Falschbehauptungen der Stromversorger zu den Kosten von EEG und KWK-Gesetz

vom 09.04.2001 (überholt)


Text-Vorschlag von Hans-Josef Fell
 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Viele Stadtwerke und regionale Energieversorger haben in den letzten Wochen und Monaten ihre Strompreise um bis zu 20 Prozent erhöht. In sogenannten "Kundeninformationen" haben sie die Preiserhöhungen häufig mit angeblichen Mehrkosten infolge des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des KWK-Gesetzes von über einem Pfennig je Kilowattstunde begründet.
Diese Behauptungen gehen auf bewusst fehlerhafte Berechnungen des Verbands der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) zurück. Tatsächlich liegen die durch das EEG neu entstandenen Kosten unter 0,1 Pfennig je Kilowattstunde. Die falschen Zahlen sollen die Akzeptanz der erfolgreichen neuen rot-grünen Energiepolitik bei den Bürgerinnen und Bürgern im allgemeinen und Erneuerbarer Energien im besonderen verringern.

Ich habe den unten stehenden Musterbrief formuliert, den Ihr/Sie - natürlich auch öffentlichkeitswirksam - an die Verantwortlichen Ihres Stadtwerks oder Regionalversorgers schicken könnt/en. Der Brief steht auch auf meiner Homepage www.hans-josef-fell.de im Bereich EEG unter Informationen rund um das EEG.


Musterbrief:

Preisinformation/Preiserhöhung


Anrede,

zunächst begrüße ich sehr, dass die Stadtwerke keine Tariferhöhung für das Jahr 2001 vornehmen mussten, obwohl die Stromsteuer erneut eine Belastung von 0,5 Pf/kWh hervorrief. Zeigt dies doch auf, dass die Stadtwerke - allen Unkenrufen des schnellen Todes der kleinen Stadtwerke zum Trotz - sehr wohl eine gesunde wirtschaftliche Basis besitzen und im liberalisierten Strommarkt bestehen können.

Leider haben Sie in Ihrer Kundeninformation keinerlei Begründung gegeben, warum die rot-grüne Bundesregierung diese Steuererhöhung vorsieht. Ein Hinweis z.B. auf die schon länger bekannten und jüngst aktualisierten UN-Horrormeldungen über die anwachsende Klimaproblematik hätte womöglich für erhöhte Akzeptanz bei den Stromkunden gesorgt.

So bleibt die alleinige Aussage der Steuererhöhung stehen, die so immer den Eindruck einer ungerechtfertigten Steuererhöhung hat, wenn keinerlei Begründungen gegeben werden.
Schon dies alleine ist für eine Stadt wie ..., die immerhin dem Klimabündnis der Städte beigetreten ist, keine vorbildliche Handlung.
Sehr befremdet hat mich dagegen die Falschaussage in der Kundeninformation, dass das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) und das Kraft- Wärme Kopplungs-Gesetz (KWKG) eine neu eingeführte Abgabe sei und zudem die Abgabenhöhe 1,0 Pf/kWh betrage. Bei beiden handelt es sich um Gesetze, die einen Umlagemechanismus für die gerechte und gleichmäßige Verteilung der Mehrkosten durch dieses Gesetz vorsieht. Von einer Abgabe kann keine Rede sein. Durch die Umlage werden Investitionen von Stadtwerken, die sich in der Vergangenheit besonders ökologischer Stromerzeugung zugewandt haben, geschützt. Ihre Mehrkosten werden ihnen damit zumindest teilweise wieder erstattet. Die Stadtwerke ...
gehören zu diesen Stadtwerken, da sie in der Vergangenheit vorbildlich in Kraft-Wärme-Kopplung und Erneuerbare Energien investiert haben.
So können die Stadtwerke jetzt die Mehrkosten für die Kostendeckende Vergütung von Solarstrom - zumindest 99 Pf/kWh - in den bundesweiten Belastungsausgleich geben. Die Stadtwerke ziehen dadurch einen ganz konkreten wirtschaftlichen Vorteil aus dem EEG.

Auch die Vergütung von 9 Pf/kWh nach dem KWKG müssten die Stadtwerke ... finanziell entlasten. Leider steht davon keinerlei Hinweis in den Kundeninformationen.

