Auszüge aus der Bundestagsdebatte zum Solarstrom-Vorschaltgesetz

Der Bundestag hat am 27.11.2003 den im Umweltausschuss des Bundestages leicht überarbeiteten Gesetzesentwurf angenommen. Im Folgenden veröffentlichen wir Auszüge von markanten Redebeiträgen dieser entscheidenden Bundestagssitzung. Da der Gesetzesantrag von der Regierungskoalition ausging, haben wir hier vor allem Beiträge der FDP und der CDU/CSU ausgewählt (Hervorhebungen durch die Redaktion).

Michael Kauch (FDP)

„...Die FDP will erneuerbare Energien wirksam fördern. Darin sind wir uns einig. Wenn wir das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das EEG, in seiner heutigen Fassung ablehnen, dann nicht, weil wir gegen erneuerbare Energien sind. Wir, die FDP, wollen Windkraft, Solarenergie, Geothermie, Biomasse und Wasserkraft. Aber wir sind auch der Auffassung, dass die bisherige Förderung mittels garantierter Einspeisungspreise der in ordnungspolitischer Hinsicht krasseste Eingriff in den Markt ist. Die Überförderung der Windenergie hat es gezeigt - ich hoffe, dass Sie mir zustimmen -: Bei technischem Fortschritt werden garantierte Preise zur Lizenz zum Gelddrucken.

Für die FDP als Partei des Eigentums ist der Bestandsschutz für die Förderung bestehender Anlagen nach dem EEG selbstverständlich. Aber in Zukunft setzt die FDP dem EEG, das die Preise garantiert, ein eigenes marktwirtschaftliches Modell entgegen.“

Winfried Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen)

„... Beispiel Klimaschutz: Wir wissen es schon lange, aber der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung „Globale Umweltveränderungen“ hat es erneut sehr deutlich gesagt: Wir sind auf einem hochgefährlichen Weg. Es ist völlig klar, dass das oberste Ziel moderner Umweltpolitik eine konsequente Klimaschutzpolitik sein muss. Die beiden Parlamentsfraktionen von Rot-Grün haben mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, mit dem Vorschaltgesetz zur Photovoltaik und jetzt mit der Novelle Umwelt- und Klimaschutzpolitik in diesem Sinne vorangetrieben. Sie haben immer nur marktwirtschaftliche Einwendungen vorgebracht, aber keinen substanziellen Vorschlag gehabt, der deutlich gemacht hätte, wie man auf anderem Weg erfolgreich sein könnte.“

Klaus W. Lippold (CDU/CSU)

„... Wir werden auch in Zukunft die regenerativen Energien fördern, aber wir werden auch eine Deckelung insgesamt einführen. So wird es eine Deckelung bei der Photovoltaik geben....“

Ulrich Kelber (SPD)

„...Wenn ich schon über die Forschung spreche, muss ich als Umweltpolitiker natürlich auch auf die Energieforschung eingehen. [...] Es ist gut, dass die Koalition dafür gesorgt hat, dass das Auslaufen des Zukunftsinvestitionsprogramms in der Energieforschung finanziell zumindest teilweise kompensiert wurde. Ich sage aber auch ganz offen: Dieses Geld reicht nicht. Wir werden mehr Geld für Effizienztechniken, Speicherforschung und andere Technologien, vor allem aber im Bereich der erneuerbaren Energien und des Klimaschutzes zur Verfügung stellen müssen.[...]

Eines findet man in diesem Haushalt nicht: Es gibt keine staatlichen Mittel für die Einspeisevergütung bei erneuerbaren Energien. Politiker von CDU/CSU und FDP behaupten ja immer, dass die Einspeisevergütung für erneuerbare Energien massiv subventioniert würde. Selbst die Spitzen wie Merkel, Stoiber, Merz und Westerwelle wiederholen dies häufig, obwohl sie wissen, dass dies inhaltlich falsch ist.

Um es noch einmal festzuhalten: Die Einspeisevergütungen zur Förderung der erneuerbaren Energien kommt nicht aus Steuergeldern. Das sei vielleicht auch einmal an die hinteren Reihen der Union gesagt. Es handelt sich um eine verursachergerechte Umlegung auf alle klimabelastenden Arten der Energieerzeugung...“

Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU)

„... Herr Kollege Kelber, Sie haben gerade sehr viel und intensiv geredet. Aber es stellt sich wirklich die Frage, ob Sie die umweltpolitischen Probleme, die Sie angesprochen haben, richtig dargestellt haben.

