Kritik am Richtlinienvorschlag der EU-Kommission

vom 12.08.2000


Sehr geehrte Freunde der erneuerbaren Energien,

die Europäische Kommission hat einen Richtlinienvorschlag zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Enerergien erarbeitet, der dem Europäischen Parlament zur Stellungnahme vorliegt.

Nachlesen können Sie diesen Vorschlag unter http://h.kronberger.tripod.com/rlvorschlag.htm
Der Europa-Abgeordnete Hans Kronberger (Österreich) ist vom Europäischen Parlament als Koordinator für die Formulierung einer Stellungnahme vorgesehen. Er ist in diesem Zusammenhang auch an der Meinung der Umweltvereine interessiert.

Wir haben vor, eine Stellungnahme des SFV an Herrn Kronberger zu leiten, die wir aber vorher im Kreis unserer Gesprächspartner zur Diskussion stellen möchten. Deshalb bitten wir Sie um Beiträge, auch kritischer Art.

Außerdem regen wir an, daß Sie, unsere Solarfreunde, ggf. eigene Stellungnahmen an Herrn Kronberger weitergeben.

Nachfolgend finden Sie unseren ersten Entwurf.

Mit freundlichen Grüßen
Wolf von Fabeck

Stellungnahme des Solarenergie-Fördervereins zum Richtlinien-Vorschlag der EU-Kommission zur Förderung
der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt

Diskussions-Entwurf des SFV vom 12.8.2000

Der Kommissionsvorschlag geht von der Überlegung aus, daß die Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene Ziele für den künftigen inländischen EE-Strom-VERBRAUCH (EE-Strom = Strom aus erneuerbaren Energien) festlegen und dafür sorgen, daß diese eingehalten werden.

Während es in der Überschrift noch um die Förderung der Strom- ERZEUGUNG aus erneuerbaren Energien geht, ist daraus unter der Redaktion der Kommission die Förderung des Strom-VERBRAUCHS geworden. Durch diese scheinbar nur geringfügige Zieländerung ergibt sich eine Fülle kompliziertester selbstgeschaffener Probleme, die auf den folgenden 25 Seiten des Kommissionsvorschlages nur mühsam und teilweise überhaupt nicht gelöst werden.

Wir halten es deshalb für sinnlos, zu einzelnen Punkten detaillierte Verbesserungsvorschläge zu machen, solange der Grundansatz einen prinzipiellen Mangel aufweist. Mit anderen Worten, es hat unseres Erachtens keinen Sinn, ein Gebäude auf einem brüchigen Fundament errichten zu wollen.
Unsere Anregung lautet, es möge ein von Grund auf neuer Richtlinienvorschlag erstellt werden, der von dem Ziel ausgeht, die ERZEUGUNG von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern.

Wir beschränken deshalb unserer Kritik darauf, die selbstgeschaffenen Probleme aufzuzeigen, die sich daraus ergeben, daß nicht die Erzeugung, sondern der Verbrauch von EE-Strom reglementiert werden soll.

Das Problem besteht in der Ununterscheidbarkeit der Produkte.
Elektronen haben keine Farbe und unterscheiden sich auch sonst in keinerlei Hinsicht. Es gibt deshalb keine Möglichkeit, in Zweifels- oder Streitfällen den Strom im Netz durch eine Kontrollanalyse auf seine Zusammensetzung zu prüfen. Es ist deshalb eine überaus komplizierte Angelegenheit, festzustellen, welches Stromgemisch in einem Haushalt oder in einem Ort oder in einem Mitgliedstaat VERBRAUCHT wird. Zieht man die große Zahl der beteiligten Akteure auf dem Strommarkt und ihre gegenseitigen grenzüberschreitenden Verflechtungen in Betracht und bedenkt man die verschiedenen Betrugsmöglichkeiten (Stromwäsche, Scheinlieferung, Doppelzählung und dgl.), so kann man getrost behaupten, es sei praktisch unmöglich, den Verbrauch an EE-Strom in den einzelnen Mitgliedstaaten korrekt zu ermitteln. Der Hinweis der Kommission, dies sei auch eine Sache des Vertrauens (Seite 8 oben) spricht Bände.

Da sich die Produkte "Egal-Strom" und EE-Strom physikalisch nicht unterscheiden, wäre eine saubere Unterscheidung nur möglich, wenn EE-Strom in einem gesonderten Netz - am besten mit einer anderen Frequenz - transportiert würde. Diese Lösung entfällt natürlich aus den verschiedensten Gründen.

Dagegen ist es überhaupt kein Problem, festzustellen, was für ein Strom in einer Solaranlage oder einer Windanlage ERZEUGT wird (nämlich Solarstrom oder Windstrom) und es ist deshalb auch kein Problem, eine nationale Statistik aufzustellen, aus welcher sich ergibt, wieviel Solarstrom oder Windstrom in einem Mitgliedstaat erzeugt wird.

Würde man jedem Mitgliedsstaat die in seinem Gebiet erfolgende ERZEUGUNG an EE-Strom zurechnen und im übrigen darauf verzichten, zwischen prinzipiell ununterscheidbaren Stromsorten eine künstliche Unterscheidung durchführen zu wollen, so entfielen folgende Probleme:

Herkunftsnachweis für EE-Strom

Einheitliche Zertifizierung von EE-Strom
Sicherung gegen Betrug

Berechnung der jeweils verbrauchten EE-Strommenge
Handel mit EE-Strom

Wettbewerbshindernisse bei solchem Handel (den es dann nicht mehr zu geben brauchte)
Auch der Handel mit Zertifikaten kann entfallen
Kontrolle der Einfuhr von angeblichem EE-Strom aus anderen Mitgliedsstaaten, insbesondere aber auch aus außereuropäischen Ländern
Poenalien gegenüber Verbrauchern, die nicht die vorgesehene Menge an EE-Strom beziehen