Datum der letzten Änderung: 18.01.04

Vorüberlegungen für ein Biomasse-Vorschaltgesetz zum EEG

Für die Fortsetzung und Erweiterung der Biomasseverstromung wird derzeit ein weiteres Vorschaltgesetz zum EEG diskutiert. Der SFV hat dazu einen eigenen Vorschlag zur Diskussion gestellt; siehe [sfv-rundmail] vom 21.11. und 31.12.03. Beide Rundmails stießen auf einhellige Zustimmung in der Leserschaft - allerdings gab es mehrere Verbesserungsvorschläge, die wir in unseren Vorschlag eingearbeitet haben.
Wir werden zukünftig auch weitere Vorschläge einarbeiten und die Änderungen durch rote Schrift hervorheben.

Zusammenfassung der bisherigen Überlegungen:

Das EEG-übliche System der zeitunabhängigen Mindestvergütungen für jede gelieferte Kilowattstunde berücksichtigt nicht die besondere Stärke der Biomasse, Strom genau dann liefern zu können, wenn er besonders wertvoll ist.
Um die Zeit der mittäglichen Bedarfsspitze wird im Stromhandel für den Zukauf von konventionell erzeugtem Strom zwischen 2 bis 20 mal mehr bezahlt als zur Nachtzeit.
Für die Stromeinspeisung aus Biomasse wird der Preisunterschied zwischen den Tageszeiten bei den gesetzlichen Regelungen jedoch bisher nicht genutzt.

Der Charm des folgenden Vorschlags liegt gerade darin, dass die Zusatzvergütung nicht auf den Stromkunden umgelegt werden muss, weil an anderer Stelle Kosten für teure Spitzenlast eingespart werden.

Warum wurde der Preisunterschied bisher nicht genutzt?

  1. Nur ein Einspeiser, der in eine höhere Generatorleistung investiert, kann seine Stromeinspeisung auf die Stunden konzentrieren, in denen im Stromhandel höhere Preise gezahlt werden.
  2. Die Betreiber von Biomasse-Anlagen haben keinen Zugang zum Stromhandel, und die gesetzliche Öffnung eines solchen Zugangs zum Stromhandel würde nicht in die Rechtssystematik des EEG passen.
  3. Die Aufgabe, sich die erzielbaren Mehrerlöse durch Teilnahme am Stromhandel selber zu holen, würde die Betreiber der Biomasse-Anlagen organisatorisch überfordern.

Lösungsansatz zu den vorgenannten Problemen 1 bis 3

Zu Problem 1) Bei ausreichendem finanziellen Anreiz werden die erforderlichen Investitionen in einen stärkeren Generator und die Erfüllung der sonstigen technischen Voraussetzungen durch die Betreiber selber vorgenommen.

Die Probleme 2 und 3 können durch den Gesetzgeber wie folgt gelöst werden: An Stelle einer Teilnahme am Stromhandel lässt sich eine schematisch-einfache gesetzliche Regelung für eine zusätzliche zeitgestaffelte Vergütung finden.

Dies ist möglich, weil die Stromnachfrage und damit der Strompreis einer zeitlichen Regelmäßigkeit unterliegen, die durch den Unterschied von Tag- und Nachttarif und durch eine oder zwei regelmäßig auftretende Lastspitzen am Tag beschrieben werden kann. Mag auch die Höhe der Lastspitzen von Tag zu Tag wechseln, so liegt ihre Dauer doch weitgehend fest.

Wer ausschließlich in den Zeiten erhöhter Strompreise einspeist, erhält eine Zusatzvergütung. Diese entspricht zwar nicht exakt den im Stromhandel erzielbaren Vergütungen, weil diese von Tag zu Tag in einer gewissen Bandbreite differieren, doch lässt sie sich so einstellen, dass im jährlichen Durchschnitt ein vergleichbares Ergebnis erzielt wird.

Um eine Feinjustierung der Zeitstaffelung nach örtlichen Gegebenheiten oder z.B. beim Übergang von Sommer- auf Winterzeit zu ermöglichen, überlässt das von uns vorgeschlagene Schema dem Netzbetreiber selber die zeitliche Verschiebung der Einspeise-Zeiträume innerhalb eines Tages, ohne dabei die Gesamtdauer der täglichen Einspeise-Zeiträume zu ändern.

Wichtig ist auch, dass die vorgeschlagene schematische Regelung in technischer Hinsicht keine Hindernisse für eine energieeffiziente wärmegeführte Kraft-Wärme-Kopplung aufbaut. Wer in einen Tag-Nacht-Wärmespeicher investiert, kann die bei der Stromerzeugung gewonnene Wärme gleichmäßig über 24 Stunden verteilen.

Um denjenigen, die ihre Biomasse-Anlage weiterhin wie bisher ohne jede zeitliche Festlegung betreiben wollen, auch diese Möglichkeit nicht zu verbauen, behält der von uns zur Diskussion gestellte Gesetzes-Entwurf das bisherige Prinzip der zeitunabhängigen Mindestvergütungen bei.