Erstens. Mit einem Hinweis auf Frau Merkel haben Sie erklärt, es werde zur Subventionierung der erneuerbaren Energien nichts aus Haushaltsmitteln beglichen.

Dazu sage ich Ihnen: Sie haben alle diese Zitate nicht richtig gelesen. Frau Merkel und viele andere haben die Frage aufgeworfen, was für die erneuerbaren Energien tatsächlich geleistet wird; neben der Stromeinspeisevergütung gibt es ja noch Abschreibungsmöglichkeiten nach der AfA.

Dazu muss man kritische Fragen stellen. Wenn ich zum Beispiel sehe, dass in meinem Haushalt ein Anlageprospekt eingeworfen wird, in dem im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Renditen von 9 bis 10 Prozent versprochen werden, dann ist klar, dass diese allein über die Stromeinspeisevergütung nicht garantiert werden könnten. Sie hängen vielmehr mit den fantastischen Abschreibungsmöglichkeiten zusammen. Dabei stellt sich die Frage, was den Haushalten auf Bundes-, Länder- und Kommunalebene durch Abschreibungsmöglichkeiten verloren geht. Über diesen Punkt hat Frau Merkel geredet. Sie hatte Recht. Sie hingegen haben nicht die Kraft aufgebracht, nach dem ersten Satz auch den zweiten Satz zu lesen, Herr Kelber. [...]

Wir beraten heute in dritter Lesung das Vorschaltgesetz Photovoltaik zum Erneuerbaren-Energien-Gesetz. Hier sagen wir ganz deutlich und klar: Wir als CDU/CSU werden diesem Vorschaltgesetz zur Photovoltaik zustimmen, denn mit diesem Gesetz erhält die Photovoltaikbranche in Deutschland endlich Planungs- und Investititionssicherheit. Diese Sicherheit ist durch rot-grüne Verzögerung und Unentschlossenheit in den letzten Monaten leider verloren gegangen. Ich habe dazu schon bei der ersten Lesung zu diesem Gesetzentwurf ausgeführt, muss das aber heute wiederholen: Seit dem Auslaufen des 100 000-Dächer-Programms im Frühsommer dieses Jahres ist die deutsche Photovoltaikindustrie in eine große Krise geraten. Dies haben Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, ganz allein zu verantworten, denn Sie haben es versäumt, rechtzeitig eine Anschlussregelung vorzulegen. Es ist bereits das zweite Mal in diesem Jahr, dass wir hektisch Fehler Ihrer Gesetzgebung und Ihrer Förderpolitik bei den erneuerbaren Energien korrigieren müssen. Sie arbeiten einfach nicht sorgfältig genug. Das wird schon daran deutlich, dass wir hier und heute zwar eine konzentrierte Förderung für die Photovoltaik vornehmen, aber wir uns alle - Sie bestimmt auch - als Mitglieder des Umweltausschusses kritische Fragen vorlegen lassen müssen, warum für Biomasse und insbesondere für Biogas nicht ebenfalls ein Vorschaltgesetz verabschiedet worden ist.

Eines muss man in aller Deutlichkeit sagen: Nur wegen dieser Hektik - die CDU/CSU hat das im Umweltausschuss gerügt -, mit der Sie dieses Vorschaltgesetz innerhalb von zwei Wochen durchpeitschen wollten und auch mussten - das gebe ich zu -, um Sicherheit für die Photovoltaikindustrie zu erreichen, gab es überhaupt keine Zeit und Möglichkeit mehr, die Anregungen beispielsweise des Kollegen Helmut Lamp aufzugreifen und zu fragen, ob wir kurzfristig noch etwas für Biogas machen können. Diese heftige Kritik ist durchaus berechtigt. Daraus muss man eine Konsequenz ziehen: Es darf zukünftig auch bei der Beratung der großen Novelle zum EEG nicht mehr zu solch einer Hektik und zu einem solchen Durchpeitschen kommen, denn dann sind die Fehler klar programmiert. Es darf nicht passieren, dass wir die Fehler wiederholen, die in den letzten Tagen und Wochen durch Ihre Hektik leider passiert sind.“

