Datum: 10.10.05
Protest bei überhöhten Stromrechnungen
Warum Strom aus Erneuerbaren Energien derzeit noch teurer ist
Strom aus Erneuerbaren Energien - ausgenommen vielleicht Strom aus großen Wasserkraftwerken - ist derzeit noch teurer als Strom aus fossilen Energien oder aus Atomenergie. Ohne die staatliche Festsetzung von Mindestvergütungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz hätten deshalb die Erneuerbaren Energien in einem reinen Preiswettkampf noch keine Chance, in die Massenproduktion zu kommen. Sie könnten kaum jemals konkurrenzfähig werden.
Wer sich eine Umstellung der Stromversorgung auf Erneuerbare Energien wünscht, der wird es deshalb auch gerne akzeptieren, dass er für die ca. 11 % Strom aus Erneuerbaren Energien, die derzeit seinem Strom beigemischt sind, einen um etwa 0,0054 Euro höheren Stromtarif zahlen muss.
Falsche Umlage nicht hinnehmen
Kein Stromkunde sieht es aber ein, wenn der Stromlieferant (EVU) die Beimischung von Strom aus Erneuerbaren Energien zum Vorwand für fantasievoll überhöhte Stromrechnungen nimmt. Er wird sich deshalb zur Wehr setzen.
Hier gilt folgender Grundsatz: Wer eine zu hohe Stromrechnung widerspruchslos bezahlt, hat später kaum noch eine Chance bei einer Rückforderung. Was kann er also tun? Wir sprechen hier zwei Möglichkeiten der Gegenwehr an.
Möglichkeit 1: Zahlung unter Vorbehalt
Der Stromkunde zahlt den geforderten Rechnungsbetrag nur noch unter Vorbehalt. Er hofft darauf, dass irgendjemand in einem Musterprozess die Höhe der möglichen Rückforderung und die Art ihrer exakten Ermittlung gerichtlich feststellen lässt. Wenn dies geschehen ist, fordert er einen entsprechend auf seine Verhältnisse berechneten Betrag zurück. Wenn niemand einen erfolgreichen Prozess führt, bekommt er nichts zurück.
Beurteilung:Sehr geringe Erfolgsaussichten, aber auch kein Risiko. Es folgt ein Muster-Protestschreiben:
Protestschreiben |
---|
Stromkunde) Absender ....... An (Anschrift des Stromverkäufers)..... Betr.: Ihre Stromrechnung vom ... Datum .... Hier: Zahlung unter Vorbehalt Sehr geehrte Damen und Herren, in Ihrer Stromrechnung vom ... nennen Sie Mehrkosten nach dem EEG für die Erneuerbaren Energien in Höhe von ... Ausweislich der Broschüre "Was Strom aus erneuerbaren Energien wirklich kostet" des Bundesumweltministeriums vom Juni 2005 betrug die tatsächliche EEG-Umlage pro kWh Haushaltstrom jedoch im Jahr 2004 nur 0,54 Ct. Ich gehe deshalb davon aus, dass Ihre Rechnung überhöht ist und werde bis auf weiteres nur noch unter dem Vorbehalt der Rückforderung zu viel berechneter Beträge bezahlen. Mit freundlichen Grüßen .................... |
Möglichkeit 2: Widerspruch nach § 315 BGB und Einbehaltung eines Teilbetrages
Der Stromkunde teilt dem Stromverkäufer (EVU) mit, dass er den Rechnungsbetrag für überhöht hält und nennt dafür einen nachvollziehbaren Grund, z.B. weil die im Anschreiben zu der Rechnung beispielhaft aufgeführten Mehrkosten für Strom aus Erneuerbaren Energien erheblich höher sind als die vom Bundesminister für Umwelt veröffentlichten Werte. Deshalb halte er den Gesamtpreis für unbillig. Den genauen Preis könne er zwar nicht angeben, aber den in etwa grob geschätzten überhöhten Anteil des Rechnungsbetrages werde er regelmäßig einbehalten.
Falls das EVU nicht einverstanden sei, möge es das Gericht anrufen. Er erwarte in Gelassenheit die Bestimmung eines billigen Preises durch ein Gerichtsurteil nach § 315 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Den überhöhten Anteil des Rechnungsbetrages behält er dann auch tatsächlich konsequent bei dieser und allen folgenden Rechnungen ein.
Das EVU wird dann voraussichtlich über mehrere Jahre hinweg Mahnungen schicken, mit einem Prozess oder sogar mit Stromabschaltung drohen. Das alles dürfen sie in diesem Fall nicht, denn wenn der Kunde die Billigkeit der Rechnung nach § 315 BGB bezweifelt, gilt der gesamte Betrag nicht als fällig.
Wenn ein Mahnbescheid kommt, muss der Kunde innerhalb von 14 Tagen schriftlich widersprechen, sonst hat er das Verfahren ohne Gerichtsurteil verloren. Deshalb Achtung: Im Urlaub die Post nachsenden lassen.
Außerdem wird das EVU alle möglichen angeblichen Beweise für die Richtigkeit ihrer Berechnung vorlegen. Wenn diese Beweise Sie nicht überzeugen, lassen Sie sich auf nichts ein. Die Drohung mit der Stromabschaltung ist natürlich Unsinn und widerrechtlich, weil der Stromkunde ja im Wesentlichen zahlt, verlangt aber ein starkes Nervenkostüm. Die Drohung mit einem Prozess fällt auf das EVU selbst zurück, weil das EVU nicht weiß, welchen Betrag das Gericht festlegen wird. Und wenn das Gericht die Klage des EVU abweist, dann behält der Stromkunde einfach sein Geld. Genau das will er ja erreichen.
Beurteilung:
Sehr gute Erfolgsaussichten, aber nur für Kämpfernaturen zu empfehlen.
Bitte berichten Sie dem SFV von Ihren Erfahrungen.