Datum: 23.11.2000
Forschung und Markteinführung - kein Widerspruch!
Sehr geehrte, liebe Solarfreunde,
zum Thema Forschung haben wir uns in der Vergangenheit eher zurückhaltend und bisweilen sogar ablehnend verhalten.
Dahinter stand die Überlegung, dass eine Technik, die bereits in den Markt eingeführt wird, wohl kaum noch den Anspruch auf staatliche Mittel für Grundlagenforschung beanspruchen dürfe.
Das zehnjährige Jubiläum des Forschungsverbundes Sonnenenergie war für uns der äußere Anlass, unsere Haltung zu diesem Thema zu überdenken. Hier das Ergebnis.
Grundlagenforschung und Markteinführung ein Widerspruch?
Das Argument ist nicht unbekannt. Es wird seit vielen Jahren einer Markteinführung der Photovoltaik entgegengehalten, von den Stromversorgern und einigen Energiepolitikern, besonders von FDP und CDU.
Zuerst müsse abgewartet werden, bis die Technik durch Forschung effektiver und preiswerter geworden sei, dann erst könne man dem Verbraucher die Kosten einer Markteinführung zumuten.
Die Tatsache, dass man im Erneuerbare Energien Gesetz wohl der Windenergie, nicht aber der Solarenergie eine kostendeckende Vergütung zugestanden hat, ist sicherlich auch auf diese Überlegung zurückzuführen.
Dass Forschung volkswirtschaftlich und technologisch besonders effektiv wird, wenn ihre Ergebnisse in einen expandierenden Produktions- und Installationsmarkt einfließen können, und dass sich Forschung und Markteinführung gegenseitig befruchten, wurde dabei ignoriert...
In diesem Zusammenhang wenden wir uns an die Mitstreiter im Bereich der Forschung mit folgender Bitte:
Bedenken Sie bitte im Zusammenhang mit Ihrem jeweils eigenen Forschungsprojet die psychologische Außenwirkung!
Je überzeugender die Notwendigkeit eines bestimmten Forschungszieles in der Öffentlichkeit dargestellt wird, desto eher kann dabei (muss aber nicht!) der Eindruck entstehen, die bisherigen Erkenntnisse seien noch völlig unzureichend.
Besonders groß ist diese Gefahr in der Phase, in der Sie für Ihre Arbeit staatliche Gelder beantragen.
Nutzen Sie hier bitte die Gelegenheit einer psychologisch geschickten Darstellung. Mit wachsendem Ausbau der Photovoltaik wird es Ihnen immer leichter möglich werden, Forschungsaufgaben mit weiteren Fortschritten und Verbesserungsmöglichkeiten zu begründen anstatt mit Defiziten.
Dazu ein (erdachtes) Beispiel mit Gegenbeispiel.
NICHT SO:
"Alterungsvorgänge in der XYZ-Zelle führen im Laufe des Einsatzes zu erheblichen Leistungseinbußen. Die Lebensdauer dieses Zellentyps ist deshalb wegen der unausbleiblichen Ertragsminderung auf etwa 20 Jahre begrenzt. Zudem besteht ein erhebliches Kenntnis-Defizit bezüglich der Alterungsvorgänge. Deshalb ..."
SONDERN SO:
"Die XYZ-Zelle wird bereits in Tausenden von Solaranlagen erfolgreich eingesetzt. Allein im letzten Jahr wurden 50 Millionen Stück in netzgekoppelten Anlagen installiert. Die Lebensdauer dieses Zellentyps liegt zur Zeit bei etwa 20 Jahren. Diese Lebensdauer könnte weiter verbessert werden, wenn ..."
Die zweite Formulierung zeigt:
Forschung und Markteinführung ergänzen einander. BEIDES wird dringend gebraucht!
Die Markteinführung profitiert von Verbesserungen im Forschungsbereich ...
und Forschungsmittel werden eher für aufblühende Techniken gewährt.
Mit freundlichen Grüßen
Wolf von Fabeck