Hans-Josef Fell (Bündnis 90/Die Grünen):

Herr Kollege Paziorek, Sie haben gerade behauptet, dass sich die deutsche Photovoltaikindustrie in einer großen Krise befinde. Ist Ihnen bekannt, dass mit dem Auslaufen des 100.000-Dächer-Programms im Juni dieses Jahres ein unglaublicher Auftragsboom entstanden ist und die Industrie die Aufträge bis zur Stunde noch nicht abgearbeitet hat, dass sehr viele Überstunden gemacht werden müssen, um die Aufträge abzuarbeiten, und davon ausgegangen wird, dass erst im nächsten Jahr, in dem eine neue Einspeisevergütung erwartet wird, dieser Aufschwung der Photovoltaik weitergeht?
Wie können Sie angesichts dieser Tatsache behaupten, dass die Photovoltaikindustrie aktuell wegen RotGrün in einer Krise ist? Denn unsere Beobachtung ist, dass das glatte Gegenteil der Fall ist. Erst durch RotGrün gab es diesen großen Aufschwung. Dadurch war es möglich, dieses Vorschaltgesetz rechtzeitig zu bringen, wenn auch dank Ihrer Mithilfe.

Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU):

Sehr geehrter Herr Kollege, jetzt bin ich aber wirklich platt. Ihre Kolleginnen und Kollegen im Umweltausschuss begründen die Tatsache, dass wir uns jetzt ganz schnell entscheiden müssen, damit, dass feststeht, dass die Auftragsdelle schon ab dem Januar nächsten Jahres da sein wird. Die Betriebsräte rufen bei uns an und sagen, dass noch vor Weihnachten arbeitsplatzrelevante Entscheidungen zu treffen sind, wenn der Deutsche Bundestag nicht heute, zwei Sitzungswochen vor der Weihnachtspause die entsprechenden Signale sende, wie es ab dem 1. Januar 2004 weitergeht. Herr Fell, wie kommt denn diese Beschreibung der Firmenchefs, des Bundesverbandes Solarindustrie und auch der Betriebsräte vor dem Hintergrund Ihrer Aussage zustande?

Lieber Herr Fell, ich halte es für nicht hinnehmbar,[...] dass Sie die Sorgen, die gerade aus dem Arbeitnehmerbereich der Solarwirtschaft in den letzten Tagen massiv geäußert worden sind, in dieser Art und Weise abtun wollen. Das sollte man bei aller Erfolgsbilanz, die Sie für die rotgrüne Regierungskoalition darstellen wollen - das verstehe ich - nicht hinnehmen. Deshalb habe ich die Bitte, dass Sie noch einmal überlegen, ob Ihre Aussage vor dem Hintergrund der wirklich großen Besorgnisse im Bereich der Photovoltaik gerechtfertigt war. Eines aber stimmt, Herr Fell: Der Union wurde eine Zustimmung letztlich nur möglich, weil Sie - insofern will ich den kooperativen Stil durchaus erwähnen - bereit gewesen sind, auch über die Fördersätze im Einzelnen nachzudenken.

Ich muss an dieser Stelle auch der Solarindustrie ganz klar und deutlich sagen: Ich fand es sehr gut, dass man bereit gewesen ist, mit uns kooperativ über diese Fragen zu sprechen, und dass wir geprüft haben, an welchen Stellen die angedachten Fördersätze noch reduziert werden konnten. Ich weiß, dass wir auch der Solarindustrie damit sehr viel zumuten und dass das eine harte Vorgabe ist. Aber dieser Schritt war notwendig. Denn wir müssen immer darauf achten - auch wenn man in der Fördersystematik bleibt -, dass die Förderkosten nicht ausufern. Deshalb war es wichtig dass wir an dieser Stelle deutlich gemacht haben: Wir werden uns die Fördersätze im Einzelnen anschauen. Denn wir wollen erreichen, dass es bei den Förderkosten einen gesamtwirtschaftlichen Deckel gibt, und wir werden alles tun, um diesen Spagat erfolgreich zu bewältigen, nämlich erneuerbare Energien zu fördern und gleichzeitig die Förderkosten unter Kontrolle zu halten. Das ist ein verantwortungsbewusstes Vorgehen in diesem Bereich.

