Zwei weitere Gründe für Zulässigkeit bundesweiter Umlage der KV

vom 29.08.2000 (überholt)


Sehr geehrte Solarfreunde,

das EEG erlaubt bundesweite Umlage der kostendeckenden Vergütung auf alle Stromkunden!
- Damit haben die Stadtwerke, die kostendeckende Vergütungen zahlen, wieder die Möglichkeit, ihre Mehrkosten zu refinanzieren!

- Noch nicht umgesetzte kommunale KV-Beschlüsse können endlich umgesetzt werden!
- Weitere Stadtwerke können ihren Willen, zum Umweltschutz beizusteuern, öffentlichkeitswirksam durch Einführung der KV zeigen!
- Kommunalpolitiker, Bürgerinitiativen und engagierte Solarfreunde können in ihren Gemeinden wieder mit Aussicht auf Erfolg in Sachen KV tätig werden!
Wie von uns bereits bekanntgegeben, gibt es zur Zulässigkeit der Umlage der KV das Rechtsgutachten von Prof. Gunther Kühne (unter www.sfv.de dort unter Rundmails und dort unter Infos nachzulesen).
Prof. Kühne weist in diesem Gutachten folgendes nach:
Der aufnehmende Netzbetreiber kann sowohl wegen des offenkundigen Willens des historischen Gesetzgebers als auch aus objektiv- teleologischen Kriterien (Förderzweck) einen Anspruch auf Erstattung der freiwilligen Mehrausgaben geltend machen.
Wir möchten Ihnen heute weitere Argumentationsketten zur Verfügung stellen.

1. Begründungskette
Das EEG bestimmt in § 3 (1):
"Netzbetreiber sind verpflichtet, Anlagen zur Erzeugung von Strom nach § 2 an ihr Netz anzuschließen, den gesamten angebotenen Strom aus diesen Anlagen vorrangig abzunehmen und den eingespeisten Strom nach §§ 4 bis 8 zu vergüten...."
In den §§ 4 bis 8 wird die Vergütungshöhe für die verschiedenen Techniken in Pfennigen pro Kilowattstunde bestimmt, wobei jeweils das Wort "mindestens" vorangestellt wird; für Solarstrom z.B.
"mindestens 99 Pfennige pro Kilowattstunde".
§ 2 (3) besagt:
"Der vorgelagerte Übertragungsnetzbetreiber ist zur Abnahme und Vergütung der von dem Netzbetreiber nach Absatz 1 aufgenommenen Energiemenge entsprechend §§ 4 bis 8 verpflichtet...."

Wenn ein Netzbetreiber, z.B. ein Stadtwerk, den eingespeisten Solarstrom freiwillig mit mehr als 99 Pf/kWh vergütet, stellt sich die Frage, ob der vorgelagerte Übertragungsnetzbetreiber dem Netzbetreiber nur die 99 Pfennige oder aber den gesamten gezahlten Betrag vergüten muß.
Bei isolierter Betrachtung der zitierten Textstellen sind zwei Auslegungsmöglichkeiten gegeben. Nimmt man jedoch § 11 (4) 3. Satz in die Überlegung mit auf, so ergibt sich eindeutig, dass nicht die Mindestvergütungen, sondern die tatsächlich vom Netzbetreiber gezahlten Vergütungen gemeint sind. Dort heißt es nämlich: "Die Vergütung im Sinne von Satz 1 errechnet sich aus dem Durchschnitt der nach § 3 von der Gesamtheit der NETZBETREIBER je Kilowattstunde in dem vorvergangenen Quartal GEZAHLTEN Vergütungen."
2. Begründungskette

Der Gesetzgeber gibt zu erkennen, dass 99 Pf/kWh für den wirtschaftlichen Betrieb von Solaranlagen nicht ausreichen. Aus der Begründung des Gesetzes ergibt sich weiterhin, dass der Gesetzgeber einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen ermöglichen will.
Im Anhang der Gesetzes heißt es dazu ausdrücklich: "Um den Verwaltungsaufwand vor allem bei den Einspeisern mit kleinen dezentralen Anlagen, aber auch auf Seiten der Netzbetreiber und staatlicher Stellen zu begrenzen, wird an dem Prinzip einer bundeseinheitlichen Mindestvergütung festgehalten, bei der auf eine Kostenprüfung oder Wirtschaftlichkeitskontrolle im Einzelfall verzichtet wird. Diese Vorgehensweise kann und will im Einzelfall eine jederzeit rentable Vergütung nicht garantieren. Aus diesem Grund geht das Gesetz von Mindestvergütungen aus und ermöglicht es so, darüber hinausgehende Vegütungen zur gezielten Förderung einzelner Technologien zu zahlen, um auf diese Weise besser als es mit der pauschalisierten Regelung dieses Gesetzes erfolgen kann, die Ziele dieses Gesetzes zu erreichen. ..." (B Besonderer Teil, Zu §§ 4 - 8 EEG).
Dem Gesetzgeber wird wohl niemand die naive Idee unterstellen, die Versorgungsnetzbetreiber sollten eine freiwillig erhöhte Vergütung laufend aus ihren "Gewinnen" bezahlen. Dies ist mit den Realitäten des Wirtschaftslebens nicht vereinbar.
Versorgungsnetzbetreiber können nachhaltige freiwillige finanzielle Anstrengungen zugunsten des Umweltschutzes nur dann leisten, wenn sie diese auch in nachhaltiger Weise refinanzieren können. Es stellt sich somit die Frage, auf welche Weise die Refinanzierung erfolgen soll.
Das alte StrEG eröffnete den Netzbetreibern in § 2 letzter Satz ausdrücklich die Möglichkeit, die Mehrkosten bei der Ermittlung der Netzgebühr in Ansatz zu bringen. Diese Möglichkeit ist jedoch im EEG nicht mehr gegeben.
Auch die Verbändevereinbarung über die Netzgebühren erkennt Einspeisevergütungen als Kostenfaktor in der Netzgebühr nicht an.
Netzbetreiber, die dennoch die Netzgebühr zugunsten einer freiwillig erhöhten Einspeisevergütung erhöhen würden, riskieren sogar Klagen und eine Überprüfung ihrer Netzgebühren durch ein Kartellgericht.
Wenn es aber für die Netzbetreiber keine andere Refinanzierungs- Möglichkeit gibt, als die in EEG § 3 (2) genannte Vergütung durch den vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber, dann muß der Gesetzgeber nicht ausdrücklich darauf hinweisen, daß die von ihm eröffnete Möglichkeit auch anzuwenden ist.
Sie kennen meine Vorliebe für plakative Beispiele:
Aufforderung der Mutter: "Du mußt dir mindestens einmal am Tage die Zähne putzen! Die Zahnpasta bekommst Du von mir." Wenn das Kind daraufhin freiwillig zweimal am Tag die Zähne putzt, wird seine Mutter nicht verlangen, dass die beim zweiten Zähneputzen verwendete Zahnpasta vom Taschengeld bezahlt wird! Sie kann sich ausrechnen, dass dann die Mundhygiene auf das Mindestmaß beschränkt würde.

Überzeugen Sie Ihr Stadtwerk, dass das Mindestmaß eben nicht reicht!

Mit freundlichen Grüßen
Wolf von Fabeck