rot-grüne Politik konnten in den letzten Jahren Wachstumsraten der
Erneuerbare Energien erreicht werden, die in dieser Höhe von der
Wissenschaft nicht vorausgesagt wurden. Unter der Bedingung, dass die
politischen Rahmenbedingungen stimmen, können die vor allem
mittelständischen Unternehmen schnelle Auf- und Ausbau leisten. Gleichzeitig
wird eine starke Kostenreduktion möglich.
So wurde beispielsweise in der Fotovoltaik noch 1998 eine Leistung von 12 MW
deutschlandweit installiert. 2003 waren es mit ca. 140 MW bereits mehr als
10 mal soviel. Im gleichen Zeitraum konnten die Kosten um etwa 25 % gesenkt
werden. Noch 1999 hat diese Wachstumsraten und Kostensenkungen niemand für
möglich gehalten.
Der Ausbau der Nutzung der Biomasse ist bis heute nicht ausreichend. Hier
muss von den gegenwärtig ca. 20% Wachstum pro Jahr auf mindestens das
doppelte gesteigert werden. Dann kann man im Jahr 2010 einen Kraftwerkspark
von ca. 14 GW realisiert haben. Diese Biomasse Nutzung hat vornehmlich durch
BHKW stattzufinden. Die Grundlage fürden stärkeren Ausbau ist bereits mit
der Novelle des EEG gelegt.
In Kombination mit dem Ausbau der Biomasse Nutzung in BHKWs sollten kleine
Nahwärmenetze entstehen, die es ermöglichen, dass auch die Solarthermie eine
zunehmend stärkere Rolle bei der Wärmebereitstellung spielt. Im Neubau ist
verpflichtend die Installation von solarthermischen oder alternativ von fotovoltaischen Anlagen vorzuschreiben
(siehe Barcelona). Die Grundlage dazu wird gerade in der aktuellen Novelle
der Bundesbauordnung gelegt.
Die Geothermie wird in den nächsten Jahren einen großen Beitrag liefern. So
werden in den nächsten Jahren mind. 1 Gigawatt elektrische Leistung
erwartet. Die gleichzeitige Abwärmenutzung wird einen hohen Ersatz von
Erdölheizenergie schaffen.
3. Rot-Grün hat bereits wesentliche Weichenstellungen vorgenommen
Seit dem Regierungswechsel 1998 hat Rot-Grün bereits eine Fülle von
Maßnahmen vor allem im Energiebereich erfolgreich auf den Weg gebracht, um
die Abhängigkeit vom Erdöl zu verringern.
Erfolgreiche Energieeinsparungsmaßnahmen sind vor allem die Ökosteuer, das
ökologische Altbausanierungsprogramm, die Energiesparverordnung u.a.
Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), die Steuerbefreiung für
Biokraftstoffe, das Marktanreizprogramm für Erneuerbare Energien, dass 100
000 Dächer Solar Programm und eine Fülle anderer Markteinführungsmaßnahmen
hat Deutschland an die Weltspitze der industriellen Entwicklung für
erneuerbare Energien gebracht.
Die Forschungsverstärkungen im Bundeshaushalt, im Rahmen des
Zukunftsinvestitionsprogrammes (ZIP), führten bereits zu neuen
technologischen Entwicklungen in der Brennstoffzelle, bei solarthermischen
Kraftwerken oder der Geothermie.
Sonne, Wind, Wasser, Erdwärme, Bioenergien und Meeresenergien finden
zunehmend ihren technologischen Ursprung und industrielle Entwicklung in
Deutschland.
Die in der letzten Woche stattgefundene erste Weltkonferenz für Erneuerbare
Energien, die auf Initiative der deutschen Regierung zurückgeht, hat der
Welt die Augen geöffnet, für die Notwendigkeit und die Chancen der
Erneuerbare Energien.
4. Bremser sind Union und FDP
Die bisherigen Erfolge dieser Entwicklung, zum Beispiel auch die 100 000
neue Arbeitsplätze, wurden gegen den erbitterten Widerstand von Union und
FDP mit rotgrüner Politik durchgesetzt.
Sowohl die Verabschiedung des EEG im Jahre 2000, als auch die großen Novelle
im Frühjahr 2004 haben Union und FDP im Bundestag abgelehnt. Auch im
Bundesrat gibt es bis heute massive Querschüsse, mit dem Ziel zumindest
Teile der Gesetze unwirksam werden zulassen.
Die Ablehnung der erfolgreichen Ökosteuer durch Union und FDP ist allseits
bekannt. Trotz heute hoher Ölpreise lehnen sie weiterhin die entscheidende
Lenkungswirkung der Ökosteuer weg vom Erdöl ab. Lediglich bei der
Steuerbefreiung von Biokraftstoffen hat die Union mitgestimmt.