Natürlich ist uns bekannt, dass die indirekten Subventionskosten bei der Photovoltaik - Herr Kelber, nennen wir sie einfach einmal so - noch sehr hoch sind. Für das Jahr 2003 geht man von einem Vergütungsvolumen von circa 125 Millionen Euro aus, bei einem Stromwert von circa 15 bis 20 Millionen Euro. Daraus wird deutlich, welche Summe wir indirekt - über Umlagen beim Verbraucher und bei der mittelständischen Wirtschaft finanzieren. Wenn man dann wie Sie, Herr Kelber, sagt, das seien doch gar keine Mittel aus dem Bundeshaushalt, dann muss man sich über die Größenordnung klar sein und sich vor Augen führen, dass das Mittel der Verbraucher und der mittelständischen Wirtschaft sind. Ich habe die Zahlen genannt; schließlich muss man wissen [...], welche Belastungen man ausspricht, wenn man zustimmt. Wenn wir die Förderung fortsetzen wollen, müssen wir uns also darüber Gedanken machen, ob der Weg in dieser Form weitergegangen werden kann.

Ich möchte Sie auffordern, bei der Novelle des EEG nicht hektisch zu beraten, uns Zeit zu geben und gleichzeitig für alle neuen Instrumente offen zu sein, mit denen die Kostenbelastung für die mittelständische Wirtschaft eventuell unter Kontrolle gehalten werden kann. Dies muss der Ausgangspunkt für die Beratungen sein; mit einer schlichten Fortschreibung des Systems, das zudem sehr teuer ist, ist es nicht getan.

Ich komme zum letzten Punkt meiner Ausführungen. Neue Märkte zu erschließen ist wichtig. Denn die hohen Kosten der Photovoltaik können wir letztlich nur rechtfertigen, wenn wir sagen: Damit eröffnen wir Exportchancen. Deutschland wird auch in den nächsten Jahren nicht im Sonnengürtel der Erde liegen. Aus diesem Grunde müssen wir uns über den Export Gedanken machen. Dazu möchte ich aus dem aktuellen Bericht der Deutschen Energie-Agentur über den Handlungsbedarf bei der Förderung des Exports zitieren: Die Erfahrungen der Deutschen Energie-Agentur GmbH im Rahmen der Exportinitiative verdeutlichen, dass bezüglich des Exports deutscher EE-Technologie erheblicher Handlungsbedarf besteht. Weiter heißt es: Eine verbesserte Präsenz auf Auslandsmärkten und eine deutliche Erhöhung der Exportquoten ist gleichzeitig die Voraussetzung für den Erhalt und den weiteren Ausbau der EE-Branchen in Deutschland. Laut Aussagen des VDMA ist es für den Bestand der deutschen EE-Branche unabdingbar, mittelfristig eine Exportquote von etwa 70 Prozent zu erreichen

Es kommt auch darauf an, dass wir eine Förderpolitik betreiben, die nicht nur die deutschen Verbraucher und Mittelständler belastet, sondern wir müssen eine Politik mit interessanten Instrumenten betreiben. Hierbei sollten die Exportchancen über das Wirtschaftsministerium und über das Umweltministerium eröffnet werden. Teilweise sagen uns die Vertreter von mittelständischen Photovoltaikanlagenherstellern: Diese Exportunterstützung gibt es gar nicht im rot-grünen Lager. Das ist das Hauptproblem. Sie wollen die Förderbeträge erhöhen, machen sich aber nicht ausreichend Gedanken darüber, wie man den Export in diesem Bereich tatsächlich fördern kann. Das ist ein schwerer Vorwurf, den wir zum Abschluss machen müssen. Deshalb können wir nur sagen: Auch das ist ein Grund, weshalb wir dem Haushaltsplan zum Umweltbereich in diesem Jahr nicht zustimmen können.“

Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit:

„ [...] Wenn Sie danach fragen, wo Deutschland internationales Ansehen genießt, dann empfehle ich Ihnen, sich einmal umzusehen. Zum Beispiel wird im World Watch Report nicht nur unsere Politik im Zusammenhang mit dem Atomausstieg, sondern insbesondere auch die Förderung der erneuerbaren Energien als weltweit vorbildlich betrachtet.