Die Höhe der Belastung des Strompreises von 1 Pf/kWh bei den Stadtwerken ... kann daher schon aus den genannten Gründen nur als unzutreffend bezeichnet werden.

Im übrigen interessiert mich schon, woher sie die Information von 1Pf/kWh haben. Mir sind solche Informationen nur vom Verband der deutschen Energiewirtschaft (VDEW) bekannt, der immer mit großer Vehemenz die Einführung der Erneuerbaren Energien bekämpft hat, trotz ihrer unbestrittenen Vorteile für den Klimaschutz. Die Berechnungen des VDEW beruhen auf falschen Annahmen und kommen daher zu einem unkorrekten Ergebnis. So wurden z.B. die Bezugskosten für konventionellen Strom nicht von den Gesamtkosten der Vergütungen im EEG abgezogen. Es wurden also die Gesamtkosten und nicht die Mehrkosten angesetzt, obwohl sie in den VDEW-Veröffentlichungen als Mehrkosten ausgewiesen sind.
Schlimmer noch, die Mehrkosten für die angebliche Notwendigkeit zur Strompreiserhöhung zum 01.01.2001 wurden mit den gesamten anfallenden Kosten der erneuerbaren Energien angesetzt. Auch mit den Kosten, die längst im Strompreis untergebracht sind, weil sie bereits in den Jahren von 1990 bis 1999 durch das alte Stromeinspeisegesetz angefallen sind. Diese können folglich niemals als Begründung für eine aktuelle Mehrbelastung des Strombezugspreises gelten, wie Sie den Eindruck auch in Ihrer Kundeninformation erwecken.

Da Sie allen Kunden diese Falschinformationen haben zukommen lassen und damit eine große Öffentlichkeit erzeugt haben, denke ich, dass zwei Forderungen meinerseits nicht unbillig sind:

· Bitte weisen Sie mir die tatsächliche aktuelle Mehrbelastung der Stadtwerke von 1 Pf/kWh in exakten Berechnungen nach. Dies bedeutet eine Gegenüberstellung der vom Vorlieferanten geforderten Mehrkosten (nicht der vom VDEW pauschal angegebenen Mehrkosten) aus dem bundesweiten Belastungsausgleich zu den von Ihnen in den bundesweiten Belastungsausgleich geführten Mehrkosten aus. Nur wer die Entlastung der Belastung gegenüberstellt, kann eine wirkliche Aussage machen.

· Sollten sich die 1 Pf/kWh als nicht zutreffend erweisen, halte ich es für erforderlich, dass die Stadtwerke unverzüglich eine erneute Kundeninformation herausgeben, in der dieser Sachverhalt korrigiert wird.

Zumindest für eine Stadt, die im Klimabündnis der Städte mitarbeitet, sollte es auch eine selbstverständliche Pflicht sein, die Vorteile der neuen Gesetzgebung den Bürgern gegenüber herauszuarbeiten, die sich im Klimaschutz aber auch der Ressourcenschonung und neuen Arbeitsplätzen ergeben.

Da der politische Schaden durch die Stadtwerke für die Akzeptanz einer verantwortlichen Energiepolitik erheblich ist, bitte ich dringend darum, dass Sie mir die Berechnungen schnellstmöglich zukommen lassen.

Ansonsten muss ich davon ausgehen, dass die Angaben der 1 Pf/kWh nicht auf den tatsächlichen Ergebnissen der Stadtwerke beruhen, sondern von den Vorlieferanten als politisch zu verstehende Information missbraucht wurde.
Die Zahlen der Stadtwerke können übrigens in wenigen Minuten zusammengestellt werden und benötigen keinerlei Rücksprache beim Vorlieferanten. Es sei denn - was ich vermute - die Stadtwerke haben keine eigenen exakten Zahlen über die Mehrbelastung von 1 Pf/kWh durch EEG und KWKG.

In Abhängigkeit Ihrer Antwort behalte ich mir vor, den Sachverhalt auch öffentlich darzustellen.

Mit freundlichen Grüßen


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Hans-Josef Fell (MdB)
Forschungspolitischer Sprecher
Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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