"Ich habe dem Gesetz zur Neuregelung der Besteuerung von Energieerzeugnissen und zur Änderung des Stromsteuergesetzes entgegen dem Votum meiner Fraktion meine Zustimmung verweigert und mit "nein" gestimmt. Mit diesem Gesetz wird der Rein-Biokraftstoffmarkt für Biodiesel und Pflanzenöl von Grund auf gefährdet, spätestens wenn ab 2012 eine volle Besteuerung dieser Kraftstoffe analog zu den Dieselkraftstoffen eintreten wird. Schon zuvor ist damit zu rechnen, dass diesbezügliche Investitionen dafür eingestellt werden. Nur wenn die Rohölpreise für fossile Kraftstoffe bis dahin weiter stark ansteigen, kann diese Gefahr diesem Gesetz zufolge abgewendet werden.Damit wird eine Entwicklung politisch eingeleitet, in der die auf Pflanzenöl basierenden Biokraftstoffe über die geplante Beimischungspficht dem Abnehmermonopol der Mineralölkonzerne ausgeliefert werden. Diese Entwicklung halte ich für eine grundlegend falsche Weichenstellung.
Sie führt dazu, dass
- die für Biokraftstoffe erforderliche ökologische Ausrichtung der Anbaukonzepte wesentlich erschwert wird;
- die landwirtschaftlichen Produzenten dieser Biokraftstoffe dem Preisdiktat der Mineralölkonzerne ausgesetzt werden und damit die neuen Chancen der Landwirtschaft ("Der Landwirt als Energiewirt") schwerwiegend beeinträchtigt werden;
- die Chancen des Aufbaus regionaler Biokraftstoffproduktionen durch mittelständische Betriebe und Stadtwerke, und damit neue regionalwirtschaftliche Wachstums- und Beschäftigungsmöglichkeiten mit ihren binnenkonjunkturellen Effekten, unterminiert werden;
- zahlreiche Speditionsunternehmen, die in jüngerer Zeit auf Biodiesel und Pflanzenöl umgestiegen sind, entweder gefährdet werden oder wieder jenseits unserer Grenzen tanken.
Aus diesen Gründen muss auch damit gerechnet werden, dass nicht einmal die erwarteten zusätzlichen Steuereinnahmen tatsächlich eintreffen. Bei allen diesbezüglichen Berechnungen des BMF sind die Steuerrückflüsse aus dem durch die bisherigen Steuerbegünstigungen entstandenen Wirtschaftssektor für Biodiesel und Pflanzenöle nicht berücksichtigt worden. Hinzu kommt die Unverhältnismäßigkeit in der Besteuerung von Kraftstoffen, die aufrechterhalten bleibt: Nicht nur bleibt das nicht mehr begründbare Steuerprivileg von Dieselkraftstoffen gegenüber Benzin in Höhe von 18 Cent unangetastet. Auch die Steuerprivilegierung von Erdgaskraftstoffen bleibt bis 2018 und wird sogar auf Flüssiggas ausgeweitet. Es bleibt unerfindlich und ist nicht legitimierbar, dass ein neuer fossiler Kraftstoff politisch gegenüber allen Biokraftstoffen privilegiert wird.
Ich bin der Überzeugung, dass das vorliegende Gesetz keinen Bestand haben wird und noch vor Ende der Legislaturperiode ein weniger kurzsichtiges und widersprüchliches Gesetz erforderlich ist. Eine diesbezügliche Initiative kündige ich hiermit an."
Quelle: www.hermann-scheer.de