Nicht umsonst haben wir hier ja auch die größten Steigerungsraten. Aber Sie müssen denen nicht glauben; das sind ja nur „irgendwelche Ökos“. Aber glauben Sie wenigstens Ihren Parteifreunden, den Konservativen in Spanien und Frankreich. Jacques Chirac ist kein Sozialist, er ist auch kein Grüner. Trotzdem haben die Regierungen dieser beiden Länder unsere Einspeiseregelungen für das Erneuerbare-Energien-Gesetz übernommen. Sie haben sich dafür entschieden, weil sie wissen, dass sie kostengünstiger und effizienter sind als die Ausschreibungsmodelle. Wir liegen mit den Einspeisevergütungen 2 bis 3 Cent unter den Ausschreibungsmodellen, die in Großbritannien zur Anwendung kamen, und haben sie sogar noch weiter gesenkt. Das nenne ich Führungskraft und Voranschreiten! So stellt sich eine internationale Vorreiterrolle auf dem Gebiet der Umwelt- und Klimapolitik dar!“

Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU)

„Herr Bundesminister Trittin, wenn Sie uns als Oppositionsfraktion inzidenter vorwerfen, dass wir gegen erneuerbare Energien sind, dann frage ich Sie: Ist Ihnen bekannt, dass das Vorgängergesetz des EEG, das Stromeinspeisungsgesetz, 1990 von der Regierung Kohl geschaffen worden ist. dass die damalige Opposition aus SPD und Grünen diesem Gesetz nur widerwilligst zugestimmt hat und dass sich die CDU/CSU genau deshalb heute als erfolgreichste Erneuerbare-Energien-Partei bezeichnen kann, die es in Deutschland je gegeben hat?“

Jürgen Trittin

„Lieber Herr Kollege Ramsauer, mir ist bekannt, wie es mit dem Stromeinspeisungsgesetz anfing. Mir ist auch bekannt, dass es dringenden Veränderungsbedarf gab, den wir dann aufgegriffen haben. Wir müssen uns an dieser Stelle doch gar nicht streiten. Ich habe ja mit Freude zur Kenntnis genommen, dass die Union zumindest bei der Photovoltaik die Koalition in der Opposition mit den Neoliberalen aufgekündigt hat und nun tatsächlich mit Taten zu ihren Worten steht. Deswegen konnte ich der Rede unseres Kollegen Paziorek mit großem Wohlwollen und großer Freude folgen. Hier bildet sich wieder der parteiübergreifende Konsens heraus, den es bei der Verabschiedung des Stromeinspeisungsgesetzes gegeben hat und der besagte, dass es notwendig ist, erneuerbare Energien zu fördern. Deswegen sollten wir dies gemeinsam machen.[...]

Ich stimme Herrn Paziorek auch darin zu, dass wir mehr Anstrengungen brauchen, um unsere erneuerbaren Energien im Ausland besser abzusetzen.

[...] Eine letzte Bemerkung: Sie reden von Selbstverpflichtung und sehen als Alternative nur Sanktionen. Dieses System haben Sie doch erfunden; Kollege Loske hat darauf hingewiesen. Das Prinzip, im Gegenzug zur Selbstverpflichtung auf die Ökosteuer und die Wärmeverordnung zu verzichten, war bisher Konsens zwischen uns. Dieses Prinzip habe ich erst jüngst in einem Vortrag von Klaus Töpfer wieder gehört. Warum ist das, was Sie gemacht haben, verkehrt, wenn wir es machen? Allerdings sind wir der Auffassung, dass es verkehrt wäre, Selbstverpflichtungen ohne eine Sanktion bei Zielverfehlung einzuführen.