Pendlerpauschale, Eigenheimzulage,
Kohlesubventionen, Agrardiesel, Steuerbefreiung für Flugbenzin oder
Schiffsdiesel, Steuererleichterungen für die Rückstellungen der Atomenergie;
alles Subventionen, die das fossile und atomare Energiesystem weiterhin
stützen und Geld binden, welches zum Umbau des Energiesystems dringend
benötigt würde.5. Grüne Rezepte zum beschleunigten Umstieg auf eine solare Energie- und
Stoffwirtschaft.
Die technologische Herausforderung führt vor allem auf drei Felder:
Substitution des Erdöls im Verkehr, in der Raumheizung und der
Chemieindustrie.
In allen drei Feldern sind jeweils zwei entscheidende Strategien wichtig:
a) Die Senkung der spezifischen Energie- und Rohstoffverbräuche
b) Die Substitution des Erdöls durch andere Energieformen und Rohstoffe
Beides muss gleichzeitig angegangen und beschleunigt werden.
1a) Eine Halbierung des verkehrsbedingten Energieverbrauchs ist möglich
durch die flächendeckende Einführung des drei Liter Autos, sparsamere LKWs,
Busse, Bahnen, Schiffe und andere Verkehrsträger wie u.a. Elektrorollern.
Eine deutliche Stärkung des öffentlichen Verkehrs senkt ebenso den
spezifischen Energieverbrauch.
1b) Die gleichzeitig einzuführende Substitution der dann noch notwendigen
Restenergie erfolgt durch zwei Strategien:
Biokraftstoffe. Sie sind in großer technologische Vielfalt vorhanden und
müssen in hoher Geschwindigkeit auf dem Treibstoffmarkt eingeführt werden:
Pflanzenöle als Biodiesel oder besser in naturbelassenem Zustand;
Bioethanol; Biogas in Gasautos oder Gasbussen; synthetische Treibstoffe
(Sunfuel) aus fester Biomasse als Ersatz für Benzin, Diesel, Kerosin.
Entscheidend für eine Erdölausstiegstrategie ist nicht die Beimischung von
Biokraftstoffen in erdölbasierte Treibstoffe, sondern die Nutzung von
Biokraftstoffen als Reinkraftstoffen in den Fahrzeugen. Durch die Steigerung
der Anzahl von Fahrzeugen, die Reinkraftstoffe verwerten können, wird
allmählich die völlige Substituierung des Erdöls erreicht.
Die Bereitstellung der notwendigen land- und forstwirtschaftlichen Flächen
für die Erzeugung von Biokraftstoffen kann ohne Lebensmittelkonkurrenz
gewährleistet werden, wenn der Treibstoffbedarf durch spezifische
Verbrauchsenkungen und Substitution durch Strom aus Erneuerbaren Energien
gesenkt wird. Zudem können die großen Perspektiven der landwirtschaftlichen
Flächen in Osteuropa genutzt werden.
Nullemissionsfahrzeuge als batteriebetriebene Elektromobile, oder
Wasserstoffautos mit Brennstoffzelle.
Solarboote, solar betriebene Kleinflugzeuge, Elektroroller,
Elektroleichtmobile, Hybridautos: alles Entwicklungen die schon vorhanden
sind und nur der massenhaften technologische Umsetzung harren. Japan hat vor
allem bei Hybridfahrzeugen einen großen technologischen Vorsprung, den es
aufzuholen gilt.
Neuartige Batterietechnologien werden die Nutzungsmöglichkeiten für
batteriebetriebene Fahrzeuge deutlich erweitern: Superkondensatoren und vor
allem die Lithium-Metallbatterie von Fortubat u.a.
Die stärkere Nutzung von elektrischem Strom als Antriebsenergie, vor allem
im öffentlichen Verkehr, kann ökologisch durch Offshorewind, Wasserkraft,
Solarstrom, Strom aus Geothermie u.a. Erneuerbare Energiequellen erzeugt
werden.
Auch die Nutzung der Brennstoffzelle im Fahrzeug - mit Wasserstoff aus
Erneuerbaren Energien - ist eine wichtige Zukunftstechnologie, auch wenn die
technologischen Hürden größer sind, als ursprünglich gedacht. Mit ihr lassen
sich aber in der Zukunft Biokraftstoffe und Batterietechnologien ideal
verknüpfen.
2a) die Reduktion des Wärmeverbrauchs.
Der Neubau von Häusern, die keine Energien mehr verbrauchen oder gar mehr
Energie erzeugen als sie verbrauchen, ist technologischer Standard. Er kann
daher vorgeschrieben werden zumindest sollten sich nur diese Standards in
der öffentlichen Förderung wiederfinden.
Es besteht ein hoher Sanierungsbedarf im Altbaubereich. Die begonnene
Unterstützung der Bundesregierung für eine ökologische Altbausanierung, vor
allem der Wärmedämmung sollte deutlich verstärkt werden. Aufgrund der
begrenzten Haushaltsmittel müssen hier weitere Anreize zur Sanierung
entwickelt und eingesetzt werden.