Nur derjenige Einspeiser, der seine Einspeisung vertraglich gegenüber dem Netzbetreiber auf gewisse schematisch festgelegte Einspeise-Zeiträume beschränkt, erhält die Zusatzvergütung. Für den Einspeiser besteht keine Verpflichtung, die Einspeise-Zeiträume tatsächlich auszufüllen, für den Netzbetreiber besteht im Gegenzug keine Verpflichtung, eine Einspeisung außerhalb der vertraglich festgelegten Einspeise-Zeiträume zu vergüten (auch nicht mit dem Grundtarif). Andernfalls würden Einspeiser, die im Regelfall eine Dauereinspeisung rund um die Uhr vornehmen möchten, dennoch den Einspeise-Zeitraum 2 wählen.

Stellungnahmen (auch Zustimmung) und Verbesserungsvorschläge sind erwünscht.

Gesetzentwurf für ein Biomasse-Vorschaltgesetz zum EEG

Nachträgliche Verbesserungen erfolgen in roter Schrift

In § 5 ist ein weiterer Absatz 3 einzufügen:

§ 5 Absatz 3
Zusatzvergütung

Die Mindestvergütungen für Strom aus Biomasse nach § 5 EEG Absatz 1 erhöhen sich, wenn die Vergütungspflicht des Netzbetreibers zeitlich begrenzt wird,
  • um 10 Cent/kWh, wenn die Anlage ausschließlich im Einspeise-Zeitraum 1,
  • oder um 20 Cent/kWh, wenn die Anlage ausschließlich im Einspeise-Zeitraum 2,
  • oder um 30 Cent/kWh, wenn die Anlage ausschließlich im Einspeise-Zeitraum 3 einspeist.
Der Einspeise-Zeitraum 1 dauert täglich mindestens 16 Stunden und besteht aus einem Zeitabschnitt.
Der Einspeise-Zeitraum 2 dauert täglich mindestens 8 Stunden und kann aus zwei Zeitabschnitten von jeweils mindestens 90 Minuten Dauer bestehen, deren Beginn und Ende dem Einspeiser durch ein automatisch auswertbares Rundsteuersignal mitgeteilt werden.
Der Einspeise-Zeitraum 3 dauert täglich mindestens 4 Stunden und kann aus mehreren Zeitabschnitten von jweils mindestens 15 Minuten Dauer bestehen, deren Beginn und Ende dem Einspeiser durch ein automatisch auswertbares Rundsteuersignal mitgeteilt werden.
Der Einspeiser entscheidet, in welcher Zeitspanne er seine Stromlieferung anbieten will, ob durchgängig oder auf einen der beschriebenen Einspeise-Zeiträume beschränkt. Er teilt dem aufnahmepflichtigen Netzbetreiber den von ihm gewählten Einspeise-Zeitraum mit. An seine Entscheidung hält er sich mindestens ein Kalenderjahr gebunden.

Der aufnahmepflichtige Netzbetreiber legt Beginn und Ende der Zeitabschnitte für die Einspeisung fest. Er darf den Einspeise-Zeitraum bei Bedarf verlängern.
Der tägliche Beginn des Einspeise-Zeitraums 1 ist dem Einspeiser mindestens 2 Kalendermonate im Voraus mitzuteilen.
Die Zeitabschnitte der Einspeise-Zeiträume 2 und 3 werden vom Netzbetreiber kurzfristig nach Bedarf festgelegt.

Im gewählten Einspeise-Zeitraum besteht keine Verpflichtung zur Einspeisung; Einspeisungen außerhalb des vereinbarten Einspeise-Zeitraums erhalten jedoch weder die Zusatzvergütung nach Absatz 3 noch die Grundvergütung nach Absatz 1.

Erläuterungen

Strom aus Biomasse als gezielt abrufbare elektrische Energie kann einen wirtschaftlich relevanten Beitrag zum Ausgleich der zeitlich variierenden Belastungen des Versorgungsnetzes liefern, wenn er grundsätzlich nur zu Zeiten hohen Strombedarfs eingespeist wird. Durch zeitliche Steuerung lassen sich die Netzkosten des aufnahmepflichtigen Versorgungsnetzbetreibers verringern. Die Einsparungen werden nach dem Prinzip der vermiedenen Kosten an den Einspeiser weitergegeben.

Der Einspeise-Zeitraum 1 entspricht der heutigen Hochtarif-Niedertarifdifferenzierung, die Monate im Voraus starr festgelegt wird.
Eine Einspeisung im Einspeise-Zeitraum 2 dient zum Abbau der täglichen Mittagsspitze und/oder der täglichen Abendspitze.
Eine Einspeisung im Einspeise-Zeitraum 3 vermindert die Notwendigkeit zum Einkauf von Spitzenlaststrom.

Damit die Anlagen in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben und den täglich erforderlichen Wärmebedarf decken können, legt die Bestimmung jeweils eine tägliche Gesamtdauer der Einspeise-Zeiträume fest, die der Netzbetreiber nicht abkürzen darf. Dem Anlagenbetreiber hingegen ist es gestattet, die Einspeise-Zeiträume zu unterschreiten, z.B. falls der Nachschub an Brennstoff nicht ausreicht oder der Wärmebedarf sich verringert.

Der Netzbetreiber kann die Zeitabschnitte innerhalb eines Tages so verschieben, dass sie den örtlichen Gegebenheiten angepasst werden.

Die festgelegten Mindestdauern der Zeitabschnitte berücksichtigen, dass ein ständiges Neu-Anfahren und Abschalten der Anlagen zu technischen Problemen führen kann.

 


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