Doris Meyer (CDU/CSU)

„Wir brauchen einen Energiemix aus herkömmlichen und erneuerbaren Energien. Eine einseitige Förderung der einen und auf Kosten der anderen Energieart darf nicht sein. Ökologische und ökonomische Aspekte müssen gleichermaßen berücksichtigt werden, Sie können doch nicht Stück für Stück ein Land von einer sicheren Energieversorgung abkoppeln und dabei offen lassen, wie die Versorgung in Zukunft funktionieren soll. Das ist unverantwortlich. Sie, Herr Trittin, bleiben den Wählerinnen und Wählern eine Antwort schuldig.“

Marco Bülow, SPD

„Die beiden heute diskutierten Punkte - der Haushalt und die Förderung der erneuerbaren Energien haben zwar keinen direkten Zusammenhang; aber eine vernünftige Anschubförderung kann den Haushalt mittelfristig entlasten. Die Förderung der Erneuerbaren Energien ist vernünftig. Ich bin mir sicher: Die Investitionen in die Zukunft werden den Haushalt irgendwann entlasten.

Die Zukunft der Energieversorgung beruht meines Erachtens auf zwei Säulen, auf denen weiter aufgebaut werden muss: erstens der stetigen Steigerung der Effizienz und zweitens dem stetigen Ausbau der erneuerbaren Energien. Ich bin mir sicher, dass sich auch in diesem Bereich die Vernunft durchsetzen wird.

Dazu passen die positiven Signale und Meldungen der letzten Zeit: Der Mineralölkonzern Total will in die Windkraft investieren. RWE hat den ersten großen Offshore-Windpark Großbritanniens in Betrieb genommen. In Kalifornien werden die Ziele hochgeschraubt: Der Anteil der erneuerbaren Energien soll bis 2010 von 7 Prozent auf 20 Prozent erhöht werden. Dahinter können wir uns fast noch verstecken. Gleichzeitig wird in den USA von renommierten Wissenschaftlern ein Weißbuch aufgelegt, das folgende Zahlen - wir kennen sie schon, aber das bestätigt es noch einmal - beinhaltet: Es ist locker möglich, bis 2050 einen Anteil von 50 Prozent an der gesamten Energieversorgung der Welt aus erneuerbaren Energien zu gewinnen. Deswegen ist es auch hier möglich. Wir stehen vor der ersten Weltkonferenz für erneuerbare Energien. Ich denke, wir werden auch dort Signale setzen.

Auch wenn immer wieder Angriffe auf die erneuerbaren Energien gestartet werden, zeigen alle Umfragen, dass ihre Akzeptanz bei 80 Prozent oder sogar bei über 90 Prozent liegt. Es gibt keine andere Energieform, die solch hohe Werte erhält.

Es gibt eine aktuelle Umfrage vom Marktforschungsinstitut IRES. Dabei geht es um die Faszinationsskala. Da liegen die erneuerbaren Energien an der Spitze - vor Fußball und Formel 1. Das ist, denke ich, einen Applaus wert, weil das zeigt: Die Bürger haben es begriffen. In Neustadt-Glewe wurde das erste Geothermiekraftwerk in Betrieb genommen. Wir werden heute das Vorschaltgesetz verabschieden, das ein gutes Signal an die Wirtschaft ist. Auch in der Union - siehe: Vorschaltgesetz - wächst die Zustimmung zu den erneuerbaren Energien. Ich wünsche den Gutwilligen in der Unionsfraktion eine Menge Kraft bei den Diskussionen, Beiträge wie der Beitrag von Herrn Lippold zeigen, dass da noch viel zu tun ist.[...]

Viele Kosten muss die Bevölkerung tragen, auch wenn sie nicht auf der Stromrechnung erscheinen. Sie werden in die ganze Diskussion nicht einbezogen. Ein Beispiel sind die externen Kosten. Wir wissen, dass die erneuerbaren Energien einen Haushalt ungefähr mit 1 Euro belasten. Das Umweltbundesamt hat eine Rechnung angestellt und festgestellt, dass die erneuerbaren Energien jeden Haushalt um 4 Euro entlasten. Das heißt, es gibt einen Gewinn von 3 Euro. Ich bitte Sie, auch das zur Kenntnis zu nehmen.

Hören wir also endlich damit auf, zu verschleiern, was uns der Raubbau und die Verfeuerung der herkömmlichen Ressourcen kosten! Das kostet uns im Endeffekt mehr.

Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU):

Ist das pro Tag oder pro Monat oder pro Jahr oder pro Stunde?

Marko Bülow (SPD):

- Pro Monat. Ich bin mir sicher.