Auf neue Erdöl- und Erdgasheizungen sollten - vergleich den
Zigarettenschachteln - Warnmeldungen aufgedruckt werden, dass mit
drastischen Preiserhöhungen während der Betriebsdauer zu rechnen ist, dass
der Kauf deshalb ein großes ökonomisches Risiko darstellt und dass fossile
Heizungen klimaschädlich sind.
2b) Die Substituierung der Wärmeenergie durch Erneuerbare Energien.
Eine Vielfalt von Möglichkeiten ist denkbar:
Die Nutzung von Abwärme aus der Stromerzeugung mit Erneuerbaren Energien,
z.B. Bioenergie oder Geothermie oder die direkte beziehungsweise
gespeicherte Solarstrahlung kann in Nah- und Fernwärmenetzen eine sehr
schnelle und oft schon wirtschaftliche Substituierung des Erdöls bewirken.
Auch in Mehrfamilienhäusern, beziehungsweise den Einfamilienhäusern ist die
dezentrale Kraftwärmekopplung mit Erneuerbaren Energien eine schnell zu
realisierende Option.
Die reine Wärmebereitstellung mit Erneuerbaren Energien ist bereits Standard
in vielen Häusern und Nahwärmenetzen. Bioenergien mit Holzpellets,
Holzhackschnitzel, Scheitholzanlagen, Strohheizungen, Biogasanlagen und
anderes werden bereits vielfach genutzt. Erdwärme wird bereits aus dem
tiefen Erdinneren oder mit Wärmepumpen aus der Oberfläche genutzt.
Entscheidend wird sein, dass die Häuser verstärkt auf die Nutzung der
passiven Solarenergie ausgerichtet werden. Glasfassaden, Wintergärten,
transparente Wärmedämmung, können die passive Nutzung der Sonnenenergie
deutlich erhöhen und gleichzeitig die Wärmeverluste minimieren.
Solare Kühlung kennt traditionelle und neuartige Technologien, die verstärkt
zu fördern gilt.
Die aktive Nutzung der Solarenergie mit Warmwasserkollektoren,
Warmluftkollektoren, muss deutlich ausgeweitet werden. Der entscheidende
Schritt wird die Nutzung der solaren Überschussenergie des Sommers in den
Wintermonaten sein. Die technologische Lösung dafür sind solare
Langzeitspeicher. Wasserspeicher, Erdsondenspeicher, chemische Speicher,
eine Vielzahl von technologischen Lösungen ist vorhanden; ihre industrielle
Umsetzung ist zwingend erforderlich und muss als zentrale Option für den
Erdölersatz massiv unterstützt werden.
3a) Da die Energierohstoffe in der chemischen Produktion nicht besteuert
werden, schlagen Ölpreiserhöhungen besonders stark auf die
Energierohstoffbezugskosten in der Chemieindustrie durch.
Dabei ist eine
Vielzahl der erdölbasierten Chemieprodukte vermeidbar.
Eine Abkehr von der heutigen Wegwerfgesellschaft wird eine deutliche
Reduktion der Erdölnachfrage bewirken. Langlebige Konsumgüter,
Wiederverwendung, Wiederverwertung, Recycling sind wichtige Stichworte für
eine erdölrohstoffreduzierte Konsumgüterwirtschaft.
Mineraldünger aus Erdöl kann in hohem Maße ersetzt werden durch einen
geschlossenen Kreislauf der Stoffe in der Landwirtschaft. Biologische und
naturnahe Landwirtschaft ersetzt Pestizide aus Erdöl und schafft
gleichzeitig gesunde Lebensmittel.
3b) Der Ersatz für Erdöl als Rohstoff für viele chemische Produkte ist
machbar und zwingend erforderlich.
Pflanzenölchemie kann Erdölchemie
ersetzen; Stärke und Proteine aus nachwachsenden Rohstoffe können
Kunststoffe ersetzen. Biotechnologische Verfahren, z. B. die weiße
Biotechnologie, können viele Erdölprodukte auch mit heutigem technologischen
Anspruchsniveau ersetzen: Farben, Lacke, Textilien, Faserwerkstoffe, und
vieles mehr
.
Die chemische Industrie der USA hat sich bereits ohne die Zielsetzungen von
John Kerry ein eigenes Ziel gesetzt: bis 2020 sollen 20 Prozent der
Erdölchemie durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt werden. Eine hohe
Herausforderung der deutschen Chemieindustrie. Nur ähnliche
Zielvorstellungen werden Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der
deutschen Chemieindustrie in der Konkurrenz durch diese Herausforderung der
US Chemieindustrie erhalten.
Politische Instrumente zum Erdölausstieg:
Verkehr:
Wärmesektor:
Chemie: