EuGH zum Handel mit Herkunftszertifikaten für EE-Strom
vom 15.03.2001In der ansonsten positiven Schlussentscheidung findet sich nämlich die einschränkende Passage: "BEIM GEGENWÄRTIGEN STAND DES GEMEINSCHAFTSRECHTS ... verstößt eine solche Regelung nicht gegen Artikel 30 EG-Vertrag ..."
Diese Einschränkung ist u. E. nur im Zusammenhang mit den Ausführungen des Gerichts zur Bedeutung des Handels mit Herkunftszertifikaten verständlich.
Dazu folgende Erläuterung:
Im Urteil des EUGH geht es unter anderem um die Frage, ob die Abnahmepflicht für Strom aus inländischen Anlagen zur Nutzung der erneuerbaren Energien (EE) den freien Warenverkehr behindere, ob also ein Verstoß gegen Artikel 28 (neu) bzw.
Artikel 30 (alt) EG-Vertrag vorliegt.
Das Gericht verneint einen Verstoß unter anderem mit der Begründung, dass ZUR ZEIT von einer Behinderung des freien Warenaustausches nicht die Rede sein könne, denn ZUR ZEIT gäbe es ja keinen funktionierenden Handel mit Strom aus EE. Eine wichtige Voraussetzung für den Handel sei ZUR ZEIT nicht gegeben, da man die Herkunft des Stromes und die Energiequelle, aus der er gewonnen wird, nach Einspeisung in das Netz kaum bestimmen könne.
Die Folgerung leuchtet ein:
Man kann den EE-Strom nicht vom konventionell erzeugten Strom unterscheiden, deswegen kann man auch nicht mit EE-Strom handeln und deswegen kann es auch keine Einschränkung des Handels mit EE-Strom geben.
In diesem Zusammenhang verweist das Gericht nun aber auf die Pläne der Kommission, einen Handel mit Strom aus EE mit Hilfe von Herkunftszertifikaten doch noch zu ermöglichen. (Randnummer 79 und 80 des Urteils).
Das Gericht hält es offenbar für denkbar, dass durch die Verwendung von Herkunftszertifikaten doch noch ein funktionierender Warenaustausch mit EE-Strom entstehen könnte. In diesem Fall müsste erneut untersucht werden, ob die Abnahmeverpflichtung für Strom aus EE-Anlagen eine Behinderung des freien Warenverkehrs darstellt.
So also lässt sich die einschränkende Passage: "BEIM GEGENWÄRTIGEN STAND DES GEMEINSCHAFTSRECHTS" erklären.
Wer das EEG vor dem EuGH zu Fall bringen will, braucht sich also nur für den Handel mit Herkunftszertifikaten einsetzen.
Die zukünftige Stoßrichtung der Energiewirtschaft auf europäischer Ebene ist somit genau abzusehen:
Mehr noch als bisher wird sich die Stromwirtschaft dafür einsetzen, den Handel mit grünen Strom unter Zuhilfenahme von handelbaren Zertifikaten voran zu bringen.
Die Pläne sind seit langem bekannt und werden besonders von der Stromwirtschaft verfolgt.
Die F.D.P. Bundestagsfraktion hat am 13.02.01 einen unterstützenden Beschlussantrag im Bundestag eingebracht, über den wir in einer Rundmail gesondert berichten werden.
Wir halten die Verwendung handelbarer Herkunftszertifikate auch aus vielen anderen Gründen nicht für zielführend. Um die Energiewende zu erreichen ist die ERZEUGUNG von Strom aus EE notwendig. Der SFV lehnt Anreizprogramme zum VERBRAUCH von EE-Strom ausdrücklich ab. Der Verbrauch des erzeugten Stroms ergibt sich von selber und bedarf weder eines Anreizes noch einer Kontrolle. Den Handel mit sogenanntem grünen Strom halten wir für unnötig, für schädlich, für unkontrollierbar und in den meisten Fällen sogar für einen Betrug am Verbraucher. Der SFV hat diese Auffassung bereits mehrfach begründet (siehe weiter unten unter "Weitere energiepolitische Statements").
Seit dem Urteil des EuGH kommt ein neues Argument hinzu: Ein Handel mit Herkunftszertifikaten für Strom aus EE könnte das Ende für das EEG bedeuten.
Wir fordern deshalb alle Freunde der Erneuerbaren Energien auf, sich dem Handel mit Herkunftszertifikaten auf nationaler und europäischer Ebene entschieden entgegenzustellen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolf von Fabeck