Datum: 31.10.05
Mit halben Sachen nicht zufrieden geben
Fossile Kraft-Wärme-Kopplung verzögert die EnergiewendeVon Wolf von Fabeck
Eine Pressemeldung der vergangenen Tage: Der Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK) unterstützt das von Greenpeace vorgelegte Konzept einer Alternative zur Errichtung des RWE-Braunkohlekraftwerks Neurath. Greenpeace schlägt darin vor, die geplante 2000 Megawatt-Anlage durch eine Kombination aus Anlagen mit hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), Strom aus erneuerbaren Energien, Energieeinsparcontracting in der Industrie und ein Erdgas-Regelenergiekraftwerk zu ersetzen. Mit halben Sachen, wie dem Ersatz alter Braunkohlekraftwerke durch neue dürfen wir uns nicht mehr zufrieden geben. heißt es weiter in der Meldung. Der Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung hat Recht mit seiner letzten Aussage, aber er sollte sie auch auf sein eigenes Konzept anwenden: Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) gibt es einerseits mit fossilen Energieträgern, andererseits aber auch mit Biomasse. Warum setzt der B.KWK noch immer auf fossile Energieträger? Zugegeben, bei KWK wird die gleiche Menge Energie mit 30 oder 40 Prozent weniger Kohle erzeugt. Aber ist dies eine ÜBERLEBENSSTRATEGIE?
Befragen wir den berühmten Überlebenskünstler Robinson Crusoe:
Er wird durch einen Sturm auf eine menschenleere Insel verschlagen. Unter den geretteten Nahrungsmitteln finden sich mehrere Säcke mit Kartoffeln. Wenn Robinson Crusoe seine Kartoffelvorräte aufgegessen hat - gleichgültig wie sparsam er lebt - wird er letztlich verhungern. Robinson hat zwei Möglichkeiten:
Entweder: Er wartet auf das rettende Schiff. Tag für Tag hält er Ausschau, damit er ggf. ein Feuer als Notsignal anzünden kann. Die Kartoffeln verbraucht er so sparsam wie möglich.
Oder: Robinson verlässt sich nicht darauf, dass ein Schiff zufällig in die Nähe der entlegenen Insel gerät. Er pflanzt die Kartoffeln sofort als Saatkartoffeln ein und behält nur einen kleinen Notvorrat für die Zeit bis zur Kartoffelernte. Seine Nahrung verbessert er in der Sommerzeit als Sammler und Jäger.
Das Beispiel zeigt uns: Nur wer auf Hilfe von außen hoffen kann, auf ein rettendes Schiff, auf die technische Reife der Kernfusion oder auf ein anderes Wunder, wird den Verbrauch seiner begrenzten Vorräte an fossilen Energien fortsetzen. Wer keine Hilfe erwarten kann, kümmert sich energisch um die Umstellung seiner Energie- oder Nahrungsversorgung auf ein anderes Prinzip.
Diese Überlegungen zugrunde gelegt, ist der vorgeschlagene weitere Ausbau der fossilen KWK eine Fehlentscheidung.- Volkswirtschaftlich gesehen: Eine Verschwendung von finanziellen Ressourcen. Die vorhandenen finanziellen Mittel würden besser in den Ausbau der Erneuerbaren Energien gesteckt.
- Handelspolitisch gesehen: Fortsetzung der Abhängigkeit von Energieimporten.
- Ökologisch gesehen: Lediglich eine Verlangsamung, aber keine Beendigung des CO2-Anstiegs in der Atmosphäre.
- Energiepolitisch: Ein Zementieren der zentralen Kraftwerkstechnik. In nicht allzuferner Zukunft werden die Betreiber der dann noch nicht abgeschriebenen fossilen KWK-Anlagen - aus wirtschaftlichen Gründen - die vehementen Gegner eines forderten Ausbaus der Erneuerbaren Energien sein.
- Psychologisch: Demonstration der Mutlosigkeit, des mangelnden Vertrauens in das Potenzial der Erneuerbaren Energien.