Zurück zum Kostenvergleich. Ich gebe ein paar weitere Beispiele für Kosten, die nicht auf der Stromrechnung auftauchen. Es sind zum Beispiel die Fördersummen, die in den Atomstrom geflossen sind und noch immer reichlich fließen, die aber in diese Rechnungen nicht einbezogen werden. Wir wissen, dass es weitere versteckte und offene Kosten gibt, beispielsweise für Versicherungen, die nicht richtig ausgewiesen sind, beispielsweise für die Endlagerung, die letztlich auch die Bürgerinnen und Bürger zu zahlen haben. Wir sollten auch einmal über die Verfügbarkeit von Ressourcen sprechen, damit klar wird, wann was billiger und wann was teurer wird. Der sicherheitspolitische Aspekt taucht nicht auf. Wir wissen aber, dass einige fossile Ressourcen, beispielsweise Öl, hauptsächlich dort vorhanden sind, wo es sicherheitspolitisch prekär ist. Wir wissen nicht, ob wir in Zukunft die Ressource noch bekommen können.

Außerdem wird nicht einbezogen, wie hoch der Beschäftigungsgrad ist. Die IG Metall geht nach den vorliegenden Zahlen davon aus, dass die Windkraft im Vergleich zum Atom einen zehnmal höheren Beschäftigungsgrad hat. Andere sprechen von einem achtmal höheren Beschäftigungsgrad. Auf jeden Fall gibt es dort einen höheren Beschäftigungsgrad und auch das muss erwähnt werden.

Natürlich geht es auch um unsere Umwelt, um unsere Lebensgrundlage. Es geht um den Klimawandel. Auch aus ökonomischen Gründen muss die effiziente Nutzung erneuerbarer Energien eine Säule unserer Politik werden. Es geht nicht um Umwelt gegen Wirtschaft, sondern um Fortschritt gegen Rückschritt, um Generationengerechtigkeit gegen „nach mir die Sintflut“.

Die Bevölkerung hat das kapiert. Sie begreift die Faszination der erneuerbaren Energien und die damit verbundene Perspektive. Sie will sich das nicht zerreden lassen; sie sieht darin eine Chance. Wir stehen in der Pflicht. Ein passendes Sprichwort sagt: Chancen sind wie Sonnenaufgänge. Wer zu lange wartet, verpasst sie. Wir haben mit zahlreichen Initiativen und Gesetzen eine gute Grundlage geschaffen, damit der Sonnenaufgang nicht verpasst wird. Wir wissen aber auch - das meine ich durchaus auch als Selbstkritik -, dass das nur der Anfang war, dass wir ein umfassendes Energiekonzept brauchen. Daran arbeiten wir.

Wir wissen, dass wir im Bereich Effizienz noch mehr tun müssen. Wir wissen, dass wir im Bereich Verkehr, beispielsweise im Luftverkehr, erhebliche Probleme haben. Wir wissen auch - in diesem Punkt stimme ich Ihnen zu -, dass wir die internationale Diskussion weiter forcieren müssen. Dazu haben wir die Weltkonferenz. Wir brauchen aber auch eine Energieagentur, die sich um erneuerbare Energien kümmert. Auch das muss forciert werden.

Wir haben also viel vor der Brust. Wir fangen heute mit dem Vorschaltgesetz für Photovoltaik an, um einen Fadenriss zu verhindern. Ich bin froh, dass die Union das Signal gegeben hat, dem Gesetz zuzustimmen. Ich weiß, dass es im Biogasbereich ähnliche Schwierigkeiten gibt und wir auch auf diesem Gebiet einiges erarbeiten müssen. Ich denke, dass wir auch hierbei gut mit der Union zusammenarbeiten werden.

Wir bieten Ihnen die Zusammenarbeit bei einer Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes an. Wir sollten die einzelnen Teile dieses Gesetzes ausführlich beraten. Mir liegt es am Herzen, dass wir die erneuerbaren Energien gemeinsam fördern. Wir sollten zusammenarbeiten.

Ich bin überzeugt, dass sich die Vernunft durchsetzen wird. Es gibt viele ermunternde Signale. Noch haben wir den Sonnenaufgang nicht verpasst. Lasst uns alle gemeinsam die Chancen nutzen, um dem Aufgang der erneuerbaren Energien zum nachhaltigen Erfolg zu verhelfen. Ich danke Ihnen. Glück auf!